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Wilsdruffer Tageblatt : 12.04.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192404129
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240412
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240412
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-04
- Tag 1924-04-12
-
Monat
1924-04
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 12.04.1924
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^nvemoe DiusN unv Giocremiange, Llchterglanz und reicher - umcufchmuck de- Märe versinnbildlichen dabei die hohe --ude der L , .- beit über die Auferstehung des Herrn vom Tode. Mit der größten Prachtenifaltung begeht mich rrs griechische Kirche ihr Auferstehungsfest. Es findet in der Nacht statt und wirkt schon dadurch beson ders ergreifend, »"ihren Höhepunkt erreicht die Feier, wenn ans den Ruf des Priesters: „Christus ist auferstanden!" dre Gläubigen mi! lautem Jubel ihr: „Er ist wahrhaftig NUserstanden!" anstimmen und die Glocken ihre festlichen Klänge ertönen lassen. ! Vvme/r, öMk Mö ! Lapablanca fcklägt vr k Lasker DiegroßenRivalenaufdemSch ach breit. Bei dem Turnier der berühmten Schachmeister in Newyork gelang es dem heute als Weltmeister gelten den Kubaner Capablanca dem ehemaligen deutschen Welt meister Dr. Lasker eine Partie abzuringen. Durch diesen Verlust ist die offene Frage, wer in Zukunft als erster Spieler der Welt zu gelten hat, zwar noch nicht ent schieden, immerhin bildet der Sieg Capaolancas über fei nen Rivalen ein Ereignis für die Schachwelt. Nack)- stehend Ler Verlauf Ler interessanten Partie. Weiß: C a p a b ! a n e a. Schwarz: Dr. Lasker. 1.62-64 8ZX f(>. 2. e2 et—ov 3. 861-e3 67-65. 4. v4X<iö eüXäö 5 M 8b8-ett 6. l-vl—54 «7-«6. 7. e2-o3 1,58 -e.7. 8 l,kl-63 0-0. 9.0-0 8M-65. IO. 1T4- e5 17 45. ! 1. ü'al —ot 8d5-k6. 12. l^eSXkO 8?Xkb. 13. 8k3—b4 1^x8-68. 14. t2—k4. M8 -g8. 15. Ml-k3 b-e8—67. 16 T53-63 6,67—e8. 17 »2-3.8 TA8—A7. 18. 'tk3—x3 ^7X83. 19. K2XAZ 1^8-08 20. KZI-12 8e6- ab. 21. V61—53 8s5-v4. 22. Ok3 e2 8- 4 66. 23 Wd—K1 866-e4-f. 24 I,63Xe4 k5Xe4. 25. IW2—A4 16—15. 26. 8o4Xk5! «6Xk5. 27. Ox4>ltö 67 -tio 28. g2—A4 3'08—06. 29 A4—§5! KK8—§8. 80. <o3X'15 !.<8-f7. 31. 865Xv7i- D68X«?. 32. x2-A4! tidxAl 33 1)55 K7I 8x8-58. 34 3'61-66 l-k7—x8. 35. 067 15t- ÜG A7. 36. Ri>6X'!6 b7X>6. 87. Iv52—58 1W7-6Ü 88 ü Ay A4 ÜvÜXkbch 39 kA4Xlü I.A8—<15. 40.62—64 «7 NN u. Ittö -A4 1,65 «4. 42, k4—55 6.04—68. 43. I<A« 14 1,63-a2. 44. Ük4-6b ktA7—k7. 45. s.8—»4 Ük7—Al 46. 64—65! 1,u2Xu4. 47. 65—66 «6—vk. 48. 64XoK 6ai—ov. 49 1<s5 «6 »6 ab. 50. 15-564 Sch varz gibt and Lasker kam bald nach Beginn der Partie etwas ins Hintertreffen durch den gescheiterten Versuch, den feind lichen Läufer auf 14 zu beseitigen in Verbindung mit ver geblichen Bemühungen, auf der A-Linie vorzugehen. Weiß befestigte vielmehr seinen Damenflügel und Capablanca öffnete sich die Möglichkeit, die 6-Linie zu forcieren. Dann unterschätzte Lasker einen Opfcrvorstoß des Weißen und mußte gegen dessen mit großer Feinheit durchgesührtes Endspiel aufgeben. * Rach der 17. Runde des Turniers, die inzwischen ge spielt worden ist, behauptet Dr. Lasker trotz der Nieder lage, die er durch Capablanca erlitten hat, n 0 ch i m in e r d i e F ü h r u n g. Er spielte in der 16. Runde gegen RGi: die Partie kam nicht zu Ende, aber Lasker steht ans Gewinn. In der 17. Runde siegte er über Nates. Capablanca