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WM Was WiZsSruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. i K Nr. 253. — 83.AKh?H«ng WiSsdrNff-DresÄeN Dienstag, 28 Oktober 1924 Te!egr.-Adr.: »Amtsblatt' Postscheck: Dresden 2S40 vrr RusnadmeLultanci ZuigehshM IS MM WML» 2 3' e» Z § § !2 »n ' s M' t. <-r» Wahlrede des Hansabundvorsitzenden. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Der Vorsitzende des Hansabundes Reichstagsabgeordneter Fffchenr sprach auf dem Landesparteilag der demokratischen Par tei über die letzten Vorgänge bei den Verhandlungen über die Negierungsumb ldung. Er erklärte, im Wahlkampf handle es sich um einen Kampf um die junge Republik. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, KM».MLsdr2ffer Tageblatt* erscheint täglich «ach«. S Lhr für den falgead« Tag. Veprgsprrts: Bei Dbholrmg i« ««E^chL-Lftelle uns de« Arugabeftrllcn r ML. n« Woaat, bei AvsteLrag darch die Bote« 2,30ML., bei Poftbestellu«- Wochenblatt für Wilsdruff n. Umgegend vLd Geschäftsstelle« nehme« zu jeder Zeit Be» ««tgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Lei« Anspruch auf Lieferung ibev Aeittrns oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eürgesandter Schriftstücke erfolgt «ur. »eno Potto deiliegt. für- Bürgertum^ Beamte/ Angestellte, u. Arbeiter. Auzki«e^reiE - Lgespaltene Rmr»rEe W Goldpfemeig, die 2gefpaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- textticheu Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgebühr LV Goldpfennige. Dor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 -m<-kmeds,»»rm.louhr ——-4- — Für RichtigüeU Ler durch Frrnru« LbenniNeUen-AnMeenibem-hmrn wir keine Daranlit. Jeder Rodallansprnch erlischt, wenn der Betrag durch m-,e r,n,ej°,en werden muß oder der Auftraggeber in Aonkur, gerLt. Anzeigen nehmen all- B-rmittlun gsst-llen entgegra. Verordnung des Reichspräsidenten. Berlin, 25. Oktober. Der Reichspräsident hat durch Verordnung vom heu tigen Tage die auf Grund des Artikels 48 der Reichsver fassung zurzeit noch bestehenden Ausnahmebestimmungen aufgehoben. Damit entfallen alle noch bisher gültigen Beschränkungen der persönlichen und der Pressefreiheit. Versammlungen und Umzüge unter freien! Himmel sind ohne besondere Genehmigung zulässig. Die ReichSrcgie- rung hofft, das; die von ihr wiederhergestellte Freiheit nametnlich die des Versammlungsrechts nicht erneut zu Störungen führt, und daß der bevorstehende Wahlkampf von allen Parteien in einem Rahmengeführt wird, der Er schütterungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vermeidet. Die Verordnung tritt mit dem 27. Oktober in Kraft. Diese Aufhebung und die Wiederherstellung der nor malen Verhältnisse ist ohne Zweifel mit Rücksicht aus die bevorstehenden Neuwahlen für den Reichstag wie für die Landtage in den verschiedenen Ländern erfolgt. Es dürfte keine politische Partei in Deutschland geben, die heute noch die Aufrechterhaltung der Ausnahmebestimmungen wünscht oder für notwendig hält. Namentlich die Be schränkungen der Pressefreiheit wurden seit langer Zeit von keiner Seite mehr verteidigt. Durch die weitere Aufrechterhaltung der verschiedenen Verordnungen würde wahrscheinlich die Propaganda für die Wahlen uns der Verkehr der verschiedenen Richtungen mit den Wählern immer noch stark eingeschränkt und behindert werden. Aus der Aufhebung darf aber auch geschlossen werden, daß zurzeit die stets an die Wand gemalten Gefahren ge- walsamer Bewegungen und die Befürchtung vor Putschen in den leitenden Regierungskreisen nicht mehr vorhanden sind. jWZ uns krr. Die ersten Verhandlungen über Sachlieferun gen, wie sie das Dawes-Gutachten borsah, sind auf die selben Schwierigkeiten gestoßen wie jene über den deutsch französischen Handelsvertrag, die am 5. November wieder ausgenommen werden: immer stoßen die deutschen Ver treter auf rücksichtslose Forderungen