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Wilsdruffer Tageblatt : 05.02.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192402050
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240205
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240205
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-02
- Tag 1924-02-05
-
Monat
1924-02
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 05.02.1924
- Autor
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In seinem Dani hebt Dr. Helfferich hervor, daß die deut sche Wirtschaft es allein sei, welche die Lasten des Unternehmens zu tragen habe und geht auch nicht an der teils doktrinär, teils parteipolitisch vollendeten Gegnerschaft des Planes vorüber, die sich aber vor dem offensichtlichen Erfolg beugen müsse. Dr. Helfferich schließt mit der Feststellung, daß dieser Erfolg nur erzielt wurde, weil die Leitung allen Versuchungen gegenüber unverbrüchlich die Grundsätze hochgehalten, die allein verhin dern können, datz auch diese Opfer vergeblich werden. Diese Antwort Dr. Helfferichs ist deutlich nach allen Seiten hin, der Briefwechsel aber eine verdiente Anerkennung für den Vater des rettenden Gedankens. Reichsbahn und Reichspsst. Berlin, 2. Februar. Reichsverkehrsminister Oeser und Reichspostminister Dr. Hvesle machten Postvertretern Mittei lungen über die Zukunft der Verkehrsunlernehmungen. Minister Oeser führte ungefähr folgendes aus: Die im Jahre 1920 ge schaffene Verrcichlichung der Reichseisenbahn schafft nicht die wirtschaftliche Freiheit, die man von einer solchen Maßnahme für die Eisenbahnverwaltung erhofft hatte. Als Uebergangs- zustand zu einem anzustrebenden, gesetzlichen Dauerzustand ist die Verordnung gedacht, die bereits durch das Reichskabinett genehmigt worden ist und wozu nur noch die Ausschüße des Reichstages und des Reichsrates anzuhören sind. Es soll keinem Privatinstitut, was ich betonen möchte, durch diese Not verordnung der Weg geebnet werden. Kurz ist über den Inhalt der Notverordnung etwa folgendes zu sagen: Das Deutsche Reich schafft sich ein selbständiges wirtschaftliches Unternehmen, durch das es die dem Eigentum des Reiches verbleibenden Eisenbahnen betreibt und verwaltet. Das Unternehmen führt die Bezeichnung „Deutsche Reichsbahnen". Das Unternehmen „Deutsche Reichs bahnen" soll die Reichseifenbahn mit allem Zubehör umfassen, wie sie 1920 aus den Staatseisenbahnen zusammengefaßt wur den. Das Unternehmen übernimmt alle mit der Reichseisenbahn verbundenen Rechte und Pflichten. Es soll aber andrerseits nicht für die sonstigen Verpflichtungen des Reiches mithaften. Desgleichen verbleibt das Eigentum der Reichseisenbahnen gemäß der Reichsverfassung dem Reiche. Erzwungen wurde diese Maß nahme durch die Stillegung der Nvtenpresse ab 15. November und dadurch, daß der Reichsfinanzminister die Rcichseisenbahnen von diesem Zeitpunkte an gleichzeitig ihrem eigenen Schicksal überließ. Der Minister entwickelte als Endziel seiner Bestrebun gen die Schaffung eines so gesunden Eisenbahnwesens mit ähn lichen Ueberschüssen, wie es das vorbildlich preußische vor dem Kriege immer gewesen sei. Im allgemeinen führt das Unter nehmen seine Finanzwirtschaft felbständia und ist in seiner Ver waltung von dem sonstigen Reichshaushalt völlig unabhängig. In den Reichshaushalt kämen nur die zu erstrebenden etwaigen Reinüberschüsse der. Reichseisenbahnen. Auf keinen Fall darf es geschehen, daß die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Der Reichsregierung bleibt die Genehmigung der Bilanz- und der Gewinn- und Verlustrechnung Vorbehalten. Wichtig ist, daß weder der Staatsvertrog über die Verrcichlichung der Staats bahnen, noch der Friedensvertrag durch die Notverordnung be rührt wird. Der Minister machte noch einige Angaben über die notwendig werdende Erhöhung der Perfonentarise. Man