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WwmfferAgMN Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffe» Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Tageblatt» erscheint ^glich nachm. 5 Uhr für den folgend«! Tag. Bei Abholung in derSefchSstsstelle und den Ausgabestellen 2 Md. ,m Mona«, bei Zustellung durch die Bote» 2,ZV Md., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff ».Umgegend kkRtzer mrk Drschistsstellen " nehmen zu jederzeit Be- stellungen «»tOe-e». Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung ber HertunH oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. 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Dezember, nachmittags, in London durch den deutschen Botschafter und den britischen Staats sekretär für auswärtige Angelegenheiten und Lord d'Abernon unterzeichnet. Bezeichnenderweise ist von sämtlichen Handelsver tragsverhandlungen, die Deutschland mit einer Reihe auswärtiger Staaten eingeleitet hat, weil ja unsere zoll politische Stellung am 10. Januar nächsten Jahres endlich eine theoretisch freiere geworden sein wird, der Vertrag mit England zuerst und nach fast stockungslosen Ver handlungen zustande gekommen. Auch hier bildete die in England auf deutsche Einfuhrwaren seit dem Mai 1021 erhobene Einfuhrabgabe von 26 A einen wichtigen Streitpunkt. Freilich war die deutsche Stellung dabei eine sehr schwache; man war auf englisches Wohlwollen ange wiesen, weil im Londoner Pakt diese Vorschrift ausdrück lich als zu Recht bestehend anerkannt und ihre Fortdauer genehmigt war. Sie ist auch jetzt nicht grundsätzlich be seitigt worden, aber die Art ihrer Erhebung soll geändert werden. Bisher traf die Abgabe die deutschen Exporteure, also die einzelnen Kaufleute, und wurde im Zeitpunkt des Eintritts der Waren in das englische Zollgebiet erhoben. Welches diese Änderung aber sein wird, läßt sich ohne weiteres nicht aus dem amtlichen Bericht feststellen, der bisher über das Resultat der Verhandlungen herausge geben worden ist. Angeblich soll Deutschland in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der deutschen Einfuhr nach Eng land, natürlich innerhalb der Verpflichtungen, die ihm aus den Reparationsjahreszahlungen erwachsen, auf ein be sonderes, für England eingerichtetes Konto beim Nepa rationsagenten Zahlungen leisten, deren Transferierung (Übertragung) Sache der englischen Negierung wäre und naturgemäß nur durch Markverkauf bewerkstelligt werden kann. Schon das macht die Sätze aus dem amtlichen Be richt etwas deutlicher, wonach wegen der Einführung einer anderweitigen Erhebungsmethode der 26 ?Sigen Abgabe Verhandlungen mit dem Generalagenten und dem Transferkomitee erfolgen werden. Grundsätzlich stellt sich aber England auf den Standpunkt, daß es mit diesen Einnahmen als einem festen Budgetanteil auf der Ein nahmeseite rechnen will, was eine Einschränkung der Ver- füguugsberechtigung des Generalagenten über jenen Fonds bedeuten würde. Außerdem ist ja Aufgabe des Transferkomitees, nicht durch übermäßige Anspannung der deutschen Devisen die neue deutsche Währung in Ge fahr bringen zu lassen, über alle diese Schwierigkeiten werden also die späteren Verhandlungen mit den General agenten erst volle Klärung bringen. Beide Staaten haben sich allgemeine Meistbegün- stigung zugestanden. Nun steht aber England höchst wahrscheinlich vor einer tief eingreifenden Änderung seiner Zollpolitik; die Hochschutzzollbestrebungen sind durch die letzten englischen Wahlen ganz außerordentlich verstärkt worden und haben auch die Möglichkeit ihrer parlamentarischen Durchdringung. Auf