kämpfte in der 16. Runde gegen Marshall; auch diese Partie kam nicht zu Ende, aber Capa blanca dürfte sie gewinnen. In der 17. Runde war er spielfrei. Uralte ToUetteurechmmg. Die Damen in längst vergangenen Tagen scheinen in bezug auf ihre Kleidung keinesfalls weniger anspruchsvoll als die modernen gewesen zu sein, wie man aus einer Schncider- ceamung entnehmen kann. Diese Rechnung stammt aus einem Tempel von Nippur und ist genau viertausendsiebenduuoert Jahre alt. Das Niederschreiben einer Rechnung war damals keine einfache Sache: sie wurde auf eine Tontafel geritzt, die zwei große Henkel bekam. Beim Präsentieren der Rech nung faßte man an den Henkeln an. Allem Anscheine nach enthält die gefundene Tontafel die Rechnung eines Jahres, und unsere heutigen Frauen werden mit beruhigendem Vergnügen vernehmen, was die Gelehrten entzifferten. Die Rechnung in für eine vornehme chaldäische Dame ausgestellt und wurde ihrem Gatten überreicht, der für zweiundachtzig Kleider und zwölf Oberkleider eine für die damalige Zeit sehr hohe Summe zu zahlen hatte. Die Kleider waren mit Myrrhen, die Oberkleider mit Kassia parfümiert. Auch das Zubehör ist einzeln erwähnt, allerdings in Ausdrücken, die sich auch nicht annähernd verdeutschen lassen. Jedenfalls scheinen für diese Kleider sehr viele Bänder verbraucht worden zu sein, denn ein Wort kommt sehr häufig vor, das nach Ansicht der Ge lehrten soviel wie Band bedeutet. Also eine Dame um das Jahr 2800 vor Christo hat in einem Jahre zweiundachtzig Kleider und zwölf Oberkleider nötig gehabt. Ist unsere Zeit wirklich so schlimm, wie viele Bußprediger behaupten? Eine „seelenvolle" Gattin. Der Herzog von Argyll, der im Jahre 1685 die Partei Mon mouths gegen Jakob II. von England ergriffen hatte, teilte das unglückliche Schicksal des Prätendenten auf dem Schafott. Während Monmouth feige um sein Leben bettelte, zeigte Argyll die vollkommenste Seelenruhe ^rines Mannes, dessen höchstes Gut nicht das Leben ist. Als er sich eben zu seinem letzten schweren Gange rüstete, schickte sein Weib zu ihm und ließ ihm sagen, er möchte doch nicht vergessen, seine goldenen Hemdknöpfe herauszunehmen und ihr zuzuschicken. Tief empört über die Herzlosigkeit seiner Gattin, blieb er doch ruhig und fragte die Botin nur. ob es wohl jetzt Zeit sei, an so etwas zu denken. Als er dann aus dem Schafott stand, fragte ibn einer seiner Freunde, ob er nichts mehr an seine Gattin zu bestellen hätte. „Richtig", fügte da der Herzog mit einem feinen Lächeln, „das hätte ich beinahe ganz vergessen. Bringen Sie ihr diese goldenen Hemdknöpfe." Damit machte er sie heraus und legte kaltblütig lein Haupt auf den Block. Sie besteht auf ihrem Recht. Im Jahre 1877 wurde eine Amerikanerin, eine Miß Sarah Proctor, zum Tode des Hängens verurteilt, weil sie ihre Neben buhlerin vergiftet hatte: doch wurde diese Strafe in lebens längliches Zuchthaus umgewandelt. Sie war in einem Ge fängnis von Ohio untergebracht und fand die Einsperrung so unerträglich, daß sie seit dem Januar 1878 unaufhörlich appel lierte und fortwährend erklärte, sie hätte nicht um die Um wandlung der Strafe gebeten und fordere den Strick energisch als ein Recht, dessen man sie nicht berauben dürfe. Diese Bitte wurde von dem Richter Bingham in Betracht gezogen, gewissenhaft studiert und schließlich verworfen. Doch Miß Proctor hielt sich nicht für geschlagen. Eie griff die erlassene Entscheidung