sei, so unangenehm es für das deutsche Publikum ist, zur Er höhung der Tarife der niederen Klassen genötigt. Den Güter verkehr könne man nicht weiter belasten, da hierdurch die wirt schaftliche Entwicklung geschädigt würde. Die Betriebseinnahmen haben seit Ende November eine fortgesetzte Steigerung erfahren. Hinsichtlich des Staatsvertrags mit Bayern und Württemberg, von denen ersteres 620 Millionen Mark, letzteres 250 Millionen Mark (Stand 1920) Forderungen hat, hoffe man, durch die Ver handlungen und Vereinbarungen zu einer gütlichen Tilgung der Schulden zu gelangen. Die Angelegenheit sei noch vollkommen in der Schwebe. Darauf entwickelte der Reichspostminister Dr. Hoesie die Richtlinien des Entwurfs des Postjinauzgejetzes. Das Ziel dieses Gesetzes sei die finanzielle Selbständigmachung des Postunternehmens zu erreichen. Der Verwaltungsrat setzt sich aus 25 Mitgliedern zusammen, die vom Reichspräsidenten ernannt werden. Erhöhung der Regiefahrpreise. Die Eisenbahnfahrpreise der französisch-belgische« Regtebahnen Md vom 1. Februar ab erhöht worden, und rwar A erste Klasse um 25 N, -weite Klasse 35 A, dritte Klasse 30«, vierte Klasse 100«. — Der Wagen- mangel im Bezirk der Regie hat eine große Anzahl von Zechen zur Fördereinschränkung gezwungen. Neue Gesandte in Paris und Brüssel s Der Reichspräsident hat den Geschäftsträger In Park» Dr. Leopold v. Hoesch zum Botschafter in Paris und den bis herigen Geschäftsträger in Belgrad Dr. ». Leüer zum Ge sandten i» Brüssel ernannt. Der Separatismus erledigt. Im Zusammenbrechen. Die Rheinlandkommission beschloß, vie Frage der Recht mäßigkeit der Verfügungen der sogenannten »autonomen Pfalzregierung" zu vertagen. Tatsächlich sei nie Zeparatistenbewegung in der Pfalz, wie ihre Vorgänger in anderen Teilen des Nheinlandes, jetzt in dem Sta dium des Zusammenbruches. Für den britischen Generalkonsul Clive, der nach München zurückgekehrt ist, hat man angesichts der Drohungen von separatistischer Sette besondere Schutzmaß nahmen getroffen. * Rheinländer gegen Sonderbündler. Der Sechzigerausschuß des Rheinlandes erläßt eine feierliche Erklärung, daß hinter den Sonderbündlern, die erst im französisch-belgisch besetzten Gebiete, der Rheinpsalz, Hessen und Nassau gehaust haben und nun seit Wochen in der Pfalz die Bevölkerung dem fürchterlichsten Terror aus setzen, keine einzige politische Partei und kein anständiger deutscher Mann stehen. Würde man der Bevölkerung die gleichen Rechte geben, wie sie sich die Sonderbündler anmaßen dürfen, oder auch nur sreie Hand lassen, so würde die Sonverbündlerberrschaft in noch nicht 24 Stunden von der Empörung des gesamten rheinischen Volkes hinweggefegt sein. Wir verlangen deshalb sreie Hand gegen die Sonderbündler." Der preußische Ministerpräsident Braun richtete an die Negierung in Wiesbaden ein Telegramm, in dem er der Bevölkerung zur beginnenden Befreiung von den separatisti schen Schrecken den Dank der vreutzischen Regierung für ihren belvenhajten Widerstand ausspricht. Der Konflikt zwischen Thüringen und Reichswehrminister. Nach einer halbamtlichen Erklärung aus Berlin Hai die thüringisch« Regierung ein« Beschwerde an den : t e i ch sw e h r m i n i st e r über ein angebliches Eingrei fen des Generals Hasse in das Verfahren gegen den Minister Herrmann übergeben. Die offenbar aus dem Neichswehrministerium stammende Erklärung betont, die thüringische Regierung habe eine vorherige loyale Be sprechung mit dem Befehlshaber nicht für nötig gehalten und auch mit der Veröffentlichung ihrer Beschwerde nicht bis zum Eintreffen in Berlin gewartet. Sachlich entbehre die Beschwerde feder Berechtigung. Auf di« weiteren unge heuerlichen Ausfälle der thüringischen Regierung einzu gehen, werde sich der Neichswehrminister versagen. Er habe vielmehr das ganze Material über die Angelegenheit Herr mann dem