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Nr. 100 PAPIER-ZEITUNG 3287 dabei sollten die Vorkehrungen in den Vordergrund treten, deren Einführung leicht möglich ist. Da ist grosse Höhe der Arbeitsräume, obwohl natürlich wünschenswerth, nicht so wichtig, wie die unbedingteste Sauberkeit; ersteres durchzuführen ist theilweise sehr kost spielig, letzteres erfordert nur Aufmerksamkeit und liegt in der Hand der Beschäftigten. Auch in hohen Arbeitsräumen kann die Luft in Mundhöhe ebenso staubhaltig sein, wenn der Staub nicht nach Möglichkeit unterdrückt wird. Auch bezüglich der Ansteckungsgefahr trifft man in Fach schriften zuweilen irrthümliche Anschauungen. Ansteckend ist die Tuberkulose nur dann, wenn der Körper oder einzelne seiner Organe so entartet oder geschwächt sind, dass die Tuber kulose-Bacillen geeigneten Boden finden, um sich fortzupflanzen. Bacillen werden hauptsächlich dadurch in einen geschwächten oder entarteten Körper gelangen können, dass sie, im Sputum ausgeworfen, durch Auftrocknen des letzteren frei und mit der Luft eingeathmet werden. Wenn man demnach das Trocknen des Sputums dadurch verhindert, dass man Wasserspucknäpfe benutzt, so ist die Möglichkeit einer Uebcrtragung ausgeschlossen. Werden nun in den Druckereien Wasserspucknäpfe ver wendet? Nur selten. Man benutzt Sandnäpfe oder gar keine. Auf die Einführung von Wasserspucknäpfen muss man demnach dringen, jeder Lungenarzt wird das für sehr wesentlich halten. Wie nachlässig, um nicht zu sagen ungebildet, sehr viele Setzer beim Auswerfen von Sputum sind, ist bekannt. Auch andere Menschen; das sieht man an den Neuankommenden in Heilanstalten, von denen ein grosser Theil erst zur Reinlichkeit erzogen werden muss. Ad. Förster Sammlung lithographischer Wiegendrucke Der vor einigen Jahren verstorbene Professor Heinrich Weishaupt in München hatte im Laufe von Jahrzehnten mit vieler Mühe und nicht unbeträchtlichen Opfern eine Sammlung von Lithographien angelegt, die gegen 3000 Blätter zählt und einen ganz besonderen Werth durch die grosse Anzahl von Drucken aus der Wiegenzeit der Lithographie hat. Diese Sammlung ist jüngst aus dem Besitze der Wittwe des Sammlers in den des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg über gegangen, sodass in der vaterländischen Anstalt nunmehr die Geschichte der Lithographie in ebenso guter Weise vertreten ist, wie die Geschichte des Kupferstiches und des Holzschnittes. Herr Kommerzienrath E. Nister, Chef der Kunstanstalt gleichen Namens in Nürnberg, hat zu den Erwerbungskosten den Betrag von 1000 M. in dankenswerther Weise beigesteuert. Die ältesten Lithographien der Weishauptschen Sammlung sind eine Folge von »Giftpflanzen für Schulen« vom Jahre 1797. Die zwölf Blätter hat Max Mayrhoffer mit der Kreide auf Stein gezeichnet, während die Unterschriften und den Druck der Bruder des Erfinders der Lithographie, Theobald Senefelder, ausführte. Zunächst trat die neue Vervielfältigungs-Methode nicht in den Dienst der Kunst, sondern in den Dienst der Schule und des Unterrichts, und es wurden mit ihrer Hilfe namentlich Vorlagen für den Zeichenunterricht, Laubsäge- Arbeiten, naturwissenschaftlichen Unterricht usw. hergestellt, von denen die Sammlung die wichtigsten, die bis zum Jahre 1810 und den folgenden Jahrzehnten erschienen, besitzt. Die ersten Blätter von künstlerischem Interesse, sind die oberbayerischen Landschaften von M. Wagenbauer und Simon Warnberger, und die italienischen, von Simon Klotz 1804- 1810 in Kreidemanier ausgeführt. Diesen reihen sich die aus dem zweiten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts stammenden Blätter von Nep. Strixner, die namentlich Gemälde der älteren Schulen mit Tonplatten gedruckt wiedergeben, die Architekturen der Quaglio, Blätter von Piloty, Raph. Winter, Ekemann, Bergmann, Hanfstängl, Albr. Adam und vielen Anderen an, die bereits eine bedeutend höhere Stufe einnehmen als die Lehrzwecken dienenden Werke. Es ist unmöglich, auf kleinem Raume aller der wichtigeren Werke zu gedenken, die die Sammlung vereinigt. Es sei nur erwähnt, dass alle Künstler und Lithographen, die in den ersten Jahrzehnten der neuen vervielfältigenden Kunst diese ausübten, ebenso vertreten sind, wie alle Erstlingsversuche in den ver schiedenen lithographischen Kunstmanieren: Feder- und Kreide- Zeichnung, Senefelders Autographie, Punktir-, Schab- und Aetz- Manier, die ersten Farbendrucke, die Anfänge des Farben- und Oelbilderdruckes, der Metallographie usw. Diese interessante Sammlung, die bis in die dreissiger