der anderen Seite ist in Deutschland schon vielfach betont worden, daß wir bei der Neuregelung unseres Zolltarifs an einen Hoch schutzzoll nicht denken. Das würde also allmählich zu einem Auseinandergehen der Zölle nach ihrer Höhe be deuten, so daß wir zwar praktisch in der englischen Zoll politik nicht anders behandelt werden wie die anderen Staaten auch, daß aber die deutsche Zollbelastung der eng lischen Einfuhrwaren schließlich nur noch einen geringen Teil des Zolles bedeuten würde, den umgekehrt die deut schen Einfuhrwaren in England trotz der Meistbegünsti gung, also trotz der Belastung mit den Minimalzöllen, zu tragen haben würden. Um dieser Gefahr zu begegnen, ist zwischen den beiden Staaten der Grundsatz aufgestellt worden, sie dürften ihre Tarifpositionen nicht so zuspitzen, daß dadurch der andere Teil schwer geschädigt wird; das gelte besonders für die Spezialisierung der Tarif- Positionen, die ein ausgezeichnetes Mittel ist, um durch eine Sonderhochbelastung ganz bestimmte ausländische Waren aus Konkurrenzgründen fernzuhalten. Zur Erledi gung von Streitigkeiten, die aus dem Vertrage entstehen, ist ein paritätisches Schiedsgericht eingeführt wor- ^en Nun ist am 2. Dezember das neugewählte englische Parlament zusammengetreten; wann der am 7. Dezember neuzuwählende Deutsche Reichstag zusammentritt, bzw. arbeitsfähig wird, ist noch ganz unbestimmt; das eine aber erscheint zweifellos, daß bis zum 10. Januar nächsten Jahres der deutsch-englische Handelsvertrag die zu seiner Nechtsgültigkeit notwendige Ratifizierung weder vom deutschen, noch vom englischen Parlament erhalten haben wird. Marr hat von vornherein bei den Verhandlurrgen damit gerechnet, so daß sich dann ein Zwischen- stadium ergeben Würde, was in dieser Zeit geschehen soll, bedarf noch weiterer Verhandlungen. Damit ist der erste deutsche Handelsvertrag mit einem der europäischen Gegner des Weltkrieges abgeschlossen worden. Und zwar mit dem, der für uns handelspolitisch der wichtigste gewesen ist» Deutschland war Englands bester Kunde vor dem Kriege; aber auch umgekehrt. Vieles ist inzwischen wirtschaftlich geschehen, was die Verhältnisse anders gestaltet. Immerhin bedeutet der Abschluß dieses Englands Kriegsschuldakten. Sie Archive werden geöffnet. London, 3. Dezember. Das englische Auswärtige Amt will eine Sammlung von Dokumenten, welche die europäische Vorkricgslage be leuchten, herausgeben. Als Herausgeber der Dokumente werden G. K. Gooch und E. W. V. Temperley bezeichnet. Diese Entscheidung ist in einem Bries des Staatssekretärs des Auswärtigen an Watson enthalten, der die Aufmerk samkeit des Außenministers aus den Schaden gelenkt hatte, der aus der Nichtveröffentlichung» der englischen Alten zur Kriegsschuldfrage entstünde. Dr. Lv a k f v u sagte >n c.nem Schreiben an den Mi nister des Äußeren Chamberlain, er habe sich bereits seit einiger Zeit mit einer historischen Arbeit, die eng mit dem Ursprung des Krieges Gusammenhänge, befaßt und sehe sich fast dauernd vor einer Grundschwierigkeit. Während von der deutschen und der österreichischen Ne gierung eine Fülle dokumentarischen Beweismaterials zur Verfügung gestellt worden sei, das die Ereignisse vom Standpunkt der Zentralmächte schildere, und die russischen Bolschewisten Material veröffentlichten, hätten die Historiker von britischer Seite kein authenti sches Material an der Hand und seien daher ernst lich behindert, wenn sie sich mit den Beschuldigungen gegen die britische Vorkriegspolitik befassen müßten. Ein Blick auf die wichtigeren Konferenzen und Veröffent lichungen über die jüngste diplomatische