Volltext Seite (XML)
MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Ta,»«««» »rschriat IL,Nch aachm. L Ahr fik d« fol,cado T»,. «»M,rprei,! Sri «dholun, in »^d«schilst»stkll« und den Ansgudcstrlle» r Md. iw Munat, dei Anftellnn, durch di«Bate, r,ro Md., bei Postbestell»«, M- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°ftd°^,^un"m«^ "" »eichast,stellen nehmen ,u jeder Feit Bc» «wi,e« entgehn. Im Fall« höherer Gewalt, Kri«, oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung »«rAeitnng »der «Lqun, der Beptgspreise«. — «Lcdseudung eingefaudter Schristftbche erfolgt nur, weuu Port» deiliegt. ^,^>^?enprei»: di« ögefpaltr»« »«uuqelle A> Doldpfemiig, die Lgespaltenegeile der amtlichen B«kam>tmachnng«n40<Lold- gespulteneAekiaMe-eNe iw textlichen Teile lv<> Doldpfennig. Nachweisungsgediihr M Doldpfennige. Dor- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 »V'ÄS -n-°hn>ed>»vorw.10Uhr — FL, die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten «neigen Sdernehwen wir deine Garantie. Zeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch xla,«ein gezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Va» Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschast Meitze«, des Amtsgerichts nnd Stadtrats zn Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 225. 83. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdrnff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag 25. September 1924 Der Merkeikpairt. In China tobt der Bürgerkrieg und die Groß mächte wärmen sich die Finger an diesem Fem-r. Alle sind sie Mitglieder des Völkerbundes! In Spanien rast der Kampf zwischen Spanien und den Rifkabylen und Frankreich trägt durch seine Waffenlieferungen an die Berber die Scheite zu dem Feuer heran, weil es selbst ganz Marokko haben will. Und Spanien ist Mitglied des Völkerbundes ebenso wie Frankreich! China, das bisher einen Sitz im Völkerbundrat hatte, soll ihn verlieren, weil es durch den inneren Krieg — machtlos ist, weil auf seinem Boden sremde Truppen stehen. Es will daraushin aus dem Bund austreten. Gegenüber diesen und anderen Wirklichkeiten hat man jetzt in Genf den Sicherheitspakt aufgerichtet, dessen Wortlaut soeben bekanntgegeben wurde. Dadurch wird zunächst einmal der Kriegzwischen Bundes- Mitgliedern untersagt. Ein Mitglied darf nur Krieg führen, wenn es angegriffen oder wenn es durch den Rat zum kriegerischen Vorgehen veranlaßt wird. Frage: Wer ist nun „Angreifer"? Eine Frage, die laut Macdonald frühestens fünfzig Jahre nach Kriegs ausbruch beantwortet werden könne. Was übrigens Vor kommen unrichtig ist. Das Rätsel löst der Pakt sehr ein fach, indem er zunächst als Angreifer jeden erklärt, der zwar den Pakt unterschrieben hat, sich aber nicht an dis Bestimmungen hält, die darin über die obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit in Streitfragen getroffen sind. Jede Streitfrage soll nämlich dem Völkcrbundrat vor gelegt werden; der Rat vermittelt entweder oder er setzt ein Schiedsgericht ein. Uber Rechtsfragen soll bindend aer Internationale Ständige Gerichtshof im Haag ent scheiden. Bindend ist der Schiedsspruch des Rats bzw., des Schiedsgerichts, und während des Verfahrens darf keine der streitenden Mächte kriegerische Vorbereitungen treffen. Er ist sonst „Angreifer", auch dann, wenn er dieses Schiedsverfahren in einer Streitfrage nicht anruft bzw. sich der Entscheidung nicht fügt. Dann treten gegen den Angreifer gemeinsame Sank tionen kriegerischer und wirtschaftlicher Art in Kraft, und alle Unterzeichner sind verpflichtet, dem Angegriffenen zu Hilfe zu kommen; der Nat hat dabei die Oberleitung, kann auch von vornherein