von neuem an, und dieser Streit dauerte fast 20 Jahre. Schließlich gaben die Beamten nach, denn nach Verlaus von 20 Jahren hatten sie von dieser aufsässigen Ge fangenen genug. Doch wurde sie nicht gehängt, sondern man gab ihr die Freiheit wieder. Das war das richtige Mittel und auch das einzige, sie zur Ruhe zu bringen, denn noch lange lebte sie in einem Dorfe des Staates Ohio und ver langte nicht mehr danach, gehängt zu werden. ,Menn einer bat." Jeder wird uc seinem eigenen Sprachschatz Beweise dafür finden, daß Teer imd Peck eine große Nolle bei der Prägung von allerhand Sprichwörtern spielen, und ebenso zweifellos ist es, daß sie schon seit sehr langer Zeit in diesem Sinn verwertet worden sind. Zunächst gibt es eine ganze Reihe 0011 spöttischen Redensarten, nnt denen seit langem die Leute verfolgt worden find, die sich von Be rufs wegen mit jenen für du.pecftmUche Sauberkeit gefähr lichen Stoffen abzugeden haben. Zwei Vorstellungen stehen dabei im Vordergründe, einmal dir des Waschens mit Teer und zweitens die des Teers als Nahrungsmittel. Dahin ge hören die Redensarten: „Mft Teer kann mnn den Ruß nicht abwaschen " — „Rian kann sich auch noch so lauge mit Teer waschen, man wird nicht weiß davon." „Teer ist kein Schmeer" (Bratenfett). Sehr bekannt ist die ursprüng lich mecklenburgische Redensart vom „Teerhandel" als Be zeichnung für ein schlechtes Geschäft. Daß „Teerjacken" die Matrosen sind, weiß jedes Kind. Auf die obige Vor stellung des Teeressens nimmt wieder ein anderes mecklen burgisches Sprichwort vom „Teerbutterbrot" Bezug, das jemand bekommen hat, wenn er mit einer Anklage gegen jemand hineingefallen ist. An das ehrwürdige Alter des übrigens dem Sinn nach schon im Lateinischen und über haupt in unzähligen Sprachen vorkommenden Sprichworts: „Wer Pech anfaßt, besudelt sich", erinnert die Fassung: „Wer in dem Pech gern umbprubelt, klag' nicht, so er die Hend besudelt." Die Schuhmacher müssen es sich seit langem gefallen lassen, als Meister Pechdraht oder Pech hengst bezeichnet zu werden. Wenn jemand durch Beharr lichkeit seiner Anwesenheit lästig wird, so sagt man von ihm. er habe eine Pecblwft an. Die noch heute ost ge- b Je Redensart: „Das geht bis in die aschengraue Pech hütte". scheint enw Erklärung noch nickn m.-Xm - - za Wbcu. Wm melkwürdstr WoriüsscmmmnW.-m m auch der berühmte „Pechvogel" aber burch-uw i dadurch, daß man früher Vögel aus Stangen zu fangen - suchte, die mit Pech bestrichen waren. Auch die Bezeichnung „pechrabenschwarz" bringt, wenn auch aus anderen Gründen, das Pech mit einem Vogel in Verbindung. Viel gebraucht wird auch das „Pechpflaster", das man entweder vor den Augen oder vor dem Mund haben kann. Daran schließt sich der „Pechmann", der nach seiner Verrichtung dem Sandmann gleichkommt, wohl weil er die Augen zuklebt, und so den Schlaf herbeiführt. Nicht nur im Deutschen, sondern auch im Englischen, Dänischen und Schwedischen findet sich das Sprichwort: „Pech und Teer ist Schissers Ehr." Wenn es mit etwas gar nicht vorwärtsgehen will, so sagt man: „Das geht wie Pech von den Händen." Tiefsinnig ist auch die Redensart: „Mancher bringt kein Pech hervor und will Honig machen," Von unwiderstehlich komischer und deshalb nachhaltiger Wirkung scheint auch der Einfall gewesen zu sein, daß sich ein Gcigcr seinen 1 Fiedelbogen statt mit Harz mit Pech einschunercu könnte, j und deshalb nennt man m Schwaben