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3174 Sacanche Mitehstcsg-= finden kostenfreie Aufnahme Buchdruck *** *** Steindruck Kr. 97 erhalten angemessene Bexahlung Buchgewerbe Buchbinderei # * * * * Buchhandel Eingesandte Werke finden Besprechung Plakat-Ausstellung in Leipzig Von Albin Maria Watzulik Kürzlich fand die von der Leipziger Kunst - Anstalt Grimme & Hempel als Ergebniss ihres Preisausschreibens im schönen Grassi - Museum veranstaltete Ausstellung von etwa 700 Plakat-Entwürfen statt und wurde so stark besucht, dass für Viele ruhiges Besichtigen und Beurtheilen unmöglich war. Die in Frankreich, England und Amerika herrschende Richtung, die Plakate mehr oder minder modern zu halten, hat auch bei uns Deutschen Eingang gefunden; es muss jedoch anerkannt werden, dass nicht wenige Künstler sich von fremdem Einfluss frei zu machen versuchen und eigene Wege gehen wollen. Man kann schon jetzt sagen, dass in Deutschland, gerade wie auf anderen Kunstgebieten, auch für das Plakat wesen eine neue eigene, gesunde und kraftvolle Richtung ent stehen wird. Die deutsche Plakat-Industrie ist noch jung, sie wird, wenn fördernde Anregungen nicht ausbleiben, sich eine achtunggebietende, selbständige Stellung erringen. Der erste Preis von 1500 M. ist zurückgezogen worden, weil angeblich ein dafür geeigneter Entwurf nicht gefunden werden konnte. Dagegen gelangten zwei zweite Preise von je 1000 M., ein Preis von 300 M. und ein Preis von 200 M. zur Vertheilung. Es wurden folgenden Künstlern Preise zuerkannt: Feldbauer in München, Gussmann in Berlin je ein zweiter Preis von 1000 M., Klingner in Berlin der dritte Preis von 750 M., Galli in Mailand, Flashar in München, Pörschmann in Leipzig je ein vierter Preis von 500 M., Schütze in Charlottenburg, Koberstein in Berlin, Paul in München, Prof. Oehme in Blasewitz, Cinera in Dresden, Frl. Behrmann in Cassel je ein fünfter Preis von 300 M., Voss in Berlin, Simanck in Prag, Becker in Berlin, Brösel in Dresden, Neumann in München, Zaepansky in Prag, Wustmann in Leipzig, Hübner in Berlin, Laskowski in Strassburg, Behm in München, Weber in Berlin je ein sechster Preis von 200 M. Die Preisrichter haben mit wenigen Ausnahmen solchen Plakaten die Preise zugewandt, die nicht ganz der modernen Richtung angehören. Der Drang, möglichst Modernes zu schaffen, ist indess vorhanden und zeigt, dass es unter deutschen Künstlern zu gähren angefangen hat. Natürlich fanden sich auch Plakat- Entwürfe, mit denen man aus verschiedenen Gründen nicht einverstanden sein kann. Der Entwurf mit dem Kennwort »Pianoforte«, zweiter Preis, erinnert in Zeichnung, Haltung und Ton an Sascha Schneider. Eine männliche und eine weibliche Gestalt, beide nackt, stehen zu beiden Seiten des Pianofortes; Alles ist in gelblicher, brauner und schwarzer Farbe gehalten. In der Mitte ist eine weisse Tafel für den Wortlaut angebracht. Das Ganze wirkt einfach und vornehm. Der andere Entwurf mit dem zweiten Preis stellt einen Theil eines Pianofortes dar, das in Schwarz, Grau und Gold gemalt, auf lichtgrauem Fussboden und neben entsprechend ornamental verzierte Wand gestellt ist. Völlig verfehlt ist die Wirkung des Fussbodens im Verhältniss zur Wand. Oberhalb der Wand ist die Zeile »Pianoforte« zierleistenartig angebracht. Das Ganze wirkt matt. Der Entwurf mit dem dritten Preis zeigt antikes Gepräge: Ein nackter Mann hält einer nackten weiblichen Gestalt eine Schale entgegen, in die aus den von ihr mit den Händen zusammen gepressten Kräutern und Blüthen Tropfen hinabfallen. Das Plakat ist für Parfümeriegeschäfte bestimmt. Wenn die Zeich nung noch sorgfältiger und klarer ausfällt als auf dem Entwurf, wird das Plakat günstig wirken. Ein Plakat, Preis 500 Mark, stellt einen Herrn und eine Dame dar; diese brennt ihre Cigarette an der ihres Gegen übers an. Nichts Neues! Die Farben sind etwas trüb gehalten. Ein anderer Entwurf mit einem Preise von 500 Mark unter dem Kennworte »Blut ist stärker denn Wasser« lässt