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MsdmfferTageblait Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, L«, .Wilsdruffer Tageblatt» erscheint »glich nachm. 5 Uhr für den folgenden Ing. »eMgoprei,: Lei Abholung in »er DeschLstostelle und den Ausgabestellen r Mk. im Monat, bei Zustellung durch di« Buten 2,30 Mb., bei Postbeftellung APsg. Ä P-ftÄntten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unsere«»^ -Mger UN» NeschSst-stell-n -———— nehmen zu jeder Zeit Be, »-Lunger «rlgkK«». Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger LetriebostLrungen besteht kein Anspruch auf Lieferung »es Zeitung oder Kürzung de» Dezugopreiseo. — «üchsendun, eingesandter Schristftüche ersolgt nur, wen- Porro beilitgt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die S-espaltene Aanm-eile 20 Goldpfennig, die 2gefpaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3-espalteneReklame-eNe im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgedühr 20 Goldpfennige. 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Das Erfreulichste in dem Konflikt zwischen Deutsch-- ! land und der Entente wegen der Räumung der Kölner Zone ist das eine, daß die gesamte deutsche j Öffentlichkeit einig und geschlossen da- § steht, und zwar in Nuancen verschiedener, in den Grund- Zügen aber einhelliger Meinung die Organe der deutschen öffentlichen Meinung Schulter an Schulter stehen. Vielleicht hat man das im Ausland, namentlich in Entente- kreisen selbst nicht erwartet, auch wohl nicht erwartet, daß die neutrale a u s l ä n d i s ch e P r e s s e sich in den deutlichsten und dazu schroffsten Formen gegen das üble Spiel wendet, Vas die Entente mit Deutschland treibt. „Vorwand" ist noch der zahmste Ausdruck, den beispielsweise die schwe dischen Zeitungen wählen, und „slagranter Bruch einer feierlich übernommenen Verpflichtung" keineswegs der schärfste; kein ehrlicher Mensch könne an die Aufrichtigkeit der französischen Beschuldigungen glauben, viel eher werde man an den Satz erinnert, daß der Zweck die Mittel heilige. Ebenso klingt es selbst in der französisch orientier ten Schweizer Presse, die besonders aus den Wider spruch hinweist, der sich zwischen Herriots Worten und Taten auftut. Ganz besonders unangenehm mag der En tente aber die Stellung des verbündeten Amerika sein. Natürlich hat die Washington-Regierung erklärt, daß sie offiziell mit der ganzen Geschichte nichts zu tun hat. Das ist theoretisch richtig, weil es bekanntlich für Amerika juristisch den Versailler Vertrag nicht gibt. Aber die ameri kanische Presse weist auf den Zusammenhang hin, der zwi schen den Vorgängen in Deutschland und dem Dawes- P l a n besteht. Und an der Börse sind die französischen Bons stärker gefallen als die deutschen. Man spöttelt über die angebliche Nichtentwaffnung Deutschlands und läßt durchblicken, daß man das englisch-französische Vorgehen gleichfalls nur als ein V o rw and betrachtet. Selbst inEngland scheint man gewisse Bedenken zu yaben. Die Dinge liegen ja so, daß England zweifellos die Kölner Zone ganz gern räumen würde, wenn die Franzosen aus dem Ruhrgebiet herausgehen würden. Da dies nun nicht geschieht, ist England überzeugt, daß nach der Entfernung der englischen Truppen die Kölner Zone sofort von den Franzosen besetzt werden würde, die dann — Gott weiß allein wann — einmal aus dem Ruhr gebiet herausgehen würden. Bezeichnenderweise schreibt Ler Berliner Berichterstatter des „Daily Telegraph" seinem Blatt, daß seit dem Einmarsch der Franzosen und Belgier in das Ruhrgebiet kein derartiger Geist nationaler Bitter keit alle Teile der Bevölkerung und alle Schattierungen der politischen Meinung in Deutschland bewegt habe wie jetzt. Auch die „Daily News" ist der Ansicht, es sei l ä ch e r l i ch, Deutschland in absehbarer Zeit sür fähig zu halten, Krieg gegen irgendeine andere europäische Macht zu führen, weist auch ausdrücklich darauf hin, daß England durch Frank reichs Pläne hinsichtlich der Kölner Zone in eine Zwangs lage geraten fei. Um so merkwürdiger nimmt sich dem gegenüber ein Artikel des englischen Vertreters bei der interalliierten Kontrollkommission, des Generals Mor- gan, aus, der den Stand der deutschen Rüstungen be handelt. Besonders furchtbar erscheint ihm der „Zweite Moltke", nämlich General v. Seeckt. Für den englischen General besteht die Gewißheit, daß ein deutscher General stab besteht und er entwirft dazu ein wildes Phantasie- gsmälde von der engen Verbindung zwischen der Reichs wehr, die mit ihren Truppenteilen die Cadres abgäbe für die gewaltige Verstärkung durch die deutschen Geheimver- bände. Deutschland sei in der Lage, in Jahresfrist seine militärische Rüstung aus den Stand von 1918 zu bringen, wenn dis Kontrollkommission abgeschafft werden sollte. Diese müsse also erhalten und die Besetzung der deutschen Brückenköpfe bestehen bleiben, sonst wäre in Jahresfrist der europäische Friede gefährdet. Tiefsinnig bemerkt dazu die „Morningpost," die Produktionsfähigkeit der deutschen Industrie und nicht die Waffen, die sie erzeugt hätte, sei der wirkliche Faktor; wenn es Deutschland gelinge, diese Erzeugung aufrechtzuerhalten, so werde es schließlich seine militärische Vorherrschaft wieder erringen. Natürlich wenden sich auch die liberalen englischen Blätter gegen die Beschlüsse, die angeblich von der Bot schafterkonferenz in der ganzen Frage gefaßt worden seien. Zurzeit ist ja die Konferenz dabei, eine erste Note auf den deutschen Protest hin zu verfassen. Einer „Havas"-Meldung zufolge soll darin gesagt werden, daß weder die Militär kontrolle noch die Besetzung Kölns aufgehoben werden könne, solange Deutschland mcht die fünf Forderungen der Botschafterkonferenz aus dem September 1922 erfüllt habe. Zwischen dem 5. und 10. Januar soll dann eine zweite Note auf Grund des Schlußberichtes der Kontrollkommission ausgearbeitet werden, um die endgültigen Beschlüsse der Entente über beide Punkte mitzuteilen. Der Termin scheint aber durch „Havas" als zu früh angegeben zu sein, sest steht nur, daß auch hinsichtlich der ersten Note vorläufig Diffe renzen immer noch bestehen. Während England in der ersten Note lediglich die verzögerte Räumung mit der Ver zögerung des Eintresfens jenes Schlutzberichtes begründen Will — und zwar.sei Deutschland selbst daran schuld — will Frankreich als Begründung die deutschen Verfehlungen verwenden. Jedenfalls hat aber England ebenso wie Italien den Botschaftern in Paris nicht unbedingte Voumacyr gegeben, sondern vre Kavmene m London uno Rom wollen auf dem laufenden bleiben und sich die letzten Entscheidungen selbst Vorbehalten. Daher ist das Eintreffen der ersten Note in Berlin wohfkaum vor Ende dieser Woche zu erwarten. In einen Satz zusammengefaßt: Frankreich dräng: und treibt, wie es unter Poincarö nicht anders war. Denn Frankreichs Pläne scheinen dieselben zu bleiben, ob dort Rechts oder Links regiert. Ministerrat über die Ränmungsfrage. Berlin, 30. Dezember. Wie die Telunion erfährt, fand am gestrigen Montag unter dem Vorsitz des Vizekanzlers Dr. Jarres ein 'Ministerrat statt, der sich mit der außenpolitischen Lage beschäftigte, wobei die Frage der Räumung Kölns im Vor dergründe gestanden hat. Es ist anzunehmen, daß irgendwelche Beschlüsse noch nicht gefaßt wurden, da der Reichsregierung eine offizielle Mitteilung der Alliierten Wer die Räumungs frage noch nicht vorliegt. * Das beunruhigie Amerika. In Newyork und Washington