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ilsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Tageblatt' erscheint täglich nach«. 8 Uhr für den folgend«» Tag. Uezugspreia: Bei Abholung in d» d«fchLst«st-üe und de« Aurgabestellen L Wk. im Monat, bei Anstellung durch die Voten 2,30 Mb., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend »nd Geschäftsstellen - — nehmen zu jeder Zeit Be» MoRnngen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung d« Zeitung ob« Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Porto beiliegt. : «« «MIM,eilt M «oldpftmU,, »i« rg-rvaltm« gttt- amllichrn Brk-nnim-chungen 4V «»w. dir 3,erp«l»rn-««»l-«t,eN« im texllichrn Teil« IVO Doldps-nnig. Nachweisung-,ebühr 20 Doldpfennige Doe- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 annahme bis oorm. IVUHr > . - die Richtiakeit ^der durch Fernruf übermittelten An^igenüdernehmen wir keine Daranlie. J-derSiadattanspruch erlischt, wenn derDettaa durch «läge ringe,ogen werden mutz oder der Auftrag,«der in Konkurs ,erLl. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. »as Wilsdruffer Tageblat! enthält die amtlichen Bekanntmachungen »er Amtshaaptmannschast Meißen, des Amtsgerichts «ud Stadtrats ,u Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffe«. Nr 231 — 83 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Donnerstag, 2. Oktober 1924 DeuWatimle md WerW. Die Parteivertretersitzung Ler Deutschnationalen be deutet einen tiefen Einschnitt in der Geschichte Ler Partei. Gerade weil sie sich mit ihrer Abstimmung am 29. August vor die Frage stellte, ob sie durch Ablehnung oder durch Annahme des Dawes-Gutachtens ihren Zielen näherkommen würde, also in einen Streit um die Methode gelangen mußte, sah sie sich einer auf alle Fälle nru-en Methode gegenüber. Zwar entspann sich in den ersten Tagen und Wochen ein heftiger innerer Kampf, aber all mählich kam man doch zu der Einsicht, daß Leichenreden gar nichts fruchten, daß man nicht über das Vergangene, sondern nur noch über die Zukunft sprechen dürfe. Wenn diese Einsicht ganz durchgedrungen ist, ist sie aktionsbereit und — kontraktfähig. Selbstverständlich müssen die Folgerungen aus einer solchen Tatsache gezogen werden, können es aber erst, wenn die Tatsache da ist; und so hing alles von dem Beschluß der Parteivertretung ab, ob sie rückwärts oder nur vor wärts schauen wollte. Darum ist zurzeit auch auf der andern Seite Ab warten geboten. Über das, was kommen soll, liegen ja die eindeutigen Beschlüsse der Deuts chenVolkspar- tei vor, die erklärt haben, daß sie die Bedingungen für die Heranziehung der Deutschnationalen Volkspartei in die Regierung als erfüllt betrachten, die vor der Ab stimmung über die Dawes-Gesetze gestellt wurden. Und die Volksparteiler haben das auch dem Reichskanzler unterbreitet mit dem Wunsch, nun an eine Regierungsum bildung heranzugehen, die den Wünschen der Deutsch- nationalen nach Berücksichtigung ihrer Stärke Rechnung zu »ragen haben soll. Der Reichskanzler hat daraus erklärt, daß auch er diesen Wunsch habe und derartige Verhandlungen ein leiten werde, besonders da sich ja der Außenminister Dr. Stresemann ganz besonders zum Träger des Wun sches gemacht hat, die Regierungsbasis nach rechts zu erweitern. Aber auch Dr. Marx hat sich vorläufig zurück gehalten, weil er, wie die andern, erst das Ergebnis der Parteivertretersitzung abworten wollte. Und weil naturgemäß die Widerstände imZentrum und bei der D e m o k r a ti e sehr erhebliche sind. Vielleicht weniger beim Zentrum, wo behauptet wird, daß Lie Mehrzahl sich dem Wunsch Dr. Marx' anschließen wird, mit