Frankreichs, das gar nicht daran denkt, einen Ausgleich der beider seitigen Interessen zu betreiben, sondern von allen seinen Forderungen nicht um Haaresbreite abweicht. Das sind keine Verhandlungen mehr, das sind Diktate. Bloß — wir brauchen sie uns doch nicht mehr gar so unbedingt gefallen zu lassen, weil nicht nur die politische Situation, sondern auch die wirtschaftliche in diesem Kampf für Frankreich nicht gerade günstig ist, denn abge sehen davon, daß England über den Ausbau der deutsch-französischen Handelsbeziehungen nicht gerade ent zückt ist, müssen wir stärkstens in den Vordergrund schieben, daß Frankreichs Schwerindustrie den deutschen Markt einfach braucht für den Absatz sowohl des Roheisens, wie der Halb- und Fertigfabrikate. Und daß andererseits die ganze technische Entwicklung der lothringischen Eisen- Hüttenindustrie dazu geführt hat, daß die Betriebe den rheinisch-westfälischen Koks brauchen. Die günstigen Lransportmöglichkeiten haben in dem Entweder — oder (nämlich der Koks wird zum Eisenerz transportiert oder umgekehrt) die Entscheidung dahin gefällt, daß der Koks in die Eisenhütten herübergeschasst wurde. Deutsch lands modernste Hütten (Deutsch-Luxemburg und Gelsen kirchen A. G.) waren in dem jetzt französischen Lothringen beheimatet, sind nach 1918 dann liquidiert und in fran zösischen Besitz übergegangen und haben dazu geführt, daß jetzt Frankreich nicht nur am Erz fast erstickt, sondern auch an Halbzeugen und Fertigwaren der Eisen- und Stahl industrie. Auf der andern Seite ist aber Deutschland auf den Bezug französischen Erzes durchaus nicht an gewiesen. Schon vor dem Kriege haben wir zwei Fünftel unseres Eisenerzes aus Schweden und Spanien bezogen, soweit wir ausländisches Erz benötigten. Wir brauchen freilich davon jetzt viel mehr, weil uns ja die lothringi schen Eisenerzgruben geraubt sind; aber wir brauchen es nicht aus Frankreich zu beziehen. Wenn übrigens der 10. Januar 1925 da sein wird, dann wird die Lage der französischen Industrie noch schwieriger sein, nicht bloß deswegen, weil wir dann unsere handelspolitische Freiheit erworben haben. An diesem Tage wird nämlich das Saargebiet in das französische Wirtschaftsgebiet völlig einbezogen, verliert alle Zollbevorzugungen, die es bisher beim Warenverkehr mit Deutschland genoß, also die Zollsreiheit. Dadurch wird der Absatz der saarländischen Eisenindustrie in Deutschland ganz außerordentlich er schwert und das hat wieder eine Rückwirkung auf die Saarkohlengruben, deren Produktion natürlich in der Hauptsache bei der heimischen Industrie ihren Absatz findet. Das trisft den französischen Staat direkt, der ja bis 1935 Nutznießer dieser Kohlengruben ist. Die gleich falls sehr modernen saarländischen Schwerbetriebe werden also auf dem französischen Markt als neue Konkurrenz auftreten, worüber man dort alles andere als entzückt ist angesichts des schon jetzt bestehenden Überangebots. Es ist daher auch gar nicht verwunderlich, daß die französische Regierung durch ihre eigene Schwerindustrie bestürmt worden ist, von der Einbeziehung des Saargebiets in das französische Wirtschafts- und Zollgebiet in irgendeiner Form Abstand zu nehmen. An der Saarkohle selbst haben namentlich die lothringischen Eisenhütten wenig Interesse, können sie nur als Heizkohle gebrauchen, weil es nicht ge lungen ist, die Betriebe auf die Verwendung des Saar kokses umzubauen. Die Produkte des Saargebietes sind vielmehr — angesichts der schlechten Verbindung dieses Gebietes nach der See — angewiesen auf Süddeuischland als ihr natürliches Absatzgebiet und, wie dargelegt, der französische Staat muß auf eine blühende saarländische Industrie im Interesse günstigen Kohlenabsatzes großes Gewicht legen. Sind also die handelspolitischen Aussichten für Frankreich Deutschland gegenüber keine günstigen, ist unsere Position also recht stark, so haben wir