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MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Meitze«, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nasse«. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. : di« «oespaltme «aumzrile WGoldpfmnIft, di« 2gcspalten« Zeile der amtlichen Bcbannlmachungen 4» «old- pfennig, die S «rspalteneSieI<lam«,eNe i» textlichen Teile Ivo Goldpsennig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfenmge. Doe- aeschriedeneDrscheinnngs- —, , - tage »Md Platzvorschriften wtrden nach Mbglichd-it Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen- ansahmedisvorM. IVUHr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn dcrBetrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft,' iS« -Wilsbrnsirr Tageblatt" erscheint täglich »achm. r Uhr für deu folgende» Tag. Pezugrprei,: Bei Abholung in d« »eschäst.steLe und den Ausgabestellen 2 Mil. in. Wannt, bei Auftellun, durch die Bote» 2,30 Mb., bei Poftbestellun, »^.SP^L Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend dMgcr und Seschästsstrüen — — nehmen zu jeder Zeit Le» Sollunge» entgegen. Am Falle höherer Dewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingcsandter Schriftstücke erfolgt nar, wenn Porto deiliegt. Rr. 198 — 83. Jahrgaug Tclegr.-Adr.: »Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Post check Dresden 2640 Sonntag den 24 August 1924 große Lage. Macdonald kann lachen. Das Unterhaus hat ihm den Gefallen getan, sich bereits vor dem Beginn der Londoner . Konferenz zu vertagen, im Vertrauen darauf, daß der Premierminister sich der schwierigen Aufgabe, die er mit ' dem Willen zur Bereinigung der Reparations frage übernommen hatte, schon gewachsen zeigen werde. ! Dieses Vertrauen war um so höher einzuschätzen, als Macdonald weder im Unterhause noch im Oberhause über eine eigene Mehrheit verfügt und es schon bis dahin an lebhafter Bekrittelung seiner Politik, der inneren wie der äußeren, nicht gefehlt hatte. Aber die Engländer stehen sich nun einmal, auch wenn sie durch noch so große Mei- nungsverschiedeuheiten voneinander getrennt sind, immer als Bürger eines gemeinsamen und ihnen allen gleich teuren Vaterlandes gegenüber. So weit halten sie un bedingt, ob Konservative oder Liberale oder Sozialisten, zusammen, daß einer vom andern über zeugt ist, er werde weder gewillt noch imstande sein, dem Königreich unwiederbringlichen Schaden zuzufügen. Sollte es eine Regierung fertigbringen, so weit von der äußersten Linie des Möglichen abweichen zu wollen, daß das Selbst gefühl, der Selbsterhaltungstrieb, ja der Stolz des eng lischen Bürgers verletzt würde, so würde der unfehlbar einsetzende Entrüstungssturm des ganzen Volkes sie un weigerlich über Nacht davonjagen. Von Macdonald brauchten, wenigstens nach seinen bisherigen Leistungen als Parteiführer und als Premierminister, die Parteien des Unterhauses eine so grobe Verkennung seiner Pflichten nicht zu gewärtigen, und so ließen sic ihm freie Hand, die Konferenz zu leiten und durchzuführen, den allgemeinen Grundsätzen gemäß, die er vorher für sic ausgestellt hatte. Nun braucht er sich, nachdem sie geschlossen ist, nicht erst noch des langen und breiten mit der Volksvertretung herumzuschlagen. Anders inParis; anders in Berlin. Herriot muß sich erst noch die Reise nach Genf, wo er auch vor dem Forum des Völkerbundes für seine Ideen und Ziele per sönlich eintreten will, sauer verdienen. Die Pflicht der Berichterstattung nach seiner Rückkehr aus London hat ihn zwar nicht so ungeheuerlich in Anspruch genommen wie die Mitglieder der deutschen Delegation, von denen man sich wirklich nicht vorstellen kann, wie sie es fertiggebracht haben, in den drei, vier Tagen dieser Woche in Rede und Schrift, in Diskussionen und Sitzungen die fabelhafte Arbeitslast zu bewältigen, die hinter ihnen liegt. Der französische