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MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. ' i s« WUsdraffer Tageblatt enthält die amtliche« Bekaantmachuugen der Amtshaaptmavnschast Meitze«, de« Amtsgerichts a»d Stadtrat» z» Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Nossen VW w.„ich^. Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 «»»-h»«dt,»1».,0Uhi — Für die Richtigkeit »n »«Ich Fernen! »»«rmwiltr« üdeinehnie» »k keine »arautit. JrderR-ballanspeuch »Uschi. wenn der Betrog durch Ma,« ein,e,»gen werden mich »der Ker Luftrag,eder in Konkur, ,»Ll. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »M» Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend «ostboten fünfer» «u^ M.« me» ch-fchSst,ftellen —— — nehmen N« fe»«-S-i> «r» jk2mae» -«cheaen. Im Fai« »Sherri Drwait, Krie, oder sonstiger «etrieb.ftdrnngen defteht Kei» Anspruch auf Li es er UN, Aeitm»s »der Kürz««- des Beptßspreises. — Rückfarkm»s eiagesandter bchriftKKeke erfolgt m«. »emr Ports beiliegt. Nr 257 — 83. Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonntag, 2. November 1924 Der Sieg Her Loriez. EinwirkungsmSglichkeiten aus deutsche Intereffen. An Deutlichkeit läßt das englische Wahlresultat wirk lich nicht das geringste zu wünschen übrig, und die parla mentarische Änderung, die durch das Eindringen der Arbeiterpartei in das Haus der Gemeinen entstanden war, weil das politisch so bequeme Wechsel- und Abwechse lungsspiel der zwei alten Parteien gestört wurde, ist jetzt vurch die 415 Konservativen des neuen Parlaments getilgt worden: sie besitzen die absolute Mehrheit und können daher dem Staatsschiff ohne jede parlamentarische Schwie rigkeit und ohne Rücksicht auf eine andere Partei nehmen zu brauchen eine entschiedene Richtung nach rechts geben. Daß Macdonald noch einmal vor dieses Parlament tritt — was er ursprünglich beabsichtigte — ist mehr als unwahrscheinlich; dazu ist der konservative Sieg viel zu gewaltig. Die sofortige Demifsion des ersten Sozia listen auf dem Sessel des englischen Ministerpräsidenten ist eine Selbstverständlichkeit. Das englische Wahlrecht erkennt demjenigen Kandi daten in einem Wahlkreis das Mandat zu, der die rela- t i v meisten Stimmen aufweist. Er braucht nicht, wie im früheren deutschen Reichstagswahlrecht, die absolute Stimmenmehrheit, also mehr als die Hälfte aller abgege benen Stimmen auf sich zu vereinigen, um gewählt zu sein. Das führt zu merkwürdigen Resultaten. Beispiels weise hat die Arbeiterpartei einen Stimmenzuwachs von einer Million, aber — Mandatsverlust. Oder: die Libe ralen haben 3,1 Millionen Stimmen, aber nur 44 Mandate, während die 5,5 Millionen Arbetterstimmen, also nicht einmal doppelt soviel wie die Liberalen, durch saft die vier fache Zahl von Abgeordneten, nämlich durch 152, vertreten sind. Und als nicht zu vernachlässigendes Symptom der Wahlen mag erwähnt werden, daß diesmal 2 Millionen Stimmen mehr abgegeben wurden als bei der letzten Wahl. Warum nun die Konservativen einen so gewaltigen Sieg erfochten haben, — darüber sich jetzt noch den Kops zu zerbrechen, ist müßig und zwecklose Zeitverschwendung. Er ist eben da und wir Deutsche haben uns darauf einzu stellen. Ob er für Deutschland ein Vorteil ist, werden in Deutschland selbst politisch Rechtsstehende nicht annehmen, denen Macdonald als Sozialist sehr wenig sympathisch sein mag. Die schwere Niederlage der Liberalen kann uns gleichgültig sein, denn diese Partei