Jahre fortgesetzt ist und alich noch manches spätere wichtigere Blatt, Arbeiten von über hundert Künstlern aufweist, enthält auch noch mancherlei Litho graphien und Autographien hoher und berühmter Persönlichkeiten, die sich in der Erstzeit der neuen Kunst in ihr versuchten, deren Erzeugnisse aber für die Geschichte und Entwickelung der Lithographie nicht von Bedeutung waren. So liegen Blätter von König Ludwig L, Louis Napoleon, General Lejeune u. A. vor. Zu gleicher Zeit war das Germanische Museum in der Lage, von einem Pariser Händler das »Album chromolithographique« erwerben zu können, das Probedrucke der ersten Chromo- Lithographien enthält, die »Engelmann pere & fils« in Mülhausen im Elsass gefertigt haben. J. Engelmann hat sich um die Ein führung der Lithographie in Frankreich grosse Verdienste er worben; seine ersten Farbendrucke ergänzen die Weishauptsche Sammlung auf das Zweckmässigste und Erfreulichste. Hans Bösch. Moderne Plakate Eine interessante Plakat-Ausstellung befindet sich augen blicklich im Lichthofe des Berliner Kunstgewerbe - Museums. Diese Ausstellung und verschiedene in letzter Zeit über Plakate erschienene Aufsätze veranlassen mich zu folgenden Be trachtungen. In Deutschland herrscht das kleine Plakat für Innenräume, das Sachplakat, vor. Der Bedarf an Plakaten für grosse Flächen ist nicht so bedeutend, um dafür einen eigenen Stil zu schaffen. Wie die Erfahrungen lehren, lassen sich die Grundgedanken kleiner Plakate von sachverständigen Händen sehr gut für grosse Anschlag-Flächen herrichten. Die Aufgabe, billige und wirkungsvolle Plakate für bestimmte Zwecke zu schaffen, ist fast immer gelöst worden. Wer Gelegenheit hat, von verschiedenen Leuten Ansichten über Plakate, die gerade an der Tagesordnung sind, zu hören, muss bedauern, dass häufig ein Weg eingeschlagen wird, der im Publikum nur wenig Sympathien hat. Dann begreift man aber auch erst, einen wie grossen Einfluss ein vorzügliches Plakat auf das allgemeine Kunstverständniss übt. Die Art der französischen und amerikanischen Plakate wird in den breiten Schichten unseres Volkes niemals Beifall finden. Ein einzelner Schlager wie z. B. das Berliner Hammer- Plakat beweist noch nichts. Dem grossen Publikum hat dies Plakat nicht gefallen. Vom fachmännischen Standpunkt aus war es eine Meisterleistung. Klar und deutlich in der Zeichnung, kräftig und ansprechend in der Farbenwirkung. Als erstes in seiner Art fand es allgemeine Beachtung. Man darf wohl behaupten, dass nicht das Plakat an sich, sondern die Angriffe, die es aller Orten erfahren, den grossen Erfolg zu Wege brachten. Es wäre sehr interessant gewesen, wenn all die guten und schlechten Witze, die über das Hammer-Plakat gemacht wurden, gesammelt wären, da diese zum Erfolg nicht wenig beigetragen haben. Wenn man sich die Fischersche Sammlung und die Wett bewerbe zur Gewinnung von Zeitschrift-Titeln ansieht, so muss man Dem recht geben, der sagte: Heute glaubt derjenige das beste Plakat oder Titelblatt zu liefern, der die scheusslichste Fratze in der unmöglichsten Farbenzusammenstellung zu Wege bringt. Dass diese Ansicht nicht alleinsteht, beweisen die Angebote, die den lithographischen Anstalten alle Tage ge macht werden. Die jungen Künstler glauben, wenn sie solche Sachen sehen und diese ihnen auch noch als etwas Besonderes an- gepriesen werden, Plakat-Zeichnen sei das leichteste von der Welt. Man braucht nur eine möglichst sonderbare Idee in den grellsten Farben zu Papier zu bringen, um ein Plakat zu schaffen, um das die Druckereien sich reissen werden. Es wäre zum Lachen, was da angeboten wird, wenn man nicht die Zeit, die nutzlos verschwendet ist, und die Leute bedauerte, die erfahren müssen, dass ihre Arbeit keine Käufer findet. Es kommt ja vor, dass ein solches modernes Plakat augen blicklich gefällt. Die Wirkung ist aber nicht nachhaltig, denn man sieht sich bald satt daran. Der Besteller nimmt es meist nur, weil es billig ist und man ihm erzählt, es sei das Allerneueste und deshalb Wirkungsvollste. Da es billig sein soll, muss an allen Ecken gespart werden und die Folge ist, dass nichts Gescheites zustande kommt. Bringt ein Kunde ein solches Plakat zur Vertheilung, dann fängt erst das Unglück an. Abgesehen von den abfälligen Kritiken, die er über sich ergehen lassen muss, wird er nur zu bald die Entdeckung machen,, dass man sein Plakat garnicht oder nur sehr ungünstig anbringt, wenn man es ihm nicht gar zurückschickt. Er ist dann vom Plakat- bestellen gründlich geheilt und giebt keinen neuen Auftrag,