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3290 PAPIER-ZEITUNG Jahresbericht für 1895 der Handels- und Gewerbekammern in Württemberg Schluss zu Nr. 99 Ueber die Fabrikation von Imit. Pergamentpapieren, Prospekte und Affichenpapieren, Couvert- und Tapetenpapieren bringt die Kammer in Heilbronn folgenden Bericht: »Das abgelaufene Jahr hat sieh insofern etwas angenehmer für uns gestaltet, als wir die ganze Zeit hindurch, insbesondere aber seit einem halben Jahre, aussergewöhnlich stark beschäftigt waren. Die Verkaufs preise haben aber nicht die geringste Steigerung erfahren, sind im Gegentheil für die meisten Sorten abermals um 5—10 pCt. gesunken. Der Vortheil, den die Ermässigung der Rohstoffe mit sich brachte, wurde durch die Verluste für höhere Kohlen preise während der aussergewöhnlich lang anhaltenden Schiff- fahrtsstockung vollständig aufgehoben. So ist das Gesammtbild für uns trotz scheinbarer Besserung nicht günstig zu nennen. Ueber die Holz- und Lederpappen-Edbrikalion wird der Kammer in Calw mitgetheilt: »Nach vier ausserordentlich ungünstigen Geschäftsjahren hat sich das Jahr 1895 wieder etwas günstiger gestaltet. Die Erzeugung konnte infolge guten Wasserstandes erheblich vergrössert werden, und man konnte, wenn auch zu weichenden Preisen, doch glatten Absatz erzielen. — Die Ausfuhr beschränkt sich auf Geschäfte, welche beste Waare oder Sondererzeugnisse herstellen. In gewöhnlicher Waare ist die früher stattgefundene Ausfuhr nach Frankreich und der Schweiz durch hohe Eingangszölle unmöglich gemacht. Unter deren Schutz hat in diesen Ländern die Fabrikation dieser Artikel sich so sehr entwickelt, dass sie den Bedarf selbst zu decken imstande ist. Diese Ausfuhr könnte auch entbehrt werden, wenn nicht durch die österreichischen Holzpappen- Fabriken der Absatz im eigenen Lande so stark beeinträchtigt würde. Die österreichischen Fabriken haben unter Leitung des Wiener Bankvereins ein Syndikat gebildet, durch welches ein Theil ihrer Erzeugung zu billigsten Preisen im Ausland, namentlich auch in Süddeutschland, abgesetzt wird. Die Ein fuhr in Deutschland ist durch den deutsch - österreichischen Handelsvertrag ausserordentlich begünstigt, da der Ein gangszoll von 3 M. auf 1 M. ermässigt wurde, während der Eingangszoll nach Frankreich 8 Frank und in die Schweiz 3,50 Frank beträgt.« In Pressspänen und Jacquarddeckeln war eine Vermehrung des Absatzes nicht zu erzielen, die Verkaufs- preise bleiben immer wenig lohnend. Der Absatz in die Schweiz nimmt infolge erhöhter Eingangszölle und Erstarkung der dortigen Konkurrenz stetig ab.« Ueber den Papiergrosshandel äussert sich ein der Kammer in Stuttgart zugegangener Bericht folgendermaassen: »Der Ge schäftsverlauf glich im Allgemeinen dem des Vorjahres, der Absatz erhielt sich ziemlich auf demselben Stand; an Arbeit fehlte es nicht, da die Kundschaft sich in den letzten Jahren daran gewöhnt hat, nur für ihren augenblicklichen Bedarf zu sorgen. Es laufen infolgedessen fast nur eilige Bestellungen ein; dadurch macht die sofortige Erledigung eines Auftrags oft doppelt so viel Arbeit, als seine Bewältigung im regel mässigen Geschäftsgang erfordern würde. Infolge der un günstigen Wasser Verhältnisse sahen sich die Papiermühlen theil weise gezwungen, ihre Erzeugung einzuschränken, oder statt der Wasserkraft Dampf zu verwenden. So konnten sich die Preise wenigstens in der Hauptsache auf dem