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100 PAPIER-ZEITUNG. No. 6. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Korrespondenten erhalten angemessenes Honorar. Eingesandte Werke finden Besprechung. Einfache Lichtpausverfahren. Für die Praxis haben diejenigen Lichtpausverfahren den grössten Werth, welche von einem Positiv unmittelbar wieder ein Positiv, also eine der Vorlage durchaus ähnliche Nachbildung liefern. Mit diesen Ansprüchen weicht die Lichtpaustechnik von der Photographie, mit welcher sie sonst viel Aehnlichkeit hat, erheblich ab. Die Photo graphie erstrebt in nahezu allen Fällen die Herstellung eines Negativs, nach welchem dann verschiedene positive Abzüge genommen werden, während negative Bilder beim Lichtpausen als lästige Nothbehelfe gelten. Unter den Lichtpausverfahren, welche unmittelbar positive Ab drücke liefern, ist das Ferrocyanverfahren, welches dunkelblaue Linien auf weissem Grunde liefert, eines der bekanntesten. Ferrocyanpapier kopirt sehr rasch, kann aber gleich anderen Ent wickelungspapieren während der Belichtung nicht kontrollirt werden, da es seine Färbung nicht merklich ändert. Man muss daher an einigen gleichzeitig in den Kopirrahmen eingelegten Prüfungsstreifen durch Eintauchen in den Entwickler ausprobiren, ob die richtige Belichtungszeit getroffen ist. Dieselbe dauert bei Sonnenlicht etwa 1 Minute im Schatten „ 25 Minuten bei Regenwetter „ 45 „ bei Nebel „ 60 „ Man entwickelt in einer lOprozentigen Lösung gelben Blutlaugen salzes, spült mit reinem Wasser und klärt den Abdruck, indem man ihn 10 Minuten lang in eine 3 Schwefelsäurelösung legt. Dann spült man nochmals mit reinem Wasser. Das Verfahren, zu welchem die Stoffe u. a. von Romain Talbot, Berlin, Brüderstrasse 10, bezogen werden können, ist also noch etwas umständlich. Einfacher, und dabei von schöner Wirkung ist das von Richard Schwickert in Pforzheim, Baden, angewendete Lichtpausverfahren. Dasselbe zeichnet sich dadurch aus, dass es tiefschwarze Linien auf reinweissem Grunde liefert, und dass zum Entwickeln und Fixiren nur ein einziges Bad erforderlich ist. Papiere und Entwicklungssalz liefert die Pforzheimer Firma in gebrauchsfertigem Zustande. Am besten ist es, wenn die zur Vervielfältigung bestimmte Zeichnung auf Pauspapier ausgeführt wurde. Man wählt mit Vor theil farbloses oder bläuliches, nicht gelbliches Pauspapier und zeichnet darauf mit tiefschwarzer, eher bräunlicher als bläulicher Tuche. Die Striche können etwas kräftiger als sonst üblich gezogen werden, denn das Verfahren hat die Eigenthümlichkeit, dass alle Linien in der Kopie etwas feiner werden als im Urbild. Die fertige, zur Vervielfältigung bestimmte Pauszeichnung legt man auf die Spiegelglasplatte des Kopirrahmens und zwar mit der Bildseite nach oben, wenn die Kopie als Spiegelbild erscheinen darf, nach unten, wenn sie dem Urbild vollständig gleichen soll. Im letzteren Falle, der selbstverständlich meist vorgezogen wird, stehen Zeichnung einerseits und Schichtseite des lichtempfindlichen Papieres anderseits nicht in unmittelbarer Berührung, sondern sie werden durch den Körper des Pauspapiers getrennt. Da somit die durch das Glas fallenden Lichtstrahlen Gelegenheit finden, auch ein wenig seitlich unter die Striche zu dringen, so erklärt es