Geschichte zwinge zu dem Schluß, daß durch das Schweigen der britischen Negierung allmählich sehr ernster Schaden gestiftet werde. Austen Chamberlain erklärt in seinem vom 28- No vember datierten Antwortschreiben, daß bereits Mac donald Anweisungen gegeben habe, die im wesent lichen den im Schreiben Sestou Watsons enthaltenen Vor schlägen entgegenkommen, und daß er selber diese Anwei sungen nur habe zu bestätigen brauchen. Die Akten des „Foreign Office- hätten bisher den Geschichtsforschern bis zum Ende des Jahres 1860 offen gestanden. Dieser Zeitraum werde bis Ende 1878 ausgedehnt werden, und er hoffe, daß die Akten anderer Regierungsämter bis zu demselben Zeitpunkt geöffnet werden. Die Öffnung der englischen Archive kann geeignet sein, endlich eine Klarstellung der so umstrittenen Kriegs schul d f r a g e zu bringen. Handelsvertrages den ersten Versuch, einer wirklichen rein wirtschaftlichen Annäherung der beiden erbittertste» Gegner des Weltkrieges. LlMändigkeit der Reichsregierung 3. Steuernotverordnung und Unfallversicherung. Eine äußerst wichtige und grundsätzliche Entscheidung hat soeben der sächsische Zivilsenat des Reichsgerichts ge fällt. Der Senat stellte durch Urteil fest, daß die in der 3. Steuernotverordnung ausgesprochene Selbstermächti- 1 gung der Reichsregierung nicht der Verfassung entspricht und daher nichtig ist. Damit versagt das Reichsgericht der Regierung das Recht, Aufwertungsfragen, soweit sie die Unfallversicherung betreffen, unter die 3. Steuernotverordnung zu ziehen, denn die Ansprüche der Unfallversicherten sind keine Vermögensanlagen im Sinne der 3. Steuernotverordnung. Das Bestreben der Ver sicherungsgesellschaften, das Aufwertungsverlangen aus Ansprüchen an Unfallversicherungen vor die Aufwertungs stelle zu bringen, wie es in Vorliegendom Falle ofsenlag, wird durch diese Stellungnahme des Reichsgerick als gesetzlich unberechtigt erklärt. Da somit i . An sprüche der Unfallversicherten nicht unter dir Vet.uogens- anlagen im Sinne der 3. Steuernotverordnung fallen, ist bei einem Streite über die Höhe der weiteren Aufwertung der ordentliche Rechtsweg zulässig. Massenmörder Angerstein. Die eigene Familie ermordet. Der angeblich von einer Räuberbande in Haigar bei Siegen begangene überfall auf die Villa Angerstein, bei der sämtliche Bewohner des Hauses, außer dem Be sitzer, Direktor Angerstein, den Tod fanden, hat jetzt eine schreckliche Aufklärung erfahren. Die Antersuchung des Verbrechens hat mit großer Bestimmtheit ergeben, daß Direktor Anger stein selbst seine ganze Familie und seine An gestellten getötet hat. Ministerialdirektor Dr Schubert über den deutsch-englischen Handelsvertrag Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 4. Dezember. Der Lokalanzejger meldet aus London: Die deutsche Delegation ist gestern nachmittag wieder zurückgefahren. Bor der Abfahrt erklärte Ministerialdirektor Schubert, er habe die englischen Delegierten in jeder Beziehung entgegenkommend gefunden und wo Schwierigkeiten entstanden seien, habe Lord D'Abernon immer sehr umsichtig eingegriffen. Er danke für die zuvorkommende Freund- licbkeit mit der die deutschen Delegierten behandelt wurden und sprach die Ueberzeugung aus, daß der Handelsvertrag gut fei und alles in allem beiden Ländern zum Vorteile gereichen werde. Die ganze Lon doner Wendprejje stimmt der allgemeinen Ansicht bei, daß England bei dem Vertrag ausgezeichnet abgeschnitten habe. Line maßgebende englische Persönlichkeit sagte gestern, England habe noch niemals zuvor einen so günstigen Vertrag mit Deutschland gehabt. Die Regelung der