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Nr 93 PAPIER-ZEITUNG Nachdem durch die von der chem.-tecln. Versuchsanstalt , in Karlsruhe vorgenommene Untersuchung zahlreicher der-' artiger Mittel zur Genüge die völlige Werthlosigkeit derselben nachgewiesen ist, erscheint es nicht angebracht, noch einen Groschen dafür zu opfern. Nicht selten ist es übrigens auch: vorgekommen, dass nach erfolgter Veröffentlichung der Zu sammensetzung des Mittels dasselbe, bald darauf unter einem ! anderen Namen in den Handel gebracht wurde. Dem Kesselbesitzer, dem sein Kesselstein mancherlei Sorgen verursacht, liegt auch sehr wenig daran, zu wissen, was er zur Beseitigung desselben nicht anwenden soll, ihm liegt vor allem daran, zu erfahren, welche Mittel er zur Beseitigung des Uebel- Standes ergreifen kann. Nach dieser Richtung hin aufklärend zu wirken, dürfte eine weit dankbarere Aufgabe sein, als die weitere Untersuchung neu auftauchender Geheimmittel, die sich voraussichtlich immer wieder in Soda, Sand, Braunkohlenpulver und dergleichen mehr auflösen werden. Nicht eine Broschüre, enthaltend die Geheimmittel zur Ver- hütung des Kesselsteines, gebe man heraus, sondern eine solche, welche in sachgemässer, leicht fasslicher Form die Mittel und Wege angiebt, welche zur erfolgreichen Beseitigung des Kessel-1 Steines benutzt werden müssen. Dieselbe müsste in erster Linie über die Wassergewinnung sowie die Wasseruntersuchung Auskunft geben, sie müsste aber auch diejenigen Einrichtungen enthalten, welche bisher mit Erfolg Verwendung gefunden haben. Zur Erreichung dieses Zweckes würde eine Kommission zu ernennen sein, die sich dieser dankenswerthen Aufgabe zu unterziehen hätte, und zwar unter Hinzuziehung chem.-techn. Sachverständiger. Warum sollte vom Verbände auf diesem Gebiete nicht derselbe Erfolg erzielt werden können, wie durch die Schaffung der Würzburger und Hamburger Normen für den Bau von Dampfkesseln? Die Lösung dieser Aufgabe ist zu wichtig, als dass die daraus etwa entstehenden Mühen und Kosten schrecken könnten. Im Hinblick hierauf opfere man aber auch keinen Groschen mehr für die Untersuchung von Sand und Braunkohlenpulver mit etwas Soda; will man aber durchaus dem Vertriebe der artiger Geheimmittel durch ein sichtbares Zeichen entgegen treten, so schreibe man an jede Kesselhausthür unter »Eintritt verboten«: »Vor Kesselsteinmitteln wird gewarnt«. (Ztschr. des internat. Verbandes der Dampfkessel-Ueber- wachungs-V ereine.) Neuheiten in Luxus-Papier Eigen -Bericht Ueberall langt man an, Vorbereitungen für die Tanz-Zeit zu treffen. Wenn auch ultramoderne Kreise dem Beispiel Englands folgen, wo bekanntlich erst im März und April der schönen Terpsichore gehuldigt wird, so weiss man doch, dass sich hier zu Lande schon um die Weihnachtszeit reges gesell schaftliches Leben zu entwickeln pflegt. Die tanzende .Jugend giebt allen Industriezweigen vollauf zu thun. Hunderte von farbigen Atlas-Schuhen nehmen ihren Lauf durch die Welt, tausende von weissen Battist-Kravatten finden ihren Herrn, die frischen und künstlichen Blumen, die während der drei Tanz- Monate verbraucht werden, zählen nach Millionen. In ebenso hohem Grade, wie die vorgenannten Industrien, ist die Luxus- Papier-Fabrikation an der gesellschaftlichen Campagne betheiligt. In erster Linie sei der Kotillon-Orden gedacht. Diesen galanten Artikel sucht man von Jahr zu Jahr reizender zu ge stalten, was vielleicht darin seinen tiefernsten Grund hat, dass die Tanzlust der Herren mehr und mehr abnimmt, und dass die Wenigen, die sich um das Gelingen eines Ballabends ver dient machen, auch entsprechend belohnt werden müssen. Da der Ballsaal aber im Grunde nichts weiter als ein Kriegsschau platz ist, und die Damen befugt sind, das Richteramt auszuüben, herrscht in der Vertheilung der Ehrenzeichen die denkbar grösste Gerechtigkeit. Wer sich nur an ein paar Polkatänzen betheiligt, muss mit einer guldengrossen Rosette ans ge krepptem Tarlatan zufrieden sein, wer keinen Walzer äusser Acht liess, dem gebührt das »eiserne Kreuz« aus Silber- und Bronze-Papier, und wer gar den Contre kommandirte oder seine Meisterschaft im Menuett bewies, erhält den zwölfstrahligen Silberstern am weissen Atlas-Band. Doch wir lassen den Damen das Richteramt und wenden uns dem Artikel selbst zu. Ganz reizende und eigenartige Neu heiten enthalten die Musterbücher von Otto Schäfer & Scheibe, Berlin. | Einfach und chic ist eine längliche •Schleife aus blass rosa Gaze-Band, durch deren Knoten ein weisser Fliederzweig gesteckt ist. Band und Blume geben ein sehr hübsches