sich, dass letztere, wie oben erwähnt, in der Kopie etwas feiner werden als im Urbild. Die Veränderung ist übrigens sehr gering und kann durch Wahl recht dünnen Pauspapiers noch weiter eingeschränkt werden. Legt man Bildseite des Urbilds auf Schichtseite des Kopirpapiers, so ent stehen ganz treue Abdrücke, aber, wie erwähnt, als Spiegelbilder. Nachdem in üblicher Weise auf die Rückseite des lichtempfind lichen Papiers ein Stück Tuch und die zwei- oder dreitheilige Ver schlussklappe aufgelegt wurde, wird der Rahmen geschlossen und dem Lichte ausgesetzt. Die gelbliche Schicht, mit welcher das Papier überzogen ist, hat die Eigenthümlichkeit, dass sie nicht, gleich andern lichtempfindlichen Schichten unter der Einwirkung des Lichts dunkler wird, sondern allmälig ausbleicht. Die Belichtung gilt als beendet, wenn alle dem Licht zugänglichen Stellen rein weiss geworden sind, während die von den Strichen der Zeichnung bedeckten Stellen die ursprüng liche gelbe Farbe behalten haben. Bei den vom Schreiber dieser Zeilen angestellten Proben dauerte die Belichtung ziemlich lange, wobei aber auf das trübe Winterwetter, welches um Weihnachten herrschte, Rücksicht genommen werden muss. Die erste Probe, welche etwa 5 Stunden dem zerstreuten Tageslicht am Fenster ausgesetzt war, erwies sich bei der Ent wickelung als »unterbelichtet«. Die Zeichnung trat deutlich in tiefem Violettschwarz vor, aber der Papiergrund färbte sich blassviolett. Eine zweite Probe da gegen, bei welcher der Kopirrahmen, auch bei schlechtem Licht, drei Tage am Fenster stand, fiel zur Zufriedenheit aus. Die Zeichnung stand nach der Entwicklung in tiefem Blauschwarz auf weissem Grunde. Um die Entwicklungslösung zu bereiten, löst man 6 bis 7 g des mitgelieferten Salzes in 1 1 Wasser. Man kann auch den ganzen Vorrath des Salzes mit Wasser überschütten, das Ganze abklären lassen, immer die obere gesättigte Lösung verwenden und nach Bedarf reines Wasser nachfüllen. Beim Berühren der Papierschicht färbt sich die bisher farblose Entwicklerlösung dunkelviolett, und es empfiehlt sich daher nicht, sie mehr als einmal zu benutzen, da sie bei wiederholter Anwendung den Papierton trüben könnte. Das Bild kommt im Bade sehr schnell heraus und kräftigt sich binnen 2 Minuten bis zur tiefen Schwärze. Ist der gewünschte Ton er reicht, so nimmt man das Bild rasch heraus und spült es tüchtig mit reinem Wasser. Hierauf wird es zum Trocknen aufgehängt oder ausgelegt und ist dann dauernd haltbar. Im direkten Sonnenlicht kann man auf diese Weise auch Zeichnungen und Schriftstücke, die auf gewöhnlichem, nicht zu starkem, durchscheinendem Papier ausgeführt sind, kopiren. A. H. Die m-Berechnung der Amerikaner. In Berichten über amerikanische Setzer- und Drucker-Verhältnisse ist oft von der Berechnung nach 1000 m die Bede. Der deutsche Leser stellt sich dann meist vor, dass amerikanische Setzer nach Art der früheren deutschen n-Berechnung die Zeile durch aneinandergereihte m füllen und danach den Satzpreis berechnen. Dies ist nach Erklärung eines Fach mannes im „Correspondent" nicht der Fall: Wenn der amerikanische oder englische Setzer sagt: „Ich berechne nach m“, so meint er damit weder grosse M noch kleine m, sondern das Geviert. Das Geviert wird im Englischen m-quart genannt, und gemäss der