den Deutschnationalen besonders deswegen zu einer Einigung zu gelangen, weil man doch mit ihnen aus dem Gebiete der christlichen Weltanschauung und der Kultur politik Hand in Hand marschieren kann. Und weil das Zentrum gerade wieder durch das Verhältnis mit der Sozialdemokratie stark innerlich wie äußerlich geschädigt wurde. Bei den Demokraten sind die Ansichten geteilt. Eine Anzahl ist gar nicht dafür, das Kabinett Lurch die eine Tür zu verlassen, wenn die Deutschnationalen durch die andere Tür eintreten. Dazu ist das wirtschaftliche Zu sammenarbeiten zahlreicher Industrieller beider Parteien, wie beispielsweise bei der Rentenbank und jetzt bei der neuen Deutschen Eisenbahngesellschaft, schon viel zu eng geworden. Die „Nur-Politiker" denken freilich anders. Es ist also alles noch in der Schwebe, hängt alles von der deutschnationalen Parteivertretung ab. Die Um stellung auf das Morgen wird dann aber sehr bald Ver handlungen herbeiführen müssen, da man natürlich den dringenden Wunsch hat, und zwar allseitig, bis zum Wiederzusammentritt des Reichstages schon deswegen zur innen- und außenpolitischen Klarheit zu gelangen, weil der Reichstag sofort vor wichtigste, namentlich außen politische Entscheidungen gestellt wird. Erinnert sei nur an die Frage des Eintritts in den Völkerbund und die Notifizierung der Protestnote gegen die deutsche Kriegsschuld, eine Notifizierung, die bei einer ab lehnenden Haltung der Mächte in Gens dann im Reichstag kaum noch auf Widerspruch stoßen wird. * Au Verhandlungen bereit Die vor Eröffnung der Parieivertretersitzung abgs- haltene Sitzung der R.e i ch s t a g s f r a k t i o n faßte einen Beschluß, der dahin geht, daß sich die Deutschnationale Volkspariei Verhandlungen über die Regierungsbildung nicht versagen wird, wenn die Regierung in dieser Frage an die Partei herantritt. Zur Führung solcher Ver handlungen sind bestimmt die Abgeordneten Hergt, Graf We st arp, Schiele und Behrens. Man nahm an, Laß die Vertretersitzung diesem Beschluß beitreten wird. * Berlin, 30. September Zum Verireteriag Waren Delegierte aus allen Teilen des Reiches erschienen. Die Vertreter waren vom Landesverbands- Vorstand ernannt. Ferner war der Parteivorstand vertreten, weiter sämtliche deutschnationalen Retchstagsabgeord- neten und Minister der Länder, die deutschnationalen Mitglieder des Reichsrates, des Reichswirtschasrs- rates und des preußischen Staats rat es. Ferner die Vorsitzenden der deutschnationalen Fraktionen der bundes staatlichen Parlamente und die Landesverbandsvorsitzenden. Die Zahl der Anwesenden bezisserte sich aus etwa 500, darunter etwa 250 Stimmberechtigte, die sich aus Vorstand ^-le gierten zusammensetzten. Keine Marinekontrolle mehr. MarillekMrMWlnWn aufgelöst. Berlin, 30. September. Da alle AbrÜstungssragen, soweit sie sich ans die deutsche Marine allein beziehen, erledigt sind, wird die interalliierte Marinelontrollkommiffion, laut Beschluß der Botschafterkonferenz, mit dem heutigen Tage aufgelöst. Für das deutsche Landheer bleibt die Kontrolle be kanntlich weiterbeftehen und soll auch nach dem Beschluß des Völkerbundsrates in Gens in Zukunft aufrechterhatte« bleiben. Wie amtlich mitgeteilt wird, sind in der vergangenen Woche von der interalliierten Militärkontrollkommission das Neichswehrministerium, die Stäbe der Wehrkreiskom mandos 1, 2 und 3, der 3. Kavalleriedivision, einige Truppenteile in Schweidnitz, Stettin und Swinemünde, ferner Befestigungswerke in Geestemünde und Cuxhaven, verschiedene Verpflegungs-, Beklcidungs- und Zeugämter und die Polizei einiger Regierungen sowie Fabriken be sucht