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No 1. Kritische Schriftsteller und Verleger, welche diesen inneren Wider sprach ahnten oder durchschauten, griffen oft, wenn sie die volksthümliche eckige Form beibehalten wollten, mehrfach zu einer älteren, stilistisch reineren Schrift, zur Schwabacher. Dies ist die eigentliche Schrift der deutschen Renaissance, noch voll von gothischen Bildungen, aber doch nicht mehr die strenge Kirchenschrift, sondern runder und weicher in einzelnen Formen. In der Neuzeit, welche die Deutsch-Renaissance zur beliebtesten Ausdrucksform des Kunstgewerbes machte, ist sie neben der verwandten „Kanzlei" gradezu die „Schrift des Kunstgewerbes“ geworden. Ihre Formen sind uns nicht so vertraut, wie die der Fraktur, sie zwingt zu sorgfältigerer Betrachtung, und aus diesem Grunde ist sie auch eine geeignete Form für Gedichte, welche mit einer gewissen Musse gelesen werden sollen, und bei welchen das Herausheben über das Alltägliche auch in der Form erwünscht ist. Gothisch als Textschrift für . Bücher trifft man nur äusserst selten an. Die Formen dieser Schrift sind in den letzten Jahrzehnten fast nur mit Rücksicht auf ihre Anwendung zu Titelzeilen ausgebildet worden; sie sind zu zackig und zu schwer lesbar für eine Buchschrift. Es fehlt thatsächlich an einer halbgothischen ruhigen Buchschrift mit einfachen Versalien von der Art, wie sie z. B. im XIV. Jahrhundert oft verwendet und neuerdings von der Deutschen Reichsdruckerei zum eignen Gebrauche geschnitten wurde. Da bei Werken der besprochenen Art ängstliche Rücksichten auf den Raum nicht erforderlich sind, empfiehlt es sich, eine klare, breitlaufende Schrift zu wählen. Die Haarstiche sollten nicht zu fein sein, denn in ihrem richtigen Stärkeverhältniss gegenüber den Grundstrichen liegt ein wesentliches Erforderniss der Lesbarkeit. Mässiges Abrücken der Zeilen von einander (Durchschiessen) ist aus gleichem Grunde zu empfehlen. Als beste Form des Satzkörpers der Seite für Oktav wird das Ver- hältniss des „goldenen Schnittes 11 anerkannt, d. h. Höhe zu Breite wie Breite zur Differenz beider Grössen. Im Allgemeinen kann das Zahlen- verhältviss 8 zu als maassgebend gelten. Messing - Schriften. Für Plakate haben sich die neuerdings eingeführten Schriften aus Gelbguss sehr gut bewährt. Buchstaben aus Schriftmetall belasten die Form übermässig, so dass deren Fortbewegung erschwert und ihr Zu sammenhalt oft gefährdet ist. Holzbuchstaben sind zwar bequem und leicht zu hantiren, aber nicht sehr widerstandsfähig und stets dem Ver ziehen unterworfen. Aus diesen Gründen hat man ein specifisch leichtes, widerstands fähiges, ohne bedeutende Schwierigkeit in Formen zu giessendes Metall gesucht und in bestimmten Messing-Legirungen gefunden. Die grosse Zähigkeit derselben gestattet weitgehendes Unterhöhlen des Buchstabens, welches bei Schriftmetall nur in engen Grenzen statthaft war, und vor allem die Herstellung aus einem Stück. Die Anwendung eines Materials mit so vorzüglichen Eigenschaften bedingt natürlich eine Preis-Erhöhung, die indess bei gutem Geschäftsgänge in Plakate rasch wieder ausgeglichen werden kann. Als leistungsfähige Fabrik für solche Schriften ist die Anstalt von Hugo Friebel in Leipzig, bekannt. Dieselbe hat schon eine ziemlich grosse Anzahl von Mustern gesammelt, unter welchen namentlich Antiqua schriften gut vertreten sind. Der kleinste Grad ist 6, der grösste 18 Cicero. Nebenstehendes R ist einer eleganten Zierschrift letzter Grösse entnommen. Die Herstellung der Messingschriften erfolgt augenscheinlich durch Guss mit nachheriger leichter Ueberarbeitung. Der nebenstehende Probe - Buchstabe ist, wie Abdruck zeigt, sehr sauber ge arbeitet. Das Buchstabenbild erhebt sich um 2 mm (Nonpareil) über die Fläche also hinreichend, um selbst beim Druck auf dünne, gefeuchtete Affichen papiere die Berührung von Papier und Buchstaben-Grund zu verhüten. Er ruht auf 6 Füssen und wiegt nur 182 Gramm. Herstellung von Zeichnungen für Zinkätzung. Fortsetzung zu No. 52. Phototypie. Grössere Freiheit der Technik als Chemigraphie gestattet die Photo typie, bei welcher der photographische Apparat die Uebertragung auf Zink vermittelt. Weisses Zeichenpapier oder weisser Karton, tiefschwarze chinesische Tusche sind hier die Stoffe, welche zur Verwendung kommen. Auch bei der Phototypie sind Strichzeichnungen und Kornzeichnungen zu unterscheiden. Bei beiden gilt als Grundsatz, dass sehr schwarze Zeichnung sich von rein weissem Grunde abheben muss. Vergrösserte Ausführung ist stets zu empfehlen, da jede