einen rothen, von einem nackten Arm am Riemen festgehaltenen Stier erblicken. Auch nichts Neues! Das Blatt trägt die Unterschrift »Fleisch-Extrakt«. Reizvoll und wirksam ist das Plakat mit fünf Negerkindern, j die am weissgedeckten Tisch aus Tassen ihren Kakao trinken. Das Blatt trug dem Künstler einen dritten Preis ein. Das Bild mit dem Kennworte »Lieser Mosel« zeigt zwei allerliebste Kinder, von denen das eine die Milchflasche hält und das andere weint. Hübsch, aber nicht mehr neu. Es erzielte den Preis von 300 M. Ein Radfahrer im blau- und rothgestreiften Tricot saust uns entgegen, hinter ihm in einiger Entfernung ein zweiter im gelben und blauen Tricot; beide haben rothe Haare und grüne (!) Augen; die Wiese ist grünlich und der Weg grau. Das ist Alles, was man auf dem Plakat sieht. Die Farben sind grell. Modern, aber nicht schön. Es hat 200 M. erobert. Uns den Bücken zukehrend, sitzt am Tisch eine Dame in Neglige und nachlässiger Haltung, ein Buch nach hinten in der hinuntergestreckten Hand haltend, gleichsam schlummernd, vor sich eine hellgrün beschirmte Lampe. Dem Künstler hat dieses Plakat den Preis von 200 M. zugeführt. Das Ganze erinnert an die Cheretsche Manier. Eine Etruskerin liegt auf antikem Ruhebett und lässt der Cigarette Bauch entsteigen, dies Alles steht in Roth auf schwarzem Grunde. Originell in Farbe und Haltung! Dem Bild wurde der Preis von 200 M. zugewiesen. Das Kennwort »Fesche Madln« trägt ein Plakat, auf dem wir ein auf dem Sopha liegendes Mädchen erblicken, das einen Handschuh am emporgestreckten Arm zuknöpft. Obgleich nicht originell, ist es doch wirksam! Gewinn: Preis von 200 M. Eine Familie, aus Mann, Weib und Mädchen bestehend, sitzt am Kaffeetisch und trinkt. Hintergrund ist grün, was dem Ganzen ein befremdliches Gepräge verleiht. Obgleich nicht originell und neu, hat der Künstler den Preis von 300 M. erhalten. Eine junge, flotte, rauchende Dame sitzt auf einer Cigarren kiste. Die Zeichnung ist nett und die Farbengebung gut, aber originell und neu ist das Bild auch nicht. Das kleine Plakat hat den Preis von 200 M. erhalten. Es ist eigenthümlich und befremdlich, dass das grosse Plakat mit dem Kennworte »Schwarz, Roth, Gelb« trotz seiner grossartigen Wirkung keinen Preis erzielte. Es stellt eine weisse, rauchende Dame in sitzender Stellung auf rothem Hintergrund dar. Die Linienzeichnung ist in Schwarz ausgeführt. Ebenso schön und originell sind die nicht prämiirten Plakate mit den Kenn worten: »Rosen« (eine Dame unter Blumen in milden, eigen artigen Farben), »Schlafrock« (ein alter Herr im Schlafrock in Schwarz und Both), 'Nen« (eine Tasse Kakao servirende Hol länderin, in glücklicher Farbenzusammenstellung und sauberer Zeichnung), »Habana« (ein ältlicher Herr, der raucht, die Zeichnung ist sehr gut); »Carpe diem« (eine weibliche Gestalt mit Weinschale, und antikem Gewand, lobenswerthe dekorative Erfindung). Der Humor ist stark vertreten. Auffällig ist, dass von den humoristisch gehaltenen Plakaten nur eins mit 200 M. aus gezeichnet wurde. Dies stellt einen stark verlebten, in Schwarz und Weiss gemalten Geck dar, der, das eine Bein über das andere geschlagen, das Monocle aufs Auge drückend, uns eine grosse Blösse auf seinem Schädel sehen lassend, auf einer grell braunen Holzbank sitzt inmitten einer grellgrünen, glatt ge strichenen Wiese, über sich einen grellblauen Streifen Himmel ohne Wolken, unter sich ebenso einen grellblauen Streifen Wasser ohne Pflanze, vor sich einen grossen grellbraunen Krug auf einem Tisch. Himmel, Erde und Wasser! — Der verlebte Mensch soll sich wahrscheinlich, abgeschieden von der geräuschvollen Welt, in der Einsamkeit wieder verjüngen. Es ist eine Reklame für Mineralwasser. In einer grossen irdenen Tintenflasche war eine »Tinten jungfer« zu sehen, aber wäre die Gestalt tintenhaft gemalt worden, so hätte das Plakat besser gewirkt. Das in Grau, Gelb und Schwarz gehaltene Plakat mit dem Kennworte »Amtsmiene« wirkt packend. Ein ergrauter, ver-