dru Schuhmacher ? noch heute spottweise einen Pechfiedler. Liebesbriefe von einst. Unser Zeitalter scheint dem Liebesbriet keinen Naum mehr zu geben. Telegraph und Fernsprecher, Schreib maschine und Eisenbahn haben zusammengewirkt, um das holde Stück Romantik, das die Liebesbriefe von einst für jeden Kenner bedeuten, fast restlos zu beseitigen. Mit ; besonderem Genuß wird man sich daher immer wieder der z Lektüre der Liebesbriefe von einst widmen, jener unver- r gänglichen Kulturdokumente aus der „guten alten Zeit", j die sich in ihnen von der strahlendsten Seite zeigt. Und i besonders rühren cm unser Herz die altdeutschen Liebes- ! briefe vorklassischer Zeit. Eine kleine Reihe altdeutscher Liebesbriefchen hat ! Reichsfreiherr von Laßberg herausgegeben, aus ungedruckten i Quellen, aber man kennt die Schreiber nicht, die so ihren j Boten der Minne aussandten. Der Vrisfcharakter fehlt i keinem: „Ich bin ain brieflin herkomen", „Var hin klaines i brieffelin Und sag der lieben Frowen myn", „vil lieber i Brief, nur vor mit heil" — so beginnen sie, um sich zu i herrlicher Glut zu steigern: „Und grüße mir die minnig- j liche Here, Grüß mir ir'n rösen-varben münd, Grüß sie von mir zu tausend stund, Grüß mir ir' wänglein, rofen- j var, Grüß mir ir' schilden äuglein klar, Grüß mir ir' - bälslein harmm-weiß ..." Diese letzten Zeilen entstammen j einen« in seiner Art vielleicht einzigen Denkmal mittel» i alterlichen Herzenslebens, von 1360 etwa, auf einem langen j Pergamentzettel geschrieben, der wahrscheinlich bloß zu- j samw.engeroüt und mit einem seidenen Bändlein umwunden, - durch einen hübschen Knappen der uns unbekannten Gs- ! liebten gebracht wurde. Ein ritterliches. Liebesbrieschen, ! von etwa 1430, liegt, obwohl am Rheine geschrieben, m einem Königsberger Archiv. Der Siegelverschluß ist noch vollständig erhalten. Man kennt den Ritter nicht, der's schrieb, und das Fräulein nicht, die's bekam. Um so wunderbarer mutet das innige Gefühl darin an. „Vare tun du olenis bryffelerm, und grüsfe mir dy allir libiste meyn, grüsfe sy nicht alleyne mit dem munde, sundir mit meyns Herzen gründe, ach libistis fragelerm czart meyn herze ist sere verwunt von dir, 0 meyn granat, meyu paradys bisiu czart libiste tumfrau meyn . . " Und dazwischen stets der Klagerefrain: „ELende byn ich." Ausgespvocbene .Herzensbriefe in Prosa des auL- gehenden 16. Jahrhunderts sind die Liebesbriefe vom Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg und seiner Gemahlin, der Kurfürfiin Anna. Aber damit stehen wir schon an der Schwelle der neuen Zeit und ganz nah an den wundersamen, an den über alle Maßen köstlichen Briefen, die Martin Luther an seine Frau Käthe ge schrieben hat. Da kam ein anderer Ton auf als jener urpietisüsche, der die Seelenfreundschaft des Mystikers Heinrich v. Hördlingen mit der Margarethe Ebner, einer verzückten und von Offenbarungen besuchten Dominikanerin von Maria Medingen, die er schwärmerisch in geistlicher Liede als Seelenbraut verehrte, kennzeichnet: „Frau gar Hoche und aller erwirdigü, wie Wirt emer münd so nahen gefügt zu dem münd gotz! owe! gotlicher Küste! owe! gütliche minung mit aller menschlicher natur . . ." Wie anders schreibt fast 200 Jahre später Luther seiner Frau Käthe, nicht in himmlischer Ehe allein ihr verbunden, sondern in echt irdischer und von so erdeutsprungener Inbrunst erfüllt sind seine Briese, daß mit ihnen eine