Volltext Seite (XML)
5 Montag, den 24. Dezember 1928 Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 264t M Berufung -er ReMutiWkunferenz Fest Resultat der Besprechungen. eine der- Ernennung der Sachverständigen deS Bot- Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Es ist im allseitigen Interesse nutzerordentlich wünschens wert, daß sich außer den Sachverständigen, die von jeder der an dem vorerwähnten Genfer Beschluß beteiligten sechs Re gierungen zu bestimmen sind, auch Staatsangehörige der Vereinigten Staaten an den Arbeiten des Sachverständigen ausschusses beteiligen. Der Ausschuß soll nach dem Vorgang des im November 1933 eingesetzten ersten Sachverständigcn- ausschusscs aus unabhängigen Sachverständigen bestehen, die internationales Ansehen und Autorität in ihrem eigenen Lande genießen und die an keinerlei Instruktionen ihrer Re gierungen gebunden sind. Die Zahl der Mitglieder soll zwei für jedes Land betragen. Es besteht jedoch Einvernehmen darüber, daß die Sachverständigen Ersatzmänner hinznziehen können. betrifft, so soll in der folgenden Weise verfahren werden: Die Sachverständigen der an dem Genfer Beschluß beteiligten Gläubigermächte werden von den Negierungen dieser Mächte bestimmt und nach dem Belieben dieser Regierungen ent weder von ihnen selbst oder von der Reparationskommission ernannt. Die Sachverständigen Deutschlands werden von der deutschen Regierung ernannt. Die sechs beteiligten Negierun gen werden in geeigneter Weise seststellcn, wie die Beteiligung der amerikanischen Sachverständigen am zweckmäßigsten sicher- gestellt wird. vollständige und endgültige Regelung -es Reparationsproblems Es wird wohl wieder an allerhand Anklagen auch gegen Deutschland in diesem Zusammenhang nicht fehlen; bildeten sie doch auch den Hintergrund zum Kal marer Prozeß. Dabei denkt man in Deutschland viel eif riger an Taten der Bölkerverbindung als an solche der Bölkerverhetzung. Als technische Weihnachtsnberraschnnq kam das Wunder eines drahtlosen Telephonge spräches zwischen Berlin und Buenos Aires durch den Berliner Rundfunksender mittels Kurz wellcnverbindung. .Hallo, hier Buenos Aires" tönte es aus dem Lautsprecher und die Millionen der Rundfunk- Hörer vernahmen die deutsche Begrüßungsansprache aus dem fernen Südamerika herüberklingen. Uns zum Gruß sendet man von drüben das Deutschlandlied herüber und ihm wird in Berlin geantwortet mit der argentinischen Nationalhymne. Hier wie in Argentiniens Hauptstadt arbeiten deutsche Apparate. Niemals hat Deutschland da nach getrachtet, mit kriegerischen Mitteln die Welt zu er obern, wie es ihm seine Feinde so ost vorwerseu; im Weit kampf der Völker mit friedlichen Mitteln aber sind wir nach dem Krieg schon recht schön vorangekommen. Ein neuer deutscher Sieg und darum eine freudige Weihnachts- Überraschung für Deutschland! Deutschlands Weihnachtswunsch. Mehr als dürftig ist der Gabentisch des deutschen Volkes bestellt. Die paar Geschenke, die uns heißes Be mühen, verbissener Arbeitswille verschafft haben, sind so dürftig ausgefallen, daß unser politisches Weihnachten uns schwerste Enttäuschung bereitet. Was nützt es, daß rings um den Erdball die Glocken ihr „Friede auf Erden" mahnend verkünden! Was nützt es, daß überall in Deutschland die Kerzen des Weihnachtsbaumes die Blicke für ein paar Stunden hinwcgziehen von den zermürbenden Nöten des Alltags! Und auch nur für ein paar Tage hört im Schatten des Weihnachtsbaumes das wilde Geschrei des parteipolitischen Kampfes auf, gilt auch hier das »Friede auf Erden". Ein unendlich tiefer Sinn liegt darin, daß mit diesem Gruße gerade die Engel herniederstiegen, daß es eine H i m m e l s b o t s ch a f t ist, eine überirdische und doch in den Seelen der Menschen so sehnsüchtig erhoffte. Doch nie verwirklichte. Weil noch nie die Menschheit „guten Willens" war. Selbst damals, vor zehn Jahren nicht, «ls Deutschland sein dunkelstes Weihnachten erleben mußte, als das Läuten der Weihnachtsglocken unterbrochen wurde vom Krachen der Geschütze, vom Hall der Flintenschüsse des Bürgerkrieges. Es ist nicht wertlos, daran sich zu erinnern. Denn im Abstand der zehn Jahre offenbart es sich, daß wir heute doch mit größerer Hoffnung das Weih nachtsfest begehen können. Freilich eben nur hoffend, daß sich später einmal der Gabentisch reichlicher besetzen läßt, als dies jetzt der Fall ist. Ist es nicht traurig, daß der „Friede auf