unterscheidet sich von den Konservativen kaum noch in irgendeiner Be ziehung. Auch kaum noch in jener Frage, um die es bei den vorletzten Wahlen ging, in der des Schutzzolles. Der Sieg der Konservativen ist auch ein Steg der Schußzollidee, und was das für unsere Ausfuhr nach England bedeutet, braucht kaum gesagt zu werden, ist aber gerade unter dem Gesichtspunkt von besonderer Wichtigkeit, daß wir ja, um den Londoner Pakt durch führen zu können, unsere Ausfuhr in größten Aus- maßen steigern müssen. Zweifellos wird die Rückwirkung dieser Schutzzollidee auf die englischen Kolonien nicht aus bleiben: denn sie schließt eine zoll- und handelspolitische Bevorzugung aller dem „Kroater krüLin" angehörigen Länder in sich. „Kreator Lritaw", „das größere Britannien" — diese Idee, aus dem Geiste Joe Chamberlains geboren, wird auch die englische Außenpolitik beherrschen. Zunächst dürfte die Stellung des bisher so eng verbündeten fran zösischen Ministerpräsidenten Herriot, also die des Führer der Linken in Frankreich, durch die englischen Wahlen alles andere als gestärkt sein, seinen Gegnern in der Kammer und namentlich im Senat werden die engli schen Wahlen ein Ansporn zu neuen Angriffen werden Auch das ist für uns Deutsche um so gefährlicher, als in einigen Wochen allerhand wichtige Entscheidungen von der Entente getroffen werden müssen, unter denen die Frage der Räumung nicht bloß der ersten Zone am Rhein, also der Brückenköpfe, sondern auch der weiteren Ruhrräumung obenan steht. Auf so unbedingt festen parlamentarischen Füßen steht Herriot nicht, der sich doch immerhin wenig stens in den Methoden den Deutschen gegenüber von denen seines Vorgängers Poincarö unterschied. Was außerdem aus Macdonalds liebstem, verhätschel tem Kind wird, das er zusammen mit Herriot hegte und pflegte, dem Völkerbund nämlich und vor allem dem Abrüstungsvorschlag usw., läßt sich Wohl am besten durch den Hmweis darauf andeuten, daß die eng lische konservative Partei gegen den bisherigen Premier- Minister schwere und heftige Angriffe deswegen gerichtet hat, weil er den Ausbau des englischen Hafens Singa - Pore zu einem gewaltigen Flottenstützpunkt eingestellt hat. Die Wirren in C h i n a werden die Veranlassung ab geben, die Baupläne möglichst schnell wieder aufzunehmen. Und wenn die Wahlresultate in England auch bei den bevorstehenden amerikanischen Wahlen ihre Wirkung aus üben, so wird nur noch engerer Zusammenschluß mit Amerika — das Übereinkommen wegen der englischen Schulden an Amerika ist einer der Erfolge des früheren konservativen Kabinetts Baldwin gewesenI — und die Konsolidierung des anglo-amerikanischen Blocks die not wendige Folge sein. Also die Konsolidierung einer Vor- Herrschaft der englischen Rasse, in deren Händen die Masse und vor allem die Leitung und Führung des Weltkapitals MViWM »tritt Die Verteilung der englischen Mandate London, 1. November. Nach den neuesten Feststellungen verteilen sich die Mandate folgendermaßen: Konservative 407, Arbeiterpartei 152, Liberale 40, Kommunisten 1, andere Par teien 3. Das Ergebnis der heutigen Londoner Kabinettssitznng. Londvn, 1. November. An der gestrigen Kabinettssitzung des Kabinetts Macdonald wurde beschlossen, die Uebergabe der Amtsgejchäste an ein neues Kabinett solange wie möglich hin auszuschieben. Wahrscheinlich wollen sich die Arbeiterminister an der Untersuchung des Zwischenfalles mit dem Svnowjew-Brief beteiligen, doch dürfte im Laufe der nächsten