beschäftigt man sich aus das lebhafteste mit der Kölner Frage. Die Zeitungen bringen lange Berichte aus Berlin, Paris und London. Während die Washingtoner Regierung betont, sie sei offiziell an der Kölner Frage uninteressiert, versichern poli tische Kreise weiterhin, Amerika mache inoffiziell seinen Einfluß bei den Alliierten geltend, um die Frage aus der Welt zu schaffen. Insbesondere weisen die Finanzkreise aus die Verbindung der Kölner Frage mit dem Dawes-Plan hin. Verschiedene Zeitungen melden in großer Aufmachung, daß die amerikanischen Besitzer deut scher und französischer Anleihen über die von Europa ein- trefsenden Berichte nervös geworden seien. Französische Bonds verloren an der letzten Börse 11L Punkte, deutsche Punkt. In politischen Kreisen wird vielfach auf die Verbindung der Nuhr-Rhein-Frage mit dem Dawes- Bericht verwiesen. Die Zeitungen bringen bereits ein gehende Leitartikel über diese Frage, die von ihnen als „die brennend st eallereuropäischenFragen" bezeichnet wird. Amerikas Entrüstung über die Erklärung des französischen Finanzministers. Z W Neuyork, 30. Dezember. Die Erklärung des französi schen Finanzministers, daß Frankreich seine Schulden an Amerika als politische Schulden betrachte, hat die Schuldenfrage wieder in den Vordergrund des Interesses gerückt. Die Regierungs- und Kongreßkreise zeigen Ueberraschung und Entrüstung über diese Aeußerung und erklären, daß die amerikanisch-französischen Beziehungen im wesentlichen Maße von der Regelung der Schul denfrage abhängen. Amerika werde in keinem Falle die Ver quickung der Schuldensrage mit der Reparationsfrage zulassen. Frankreich und die Schuldenzahlung an Amerika. London, 30. Dezember. „Echanger TelWW^uMet aus Washington, daß das Fehlen der amerikanischen Forderun gen im Budget des französischen Ministeriums in amerikani schen Regiereungskreisen den Eindruck erwecke, als wolle Frank reich seine Schulden überhaupt nicht bezahlen weder an Groß britannien noch an Amerika. Greist Amerika ein? Washingion, 29. Dezember. Aus angeblich zuverlässi ger Queue wiU „Uniied Preß" erfahren ylwen, baff Stams- fetretär Hugyes den Botschajier Herrin und Oberst Logan rn Paris beauflragi habe, in unjorn eürr Weise die AUuerien daraus hinzuwersen, daß der Erfolg des Dawes-Planes, an dein die Vereinigten Siaatcn intereßleit seien, zum guten Teil davon abhängi, daß eine freundschaftliche Lösung des Kölner Problems gefunden wird. Die Vereinigten Staaten wollten aber unter allen Umständen auch den Schein einer Ein.uischung vermeiden. Wie die „Uniied Preß" bereits gemeldet hat. würde man in Washington eine gleichzeitige Räumung Kölns und des Ruhrgebiets im April als ein für alle Beteiligten annehm bares Kompromiß ansehen. Falsche Angaben der Kontrollkommission. Von der Firma Krupp wird milgeieilt: Die Pariser Mel dung, 47 ONO neue Gewehre seien bei Krupp ermittelt, ist voll ständig aus der Lust gegri ssen. Krupp-Essen hm be kanntlich überhaupt nie Gewehre .hergestellt. Das kleine Kruppsche Stahlwerk in Annen (Westfalen) walzt von altersher Gewehrlaufstäbe, namentlich sür Jagdgewehre, ist aber auch als Unterlieferant für den Bedarf der Reichswehr zugelafsen. Lement,prccyeno ym Ännen tm Jahre 1924 etwa 25 000 rohe ungebohrte Lausstäbe für die von der Kontrollkommission zu gelassenen Gewehrstäbe gewalzt und dies auch den Kontrollbe- Hörden gegenüber niemals verheimlicht, * Italien zur Räunmngsfrage. Rom, 30. Dezember. Au dem Botschaflerbeschluß, Köln nicht zu räumen, schreibt Belloni in der römischen „Epoa", daß die englische Zustimmung der Beweis für das Zustandekommen des generellen Abkommens zwischen London und Paris sei und die schwerwiegendsten Folgen haben könne, nicht nur, weil da mit