Ministerpräsident hat vor seinem Parla ment einen ungleich schwereren Stand als sein Kollege und Glaubensbruder in London, was allein schon aus der Tat sache zu ersehen ist, daß die Zahl der Interpellationen, mit denen die Kammer Herrn Herriot zu empfangen gedachte, von Tag zu Tag anstieg: erst waren es drei und mittler weile sind es zehn oder vierzehn geworden. Und mehr als dreißig engbedruckte Schreibmaschinenseiten brauchte er, um den Abgeordneten seine Londoner Politik, ihr Auf und Ab, ihr Hin und Her bei allem Festhalten an den Hauptzielen, an Lie er sich gebunden fühlte, auseinandcr- zusetzen und zu erläutern. Schwer zu sagen, ob es ihm gelingen wird, seine Gegner zu überzeugen oder auch nur zu entwaffnen. Vorläufig fühlt er sich getragen von der Begeisterung seiner parlamentarischen Freunde, die ihn wie einen aus siegreicher Schlacht heimgekehrten Kampf genossen empfingen. Seine Gegner ließen sie gewähren, , verharrten in eisigem Schweigen und sparten ihr Pulver l für die großen Debatten, die nun anheben werden. Mög lich, daß sie programmäßig verlausen, wahrscheinlich so gar; denn was Herriot den Franzosen aus London mit gebracht hat, ist wirklich nicht von Pappe. Aber immer hin, sein Hauptstolz, daß er die Entente mit Eng land wieder neu befestigt habe, muß jetzt schon, kaum, daß die Akten der Londoner Konferenz sozusagen ge schlossen sind, ins Wanken geraten, wenn er sieht, mit welcher Heftigkeit der nächste Mitarbeiter Macdonalds, der Schatzkanzler Snowden, gegen die Abmachungen aufbegehrt, zu denen sein Herr und Meister sich bereit gefunden hat, eben nur, um die Entente wieder nach Mög lichkeit zusammenzuleimen. Bald werden auch diewirt - schaftlichen Verhandlungen mit Deutsch land auf die Tagesordnung kommen, und es wird sich zeigen, daß die Begehrlichkeit gewisser Teile der franzö fischen Geschäfts- und Jndustriewelt durch die neuen Vor teile, die Herriot und Clemente! ihnen aus London mit- gebracht haben, noch durchaus nicht gestillt ist. Im Gegen teil, dtzr Appetit wächst diesen Leuten beim Essen, das wer> < den unsere Unterhändler, wenn es zu den für den ersten Oktober in Aussicht genommenen Handelsvertrags besprechungen in Paris kommen sollte, sehr eindring lich zu spüren bekommen. Aber im ganzen darf man wohl annehmen, daß die Franzosen sich mit dem, was zunächst ' in London für sie erreicht worden ist, zufrieden und damit Herrn Herriot für die Genfer Reise, die ihm sehr am Herzen liegt, in wenigen Tagen freigeben werden. Als Herriot in der Kammer schließlich die Vertrauens frage stellte, wurde ihm das Vertrauen mit 320 gegen 209, also mit 111 Saimmen Mehrheit, ausgesprochen. Weniger leicht gestalten sich die Dinge für die deut sche Delegation. Sie sieht nur Arbeit vor sich, «amvk und Arbeit. Mit dem Reichspräsidenten, dem Die englischen MengM. Um die Handelsverträge (Eigener Fcrnsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) London, 23. August. Premierminister Ramsay Mac donald, der gegenwärtig außerhalb Londons weilt, hat dem „Daily Expreß" folgendes Telegamm gesandt: „Was den Han- delsvertrag angeht, jo sind unsere beteiligten Departements ange wiesen worden, Berichte vorzubereiten, und Herriot hat sich ver pflichtet, die Vorschläge, die er Deutschland machen wird, zu unterbreiten, damit ich meine Bemerkungen dazu machen kann." „Daily Expreß" sagt dazu: Es sei jetzt offenbar, daß Macdo nald die Auffassung Snowdens teile, wonach der Plan eines ! deutsch-französischen Handelsvertrages eine ernste Bedrohung der ? britischen Handelsinteressen bedeute. z Ein Geheimbrirf Macdonalds an Herriot (Eigener Fcrnjprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes") London, 23. August. Macdonald hat an Herriot einen zweiten Bries über die militärische Räumung des Ruhrgebietes geschickt, der als eine Ergänzung seines Brieses vom letzten Sonn abend betrachtet wird. Dieser Brief wird nicht veröffentlicht werden. Die Zoüvorlage. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 23. August. Das Reichskabinelt hat in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, die Vorlage über die Einführung i von Schutzzöllen und Ermäßigung der Umsatzsteuer dem Reichs tag für seine am gleichen Tags beginnende Sitzungsperiode zur Beschlußfassung vorzulegen. Deutschlands Eintritt in den Völkerbund Berlin, 23. August. Aus der Sitzung Les Auswärtigen Ausschusses verlautet, daß die beiden sozialdemokratischen Redner von der Reichsregierung eine baldige amtliche Aktion Deutschlands für den Eintritt in den Völkerbund verlangten. Eine Erklärung von Negierungsseite erfolgte nicht. Der sozialdemokratische Red ner Hermann Müller stellte daraufhin ein Volksbegehren seiner Partei in unmittelbare Aussicht. Die Freitagsitzumg dcL Repk Eigener Feinsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 23. August. Die Repacationskommission hat gestern unter dem Vorsitz Barthsus eine Sitzung abgehasten, in der einstimmig gewisse geringfügige Abänderungen der Gesetzent würfe angenommen wurden, die sich auf die Gründung der GolL- notenbank, die Industrieooligationen und die Eisenbahngefellschast beziehen. Weiter wurde bas Programm der Kohlenlieferungen sür den Monat September seshgelegt. Mussolini geht nicht nach Genf (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Rom, 23. August. Die italienische Delegation für die Septembertagung des Völkerbundes wird von Salandra geführt werden. Trotz des Erscheinens Macdonalds und Herriots ver zichtet Mussolini, teözunehmen, weil die innere Lage seine stän dige Anwesenheit erfordert. Die VuslieferunHsvLr-tznndlnngeK in Budapest bisher ergebnislos. Eigener Feinfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Budapest, 23. August. Die Gegenüberstellung der bei den aus Deutschland gekommenen Kriminalbeamten mit dem unter dem Verdacht der Teilnahme an dem Morde an Erzberger ver hafteten Förster ist noch nicht erfolgt. Die Polizei hat diese Gegenüberstellung für hellte vormittag angesetzt, doch steht durch aus nicht fest, ob sie tatsächlich siMinden wird. Gestern hat sich ein Ministerrat mit der Frage der Auslieserung der Reichsdeut schen im Falle ihrer Teilnahme an dem Morde beschäftigt, ist aber zu (einem Entschluß gekommen. Weitere spanische Truppen nach Marokko Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Madrid, 23. August. Nach einer Meldung des Ma drider Berichterstatters des »Journal" sind gestern in Barcelona und Santander vier Bataillone zur Verstärkung der spanischen Truppen in Marokko nach Zonta eingejchifst worden. Reichskabinett, den Parteiführern, mit den Ministerpräsi denten der Länder und dem Neichsrat, die Presse nicht zu vergessen, und dem Vorläufigen Neichswirtschaftsrat hat sie sich abgefunden — das alles liegt hinter ihr. Und nun ist die Auseinandersetzung mit dem Reichstagda. Ein Mount Everest, den schon mancher, auf das vortrefflichste ausgerüstete Bergsteiger zu erklimmen gedachte, und der doch seine Unbezwinglichkeit bis jetzt, aller menschlichen Kühnheit zum Trotz, behauptet hat. Die Herren Marx und Stresemann und Luther stehen in schwerem Feuer. Niemand verkennt, was sie in London geleistet haben, aber die Pflicht zwingt, nach vorwärts zu schauen. Einen Nothafen dachten sie erreicht zu haben mit den Ver trägen, denen sie in London ihre Zustimmung gaben, und nun kann ein parlamentarischer Sturm ersten Ranges sie wieder aus den Ozean der Politik hinaustreiben. Sie und mit ihnen das deutsche Vaterland. Jeder, wo er auch stehe, muß seine Pflicht tun, wie das Gewissen sie ihm vor schreibt. übrig bleibt nur die Hoffnung, daß das Reich dabei keinen Schaden nehmen möge. Stk Reichrrat U Lie IMer-GtW. Mit allen gegen zwei Stimmen. Die Gesetze zur Durchführung des Dawes-Gutachtens unterliegen der Prüfung des Reichsrats. Angenommen wurden gegen die Stimmen der beiden Mecklenburg das Bankgesetz, ebenso das Gesetz über die Privatnotenbanken und das Gesetz über die Jndustriebelastung. In besonderer Abstimmung wurde mit allen gegen zwei Stimmen dis Eisenbahnvorlage angenommen. Nur die Ver treter Ostpreußens und Pommerns stimmten dagegen. Der Stimmabgabe enthielten sich Bayern, Württem berg, Thüringen und die beiden Mecklenburg. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit für das verfassungs ändernde Gesetz war damit vorhanden. Angenommen wurde weiterhin mtt Mehrheit der Gesetzentwurf über die Personalverhältnisw bei der Reichsbahn, die Vorlage über die Liquidierung der Rentenbank, das Münzgesetz und das Mantelgesetz. Der Vertreter Preußens hatte eins Erklärung abgegeben, daß es bei der schicksalsschweren Ent scheidung nur heißen könne: ablehnen oder an nehmen. Für Bayern gab der Gesandte v. Preger die Erklärung ab, daß die bayerische Regierung sich Preußen fast in allen Punkten anschließen müsse, wenn auch mit schwerem Herzen. Nur bei dem Eisenbahngesetz habe sie Bedenken, wolle sich aber hier der Abstimmung enthalten, um das Ganze nicht zu gefährden. Dem schloß sich Württemberg an. * Beschlüsse oer Parteien. In der entscheidenden Fraktionssttzung der Deutsch* nationalen Volkspartei wurde der Beschluß gefaßt, der bisherigen Haltung der Parteileitung einmütig zu zustimmen, insbesondere zu der Veröffentlichung vom 15. August 1924 (Ablehnung). Die Fraktion stellte einstimmig fest, daß sie nach wie vor auf dem in ihren sieben Punkten vom 22. Juli 1924 und in der Rede des Abg. Dr. Hoetzsch vom 26. Juli festgelcgten Standpunkte beharrt. Die Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartet oeschloß trotz schwerer Bedenken gegen die Deutschland auch nach dem in London Erreichten auferlegten Lasten und Kon trollen für die Regierungsvorlagen zu stimmen, da eine Ab lehnung unmöglich sei. Die demokratische Fraktion beschäftigte sich mit ->er parlamentarischen Lage. Die Zustimmung der Fraktion zu den Gutachtengesetzen steht fest; die Aussprache drehte sich nur um die Frage, ob bei einem Nichtzustande kommen der Zweidrittelmehrheit die Reichslagsauslösung oder der Volksentscheid verlangt werden soll. Der Vorstand der sozialdemokratischen Reichs- ragssraktion kam in seiner Sitzung zu der Auffassung, daß beim Nichtzustandekommen einer Zweidrittelmehrheit für die Gutachtengesetze unter allen Umständen die Auflösung des Reichstags verlangt werden müsse. Die Wirtschastspartei nahm in einer Ver lrauensmännerversammlung Stellung zu dem Dawes- Guwchten. Nach einem Bericht des Vorsitzenden, Abg. Prof. Dr. Bredt wurde die Reichstagsfraktion beauftragt, für die Guiachiengejetze zu stimmen. Obstruktion cker Kommunisten Der Reichstag bot heute nach der Tagungspause das Bild eines wirklich großen Tages. Die Publikums tribünen waren schon lange vor Beginn der Sitzung bis auf den letzten Platz besetzt. Ebenso die Diplomatenloge, in der auch viele Damen zu bemerken waren. Der Reichskanzler und der Reichsaußenmini st er nahmen nach der verspäteten Eröffnung ihre Plätze ein, die übrigen Mitglieder der Neichsregierung folgten. Auch die Plätze der Vertreter der einzelnen Länder waren voll ständig besetzt. Nach einigen geschäftlichen Mitteilungen wollte Ler Präsident Wallras in die Tagesordnung ein treten. Jetzt beantragte der Kommunist Katz die sofortige Beratung verschiedener kommunistischer Anträge, die wich tiger als die Regierungserklärung über die Auslieferung des deutschen Volkes an das internationale Kapital seien. Der Redner verlangte weiter, daß nach der Regierungs erklärung die Parteien zu Worte kommen, und daß dann sofort der Reichstag aufgelöst werde, damit das Voll darüber entscheiden könne, ob es dem internationalen Aus- beutertum ausaelierert werden wolle.