Verpflichtungen der Staaten über die Höhe des militärischen Kontingents entgegennehmen, das für derartige Fälle zur Verfügung gestellt werden soll. Henderson (England) hat allerdings schon jetzt erklärt, daß die englische Flotte dafür nicht in Betracht komme. Und schließlich wird durch den Entwurf eine Ab rüstungskonferenz auf den 15. Juni 1925 in Genf vorgefchlagen, zu der alle Staaten durch den Völker bundrat eingeladen werden sollen, übrigens sollen diesem Sicherungspakt nicht nur Mitglieder des Völkerbundes, sondern alle Staaten beitreten dürfen. Deutschland interessiert dabei besonders eins: dos ist die militärische Exekution, an der sich zu be teiligen jedes Bundesmitglied verpflichtet ist. Außerdem besteht laut Völkerbundakte (Art. 16) noch für jedes Mit glied die Verpflichtung, in solchen Fallen den Streitkräften der Bnndesmitglieder freien Durchzug zu gewähren. Das auf Deutschland angewendet, heißt nichts anderes, als daß wir etwa bei einem „Bundeskrieg" zugunsten ;. B. Polens gegen Sowjetrußland einmal die Herren in Warschau zu unterstützen haben, oder zum mindesten müssen wir, wenn man aus unsere militärische Hilfe verzichtet, den andern Durckzugsfreiheit gewähren. Das bedeutet eine kriegerische Handlung gegen Rußland, und wir sind in folge unserer militärischen Kraftlosigkeit gar nicht im stande, etwa ein russisches Bombengeschwader abzuwehren. Und wie ein solcher „Vundeskrieg" aussieht, hat man bei spielsweise 1919 und 1920 auch gegen Rußland seststellen können. Deutschland, mitten in Europa gelegen, kann also allzu leicht wieder zum Kriegsschauplatz der andern werden. Und zum Söldner für die andern. Und wie das alles in Wirklichkeit aussieht, hat man ja Wohl im Fall Wilna gesehen, wo die Rücksichtslosigkeit einfach über das Recht triumphierte; die Mächte gar nicht daran dachten, dem Wunsche der Genfer Theoretiker entsprechend auch nur einen Soldaten gegen Polen marschieren zu lassen. Es gibt noch soviel Unrecht in der Welt, was freilich der Nutznießer dieses Unrechts als „Recht" bezeichnet, daß vorläufia immer noch die Macht Recht oder Unrecht schafft. VeumhiWS in Amerika. Eigener Feinsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Neuyvrk ,24. September. Die Bankiers, die sich für die deutsche Anleihe interessieren, sind über die drohende Ver zögerung ziemlich enttäuscht und weisen darauf hin, dasz eine spätere Auslegung vielleicht einen weniger günstigen Markstand findet daher sei ein früherer Termin erwünscht. Die Verzöge rung hängt anscheinend und hauptsächlich mit den technischen Schwierigkeiten bei den internationalen Verhandlungen zwischen den Pariser, Londoner und Neuyorker Bankiers zusammen. Nie mand befürchtet jedoch eine Gefährdung der Anleihe an sich» DrutlehIanÄ verlangt Garantien. üettritt rum Völkerbuna in Aussicht genommen Berlin, 23. September. Unter dem Vorsitz des Reichspräsidenten Ebert be gann heute früh 11 Uhr der Ministerrat, der die seit Wochen schwebende Frage über den Beitritt Deutschlands zum Völkerbund behandeln sollte. Reichskanzler Marx, der heute früh erst aus Sigmaringen zurückgekehrt war, gab einen eingehenden Bericht über feine Konferenz mit Frithjof Nansen. Im Anschluß daran referierte Reichsaußenminister Dr. Stresemann über die Unterredung mit dem englischen Botschafter Lord d'Aberno n. Die Sitzung dauerte mehrere Stunden. Nachmittags wurde dann folgendes amtliche Communiquö über das Resultat der Beratungen ausgegeben: Unter dem Vorsitz des Reichspräsidenten wurde heute ein Ministerrat abgehalten. Nach eingehender Erörterung der Frage des Beitritts Deutschlands zum Völkerbund ergab sich Einmütigkeit darüber, das; die