Reichsjustizminister übergeben. s EeMaF Nm/? j Soewe über Ireibett u«ü Michbett. Der Weltkrieg hqt die Begriffe von Freiheit und Gleich heit wieder stark in den Vordergrund unseres Denkens gerückt und, je nach Bildung und Milieu, wird ihnen verschiedene Deutung gegeben. Dahin gehört auch der Begriff des Selbst bestimmungsrechts der Völker, das als leeres Schlagwort bei Deutschlands Feinden geradezu groteske Formen angenommen und mit dem Grundsatz der Gleichheit nichts mehr zu tun hat. Da dürfte es interessant sein, nachzulesen, was Goethe über dieses vor mehr als 120 Jähren aktuelle Thema gesagt hat. „Gedanken über Freiheit und Gleichheit. Jeder Mensch fühlt sich privilegiert. Diesem Gefühl wider spricht 1. die Naturnotwendigkeit, 2. die Gesellschaft. ad 1) Der Mensch kann ihr nicht entgehen, nicht aus weichen, nichts abgewinnen. Nur kann er durch Diät sich fügen und ihr nicht vorgreifen. ad 2) Der Mensch kann ihr nicht entgehen, nicht aus weichen, aber er kann ihr abgewinnen, daß sie ihn ihre Vorteile mitgenießen läßt, wenn er seinem Privilegien-Gefühl entsagt. Der höchste Zweck der Gesellschaft ist, Konsequenz der Vor teile jedem gesichert. Jeder einzelne Vernünftige opfert schon der Konsequenz vieles aus. Geschweige die Gesellschaft. Ueber diese Konsequenz geht fast der momentane Vorteil der Glieder zugrunde. In der Gesellschaft sind alle gleich. Es kann keine Gesell schaft anders als aus dem Begriff der Gleichheit gegründet fein, keineswegs aber auf dem Begriff der Freiheit. Die Gleichheit will ich in der Gesellschaft finden, die Freiheit, nämlich die sitt liche, daß ich mich subordinieren mag, bringe ich mit. Die Ge sellschaft, in die ich trete, muß also mir sagen: du sollst allen uns andern gleich sein, sie kann aber nur hinzufügen: wir wünschen, daß du dich mit Ueberzeugung aus freiem, vernünftigem Willen deiner Privilegien begibst. Gesetzgeber oder Revolutionäre, die Gleichheit und Freiheit zugleich versprechen, sind Phantasten oder Charlatans." Goethe schrieb diese klugen Worte im Frühjahr 1795 den französischen Demagogen ins Stammbuch, also zu einer Zeit, als die Schreckensherrschaft der Revolution abgewirtschaftet und der Nationalkonvent seine Unfähigkeit, stabile Verhältnisse zu schaffen, erwiesen hatte. Wie fein menschlich-sittlich urteilt Goethe über die Stellung des Menschen innerhalb der Gesellschaft, in der es wohl eine Gleichheit gibt, aber keine absolute Freiheit, sondern nur die innere, sich selbst schaffende Freiheit des einzelnen, daß er sich „subordiniere", um die Gleichheit nicht zu stören. Hier erkennt man den in Spionzas Ethik geschulten Philosophen, den sittlich hochstehenden Menschen. Ist dieses disziplinierte Freisein in gesellschaftlicher Gleich heit nicht echt deutsch, ist es nicht ein Spiegelbild derjenigen Grundsätze, deren Verwirklichung Deutschland nach dem Völker ringen innerhalb der menschlichen Gesellschaft, niemand zuliebe, niemand zuleide, erstrebt? Dr. Eduard Scharr e r. Der Farbensinn in der modernen Malerei. Die ungewöhnlichen Farbenzusammenstellungen, die in der Malerei so oft das Erstaunen der Zeitgenossen erregen, sind in der Kunst unserer Tage besonders auffällig. Man hat schon öfters dieses Farbensehen der Maler, das sich von dem des Publikums so stark unterscheidet, auf krankhafte Veränderungen des Auges zurückgeführt, und so z B. für Turners Farben gebung seine Kurzsichtigkeit verantwortlich gemacht. Diese Frage erörtert in bezug aus die moderne Malerei Prof. Heine in einem Aufsatz der „Naturwissenschaften", der sich mit „erworbenen Anomalien des Farbensinnes" beschäftigt. Heine möchte die Farbenauffassung vieler Maler von heute auch unter die er worbenen Anomalien des Farbensinnes einreihen. „Man kann doch meines Erachtens sagen," meint er, „daß hier ein anderes Farbensehen oder ein abnormes Bewerten der Farben, beson