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Schriftgiesserei-Ausstellungen Auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung bilden fünf Schrift giessereien eine stattliche Gruppe der buchgewerblichen Ab- theilung, (vergl. S. 1452 u. 1487). Die Anordnung, dass sämmtliche Aussteller einer Gruppe in einheitlichem Aeusseren ihre Erzeugnisse den Besuchern vor Augen führen, ist auch hier befolgt worden, ohne dass die Auslage der einzelnen Gegenstände, wie dies nicht anders zu erwarten war, einheitlich gestaltet ist. Der Werth einer solchen allgemeinen Gewerbe- Ausstellung ist für Schriftgiessereien im Gegensatz zu ver schiedenen anderen Gewerben nur gering, denn für die grosse Mehrzahl der Besucher der Ausstellung sind die Vorführungen der Giessereien sowohl als auch im geringeren Maasse diejenigen der Buchdruckereien kaum beachtenswerth; man bemerkt, wenn man sich einige Zeit in der Nähe dieser Abtheilung aufhält, wie die meisten Besucher den Raum schnell wieder verlassen oder nach einem flüchtigen Einblick erst garnicht betreten. Da hiernach die Schriftgiesserei-Ausstellungen ziemlich nutzlos erscheinen, so können sie nur den Zweck haben, dass die be treffenden Geschäfte als Glied in der Kette von Gewerbe treibenden einer Stadt oder eines Landes, den Buchdruckern, den einzigen Abnehmern ihrer Erzeugnisse, noch einmal zeigen, was diesen durch Schriftproben, Neuheitenhefte und Fach blätter längst bekannt ist. Liest man in den verschiedenen Fachzeitschriften die Berichte über diese Gruppe, in der jede Giesserei sozusagen eine andere Richtung in der Vorführung ihrer Erzeugnisse vertritt, so gelangt man zu der Ueberzugung, dass wohl die Art des Ausstellens, je nach der persönlichen Ansicht der Herren Berichterstatter, nicht aber die eigentlichen Erzeugnisse beurtheilt werden. Allerdings ■ gehört hierzu, um dies gewissenhaft durchführen zu können, eine eingehendere Prüfung der zum Guss verwendeten Metallmischung, sowie eine genaue Schätzung der Zweckmässigkeit und gusstechnischen Her stellung der vorgelegten Neuheiten, lauter Dinge, die nicht leicht zu beurtheilen sind. Die Frage, wie stellt der Schriftgiesser am zweckmässigsten aus, findet auf der Berliner Ausstellung durch die dort ver tretenen fünf Giessereien eine ebenso vielfältige Lösung. Es sucht eine Giesserei fast nur durch Druckproben von Schriften und Einfassungen ihre Neuheiten zu veranschaulichen und zeigt demgemäss wenige Buchstaben, Stempel und Matern. Im Gegensatz dazu hat eine andere wieder jeden Abdruck zu zeigen vermieden und durch Zusammenstellungen in grossen Verhältnissen das Auge des Beschauers zu fesseln versucht. Ein drittes Geschäft hat beide eben bezeichnete Richtungen beachtet und in reichlichem Maasse sowohl Buch staben und Einfassungen, Stempel, Matern usw. als auch Probeblätter ausgestellt. Die vierte Ausstellerin hat ebenfalls viele Typen und Messinglinien, galvanische Niederschläge usw. vorgeführt, diese als plastische Ornamente zum Aufbau des Schrankes verwendet und auch Schrift- und Accidenzproben, aus ihrem Material gesetzt, der Beachtung empfohlen. Im Schranke der fünften Giesserei liegen neben den im Abdruck gezeigten Schriftproben auch gleichzeitig die Originalsätze, man sieht also hier das für den Buchdrucker geschaffene Material in der seinem Zwecke entsprechenden Weise zu sammengesetzt ausgestellt. Betrachtet man alle diese Ausstellungen nebeneinander, so wird man zugeben müssen, dass jede Giesserei bemüht gewesen ist, ihre Arbeiten in vortheilhaftem Lichte zu zeigen. Es erscheint unrichtig, auf einer Ausstellung, die die Leistungsfähigkeit der einzelnen Gewerbe klarlegen soll, von den Erzeugnissen nur Abbildungen zu geben. Ebenso ungünstig ist es aber auch, Buchstaben und Messinglinien ohne Abdruck auszulegen, da es keinem Buchdrucker möglich ist, die Wirkung und den Werth der einzelnen Gegenstände richtig zu erkennen, er kann dies vielmehr, erst nach gewissen hafter Prüfung einer gedruckten Vorlage thun. Daraus ergiebt sieh also, dass es für Giessereien sehr zweckmässig ist, auf Ausstellungen sowohl, Satz wie Abdruck gleichzeitig zu zeigen und zwar von den ausgestellten vollständigen