allerdings sehr niedrigen Stande von 1894 erhalten, während bei dem Preis rückgang der letzten Jahre die Lager der Grossisten sich fortwährend entwertheten. Geldeingang und Zahlungsweise gaben zu vielen Klagen Anlass. — Von anderen Bericht erstattern wird gemeldet, dass das Geschäft wohl etwas lebhafter, aber trotzdem der Absatz nicht leichter und die Verkaufspreise nicht lohnender waren. Im Einzelverkauf brachte das Berichts jahr etwas bessere Endergebnisse als das Vorjahr. Doch sind es immer wieder die billigen und billigsten Artikel, welche am leichtesten Abnehmer linden; der Mehrverdienst steht deshalb nicht im rechten Verhältniss zum Mehrabsatz. Die Preise hielten sich so ziemlich auf dem von 1894 übernommenen Stand. In den letzten Monaten gingen noch viele ältere Ausstände ein. Die Stuttgarter Kammer berichtet weiter: »Für die Hunt- Papierfabri kation war der Absatz nach Oesterreich und der Schweiz etwas weniger lebhaft; er konnte im Allgemeinen den alten Stand behaupten. Die Verkaufspreise waren nicht lohnender; wie sich ein Berichterstatter ausdrückt, »zielt ihre Richtung direkt auf Null.« Unter den Preisen der Roh- und Hilfsstoffe sind die für Lederleim gestiegen. — Im Tapetengeschäft hat sich bei der regen Baulust wohl die Nachfrage und der Umsatz, I nicht aber der Preis gehoben. Im vergangenen Jahre machte ; sich auch der Wettbewerb norddeutscher Versandhäuser, die ihre Musterbücher auch unverlangt grösseren Kunden ins Haus schicken, mehr und mehr fühlbar. Der heftige Wettbewerb zwingt zu immer stärkerer Anspannung der Vertriebsthätigkeit und zur Einräumung günstigerer Bedingungen an die Kundschaft; hierher gehört auch das leidige Ueberbieten in der Rabatt- gewährung, das weitere Fortschritte gemacht hat. »Die Preise«, sagt ein Bericht, »werden für die Einzelverkäufer geschraubt, damit dann den Baugeschäften und Agenten Rabatt bis zu 33 pCt. und noch mehr angeboten werden kann. Ein früherer oder späterer Rückschlag gegen dieses Gebahren ist unver meidlich.« Die Kreditverhältnisse liegen immer noch sehr un günstig. Lange Borgfristen sind gang und gäbe. — Wohl gingen auch die Einkaufspreise, unter dem Drucke einer scharfen ! Konkurrenz, theilweise zurück, trotzdem ist das Gesammt- ergcbniss des Geschäftsjahres nicht sehr befriedigend. — Dem Handelsvertrag mit der Schweiz wird nachgerühmt, dass er den Absatz insofern erleichtert habe, als die sehr leistungs- fähige deutsche Tapetenindustrie nicht ungünstiger gestellt ist, als die auf dem Weltmarkt hauptsächlich mitwerbende Fabri kation Frankreichs und Englands.» Die Reutlinger Kammer schreibt: »Die Fabrikation von Geschäftsbüchern hat namentlich im Auslande mit starkem Wett bewerb zu kämpfen und muss deshalb mit bescheidenem Nutzen arbeiten. Dies gilt auch von der Kartonnagefabrikation, die allmälig mit einem Viertel-Pfennig Nutzen kalkuliren muss. Nur die Masse der Arbeit macht diese Betriebe noch einiger maassen lohnend. Die Buchbindereien dagegen haben, seit und soweit sie sich auf Sondererzeugnisse verlegen, wieder bessere Zeiten als in den vergangenen Jahren.« Löschpapiere, Löschcarton und Copircarton von höchster Saugfähigkeit, den englischen Qualitäten gleichkommend, liefern als Speclalltät billigst. — Ebenso Handpapiere als Canzlei, Büttenaetendeekel, -== chemisch reine Filtrirpapiere etc. ==- Maschinen- und Bütten-Papler-Fabrlk, Gmund am Tegernsee. Gregor Fichtner.[82818