Woche der Kabi nettswechsel stattfinden. Der endgültige Beschluß wird von dem Kabinett am Dienstag gefällt. Der Untersuchungsausschuß für die Echtheit des Sinvwjew-Briefes hat bereits mit feinen Ar beiten begonnen. Macdonald hat beschlossen, wenn der Brief sich als eine Fälschung ausweist, eine Entschuldigung an die Sow jetregierung zu richten. Baldwin befindet sich zur Erholung auf dem Lande. Der konservative Wahlerfolg ist so stark, daß das neue Kabinett wahrscheinlich nur aus konservativen Ministern bestehen wird. Churzilles dürfe keinen Platz in der Regierung finden. Macdonalds Niederlage und der Völkerbund. Genf, 1. Noveucher. Die Schweizer Presse beschäftigt sich eingehend mit dem Sturz Macdonalds. ,Journal de Geneveve" befürchtet, daß der Völkerbund durch die neue Regierung nichts gewinnen würde und der englische Wahltag einen schwarzen Tag für den Völkerbund bedeuten könnte. Der „Berner Bund" schreibt: Eine siegreiche Reaktion ist ein internationales und namentlich europäisches Unglück. Das Genfer Protokoll ist ge fährdet. Die neue englische Regierung wird in der Abrüstungs frage sehr zurückhaltend sein. der WlWen WerW. Die Ratifizierung des englisch-russischen Vertrages vertagt. Berlin, 1. November. Nach dem „Lokalanzeiger" heißt es nach einer Moskauer Meldung in einem Beschluß des Zentral- exekntivkvmitees über den englisch-russischen Vertrag: Angesichts der durch die Regierungskrise in England neu geschaffenen Lage beschließt das Aentralexekutivkomitee, die Ratifizierung des eng lisch-russischen Vertrages zu verschieben und sie dem Präsidium des Vollzugskomitees der Sowjetunion zu übertragen. Die Verhandlungen über die Steuer milderung Berlin, 1. November. Die gestrigen Besprechungen im Reichsfinanzministerium mit den Vertretern der Länder über die in Aussicht genommenen Steuermilderungen konnten noch nicht zu Ende geführt werden. Sie sollen nunmehr in der nächsten Woche in den Reichsratsausschüssen fortgesetzt werden. Jur Lage im Ruhrgebiet. Düsseldorf, 1. November. Nach einer Mitteilung des Oberkommandos in Düsseldorf werden sämtliche Verordnungen zur Unterdrückung des aktiven und passiven Widerstandes auf gehoben. Die Verordnung tritt sofort in Kraft. Die kritische Lage des belgischen Kabinetts Paris, 1. November. Nach Meldungen aus Brüssel wird eine belgische Regierungskrise immer wahrscheinlicher. Das Kabinett Theunis dürfte bei der Abstimmung über das neue Budget der 100 Millionen Franken neuer Steuern unterliegen. Theunis hat die Sozialisten und den größten Teil der Katholiken gegen sich- Der Ministerpräsident wird in diesem Falle dem König die Auflösung des Parlaments und die Ausschreibung von Neuwahlen Vorschlägen. liegt. Und diesem Weltkapitalismus sind wir ja als Dienende angeschmiedet worden. Er steht — das ver bindet ihn innerlich — im stärksten Gegensatz zum Bol- schewismus der russischen Sowjetrepublik, wobei auf die pikante Erscheinung hingewiesen werden mag, daß in dem gleichen Augenblick, da in England der „Sinowjew- brief" eine den konservativen Wahlsieg erheblich för- dernde Rolle spielte, Herriot die Sowjetrepublik anerkannt hat und Moskau in Paris eine mit sehr zahlreichem Per sonal ausgestattete Gesandtschaft einrichtete. Auch in der Mossulfrage, überhaupt der Türkei gegenüber, wird das neue konservative Kabinett eine erheblich andere Politik verfolgen als Macdonald, und zwar sicherlich keine sehr friedliche. So ist das Resultat der englischen