neue Zeit anhedt, deren Orgeltöne in ihr aufguellen, bei allem „altdeutschen" aus der Vergangenheit her. Sie leiten die Zeil der klassischen Liebesbriefe würdig ein. 7- Lir Wr MMer ßM. Roman von Fri Lehne. (Nachdruck verboten.) Pkelc liebe, zärtliche Worte sagte er ihr noch. Froh bücke er in die Zukunft, und vielleicht sei der Tag nicht allzu fern, an dem er dem Onkel beweisen könne, daß auch ohne dessen Hilfe etwas Rechtes aus ihm geworden sei; seine Tätigkeit mache ihm viele Freude und Befriedigung, und hoffentlich wird es doch noch mal kommen, daß er ein kleines Gütchen sein Eigen nennen könne. — Die Pferdezucht, das würde dann sein Steckenpferd sein. Obwohl die Baronin darauf wartete, sagte er nichts zu den Briefen. Sie fragte ihn darum auch nicht, da ihr die Hauptsache war, daß er sie gelesen! An einem der nächsten Tage führte Frau von Vieseneck einen Entschluß aus, den sie ohne Vorwissen des Generals gefaßt — er wurde vor die vollendete Tatsache gestellt; sie war nach Buchenheim abgereist, um ihren Sohn Fritz aufzu- suchen, nachdem sie vorher noch einen ausführlichen Brief an ihre Freundin, die Frau Rai Schlossermann, geschrieben und sie gebeten, ihr über Fritz und Fräulein Iulia Schultze Aus kunft zu geben. Auf Buchenheim wurde Frau von Bieseneck von den Herr schaften sehr liebenswürdig ausgenommen, daß sie bald das Zutrauen faßte und ihr bekümmertes Mutterherz ausschüttete. „Keine Sorge!" sagte der Baron, eine hünenhafte Gestalt, „Ihr Fritz ist ein Prachtmensch. Ich habe meine Freude an ihm. Wäre es mein Sohn, würde ich glücklich darüber sein; denn mir hat das Geschick leider versagt, Söhne zu besitzen. Verlassen Sie sich darauf, Frau Baronin, ich mache schon etwas aus ihm, und mit Glaceehandschuhen wird er nicht an gefaßt — und er muß tüchtig 'ran! Und für sein späteres Fortkommen werde ich ihm, wenn er sich weiter so bewährt, gern und jederzeit behilflich sein!" — Fritz war überglücklich, als er, vom Felde kommend, die Mutter so unvermutet vor sich sah. Und die Aussprache, die sie mit ihm hatte, zerstreute ihre letzten Bedenken und Zweifel auch gegen das bürgerliche Fräulein Julia Schultze! Alles hatte er ihr erzählt, sein Unrecht gegen Iulchen — und daß sie dennoch zu ihm gekommen, als er von aller Welt, und dec Braut zuerst, verlassen war! Ihr nur habe mau es zu danken, daß er noch am Leben sei! Sie habe ihn: ins Gewissen geredet und ihm den Weg zu einem neuen Leben gezeigt. Ohne Besinnen habe sie ihm ihr ganzes Kapital — tausend Mark — zur Verfügung gestellt! Keine wie sein Iulchen sei würdigten Namen Bieseneck zu tragen und von ihr als Toch ter willkommen geheißen zu werden! Dankbar müßte seine Famile ihr sein, ihr ganzes Leben lang — wie seine Augen leuchteten, als er von der Geliebten sprach und von dem, was sie für ihn getan! So gern glaubte ihm die Mutter alles! Sie erzählte ihm von Inlchens Besuch und wie sie so gar keine Furcht von dem Onkel gehabt und ihm gesagt, was ihm bisher noch keiner zu sagen gewagt hatte! Und dieses Fräulein Schultze sei so hübsch gewesen und habe ein Paar so wundervolle, klare Augen gehabt. — „Ja, Mutter, und diese wundervollen, klaren Augen sind die Leitsterns deines Sohnes geworden, die ihm den rechten Weg gezeigt, den Weg, daß man mit ernster Arbeit und ernstem Wollen alles sühnen und wieder gutmachen kann, was inan in Gedankenlosigkeit gefehlt!" — Nachdem sie noch einen Tag mit Fritz