worden. Die Prüfungen sind reibungslos verlaufen. * Oie Behandlung der deutschen Denkschrift Übergabe an den Völkerbund. Das deutsche Memorandum über den Eintritt Deutsch lands in den Völkerbund ist dem Generalsekretär des Völkerbundes zur Kenntnisnahme übersandt worden. Nach Mitteilungen ans London wird erwartet, daß die britische Antwort auf das deutsche Memorandum nicht sofort erteilt wird, da es aller Wahrscheinlichkeit nach für notwendig erachtet werden wird, mit den übrigen Empfängern der Note Rat zu pflegen. Aus Brüssel wird gemeldet, Premierminister Tbeunis habe dem deutschen Gesandten bei der über- reicbung des Memorandums die Hoffnung ausgedrücki, die deutsche Negierung werde nicht von neuem die Kriegs schuldfrage auswerfen. Ein solcher Schritt würde äußerst bedauerlich sein. Allgemein könne gesagt werden, daß die Haltung der belgischen Regierung mit derjenigen Ler fran zösischen Hand in Hand gehe. Die „Times" schreiben, die augenblickliche deutsche Regierung beabsichtige, wie klar ersichtlich sei, die im Völkerbund vorgesehene Gelegenheit für eine neue und friedliche Zusammenarbeit mit den zrvtttsterten Mächten auszunutzen. Das Blatt erklärt zum Schluß, es sei gar nicht schlecht, daß die deutschen An fragen zu einer Überlegungspause führten; denn obgleich es in jeder Hinsicht wünschenswert sei, daß Deutschland Mitglied des Völkerbundes werde mit vollen Rechten und Verantwortlichkeiten, so müßten doch die großen Ver änderungen, die sein Eintritt in die europäische Politik bewirken würde, im voraus sorgfältig erwogen werden. Frankreichs Unterschrift. Der französische Kabinettsrat hat die französische Ab ordnung in Genf telegraphisch angewiesen, das Protokoll bett. Schiedsgericht und Sicherheiten zu unterzeichnen. Aus Vorschlag Herriots wurde ferner ein Glückwunschtelegramm an die Delegation abgesandt. Nach dem „Malin" hat der Kabinettsrat dem fran zösischen Delegierten beim Völkerbund den Auftrag erteilt, bei der Unterzeichnung des Friedensprotokolls, das jetzt ausgearbeitet wird, einen gewissen Vorbehalt zu machen. Die französische Delegation solle verlangen, daß alle Dokumente für die allgemeine Konferenz Mitte März fertiggcstellt seien, damit die Haltung Frankreichs auf Ler Konferenz rechtzeitig vorbereitet werden könne. Einigung mit Japan in Genf. Die Delegierten von Frankreich, Italien und England, die an einer Kompromißformel über den japanischen An» trag znm Schiedsgerichtsprotokoll, der sich gegen Las amerikanische Einwanderungsverbot für Japaner richtete, arbeiteten, sind zu folgendem Beschluß gekommen: Um Japan in seinen berechtigten Forderungen Genugtuung zu geben, wird bestimmt, daß, wenn die einstimmige Ent scheidung des Rats oder des ständigen Gerichtshofes er klärt, daß die Angelegenheit zur ausschließlichen Zuständig keit des einen der beiden in Konflikt befindlichen Staaten gehört, der andere interessierte Staat ebenfalls das Recht haben fall, an den Rat zu appellieren, und zwar nicht um eine neue Entscheidung zu treffen, sondern um eine Intervention des Nates zu verlangen, damit zwischen den beiden Staaten eine friedliche Vereinbarung über den Konflikt getroffen werden kann. Es soll also kein Staat zum Angreifer erklärt werden können, außer für den Fall, daß er es unterlassen hat, nach der Entscheidung noch den Appell an den Rat um seine Vermittlung zu unternehmen. MlmbiO M WMMM ii> MWck Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 1. Oktober. Die Tribune Genove meint, daß große Schtvierigkpeiten eintrelen würden, sobald Deutschland einen Sitz im Völkerbundsrat habe. Man werde den deutschen Ver treter im