französischen Kriegs schulden Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 4. Dezember. Eine halbamtliche Mitteilung der Radio- agenlur stellt gegenüber den Meldungen aus amerikanischer Quell» ausdrücklich sest, daß die jranzösischc Regierung nicht in der Lage seh den Bereinigten Staaten einen Plan zur Regelung der französischen Schulden zu unterbreiten, so lange cs sich kein Bild von der Auswir kung des Sachverständigengutachtens gemacht habe. Die Besprechungen zur Regelung der Schulden hätten überhaupt noch nicht begonnen und der Meinungsaustausch zwischen dem Staatssekretär Mellon und dem französischen Botschafter Iusscrand hätte durchaus unverbindlichen Charakter. Die neue italienische Heeresordnung Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Rom, 4. Dezember. Nach der dem Senat vorgelegten neuen Heeresordnung setzt sich das stehende italienische Heer aus 1v Armee korps mit 3v Divisionen zusammen. Die Führung haben folgende Offiziere mit Generalsrang: 2 Feldmarschälle, K Heeresgeneräl«, 17 Armeekorpskommandantrn, 4V Divisivnsgeneräie und 1Ü4 Brigade- gcneräle. General Tadorna ist als Armeckorpskommandant in den aktiven Dienst zurückberufen worden. Grauenvolles ist geschehen! Ein ungeheuerliches, in seinen Ausmaßen geradezu unfaßbares Verbreche» wird begangen: acht Leichen liegen, entsetzlich verstümmelt und zerfetzt, auf dem Schauplatz der Bluttat, und ganz Deutschland steht unter dem Eindruck dieser furchtbaren Tragödie, die wie ein unheimliches Schicksalsdrama an- mutet, unheimlich und düster, weil die Gründe, die zu dem großen Schlachten geführt haben, vorerst in Dunkel gehüllt bleiben. Auf eine Räuberbande, die die Gegend unsicher machen soll, wird der Verdacht geschoben, und der oieseu Verdacht laut werden läßt, ist der Herr und Be sitzer des Mordhauses, der Direktor Angerstein, der in eines einzigen Tages Dämmerstunde alles verloren hat, was ihm lieb und teuer gewesen sein muß, und der gerade noch selbst mit dem Leben davongekommen ist, aber als Schwerverletzter im Krankenhause liegt. Polizei hunde werden auf die Spur der mutmaßlichen Räuber gehetzt und alles wartet mit fieberhaft gespannten Nerven auf das, was nun folgen muß, auf die Klärung der Blut tat. Und die Sensation, die man erwartet, wird noch weit, weit übertroffen, und denen, die davon hören, er starrt das Blut in den Adern; Angerstein, dieser selbe Direktor Angerstein, dessen Frau und Mutter und Schwester mit zertrümmerten Schädeln, mit durch brutalste Beilhicbe zerschlagenen Gliedern auf des Hauses Diele liegen, dessen Gehilfen und Angestellte abgeschlachret wurden wie unzähmbare Bestien, Angerstein, dieser selbe Angerstein, hat das alles voll bracht, ganz allein vollbracht, und das Blut der Gemordeten schreit zum Himmel gegen den Mörder, der sich durch Blutsverwandtschaft, Liebe oder Freundschaft ihnen eng verbunden fühlte. Wahnsinn oder kühle Überlegung, das ist hier die Frage! Und die Wage scheint, wenn die ersten Ermitte lungen ein abschließendes Urteil zulassen, nach der Seite der Überlegung, des wohlerwogenen Mordplancs hin, zu neigen. Alles, was Angerstein bei den ersten Vernehmungen über seine „Vorahnung der Tat", über frühere Überfälle auf die abseits von der Verkehrsstraße gelegene Villa erzählt hat — ülles wird jetzt nachgeprüft werden müssen, und man darf vermuten, daß es sich als erdichtet, als klüglich ersonnen erweisen wird. Noch hat der Mörder seines ganzen Hauses nicht gestanden, aber er ist trotzdem bereits sogutwieüber- führt durch seine Fingerabdrücke, die an den verschiedenen Opfern seiner Mordaier fcitaestcllt wurden,