bekannten Sucht aller Englischsprechenden möglichst viel zu kürzen, wird bei Bezeichnung der Berechnungsweise „quart“ fortgelassen. Wenn auch beim Berechnen eines Werkes häufig kleine m zum Aufsetzen der Normalzeile genommen werden, so werden sie nicht stehend in den Winkel haken gestellt, d. h. mit der Signatur nach oben, sondern liegend, d. h. mit der Signatur nach rechts oder links gerichtet, und es gilt dabei die Regel, dass, sobald hinter die Gevierte noch ein Halbgeviertes (im Englischen n-quart) in den Winkelhaken geht, dasselbe als m, d. h. als voller Buch stabe gezählt wird. Im andern Fall darf der Setzer auch nicht mehr als die vollen Gevierte berechnen. Das Halbgeviert entscheidet, gerade wie bei deutscher Alphabetrechnung das Apostrophzeichen entscheidet. Buchhändler-Rabatt. Auf Grund der neuen Festsetzungen des Buchhändler - Börsenvereins, welche wir Seite 1372 v. Js. mittheilten, hat der Verein Leipziger Sortiments buchhändler beschlossen, dass der von seinen Mitgliedern an Kunden zu gewährende Rabatt vom 1. Januar 1888 ab 10 % nicht übersteigen darf. Auf Zeitschriften darf überhaupt kein Rabatt gegeben werden. Der Verein bezeichnet diese Maassregel als Uebergangsstadium und behält sich nach Inkrafttreten der neuen Statuten des Börsenvereins der Deutschen Buch händler weiteres Vorgehen in dieser Richtung vor. Verfasser und Verleger. Professor Karsch in Münster hatte vor Jahren ein botanisches Werk „Flora der Provinz Westfalen“ verfasst und der dortigen Buchhandlung von Ed. Hüffer in Verlag gegeben. Im Jahre 1879 sollte die 4. Auflage des Buches erscheinen, und Professor Karsch übertrug jetzt den Verlag dem Druckereibesitzer Brunn zu Münster. Der Vorverleger erblickte hierin eine Schädigung seiner Rechte und denunzirte Professor Karsch wegen Nachdrucks. Der Letztere wurde auch verurtheilt, weil er wenigstens die Verpflichtung gehabt hätte, dem ersten Verleger die noch unverkauften Exemplare der dritten Auflage abzunehmen, was nicht geschehen war. Die Gegenpartei denunzirte aber auch den Buchhändler Hüffer wegen Nachdrucks, weil dieser, als er von der beabsichtigten Ausgabe der vierten Auflage erfuhr, noch 2000 Exemplare der dritten Auflage nachdrucken liess. Diese Denunziation wurde seitens der Staatsanwaltschaft abgewiesen; im Civilverfahren ist Hüffer aber später zur Einstampfung der widerreeht. lieh zu viel gedruckten 2000 Exemplare verurtheilt worden. Während der Streit noch schwebte, legte Professor Karsch den Sachverhalt in der „Deutschen Schriftsteller - Zeitung“ klar, und dasselbe Blatt öffnete dem Buchhändler Hüffer seine Spalten zu einer Entgegnung, in welcher derselbe das Verhalten des Professor Karsch als inkorrekt bezeichnete und u. A. behauptete, dass seine seit 1763 bestehende Firma bisher nie einen Nach druckprozess zu führen gehabt. Der Redakteur der Deutschen Schrift steller-Zeitung, Dr. W- Lange, nahm darauf in einem Artikel, der in der Dezember-Nummer genannten Blattes vom Jahre 1886 erschien, für Professor Karsch Partei. Der Artikel führte die Ueberschrift: „Herrn Buchhändler Ed. Hüffer ins Stammbuch“ und vertrat die Ansicht, dass Hüffer sich eines Nachdrucks schuldig gemacht habe und hätte bestraft werden müssen. Seine Entschuldigungen seien als eine vergebliche Mohrenwäsche anzusehen.