Federzeichnung durch Verkleinerung gewinnt. Die Strichlagen lassen sich auf Papier nie so fein und gedrängt zeichnen, wie photographische Uebertragung sie dar zustellen vermag. Der Grad der Vergrösserung hängt von der Bestimmung der Zeichnung, auch von den Neigungen des Künstlers ab. Manche zeichnen gern sehr gross, andre, namentlich Lithographen, welche mit grosser Fein heit zu arbeiten gewöhnt sind, ziehen mässige Vergrösserung vor. Das Verhältniss 3:2 darf im Allgemeinen als zweckentsprechend angesehen werden. Als Träger der Zeichnung dient glatter oder doch fast glatter Karton. Viele verwenden mit Vorliebe gestrichenes Papier, auf welchem sich gut zeichnen und überaus sauber radiren lässt. Bei Anwendung dieses Papiers ist eine ziemlich starke Vergrösserung, z. B. 2:1 linear, zu empfehlen, .da die Tusche auf der Kreideschicht etwas dicker ausfliesst als aut geleimtem Papier. Die Striche kommen aber sehr gleichmässig, voll und kräftig, daher ist das Papier namentlich für Federzeichnungen in Dürer-Manier mit einfachen (nicht gekreuzten) Strichlagen sehr brauchbar. Da alle Striche gleichmässig tiefe Schwärze aufweisen müssen, ist die Anwendung flüssiger Ausziehtusche dem jedesmaligen Anreiben von chinesischer Tusche vorzuziehen. Unbedingt zu vermeiden ist Verdünnung der Tusche zur Erzielung irgend eines Effekts. Sehr feine Striche dürfen nur durch feinere Federn erzeugt werden,' ihre Färbung muss eben so ge sättigt sein, wie die der tiefsten Schatten. Für Reproduktionszeichnungen auf glattem Papier gelten alle Regeln der Federzeichnung. Die Strichlagen der Schatten sollen sehr regelmässig gesetzt, nicht geschmiert oder gekritzelt werden. Kreuzungen der Schatten striche sind nur an tiefen Schattenstellen, und dann im spitzen Winkel übereinander zu legen. Rechtwinklige Kreuzungen sehen steif aus. Für dekorative Zeichnungen ist es empfehlenswerth, die Umrisse mit kräftigerer Feder auszuziehen als Schattenlagen im Innern. Dürer und Aldegrever sind hierfür als Meister echter Federzeichnung noch immer die Die häufige Anwendung der Phototypie hat sich schon jetzt als förderlich für Wiederbelebung der Federtechnik erwiesen. Man sieht in grösseren illustrirten Zeitschriften, insbesondere aber in den „Fliegenden Blättern“ jetzt schon Aetzungen nach derartig ausgeführten Vorlagen, welche so fein und gleichmässig ausgeführt sind, dass sie sich von einem guten Faksimile - Holzschnitt kaum unterscheiden. Besonders Bechstein und Stauber, deren Kompositionen an und für sich selten ein mittleres Maass überragen, sind in der] Feder technik gross. Zur Ausführung, von Kornzeichnungen in Phototypie ist von Angerer & Göschl in Wien eigenthümlich hergerichtetes Papier einge führt worden, welches ganz vorzügliche Effekte durch einfache Behandlung zu erreichen gestattet. Es giebt davon verschiedene Sorten mit aufge druckten Punkt- und Linienmustern. Das Papier | ist mit einer Kreideschicht grundirt, das gleich förmige Grau des Aufdrucks bildet den Mittelton, * aus welchem hellere Töne ausgeschabt werden. I Indem so ein mittlerer Schattenton gegeben ist, wird dem Zeichner die Arbeit sehr erleichtert Er spart das mühsame Abschattiren durch Striche und braucht nur an einzelnen Stellen zu verstärken, an andern abzuschwächen. Dem Kreidegrund ist zunächst das erwähnte System eng gereihter Linien aufgedruckt. Dieses wird rechtwinklig gekreuzt durch ein aufgepresstes System von Furchen, deren Abstände den Ab ständen der Linien gleich sind. Durch Anwendung glatter und gezahnter Schaber, deren Gestalt aus nebenstehender Ab bildung ersichtlich, lassen sich aus diesem gleich förmigen Grunde die mannigfachsten Ton-Ab stufungen herausholen. Zur Herstellung der Tiefen können Bleistift, Kreide und Tusche gleicher Tonstärke nebenein ander verwendet werden, nur Laviren mit blasser Tusche ist ausgeschlossen. Beim Schaben kommt viel auf richtige Hand habung der Messer an. Mau nimmt den Schaber so in die Hand, dass der Stil zwischen dem dritten und vierten, oder dem vierten und fünften Finger zu liegen kommt, je nachdem man breite Flächen oder helle Striche zu schaben beabsichtigt. Der Daumen wird an der Messerfläche möglichst nahe zur Spitze vorgeschoben, damit störendes Federn verhindert wird. Zeige- und Mittelfinger drücken den Schaber gegen den Daumen. nicht genau senkrecht zu führen, sondern ein wenig mit der Schneide voraus, so dass er sich wie ein Hohleisen in die Schicht eingräbt. Andere Haltung nimmt die Flächen nicht rein weg und stumpft das Messer zu rasch ab. besten Vorbilder. Der Schaber ist