Sätzen auch die entsprechenden Abzüge. Ferner ist es nicht rathsam, Zusammen stellungen zu bringen, die nur durch blinkendes Metall die Auf merksamkeit der Besucher erregen, im Abdruck aber durch das zusammenhanglose Nebeneinanderreihen verschiedener | Muster ein unschönes Bild ergeben müssen. Anders verhält es sich mit einzeln ausgelegten Buchstaben oder Mustern von | Messinglinien. Hier würde das gleichzeitige Vorlegen von! Abdrucken störend wirken, und, da die einzelnen Stücke ■ doch nichts Vollständiges sind, auch überflüssig erscheinen. Neben der klaren Darstellung der Verwendung des von den Schriftgiessereien und Messinglinienfabriken gefertigten Materials ist es empfellenswerth, auch die Herstellungsweise und den Entwickelungsgang der Buchstaben und Messinglinien zu zeigen. Dadurch erhält der nach Belehrung strebende Nichtfachmann einen Einblick in die schwierigen und kost spieligen Herstellungs-Arbeiten unserer Schriften und Messing linien. F Zur Handwerker-Organisation Der Vorstand des deutschen Buchdrucker-Vereins hat eine Eingabe beim Bundesrathe eingereicht und folgende Wünsche zur Berücksichtigung für den Erlass des Handwerker-Gesetzes empfohlen: 1. In den Zwangs-Innungen sind die Handwerker mit ihren Grossbetrieben zu organisiren, und dazu ist der Begriff Handwerk in dem Sinne zu bestimmen, dass Betriebe, in denen Lehrlinge ausgebildet werden, als Handwerks betriebe gelten. 2. In das Verzeichniss der Gewerbe, für welche Zwangs- Innungen zu errichten sind, ist die Schriftgiesserei ein zufügen. 3. Die Bezirke für die Innungsbildung sind im Umfange den Bedürfnissen der einzelnen Gewerbe anzupassen. 4. Die Innungsbildung ist dagegen zu sichern, dass sie durch Mehrheitsbeschlüsse der Gewerbe unmöglich gemacht werden kann. 5. Die Befugnisse der Gesellenausschüsse sind in an gemessenen Grenzen zu halten. 6. Den Innungen ist die Verwaltung der Innungs-Kranken kassen in der bisherigen Weise zu sichern. 7. Die Handwerksausschüsse sind als Hilfseinrichtung nur da einzusetzen, wo Innungen nicht vorhanden sind. 8. Die freien Innungen sind zu streichen. 9. Die Innungsverbände sind obligatorisch zu machen und haben sieh möglichst über das ganze Reich zu erstrecken. 10. Die Aufsichts- und Einspruchsrechte der behördlichen Organe sind auf ein entsprechendes Maass zurückzuftthren. 11. Zwischen Halten und Anleiten von Lehrlingen ist streng zu unterscheiden. 12. Zum Halten von Lehrlingen ist ein jeder im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindliche Gewerbetreibende unter Uebernahme der Verantwortung für die Ausbildung des Lehrlings berechtigt. 13. Die Anleitung von Lehrlingen darf nur durch Personen erfolgen, die die Fähigkeit dazu besitzen und nachweisen. 14. Die Anmeldung der Lehrlinge sämmtlicher Betriebe muss bei der Innung erfolgen. 15. Die Lehrlings- und die Gesellenprüfung ist für alle Lehr linge, Gewerbsgehilfen und Gesellen obligatorisch zu machen. Kleine Mittheilungen Lohnbewegung im Buchbindergewerbe. Da in den meisten Berliner Werkstätten die gestellten Forderungen bewilligt worden sind, wurde in einer von etwa 700 Personen besuchten Ver- J Sammlung am 10. d. M. beschlossen, den Ausstand aufzuheben und über die Firmen, die die gestellten Forderungen nicht be willigt haben, die Sperre zu verhängen. Büchertisch Der praktische Heizer und Kesselwärter. Anleitung für Heizer und Maschinisten sowie zum Unterricht in technischen Schulen von l‘aul Brauser und Joseph Spennrath. Vierte, verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 60 Holzschnitten. Aachen, 1896, C. Maners Verlag. Preis steif gebunden 1 M. 80 Pf. Allen theoretischen Streitfragen aus dem Wege gehend, giebt dieses Buch eine klare und deutliche Beschreibung aller Vorgänge der Verbrennung und Dampferzeugung und erklärt dieselben so, dass Jeder- mann, auch ohne höhere Vorbildung, aus dem Buch Nutzen und Be lehrung schöpfen kann. Insbesondere der Heizer findet darin Alles, was er zur verständigen Ausübung seines Berufes braucht, denn dem Text sind viele Tabellen und Holzschnitte einverleibt. Die Fortschritte in Bau und Ausrüstung von Dampfkesseln sind bis auf die jüngste Zeit berücksichtigt.