das Verbleiben der Franzosen an der Ruhr möglich werde, sondern auch, weil mit der neuen englisch-französischen Politik ein europäischer Frieden in Frage gestellt werde. Das Ver bleiben der Franzosen an der Ruhr und in Westfalen müsse den deutschen Nationalstolz auf das tiefste verletzen und werde auch die extremen Nationalisten gegen eine Regierung der versöhn lichen Politik stärken und damit die Durchführung des Dawes- Programms gefährden. Die anderen europäischen Kabinette seien vor die Alternative gestellt, sich Deutschland zu nähern oder sich ihm für immer zu verfeinden. England und die französische Sicherungs frage. London, 30. Dezember. Die zwischen Herriot und Mac donald seinerzeit auf der Londoner Konferenz getroffenen Ab machungen werden in den letzten Tagen in der englischen Oeffent- lichkeit lebhaft erörtert. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die französische Sicherungsfrage. Jedoch soll hierzu auch die Fest setzung einer neutralisierten und garantierten Zone, die sich am Rhein entlang vom Ruhrgebiet bis Elsaß-Lothringen erstrecken soll, gehören. Zu der in letzter Zeit viel erörterten Frage Her riots gegen Macdonald, daß Frankreich im Falle eines neuen Krieges von der europäischen Landkarte verschwinde, sagt „Eve- ning Standard", man solle nicht zuviel Aufsehen von dieser Rede machen. Wenn Frankreich tatsächlich zu schwach ist, um sich der Gefahr eines wiedererwachenden Deutschlands widersetzen zu können, dann ist doch der Versuch, einen solchen Giganten durch militärische Maßnahmen niederzuhalten, ein sehr fragwürdiges Unterfangen. Reorganisation der Wrangelarmee? Belgrad, 30. Dezember. Nach einer Meldung der „Prawda" wurde auf der letzten Konferenz zwischen Zankoff, Pasitsch und Mintschitsch beschloßen, die ehemalige Wrangel- Armer zu reorganisieren und kampffähig zu machen. Au diesem Zwecke wurde die Mobilisierung der in Bulgarien und Jugo slawien befindlichen Kosaken und monarchistischen Russen an geordnet. Slaalsbankdirekior Mr verhaftet. Berlin, 29. Dezember. Aus dem Kutisker-Skandal ist nun richtig ein Seehandiungsskandal geworden, der lawinen artig anwächst und immer mehr Opfer in die Tiefe, in diesem Falle ins Gefängnis, reißt. Iwan Kutisker, der bei seinen Vernehmungen vor Polizei und Staatsanwalt seine Genoffen und Trabanten anfangs schonend behan delte, nimmt jetzt keine Rücksicht mehr und verrät, was nur zu verraten ist. Den augenblicklichen Höhepunkt der Sensation bildet die Verhaftung des Staatsbankdirektors Dr. Fritz Rühe. Er soll sich fortgesetzter Un- treue schuldig gemacht und die Preußische Staatsbank um 15 Millionen Mark gebracht haben, indem er Kutiskers zweifelhafte Wechsel zu Geld machte. Mit Rühe zugleich verhaftet wurden der Bankbureauinspektor Blodow und der frühere Bankinspektor Kersten, beide wegen Urkundenfälschung, der angebliche Dr. jur. Mi chael Feld, der sich Bankdirektor nennt und bis vor kurzem Vorstandsmitglied der Berliner Kredit und Han delsbank A. G. war, und der Direktor der Mechanischen Treibriemenweberei Krieger, sowie der jüngste Sohn Kutiskers, Max der mit 19 Jahren Leiter der Automobil- Motoren A. G war. Kutiskers ältester Sohn Sascha (Alexander) ist be kanntlich schon vor einigen Tagen festgenommen worden. Er bat, wie man jetzt erfährt, seine Verhaftung so übel genommen, daß er dem Staatsanwalt ein Tin tenfaß an den Ko pf zu werfen suchte; das Geschoß verfehlte jedoch sein Ziel. Sind nun die Verhaftungen zu Ende? Niemand weiß es und, was das schlimmste ist, nie mand glaubt es. Schon spricht man von neuen Verhaf tungen, die bevorstehen sollen. Wo ist Kinanzral Hellwig? Finanzrat Hellwig, der bis vor einiger Zeit in der Preußischen Staatsbank in leitender Stel-