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Nr. 79 PAPIER-ZEITUNG 2551 schnitt seinen Platz nie ganz verlieren und für vornehmere Veröffentlichungen immer gern verwendet werden wird. Volles Lob verdienen auch die von der Grraphischen Vereinigung, Gg. Heusinger, Reinh. Hoberg, R. Klepsen, Oswald Kresse, Wilhelm Möckel, Heinr. Schlumprecht und Rup. Schlumbrecht in München aus gestellten Blätter. H. Seitz in Nürnberg fertigt vorzugsweise Holzschnitte technischer Artikel, Maschinen, Geräthe usw. Die Kupferstichkunst ist viel umfassender vertreten, allerdings in erster Linie durch Radirungen, während mit dem Grabstichel nur ausgeführt sind: La Fornarina nach Sebast. del Piombo und Diehl, Justina nach Moretto, beide gestochen von Alb. Schultheiss in München, einige Blätter von Fränkel und handwerksmässige Wallfahrts- und Heiligenbildchen, letztere ausgestellt von der Kunstanstalt F. Schenne in Nürnberg. Diese Andachtsbilder wurden noch vor einigen Jahrzehnten in grossen Mengen in Nürnberg gefertigt, und zahlreiche Kupferstecher verdienten damit ihr Brot; jetzt befriedigen die neuen Vervielfältigungs- Verfahren auch einen grossen Theil des Bedürfnisses auf diesem Gebiete. Unter den Radirungen finden sich Werke der vor nehmsten Meister dieser Kunstübung, so »Eros Allsieger« von Maxim Dasio, Blätter nach Rembrandt, W. Firle usw. von Ludwig Kühn, der auch sein Selbstportrait, in Farben gedruckt, aus gestellt hat, hochinteressante Blätter von Albert Welti, reizende Landschaften von Carl Theod. Meyer-Rasel (München), Kanal studien von Hans Meyer-Cassel (München), Portraits von Bernh. Pankok, Thierstücke und Portraits von Lorenz Müller-Mainz (München), Nürnberger Architekturen von Lorenz Ritter u. v. a. Diese Kunstblätter finden sich nicht in der Industrie-Abtlieilung, sondern in der Kunsthalle. Hier sind auch die Original-Litho graphien von Hans Thoma, die in ihrer Schlichtheit und doch ausgezeichneten Wirkung an die Werke der alten Meister er innern. Vielfach sind sie auf Tonplatten gedruckt, was den Eindruck der Blätter noch wesentlich steigert. Ich habe nun der Arbeiten der lithographischen Anstalten und derjenigen zu gedenken, die Kunstblätter auf photographisch- mechanischem Wege herstellen. Es sollen diese Anstalten hier zusammen behandelt werden, da Viele verschiedene Techniken neben einander ausüben. Am grossartigsten von den bayerischen Kunstanstalten hat E. Nister in Nürnberg aus gestellt. Seine Werke nehmen einen eigenen Bau in der Haupthalle ein. Ursprünglich lediglich eine Anstalt für Chromo- Lithographie, die wohl jetzt noch das Rückgrat des Geschäftes bildet, werden heute alle bekannten Vervielfältigungs-Verfahren gepflegt und ausgeübt: Steindruck, Lichtdruck, Heliogravüre, Radirung, Kupferstich, Holzschnitt, Zinkographie, Autotypie, Chromotypie, Buchdruck. Von allen diesen Techniken liegen mustergiltige Proben in hochkünstlerischer Ausführung, in bestechender Form aus. Zu erwähnen sind die Kalender und Glückwunschkarten, die grösstentheils nach England und Amerika gehen und zu welchen, wie zu vielen andern der nachfolgend verzeichneten Werke, hervorragende dortige Künstler die Entwürfe geliefert haben, reizende Bilderbücher in den Sprachen aller zivilisirten Völker, Stamm- und Malbücher, wissenschaftliche, namentlich naturgeschichtliche Werke usw. Sehr duftig sind die farbigen Heliogravüren und die Aquarell- Facsimiles von Blumenstücken, die in Lichtdruck in Verbindung mit Chromolithographie ausgeführt sind. Die Umwandlung viel farbiger Chromolithographien in Dreifarbendrucke (Gelb, Blau und Roth) erfolgt nach eigenem patentirten Verfahren. Sehr beachtenswerth ist auch das vorgeführte Porzellan, das mit ein brennbaren Abziehbildern dieser Firma geschmückt ist. Diese Dekorationen sind so zart und fein ausgeführt, dass sie den Porzellanmalern schwere Konkurrenz machen werden. Nürnberg ist ein Hauptsitz der Chromolithographie in Deutsch land; doch hat nur ein Theil der betreffenden Geschäfte aus gestellt, und die Ausstellung giebt kein ganz richtiges Bild ihrer Bedeutung. Auf einer grossen Wandtafel haben Huber, Jordan Körner, deutsch-amerikanische Patent-Abziehbuchstaben- und Abziehbilder-Fabrik, Proben ihrer Erzeugnisse abgezogen, die als Ersatz für Handmalerei dienen. Diese bestehen aus Schriften, Ornamenten, Blumen, auch figürlichen Darstellungen, zum Theil in sehr grossen Dimensionen. Ritter & Klöden be treiben besonders die Herstellung von grossen Plakaten in Chromolithographie, von Albums und auch von feinst aus gestatteten Kartonnagen. H. Dibbern c Schneller stellen neben den gewöhnlichen Plakaten auch Transparentplakate und nament lich auch Diaphanie-Bilder, diesen nicht sehr anziehenden Ersatz der glasgemalten Scheiben, aus. Noch sind zu nennen die chromolithographischen Arbeiten von C.Dendtel undZ. Amersdorffer. Ein