ders mancher Farben, stattfindet. Ich glaube nicht, daß die meisten modernen Maler mehr oder weniger farbenblind oder farbenschwach sind, wie es hier und da zum Ausdruck gebracht ist. Die Sinnesorgane und die optischen Leistungsbahnen werden, bei ihnen nicht wesentlich anders funktionieren als bei dem Durchschnitt der modernen Menschen, von denen allerdings 10 bis vielleicht 20 Prozent betreffs des Farbensinnes nicht als vollwertig anzusehen sind. Das Anderssehen der Farben oder Andersbewerten ist als psychisch bedingt zu verstehen. Die Farbeneindrücke wirken sich auf die Künstlerseele des 20. Jahr hunderts anders aus, als in früheren Zeiten, wobei man dann für die Neuzeit entweder eine gesteigerte oder richtiger vielleicht eine herabgesetzte Reizbarkeit annehmen kann, eine Abgestumpft heit, die stärkere Reize verlangt." Goethe hat in einem be rühmten Kapitel seiner „Farbenlehre" mit auch heute noch gül tiger Feinheit den Einfluß -bestimmt, den die Farbeneindrücke auf seelisches Empfinden und Behagen, auf Stimmung, auf künstlerische und auch geistige Leistungsfähigkeit ausüben. Von dieser Beurteilung der Farbenwirkungen aus läßt sich am besten ein Verständnis für ihr „sinnlich-sittliches" Walten gewinnen, das in der Malerei jeder Epoche zum Ausdruck kommt. Rheinland-Zwist innerhalk der Deutschen Volkspartei Der Syndikus der Kölner Handelskammer, Dr. Wie demann, hat seinen Austritt aus der Deutschen VolkS- partei erklärt. Veranlassung dazu hat der Beschluß der preußischen LanDtagsfraktion dieser Partei gegeben, der schärfsten Widerstand dagegen erhebt, daß Privatpersonen in Verhandlungen mit den Franzosen und Belgiern über vie Frage der Bildung eines autonomen Rheinstaates ein- rreten oder auch nur mit dem Gedanken einer solchen Bil dung spielen. Dr. Wiedemann erklärt, er habe sich nie im Sinne der Bildung eines Nheinstaates betätigt und werde es auch nicht tun, er bestreite aber Parteibeschlüssen die Berechtigng zum Verbot privater Erörterungen über Rettungsmöglichkeiten zum Nutzen des Vaterlandes. Der Zwist gewinnt besondere Bedeutung dadurch, daß sich die Borwürfe auch gegen den Handelskammerpräsidemen, Geheimrat Hagen, den bekannten Befürworter der chemischen Notenbank, richteten. Die Kölner sprechen Herrn Hagen erneut ihr volles Vertrauen aus. Devtfch-dSnische Grenzfrages. Vor der Vertagung deS preußischen Landtages kam nocy das Abkommen zwischen deutschen und dänischen Sozialdemokraten über die Grenzfragen infolge einer deutschnationalen Anfrage zur Sprache. Ministerpräsident Braun betonte, man wolle mit Dänemark in Freundschaft leben, aber man müsse verlangen, daß die verantwortlichen Stellen in Dänemark den unverantwortlichen chauvinistt- sck-en Kreisen in Dänemark das Handwerk legen. Durch verhetzenden Chauvinismus diesseits der Grenze stärkt man den jenseits der Grenze. Minister Severing fand das Abkommen als in gutem Sinne getroffen. Freilich hätten die Abschließenden nicht gerade ihre Befähigung zum Diplomaten erwiesen. Gegen die grüne uno für vre maue Ponzer. Paris, 3. Februar. Havas stellt die Nachricht richtig, da'; voraussichtlich im Laufe dieses Monats die ausgewiesenen Be amten der grünen Polizei zum großen Teil ihre Tätigkeit im Ruhrgebiet wieder aufuchmen würden. Die Besctzungsbehör- deu beabsichtigten nicht, die Rückkehr der grünen Polizei ins Ruhrgebiet zu gestatten, sähen jedoch die Notwendigkeit ein, die städtische (blaue) Polizei zu verstärken, und hätten deshalb genehmigt, daß die aus dem Ruhrgebiet aus gewiesenen ehemaligen Schupobeamteu, soweit sie im Rhein land« und in Westfalen gebürtig seien, in die blaue Polizei ein gestellt würden. Frankreich billigt Hoeschs Ernennung. Paris, 3. Februar. Die französische Regierung hat, wie verlautet, gestern das Agrement zur Ernennung des Geschäfts trägers Dr. von Hoesch zum deutschen Botschafter