Völkerbundsrat nicht bitten können, bei den Beratungen über die Militärkontrolle in Deutschland den Sitzungssaal zu verlassen und auf dem Korridor eine Zigarette zu rauchen, während die übrigen Mitglieder über die Militärkontrolle be schließen . Eine französische Note über die 26pro- zentige Abgabe. Eigener Fernsprechdienst des ,,Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 1. Oktober. Gestern nachmittag hat Hernot an den deutschen Botschaster eine Note überreichen lassen, die er neut die Auffassung der französischen Regierung in der Frage der 26prozentigen Abgabe darlegt. Herriot bestreitet entschieden, daß diese Abgabe den Bestimmungen des Sachverständigengut achtens widerspreche. Die französische Note ist als eine Ant wort auf die Protestnote aufzufassen, die der deutsche Geschäfts träger in der vergangenen Woche am Quay d'Orsey überreicht hat. Die Regelung -er Abgabe siir Belgien. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 1. Oktober. Der Brüsseler „Temps"-Korrespon- dent bestätigt, daß der belgische Ministerpräsident grundsätzlich f die Aufnahme der 26prozentigen Abgabe auf deutsche Einsuhr gegenstände beschlossen hat. Ein Dekret hierüber wird kraft eines 1920 angenommenen Gesetzes in nächster Zeit erscheinen. Vor läufig ist noch die Form der Erhebung an der luxemburgisch- deutschen Grenze zu regeln. Die Maßnahmen werden inner halb der ersten Oltoberhälste in Kraft treten. Eine Protestnote Ler Balkanstaaten. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Wien, 1. Oktober. Die Balkanstaaten haben eine gemein same Konferenz abgehalten und beschlossen, eine gemeinsame Note an die Wiener Regierung zu richten mit der Aufforderung, die angeblich in Wien sitzende bolschewistische Prvpagandazentrale für den Balkan aufzulösen. Keine Regierungskrise wegen der irischen Grenzfrage. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 1. Oktober. Nach Ansicht der gesamten eng lischen Presse ist wegen der irischen Erenzfrage eine Regierungs krise kaum zu erwarten. Vielmehr werden die Liberalen die Regierungsanträge restlos unterstützen und auch die Opposition wird sich aus die Stellung von Abänderungsanträgen beschränken, so daß man hofft, in kurzer Zeit die gesetzgeberischen Maßnahmen durch das Unterhaus und durch das Oberhaus gebracht zu haben. Eine große Anzahl der Konservativen begibt sich in diesen Tagen zum Parteitag nach Newcastle. Die Lage in Mesopotamien (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes") London, 1. Oktober. Die Lage in Mesopotamien nimmt die fortgesetzte Aufmerksamkeit der englischen Regierung in An spruch. Man hat eine Note an die türkische Regierung in Kon stantinopel gerichtet, in der man die Türkei bittet, sofort die Ein stellung von Feindseligkeiten und des Vormarsches an der meso potamischen Grenze zu veranlassen. Englischerseits sind die Kampfhandlungen angeblich schon seit sechs Tagen eingestellt worden. Die Verluste betragen auf englischer Seite drei Mann, aber auch diese scheinen nur verletzt zu sein. Abbruch der belgisch-französischen Zoll Verhandlungen. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Paris, 1. Oktober. Die bisherigen, zwischen Belgien und Frankreich gepflogenen Verhandlungen über die Anpassung der gegenseitigen Zollsätze verliefen ergebnislos. Zunahme des Aufstandes in Georgien Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 1. Oktober. Die georgische Delegation in Genf veröffentlicht ein Kommunique, wonach im Kaukasus noch immer heftige Zusammenstöße zwischen den Aufständigen und Sovjet- truppen stattfinden und der Ausstand sich weiter ausdehnt.