Reichs regierung den alsbaldigen Eintritt Deutsch lands in de «Völkerbund erstrebt. Sie geht dabei von der Erwägung aus, daß die vom Völkerbunds behandelten Fragen, insbesondere des Schutzes der Min derheiten, der Regelung der Verhältnisse des Saargebietes, sie Frage der allgemeinen Abrüstung in Verbindung mit oer Durchführung der Militärkontrolle, sowie die ihrer Lösung harrenden großen Fragen der Sicherung niedlichen Zusammcnarbeitens der Völker nur unter Mit- wirrung Deutschlands in befriedigender Weise geregen werden können. Selbstverständlich kann Deutschlands Mitwirkung nur die einer gleichberechtig ten Hauptmacht sein. Nachdem die aus der Londoner Konferenz erzielte Lösung der Reparationsfrage nach Aus fassung der hauptsächlich beteiligten Mächte den Weg zu einer aktiven Behandlung der Frage des Eintritts Deutsch lands in den Völkerbund für die Regierung eröffnet hatte, sind im Anschluß an die Konferenzvrrhandlungen Be sprechungen in diesem Siine ausgenommen worden. Das Ergebnis dieser Sondierungen bildet eine wesent liche Grundlage für die heutige Entschließung der Rcichsregierung. In Ausführung dieser Entschließung wird die Neichsregierung durch das Auswärtige Amt bei den im Völkerbundsrat vertretenen Mächten feststellen, ob die für die Stellung des deutschen An trages erforderlichen Garantien, die sich so wohl auf Deutschlands Stellung im Völkerbund wie aus bestimmte andere, hiermit untrennbar zusammenhängende Fragen beziehen, gewährleistet sind. An der Sitzung nahmen sämtliche Reichsminister teil. Der Reichskanzler hatte bereits einige Zeit vor Sitzungs- bcgmn. den Reichspräsidenten besucht. Frithjof Nansen hat in seiner Aussprache mit dem Reichskanzler Dr. Marx darauf aufmerksam gemacht, daß die Verspätung der Stellung des Aufnahmegesuches, die jetzt schon eingetreten sei, die Erledigung in der gegenwärtigen Tagung der Völkerbundversammlung nicht mehr möglich mache, daß aber alle Mächte, einschließlich Frankreichs, bereit seien, zur Erledigung des Gesuches eine Sondersession im Dezember oder Januar einzuberufen. FmkrM gM M MtzeÄsmhm MW0s Paris, 24. September. Gestern abend ließ sich an Hand der allgemeinen Informationen sagen, daß Frankreich einen so fortigen Eintritt Deutschlands in den Völkerbund nicht zustimmen werde. Für dir ablehnende Haltung der französischen Regie rung find verschiedene Gründe Maßgebend. Als einen der wich tigsten läßt man heute den gelten, wonach Deutschland die Ab- rüstungsklMsel noch nicht erfüllt habe und französischerseits be steht die Absicht, sich einer Ablösung der Interalliierten Kontroll kommission durch den Organismus des Völkerbundes vor der er folgreichen Durchführung der Tätigkeit, die noch drei Monate Lauern soll, entschieden zu widersetzen. Keder die tieferen Gründe,die für diese Einstellung des Kabinetts Maßgebend sind, läßt sich die gestrige Abendpreffs mit ziemlicher Offenheit aus. „Temps" und „Journal des Dobats" stellen fest, daß Deutsch land, wenn ihm ein ständiger Sitz im Völkerbundsrat zur Ver fügung gestellt werde, die Gelegenheit wahrnehmen werde, eine Revision des Versailler Vertrages herbeizusühren. Wenn Deutschland einen ständigen Sitz im Rate erhält, so habe es sich damit die Stellung einer Großmacht wieder verschafft und es würde in die Lage gesetzt, in sämtliche wichtigen Fragen mit einzugreifen und seinen Einfluß Mr Verteidigung seiner Inter essen auszuwen-en. Kein offizieller Schritt des englischen Botschafters in Berlin (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) London, 24. September. Nach Reuter wird die 'Mel dung, daß Lord D'Abernon in Berlin eine Note übergeben habe, die die Auffassung des englischen Kabinetts über die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund zum Ausdruck bringe, absolut bestritten. In Berlin haben wohl private Unterredungen statt- gesimdon. Die englische Regierung habe aber keim Hehl daraus gemacht, daß sie ihre Ansichten über die Voraussetzungen der Aufnahme Deutschlands in dm Völkerbund nicht mitzuteilsn in -er Lage sei. Bor einer Antwort des Völkerbundes. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 24. September. Wie dem „Malin" aus Genf gemeldet wird, soll am Donnerstag ein Kommunique ausgegeben werden- das als Antwort auf das Kommunique der Reichsregie rung gelten kann. Umbildung des Kabinetts Herriot Paris, 24. September. Das Pariser Blatt „Rappel" macht sich MM Echo -er in Genf umgehenden Gerüchte, -atz Briand und Loucheur die Absicht hätten, in das Kabinett Her riot einzutreten. Eine Umbildung des Kabinetts solle unmittel bar nach der Rückkehr -roser beiden Persönlichkeiten aus Genf stattfinden. Briand würde das Ministerium -es Aeutzeren über- l nehmen, Loucheur an -ie Stelle des Handelsmimsters Reynoldi Z treten. Eine geheime Sitzung des Völkerbunds rates. Genf, 24. September. Der Völkerbundsrat hielt gestern nachmittag eine geheime Sitzung ab, in -er er die Besprechungen über den von -er ständigen Kommission vorgeleglen Entwurf einer Militärkontrolle in Deutschland, Oesterreich, Ungarn und Bulgarien fortsetzte. Der frühere schweizerische Bundespräsident Ador erkrankt. Genf, 24. September. Der frühere schweizerische Bun- despräsi-ent Wor ist erkrankt und nicht mehr in der Lage, an den Verhandlungen im Völkerbund leilzunchmen. Die Anleihe für die NuhrkshleKindustrie Berlin, 24. September. Entgegen anderslautenden Nach richten wird der „Vossischen Zeitung" aus Neuyork gekabelt, daß die Anleihe für die Ruhrkohlenindustrie in Höhe von 25 Millio nen Dollar gestern abgeschlossen wurde. «Krassin kommt nach London. Lvndo n, 24. September. Dor Unterstaalssekretär im Auswärtigen Amt Ponsomby ist in letzter Stunde bemüht, den englischruffischen Vertrag zu retten. Er bezeichnet den Vertrag als die einzige Möglichkeit für die englischen Gläubiger, einen Teil ihrer Forderungen zurückzuerhalten. Gleichzeitig wird aber klar, daß die Frage der Anleihe in der Tat der Kernpunkt des Ver trages ist und -atz das Unterhaus nicht in -er Lage sein dürste, in diesem Punkte etwas -urchzusetzen. Die bevorstehende An kunft Krassins mutz als Beweis für die Richtigkeit -er Meinung gelten, -atz die Regierung sich inzwischen von der Notwendigkeit einer neuerlichen Prüfung des Vertrages in seiner gegenwärtigen Fassung überzeugt hat und -atz demnächst neue Verhandlungen stattfinden werden, um -en Vertrag für die englische Oeffenüich- keit annehmbar zu machen. In oppositionellen Kreisen rechnet man mit einem allgemeinen Rückzug -er Negierung. Die Re gierung hat die Gefahr einer Niederlage in der Vertragsfrage orkanut und möchte diese Gefahr unter allen Umständen aus dem Wege räumen. Krassin kommt in den nächsten Tagen nach London und wird sich hier bis zum Schluss der Parlaments- bebatte über den englisch-russischen Vertrag aufhalten. Macdonald lehrst eine UnLerredang mit den Bergarbeitern ab. London, 24. September. Die Gewerkschaft -er Berg arbeiter, welche über die Wirkungen -er Lieferung deutscher Re- parationskohlen auf die englischen Kohlenpreife und die Arbeiter löhne beunruhigt war und deshalb bei dem Ministerpräsidenten vor mehreren Wochen um eine Unterredung gebeten Hatto, hat von Macdonald die Antwort erhalten, dass es ihn: im gegenwär tigen Augenblick unmöglich sei, in unmittelbarer Zukunft die ge wünschte Unterredung zu gewähren.