in Paris erteilt. Spanien nimmt den Tanger-Vertrag an. Paris, 3. Februar. Das französische Ministerium des Äußern teilt mit, daß Spanien beschlossen habe, die Verein barung über Tanger nunmehr zu unterzeichnen. Es ist der französischen Regierung gelungen, Spanien zum Verzicht aus die territorialen Forderungen, von denen die Madrider Regi«- nmg ihre Zustimmung abhängig gemacht hatte, zu bewegen. Die Urlaubskürzung für die Beamten. Berlin, 3. Februar. Zu der halbamtlich verbreiteten Nach richt, daß der Erholungsurlaub der Beamten für 1S24 gleich mäßig um 7 Tage gekürzt wcerden solle, wird jetzt mitgeteilt, daß das Reichskabinett zunächst den Reichsminister deS Innern beauftragt hat, mit den Beamtcn-Spitzmorganisationen und den Vertretern der Landesregierungen über die Regelung des Urlaubs für 1S24 auf dieser Grundlage in Verhandlungen ein zutreten. Erst wenn das Ergebnis dieser Verhandlungen dem Reichskabinett vorliegt, wird dieses über die Kürzung des Ur laubs endgültig entscheiden. »»» E" Hugo von Hofmannsthal wurde am 1. Februar fünfzig Jahre alt. Mancher mag er staunt sein, daß der österreichische Dichter noch so verhältnis- mäßig jung ist — mancher aber auch, daß „der sunge Hofmanns thal" bereits das Halbjahrhundert überfchreiter. Denn mit seinem Namen ist für den weiten Kreis der literarifch Inter essierten immer die Vorstellung des Jugendlichen, aber nicht Jungen verbunden, auch wenn man sich vergegenwärtigt, datz Hofmannsthal bereits 1891 mit der dramatischen Studie „Gestern" hervortrat, der alsbald, freilich nur einem kleinen Kreise zugänglich gemacht, „Der Tod -des Tizian" folgte — Werke, die dem aus seinem Höhepunkt angelangten Naturalis mus das reine Dichtwerk gegenüberstellten, bas, durchaus ästhetisch orientiert, in der Formfchönheit die Kunst sucht. Seine Voraussetzungen fand Hofmannsthal in Stefan George, dessen „Hymnen" bereits zwei Jahre früher erfchienen waren. Mit ihm begann eine neue Romantik, die im Umfange beschränkt und wenig fruchtbar blieb, aber in ihren Wirkungen bis in die jüngste Literatur zu spüren ist. Die Hofmannsthalsche „Poesie der halbverwehtcn Klänge, der unerfahrenen Farben des Ver langens" war schimmernd vom „Schmelz ber ungelebten Dinge, altftuger Weisheit voll und frühen Zweifels" — sie war die Poesie einer gewiß nicht kraftvollen, aber bis ins letzte zivili sierten Jugend voll Weltmüdigkeit und bedingungslosem Schön- heitsverlangen. So sind auch des Dichters erste Werke, die „Gedichte und kleinen Dramen", zumal „Der Tor und der Tob", seine eigenste und beste Leistung geblieben, über die er in Wirk lichkeit nicht hinausgekommen ist. Als Texte der Straußschen Opern sind spätere Dramen bekannter geworden, denn als Dich tungen an und für sich. Dem Auslande gilt Hofmannsthal noch heute als der Verwalter der klassischen Sprgchfchönheit, in der deutschen Literatur, besonders durch sein „Deutsches Lesebuch", in dem er das Reifste und Reinste der deutschen Prosa zu sammeln bemüht war. Der Sitz der Seele. Die griechischen Philosophen haken sich vielfach mit dem Sitz und dem Wesen der menschlichen Seele beschäftigt. Hippvkrntes versetzte sie in die linke Herzkammer, Erasistratus in das Häutchen, welches das Gehirn umhüllt. Epikur und Aristoteles behaupten, sie befinde sich im ganzen Körper. Empedokles sucht sie, wie Moses, im Blute, Strabo zwischen den Augenbrauen. Plato endlich teilt sie in drei Teile und setzt die Vernunft ins Gehirn, den Zorn in die Brust und die Begierden in die Eingeweide. Parmenides hält die Seele für Feuer, Anaximander für Wasser, Zeno fetzt sie aus der Quintessenz der vier Elemente zusammen. Heraklit erblickt in ihr bloß das Licht, Xenokrates nur eine Zahl. Nach der Mei nung des französischen Jesuiten Malebranche erkennen wir unsere Seele durch das Gewissen.
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