Ensemble. Zu hellblauem Band wählt man auch Schneeglöckchen, zu weissem Band Vergissmeinnicht oder Parma-Veilchen. Das Gaze-Band wirkt, weil durchsichtig, ungleich zarter als glattes Atlas-Band. Der mittelgrosse Orden ist zumeist achtzackig und besteht aus durchbrochenem und gezacktem Silberpapier. Auf 1 cm hohem Kork ist eine dünne Rosette aus weisser Seiden- Gaze nebst Lametta-Fäden befestigt. Vier darauf gesetzte rosa Band-Oesen umschliessen kelchblattartig ein Edelweiss. Zuweilen ist eine mit Glimmer bestreute Krone auf der Gaze-Rosette an gebracht, zuweilen eine Perle in einem Similikranz oder eine Blume aus gekrepptem Stoff zwischen Lametta-Fäden. Ein sehr zierlicher Orden besteht aus dünnem Gazeblatt mit blauer Chenille, worauf ein umrändertes Hufeisen befestigt ist. Die Chenille-Tupfen sind als Vergissmeinnicht gedacht und mit Silbersternchen durchschossen. Auch mit einer Chenille-Auflage in Herzform, von einem Silberpfeil durchbohrt, nimmt sich dieses Muster recht gefällig aus. Ganz neu ist ein Orden in Fächerform. Starker Karton ist mit mattgrüner Seide bezogen. Darauf ruht im Halbkreis ein Zweig zartfarbiger Heckenrosen. Schwan-Daunen fassen den Rand des Fächers ein, während schmale rosa Bandschleifen zum Aufputz verwendet sind. Obgleich hier von dem Symbol des Ordens abgewichen ist, wird diese anmuthige Zier sicher den Beifall aller Damen finden, die etwas Neues und Eigen artiges suchen. Doch nun zu den Prima-Sternen. Ihrem Um- fang entsprechend sind sie auch bedeutend höher gearbeitet. Ein besonders hübsches Exemplar besteht aus drei achtzackigen Silbersternen, die kreuzweis über einander geschichtet sind. Der oberste, sehr zierliche Stern ist mit rosa Seide verziert, und zwar so, dass unter jeder Zacke ein Fächerplisse geklemmt ist. Das Ganze wird von einer Rosette aus weisser Seidengaze und einem rosa Seidenknoten zwischen Similisteinen bekrönt, und Lametta-Fäden, die zwischen den Stoff zerstreut sind, er zielen auch hier »glänzende« Wirkung. Bei einem zwölf strahligen Riesenorden, der an einer grossen weissen Gaze- Schleife hängt, zählen wir zehn über einander geschichtete Sterne oder Rosetten. Mattes und glänzendes Silberpapier, Seidenband in Dütenform, Lametta, Fächer-Rosetten aus Mar- celline und seidene Band-Rüschen wechseln in reizvollem Durch einander. Den Mittel- oder richtiger Höhepunkt bildet eine Perle in einem Similikranz. Neben den tellergrossen Orden, welche die Person des Dekorirten mit einem förmlichen Strahlen- Kranz umgeben, sehen wir ganz kleine Ehrenzeichen ans farbiger Gelatine und aus gekrepptem Tarlatan, mit Perle, Band-Rosette oder Relief verziert. Kurz, es giebt soviel Neues und soviel Verschiedenartiges auf dem Gebiet der Tanz-Diplome, dass es in diesem Jahre keiner Balldame schwer fallen dürfte, ihren Haupttänzer durch ein besonders sinniges oder ins Auge fallendes Prachtstück auszuzeichnen. Geht also hin, Ihr hübschen Mädchen und steckt demjenigen den grössten Orden an den Frack, der Euch am sichersten über das spiegelglatte Parquet geleitet. Die Sage freilich geht, dass der schlechteste Tänzer bisweilen den prächtigsten Orden erhält; forschen wir nicht nach dem Grunde dieser Ungerechtigkeit. Giebt es doch Ge spräche während einer Kotillon-Tour, die an »reellem Werth« alle Walzer in den Schatten stellen! Der Glückwunschkarte widmeten wir schon kürzlich ein umfangreiches Kapitel. Wenn wir heut darauf zurückkommen, so geschieht es, um die »konfektionirte Karte«, welche Otto Schäfer & Scheibe herstellen, einer kurzen Besprechung zu unterziehen. Die konfektionirte Karte macht, was Feinheit und Eleganz der Ausstattung betrifft, der Celluloidkarte den Rang streitig. Auch hier ist der Begriff Karte nicht an die bestehende Form gebunden. Man sieht Fächer, Rahmen, Kissen, Wand- Taschen, kurz, kleine Luxus-Artikel aller Art, die zu jeder Ge legenheit ein passendes Geschenk bilden. Der Karton ist zumeist mit dicht gepufftem, weissem Marcelline bezogen, ein farbiges Chenille-Börtchen umrahmt ein Hott hingeworfenes Genrebild, während gebrannte Gaze- oder Spitzen-Rüschen zur Rand-Einfassung dienen. Dieses Muster liegt in zahlreichen Aenderungen vor. Hier ist ein Blumenzweig anmuthig in den Stoff versenkt, dort tritt eine Bandschleife, eine Edelweissblüthe oder ein Blumenstück in Seidenprägung plastisch aus einer der Ecken vor. Ein schmaler Karton ist mit gepufftem, weissem Marcelline bezogen, in der rechten Ecke (zur Hälfte heraus tretend) ruht ein weisser Margueriten-Kranz, dessen Blumen- Kelche aus Glimmer bestehen. Die Karte ist mit rosa Seide