Ableger der Nürnberger chromolithographischen Industrie sind die ähnlichen Geschäfte in deren Nachbarstadt Fürth. Einen grossen Raum nehmen die Chromolithographien von S. Bing ein, hauptsächlich Brustbilder aller möglichen schönen Damen zur Wandzierde und Reklamezwecken. Dann finden sich ausgeschnittene Puppen und andere Figuren und Thiere aller Art, die theilweise zu Gruppen zusammengesetzt sind. Ein Sonder-Erzeugniss ist das sogenannte »mechanische Alphabet«, das aus Clowns besteht, von denen jeder auf dem Leib einen grossen Buchstaben trägt; die Figuren, von welchen sich immer eine in den Arm der nächsten einhängt, und die durch eine kleine Vorrichtung stehen können, werden zu Wörtern zu sammengesetzt. Diese Buchstaben sind zu Spielen wie zu Inschriften in Schaufenstern zu verwenden. F. Laun stellt I hübsche Chromolithographien für Bilderbücher, Albums usw. aus. F. Schaller bekleidete Chromolithographien. Hier sieht man Heilige, Kostümfiguren, Porträts, selbst die Bildnisse des Kaiserpaares; nur der Kopf ist in Chromolithographie sichtbar, die Kleidung ist in wirklichen Stoffen ausgeführt und aufgelegt. Das Brustbild der Kaiserin in halber Lebensgrösse ist mit der modernsten Lilaseidenrobe bekleidet. Beinahe meterhohe Spanierinnen in ganzer Figur nehmen sich in ihrer reichen Tracht garnicht übel aus. Wenn auch das Ganze als eine Ge schmacksverirrung erscheint, so sieht man doch aus der reichen Sammlung, dass diese Sachen viele Freunde haben müssen. E. Dürr in Lindau hat ähnlich bekleidete Bilder und Bildchen, meist alpinen Charakters, Volkstrachten usw. ausgestellt, die vorzugsweise zum Verkaufe in Bädern bestimmt sind. Wendet man sich zu München, so muss man zunächst der reizenden Chromolithographien der Lithographisch - artistischen Anstalt München (vormals Gebrüder Obpacher) gedenken, die Glückwunsch- und Spruchkarten, Kalender, Wandsprüche, Wid mungsbücher usw. in den mannigfachsten Mustern, darunter viele Exportartikel, ausstellen. Die Plakate der Aldien-Gesell- schaft Münchener Chromolithographische Kunstanstalt zeigen, ebenso wie die übrigen Plakate der Ausstellung, dass man in Deutschland in Bezug auf Herstellung wirksamer Plakate mit möglichst ein fachen Mitteln noch sehr viel von Franzosen, Engländern usw. zu lernen hat. Joseph Albert, Kunstverlag und Hofkunstanstalt, führt eine grosse Anzahl Werke und einzelne Kunstblätter seines Verlages vor, die in Lichtdruck und Heliogravüre trefflich aus geführt sind. Nach einem besonderen Verfahren des Geschäftes sind die farbigen Bogen in Originalgrösse von Bildern der Braunschweiger Gallerie hergestellt, die einen sehr schönen Wandschmuck bilden. Der Zustand, in dem sich die aufgelegten Werke und Einzelblätter jetzt befinden, lässt erkennen, mit welchem Eifer sie von den Ausstellungsbesuchern besichtigt wurden. Bewunderung erregend ist von den Kunstblättern der Münchener Kunst- und Verlags-Anstalt Dr. E. Albert c Co. das in Heliogravüre nach Lenbach ausgeführte Bildniss unseres Kaisers. Das in gleicher Technik hergestellte »Frühstück« nach Peske Geza unterscheidet sich in nichts von den besten englischen Schabkunstblättern des vorigen Jahrhunderts. Ihrem Rufe und ihrer Bedeutung würdig haben Meise^ibach, Riffarth c Cie. aus gestellt. In reichen Serien sind in einer Koje Probedrucke ihrer Autotypien, Chromotypien, Zinkographien, Photogravuren, Photolithographien und Lichtdrucke ausgestellt und geben Kunde von der ausserordentlichen Leistungsfähigkeit dieses Geschäftes. Namentlich in Autotypien und Chromotypien mit vier Farben gedruckt findet sich Vorzügliches. 0. Consee leistet in Zinkographie, Autotypie, Licht- und Kupferdruck ebenfalls sehr Tüchtiges. Vortrefflich ist die in Photolithographie ausge führte grosse Ansicht der »Jungfrau«. Deiglmayr & Fuhrmann sind durch gelungene Lichtdrucke vertreten. Von den übrigen einschlägigen Geschäften seien noch ge nannt J. M. Richter in Würzburg, der neben Buchdruck-Arbeiten auch lithographische ausgestellt hat und auch Buntpapier in Art des Kattunpapieres aus dem vorigen Jahrhundert fertigt. Seine Abziehbilder für Porzellan werden von jenen E. Stifters übertroffen. Ein eigenes Zelt nehmen die Sachen von F. Scheiner in Würzburg ein, der besonders Plakate, Adressen und Diplome zeigt; zu den letztgenannten werden auch geschnittene Leder decken geliefert. Sondererzeugnisse sind die Scheiben für das Militär, die merkwürdiger Weise aus Bildern deutscher Soldaten bestehen. W. Fiek in Augsburg hat grosse chromo lithographische Ansichten von Fabrikanlagen ausgestellt. In umfassender Weise haben sich die Photographen an der Ausstellung betheiligt; ihre Vorführungen lassen erkennen, dass allenthalben auch in den kleineren Städten Bayerns nunmehr Photographen sind, die auf ihrem Gebiete Gutes leisten. Ich muss mich hier darauf beschränken, die besseren_zu_nennen