und Daron Stümers verlebt, reiste sie wieder ab. Eine große Last war ihr vom Herzen genommen — sie sah des Sohnes Zukunst gesichert, und in diesem Bewußtsein wagte sie auch dem alten, knurrigen Herrn entgegenzutreten, der sie seinen Zorn wegen ihrer eigenmächtigen Reise zu Fritz fühlen ließ. Nach wenigen Tagen war er denn so weit, sie ruhig an- zuhören, als sie davon sprach, wie der Baron Stümer Friß gelobt und wie fleißig und froh er sei! Und von Iulchen Schultze erzählte sie auch und von dem, was dieses Mädchen für ihn getan! Als Beweis legt sie ihm den Brief von Frau Rat Schlvs- sermann vor, den sie heute morgen bekommen. Wahrheitsgemäß gab Frau Rat die erbetene Auskunft über Fritz und über die Familie Schultze. Sie war gerecht genug, rückhaltlos Iulchens Tüchtigkeit und Untadelhaftigkeit anzuerkennen, wenngleich doch eine große Bitterkeit über die Enttäuschung hindurchl'lang, die ihr Sohn Walter durch Iulia erlitten; der größere Vorwurf treffe allerdings Fritz, der, obwohl er ihre Plüus in Bezug ihres Sohnes Walter mit' Julia Schultze acumnt, dennoch seine Wünsche auf das junge Mädchen gerichtet hatte! f Die Baronin Bieseneck folgerte: Denn Frau Schlofft: ! mann eine Verbindung ihres Sohnes mit Iulia Schultze sü« j so wünschenswert gehalten, dann müsse auch au der junge«: > Dame etwas Besonderes sein und daß nun dieses Be sondere ihrem Fritz setzt gehörte, erfüllte sie mit Befriedigung. Wenn die jungen Leute nun einmal vom Geschick für einander bestimm: waren, mußte man sich fügen! Das hielt sie auch dem General entgegen, der aus dem Briefe der Rätin nur das Fritz Belastende herausgelesen, das andere aber mit Stillschweigen überging. — Fritz non Bieseneck stand mit der Mutter in leb haftem Briefwechsel. Und immer blieben die Briefe wie durch Zufall irgendwo liegen, daß die alte Exzellenz sie sehen mußte! Er merkte gar wohl die Absicht der Schwägerin, lächelte grimmig darüber — und las die Briefe doch! — — Iulchen war seit einiger Zeit auf einem Landgute als Stütze der Hausfrau tätig. Ihre Briefe fügte Fritz fast jedesmal seinen Schreiben an die Mutter bei, so daß die wie der General auch Einblick darin gewannen. Jeder konnte sie lesen. Es waren keine überschweng liche«. Liebesbriefe, von himmelblauer Romantik triefend, sondern nüchterne, praktische, überlegende Briefe, dabei doch von inniger Wärme und fürsorgender Liebe erfüllt, daß es dem allen Herrn manchmal wunderlich zumute wurde. Oft iah er vor seinem geistigen Auge das schöne stolze Mädchen, wie es für Fritz gesprochen. Er kannte ja jetzt die Zusammenhänge, und Hochachtung und Bewunderung für Inlchcn erfüllte ihn Welches Mädchen machte ihr das nach — erst in ihrer Liebe getäuscht und dann ohne Bedenken eine glänzende Versorgung aufgebend und zum Geliebten zurückkehrend, als ex in Not gekommen und ihm ihren ganzen kleinen Besitz opfernd, damit er den Anfang zu einer gesicherten Existenz finde! Das drückte den alten Herrn am meisten; er fühlte sich gewissermaßen in ihrer Schuld — und das Geld wenigstenc- mußte man ihr zurückerstatten — ein Bieseneck kann sich doch von fremden Leuten nichts schenken lassen! Er grü belte über einen stichhaltigen Vorwand, ihr den Betrag zu zustellen, ohne eine Zurückweisung erfahren zu müssen. Er sah eben, es ging auch ohne seine Hilfe, und »nein gestanden wurmte ihn das! (FortseLung IRgX
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