Volltext Seite (XML)
3000 PAPIER-ZEITUNG Nr. 92 Maschinen und Apparate der amerikanischen Druck-Industrie Von E. Wentscher, Ingenieur in Berlin Fortsetzung zu Nr. 90 Rotations-Maschinen Während die amerikanischen Cylinderschnellpressen, wie sich aus den voraufgehenden Abschnitten ergiebt, von den deutschen Maschinen zum Theil recht wesentlich abweichen, sind bei den nunmehr zu beschreibenden Rotationsmaschinen grundsätzliche Unterschiede nicht vorhanden. Das überaus einfache Rotationsprinzip ist, nachdem die Herstellung stereo- typirter cylindrischer Druckformen im Laufe der fünfziger Jahre auf rationellem Wege endgiltig gelungen und unmittelbar darauf von Bullock aus Philadelphia die Zuführung endlosen Papieres als der springende Punkt erkannt worden war, von Bullock selbst in so maassgebender Weise zur Ausführung gebracht worden, dass alle voraufgegangenen Bestrebungen, dieselbe Aufgabe zu lösen, ohne weiteres aufgegeben wurden, und in der späteren Zeit etwas Besseres bisher nicht geschaffen worden ist und voraussichtlich auch nicht geschaffen werden wird. Unter diesen Umständen kann es nicht über raschen, dass der Rotationsmaschi nenbau aller Län der in vollkomme ner Uebereinstim mung mit einan der steht, während anderseits die eigenthümliche Thatsache, dass europäische, namentlich auch die deutschen Fa briken leistungs fähigere Rota- tions - Maschinen bauen als die mei sten amerikani schen, ihre Er klärung darin fin det, dass zweck mässige Falz- und Ausführungsvor- richtungen, die für eine hohe Lei liegen alle Cylinder waagerecht neben einander, oder theilweise in drei Ebenen unter bezw. neben einander, oder endlich und zwar am häufigsten in zwei Ebenen unter bezw. neben einander. Letztere Anordnung hat vor den übrigen den Vorzug, dass die Maschine sowohl in der Höhe als in der Länge zweckmässige Grössenverhältnisse erhält, und alle Theile übersichtlich und leicht zugänglich liegen. Bei den mehrfachen Maschinen sind zwei grundverschiedene Anordnungen zu unterscheiden. Die einzelnen Cylindersysteme liegen entweder in waagerechten Ebenen über einander, derart, dass je vier oder mit Einschluss der Farbcylinder je sechs Cylinder sich waagerecht neben einander befinden, und dies ist die gewöhnliche Anordnung; oder die einzelnen gekuppelten Maschinen stehen neben einander. Diese Anordnung ist wohl ausschliesslich den Maschinen von R. Hoe & Cie. eigenthümlich, obwohl sie meines Erachtens wegen der dadurch gegebenen bequemen Zugänglichkeit zu allen Theilen auch während des Betriebes den Vorzug verdient. Allerdings erfordert sie mehr Raum. Die Rotationsmaschine verdankt ihre erstaunliche Vervoll kommnung zweifellos der bereits erwähnten und in höchstem Maasse erfinderischen Firma R. Hoe & Cie. Nichts destoweniger muss ich verzich ten, auf die ausser ordentlich inter essanten und werthvollen Ein zelheiten der Hoe- sehen Maschinen näher einzu gehen, da sie mir nur unter der aus drücklichen Be dingung der Nichtveröffent lichung in zuvor kommendster Weise zugänglich gemacht worden sind. Ich muss mich daher hier auf das beschrän ken, was ich aus serhalb derFabrik an Hoe’schen Ma schinen gesehen habe bezw. mit- theilen darf. Eine ein fache Rotations- stung ausschlaggebend sind, in Amerika bisher nur von der Firma R. Hoe & Cie., der Erfinderin dieser Apparate und Patent inhaberin, benutzt werden durften, im Auslande dagegen, wo sie schon längst keinen Patentschutz mehr geniessen oder über haupt nicht patentirt waren, unbeanstandet angewendet werden konnten. Die amerikanischen Rotationsmaschinen, die bis auf ver einzelte später zu behandelnde Ausnahmen endloses Papier von cylindrischen Formen beiderseitig bei einem Durchgang be drucken, zerfallen, wie auch bei uns, in einfache und mehr fache Maschinen. Die einfache Maschine heisst Single Stereotype Perfecting Press, die mehrfache Double oder Triple Stereotype Perfecting Press bezw. Quadrupie oder Sextuple Stereotype Perfecting Press, wenn sie Papier von doppelter Breite ver arbeitet und dementsprechend Cylinder von doppelter Länge besitzt. Die Quadrupie und Sextuple sind somit nach unserm Sprachgebrauch nur Zwillings- oder Drillings-Maschinen von doppelter Breite. Drillingsmaschinen werden von R. Hoe & Cie. und von W. Scott gebaut und sind mehrfach im Gebrauch. Ob auch Vierlingsmaschinen und noch höhere Kombinationen zur | Zeit bereits eingeführt sind, vermag ich nicht zu sagen. Im Jahre 1893 begann die Firma W. Scott den Bau von Vierlings- Maschinen. Eine Abart der einfachen Rotationsmaschine mit endlosem Papier und cylindrischer Form (in diesem Falle meistens ein Galvano) bildet die Mehrfarbenmaschine für zwei bis fünf Farben, I Schwarzdruck mitgerechnet. Eine weitere Abart ist diejenige | für wechselnde Formate. Die Gesammtanordnung der einfachen Rotationsmaschine weist ähnliche Mannigfaltigkeiten auf wie bei uns. Entweder 1 Maschine von Hoe für vierseitige Zeitungen ist in Fig. 274 ver anschaulicht. Die beiden Druckcylinder liegen am hinteren Maschinenende waagerecht neben einander unter dem Firmen schild, und symmetrisch dazu und darüber die beiden Form- und Farbcylinder nebst den Vertheilungswalzen und Farbkästen. Der endlose Papierstrang geht zunächst zwischen dem links gelegenen Form- und Druckcylinderpaar (Schöndruckpaar), sodann durch den freien Raum zwischen den beiden Druck- cylindern und weiter zwischen dem zweiten Form- und Druck- cylinderpaar (Wiederdruckpaar) hindurch, um endlich unter dem Wiederdruck-Farbwerk in die nach dem Falzapparat am vorderen (rechten) Maschinenende führende Bandleitung einzutreten. Diese leitet ihn auf eine dreieckige blanke Stahlplatte, den sogenannten Former (in Deutschland Trichter genannt,) über dessen abgerundete nach vorne spitz zusammenlaufende Kanten der Papierstrang zu beiden Seiten herabgeführt wird. Die auf diese Weise unter Bildung eines mittleren Längsfalzes einander zugekehrten Längs hälften der Papierhahn werden allmälig bis zur gegenseitigen Berührung gebracht, indem sie zwischen zwei unterhalb der Mittellinie des Trichters neben einander angeordnete Walzen gelangen. Beim Durchgang zwischen diesen Walzen wird der von der Spitze (Nase) des Trichters markirte Falz durch Pressung vollends ausgebildet, sodass der Papierstrang als doppelte der Länge nach gefalzte Lage die Walzen verlässt. Der so zu sammengelegte Strang geht nun nach einander zwischen zwei rotirenden Schneidecylindern, die ihn der Quere nach in ein zelne Zeitungsexemplare zerschneiden, und zwei Querfalzwalzen hindurch, die jedes Exemplar noch ‘einmal der Quere nach Zusammenlegen. Die einzelnen derartig für den Versand fertig gemachten Exemplare werden dann schliesslich durch die vorn