natürlich auch ein großes — Politisches wie nationales — Interesse an einer engen handelspolitischen Zusammenarbeit mit dem Saaraebiet, das ja 1935 über seine Zugehörigkeit zu Deutschland oder Frankreich abstimmen soll. Nun ist ja in London die Räumung des Ruhr- gcbietes geradezu davon abhängig gemacht worden, daß die französische Ausbeutungspolitik in diesem Gebiete auch weiterhin möglich bleiben soll und — die Franzosen sind ja noch in diesem Gebiet. Sie besitzen noch dieses Faustpfand, machen das auch rücksichtslos geltend. Das ist - leider — die Schwäche unserer Position. Aber immer hin sind aus den oben dargelegten Gründen bei den Gegnern Kräfte unfreiwillig in unserem Interesse tätig deren Wirkungen durch eine zähe Politik unsererseits unterstützt werden müssen. Ätz Umzöge in prrnKeir weiirrhin verboten. Berlin, 26. Oktober. Wenn euch durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes der Wahlbcwcgung alle Freiheit zurückgegeben werden soll, so ordnet doch der Preußische Minister des Innern an, daß allen Störungsversuchen bei der Wahlpropaganda mit aller Strenge entgegengetreten werden soll. Die Kräfte der Polizei dürften deshalb nicht verzettelt werden durch Überwachung von Um zügen und Versammlungen unter freiem Himmel oder die In anspruchnahme bei dem Auftreten der Organisationen in Form von Fahnenweihen, deutschen Tagen, republikanischen Tagen usw. Aus diesen Gründen bleibt die preußische Verordnung vom 34. Juli 1923 bctr. das Verbat von Umzügen und Ver sammlungen unter freiem Himmel bis zum Wahltage bestehen. Die Verordnung des Reichspräsidenten zur Aushebung des Ausnahmezustandes bestimmt noch, daß die Zuständigkeit des Staatsgerichtshoses zum Schutze der Republik zur Entscheidung über anhängige Beschwerden unberührt bleibt. K'SNLWWe MtzmZrcksn. Der Berliner Korrespondent des Pariser „Journal" beschäftigt sich in einer längeren Meldung erneut mit an geblichen Verstößen, die in Deutschland gegen die militäri schen Klauseln des Versailler Vertrages begangen sein sollen. C stellt dabei sieben sog. Fragen, in denen unter stellt er, die Reichswehr habe bedeutend mehr Offiziere als zulässig bei den Manövern eingestellt; Tankzerstörungs einrichtungen würden ausprobiert; die Flotte veranstalte gemeinsam mit der russischen Flotte Übungen; Kanonen gießereien wären im Gange; Unterstandseiurichtungen würden verfertigt usw. Amtlich wird von deutscher Seite dazu erklärt, daß alle diese Behauptungen blanke Er findungen seien. Paris, 27. Oktober. Das „Journal des Debüts" er klärt in feinem gestrigen Leitartikel der „Die deutschen Wahlen, der Friede und dis französische Politik" überschrieben ist, unter anderem: Es scheint, daß die neuen deutschen Wahlen für die Außenpolitik keine große Veränderung bringen werden. Wenn auch dis SoziaWen in großer Zahl in den Reichst-^ kommen werden, so können sie doch einen entscheidenden Einfluß nicht aus üben. Außerdem werden sie unter dem Eindruck der Ruhrde- setzung uns gegüber etwas mißtrauisch sein. Schließlich weiß jedermann, daß die deutsche Firdustrie derartig stark ist, um in weilMN Monaten das Material für einen gewaltigen Krieg her zustellen. Es genügt eine diplomatische Spannung, während der oie Kontrollkommission, ganz gleich, ob es sich um die inter alliierte oder um die des Völkerbundes handelt, ihre Aufgaben nicht erfüllen kann und der Berliner Generalstab stellt mit Hilfe der Reichswehr Lie notwenbiigen militärischen Organisationen her. Die rreue Zusammensetzung der Hamburger Bürgerschaft. Hamburg, 27. Oktober. Nach den bis 12,15 Uhr in der Nacht vom Sonntag zum Montag vorliegenden Ergebnissen werden sich in der neuen Bürgerschaft die Mandate wie folgt verteilen (die in Klammern stehenden Zahlen geben die bisherige Zusammensetzung an): Demokraten 23 (23), Sozialdemokraten 51 (69), Mieterbund 1 (—), Deutsche Volkspartei 22 (31), Un