Wahlen nicht bloß für uns, sondern ganz allgemein-weltpolitisch von aller größter Bedeutung. Vielleicht auch — in salscher Sug gestion — bei uns auch innerpolitisch im deutschen Wahl kampf. Bei der absoluten Verständnislosigkeit außenpoli tischen Strömungen gegenüber, die in Deutschland nun einmal zu beklagen ist, wäre das auch weiter nicht sonder, bar. Bevorstehender Kabinettswechsel. Regierungsbildung durch Baldwin. Als gewählt dürften nach der Beendigung der Stimmenzusammenstellungen gelten 415 Konservative, 152 Arbeiterpartei, 44 Liberale und 4 für andere Parteien. Das aufgelöste Unterhaus hatte 259 Konservative, 192 Arbeiterpartei, 158 Liberale, 6 Angehörige anderer Par teien. Die genaue Zusammensetzung der verschiedenen Abstimmungsergebnisse ergibt für die Konservativen 7 598 000, für die Arbeiterpartei 5 502 000, für die Libe- ralcn 3105 000 und für die Kommunisten 56 000 Stimmen. Die konservativen Führer rechnen nach Londoner Nachrichten mit sofortigem Rücktritt der Regierung Mac- donald und der Berufung Baldwins zur Kabinetts bildung. In konservativen Kreisen haben die Vorarbeiten zur Kabinettsbildung bereits begonnen. Austen Cham- berlain, der ein wichtiges Mitglied des voraussicht lichen Kabinetts Baldwin sein werde, habe zum Ausdruck ge bracht, daß er mit Lord Birken- Head zusammengehen werde. Wenn Churchill in die Regie rung ausgenommen würde, so werde er wahrscheinlich ein hohes Amt erhalten. Macdonald hat eine Vollsitzung des Kabinetts als bald nach Bekanntwerden des end gültigen Resultats einberufen, die möglicherweise den sofortigen Rücktritt der Regierung beschließt. ^rd aber auch behauptet, daßd„ im Kabinett Stimmung bestände, ms zum Zusammentritt des Baldwin, kommende konservativ« Premierminister. Unterhauses im Amte zu bleiben, um die Untersuchung der Geschichte des Briefes Sinojews zu beenden. Der diesmalige konservative Wahlsieg war der größte seit 1832. Die Wahlbeteiligung betrug 80 A. Von 19,9 Mil lionen Wählern nahmen 16 Millionen an der Wahl teil. Die Konservativen haben einen Nett»gewinn von 156, die Macdonald, Asquith, Ser bisherige sozialistische der nicht wtedergcwähltt Premierminister. liberale Führer. Kommunisten von 1 Mandat zu verzeichnen. Der Netto verlust der Liberalen ist 113, der Arbeiterpartei 41, der Unabhängigen 3. Die Konservativen haben eine Zu nahme ihrer Stimmen um 2,2, die Liberalen einen Rück gang von 1,35, die Arbeiterpartei eine ZunahNL vs« 1,1 Millionen aufzuweisen. Wermihm der RegiMhnen. Am 15. November. Die Übergabe der Regiebahnen an die deutsche Reichs- vahngesellschaft erfolgt nach Mitteilungen von zuständiger Stelle am 15. November um 12 Uhr Mitternacht. Schon acht Tage vor der Übergabe kann der größte Teil des Betriebspersonals seinen Dienstort aussuchen, um sich ein zurichten. Bei der Übergabe selbst werden lediglich Be- standsbücher und Inventarverzeichnisse durch die Regie übergeben. Ab 16. November treten auf allen Regiestrecken wieder deutsche Tarife in Kraft. Die Personalfrage ist in der Weise geregelt, daß die während und nach dem passiven Widerstande bei der Regie eingetretenen Eisenbahner übernommen werden. Die von der Regie in Dienst gestellten Nichteisenbahner sollen eine besondere Behandlung erfahren. Es handelt sich hier um etwa viertausend Angestellte und Arbeiter. Die Gesell- schäft übernimmt diese Angestellten und Arbeiter in ihre Dienste. Die Gesellschaft verpflichtet sich, sie noch drei Monate zu behalten.