abhängige Sozialdemokraten — (—), Verein der Wohnungfuchen- den 1 (—), Völkisch-sozialer Block 4 (3), Kommunisten 25 (17), Gewerbetreibende 1 (—), Freiwirtfchaftsbund — (—), Zentrum 3 (2), Deutschnationale 28 (18), Hanseaten — (—), Grundeigen tümer — (—), Vvlkswirtschaftsbund — (—); Gesamtergebnis 159 (160). Rücktritt des ckiuesischeu Minister präsidenten. London, 27. Oktober. Der Ministerpräsident Tsao Kun Hal fein Rücktrittsgefuch eingereicht. Das Kabinett ist schon nur Abend zurückgetrelen. T H vor NeuwaWn in SsKsen. LeWM soriMewokraiWen faneilsgcr. Leipzig, 26. Oktober. Der sozialdemokratische Landes parteitag, der gestern und heute in Leipzig stattfand, verlief ver- häktnismWg ruhig, weil vorher die Gegensätze in eifriger Kom- mifsionsarbeit überbrückt worden waren-. Einstimmig wurde eine Entschließung gefaßt, die in der Hauptsache folgendes besagt: „Der Landesparteitag entschließt sich für sofortige Auflösung des Landtages. Die Landtagsfraktion ist verpflichtet, die Auflösung des Landtages so zu betreiben, daß die Neuwahlen gleichzeitig -mit den Reichstagswahlen am 7. Dezember statftinden können. Nachdem der Reichsparteivorstand, die Reich-stagsfraktion und der Parte'iausfchuß empfohlen haben, die bisherigen Kandidaten listen weiter gelten zu lasten, und nachdem die von dem letzten Reichsparteitag im sächsstchen Konflikt eingesetzte Kommission be stimmt hat, daß bei der Kandid-atenaus-stÄlung in Sachsen die bisherige Haltung der Parteigenosten in dem nun überwundenen Konflikt nicht gewertet werden soll, empfiehlt der Parteitag, die bisherigen Abgeordneten wieder aufzustellen, soweit nicht in- ein zelnen Fällen besondere Bedenken, vor allem solche im Intereste der Partei, die Wiederaufstellung unmöglich machen." Eine wei tere Entschließung wendet sich gegen die Rechtsprechung der — wie es in dieser Entschließung heißt — sächsischen Klassenjustiz, unter der Wucherer und Preistr-eiber begnadigt, aber ihre Opser — wie die zahlreichen Prozesse wegen Landfriedensbruchs und Aufruhrs zeigten — schonungslos bestraft würden. Der Partei tag fordert schnellste Vorbereitung einer Amnestie für die aus Not begangenen Straftaten und für die unter dem militärischen Ausnahmezustand wegen politischer Vergehen Bestraften, sowie die Niederschlagung von derartigen schwebenden Prozessen. Schließlich wird die Fraktion verpflichtet, mit aller Entschieden heit sich für eine Begnadigung Zeigners einzusetzen. MiMsririmu uia knnvalf»Wg. Einander widersprechende französische Pläne. Der französische Kriegsminister Genera! Rollet, aus seiner Wirksamkeit in Deutschland bekannt, hat einen Plan aufgestellt, mit dem er angeblich die Abrüstungspläne Herriots ausführen will. Er fordert eine Miliz, durch die das stehende Heer abgeschafft wird, will aber dazu eine I n st r n kt i o n s a r m e e, die jederzeit bereit sein soll, zur militärischen Ausbildung der Bevölkerung und zum Schirm, hinter dem der Rest der Nation sich mobilisiert. Diese Armee soll auch den Bedürfnissen der Kolonien ent sprechen. Sie soll so stark sein, wie die Sicherheit es er fordert, und auch den Kolonien als Schutz dienen. — Die „Jnstruktionsarmee" mit ihrer verdächtigen Stärke je nach Notwendigkeit schmeckt einstweilen stark militaristisch. * Bei einer Kundgebung für den Völkerbund in der Parifer Sorbonne hielt der Ministerpräsident eine Rede, in der er nach einer Lobrede auf die französische Politik sagte: Frankreich erkläre: entwaffnet, und auch ich werde entwaffnen! Bilden wir, wenn es irgendwie möglich ist, sie Vereinigten Staaten von Europa, wenn wir es nicht können, vereinigen wir uns wenigstens unter den Na tionen, die guten Willens sind. Frankreich wird immer allen Bemühungen zur Schaffung des Friedens seine Unterstützung verleihen. Das ist kein übertriebener Idealismus, wie gewisse Kreise behaupten. Der Idealis mus sei eine europäische Macht.