Erden" erst polizeilich erzwungen werden muß? Daß auch in der Wirtschaft nur durch Zwangsmaßnahmen ein Waffen stillstand, kein Friede, herbeigeführt werden kann? Und, »aß auf dem Gabentisch des deutschen Volkes nicht die Er füllung seines Rechts zu erblicken ist, auch nur eine Aus sicht darauf zu haben, daß endlich, endlich die schwere Faust des Siegers vom Rheinland genommen wird? Leiser klingen dort die deutschen Weihnachtslieder, trüber brennen dort die Kerzen des Weihnachtsbaumes, wie in Trauer tönen im noch immer besetzten Gebiete die Kirchenglocken der Weihnacht. Noch darüber hinaus wan dern die Gedanken zu den Deutschen hinüber, die nicht Nehr in der deutschen Heimat dieses schönste deutsche Familienfest begehen dürfen. In Südtirol, unter tschechischer oder polnischer Herrschaft. Gerade an diesem Tage spricht die Sehnsucht hinüber und herüber lauter denn je. Mißgünstig sehen jene darauf, denen un verdientes Glück es in den Schoß warf, die Herren zu fpielen. Und die nicht daran denken, den Deutschen gegenüber das „Friede auf Erden" gelten zu lassen. Um- drandet von dieser Mißgunst ist ja auch die einzige Kolonie", die Deutschland noch besitzt, Ostpreußen. Wenn Weihnachten ein Familienfest ist, wenn die deut- jchen Stämme sich an diesem Tage enger zusammenfinden rings um den Weihnachtsbaum, dann umschließen sie mit besonderer Liebe jene, die ein übler Machtspruch gewalt sam von uns trennte. Im Schein der Kerzen, beim Nadelduft des Weih nachtsbaumes steigt die Sehnsucht, das Wünschen eines Rolkes höher empor als sonst. Und wir Deutsche haben ja nur den einen, so selbstverständlichen Wunsch: den, vieder frei zu werden. Nicht bloß innerlich, sondern such frei von den äußeren Ketten, in die wir vor zehn Fahren geschlagen worden sind. Damit endlich Friede werde auf Erden, jener himmlische, von den Engeln ver kündete Friede, nicht aber jener, der nie und nimmermehr Friede ist. Weil er nicht Freiheit, sondern Knechtschaft gebar. Daß dieses einmal, bald anders werde, ist des deutschen Rolkes Weihnachtswunsch. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8Spalte»« Naumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Rekiamezrile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V Reichspfennigr. Vor- geschriebene Erscheinuugs- tage und Playvorschrtfren werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anreise», annakme dis uorm.lOUKr. - " > . Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radatiansprn ch eriijcht, wenn derBerrag durch Klage eingezogen werden muh oder der Auftrag geder in Konkurs gerät. Anzeigen ne hmen alle Dcrmittlun gsstellrn entgegen. Eine ganz besondere Weihnachtsüberraschung aber hat Paris erlebt: das Attentat auf den Generalstaatsan wall Fachot, der sich ja durch sein eigenartiges Auf treten im Kolmarer Prozeß gegen die elsässischen Auto nomisten nicht gerade in erfreulicher Weise berühmt ge macht hat und der deswegen natürlich schnell befördert worden ist. Ein Elsässer schoß aus ihn — und das ist ungefähr das auch politisch Irrsinnigste, was ein An hänger der Autonomiebewegung tun konnte. War doch schon ein besonderes Gesetz gegen die Autonomicbeweguna in Vorbereitung; daß es unter diesen Umständen von Poincarö rasch durch die Kammer zur Annahme ge bracht wird, ist selbstverständlich. Man pflegt bei solchen Vorkommnissen gerade in Frankreich politisch sehr kurzen Prozeß zu mqchen, kümmert sich gar nicht darum, ob es ein Ausnahmegesetz wird, sondern erwidert die Gewalttat mit aufs höchste gesteigertem Einsatz der Gewalt. Infolge dessen ist das Attentat auf Fachot für die Führer und An hänger der Autonomiebewegung eine geradezu katastro phale Weihnachtsüberraschung geworden. Schärfer als je ist der geistige Scheidestrich zwischen dem Elsaß und dem Mutterland gezogen. Daran anschließend veröffentlichen die beteiligten Mächte eine ausführliche Mitteilung über das Ergebnis der vorausgegangenen gegenseitigen Verhandlungen, in der Aufschluß gegeben wird über das, was namentlich vor der endgültigen Einigung zwischen dem deutschen Bot schafter von Hoesch und dem französischen Minister präsidenten Poincaröin Paris abgemacht wurde. Wie die sechs Mächte betonen, gelten die nachstehenden setzungen als auszuarbeiten. Diese Vorschläge sollen eine Regelung ... jenigen Verpflichtungen umfassen, die sich aus den zwischen Deutschland und den Gläubigermächten bestehenden Ver trägen und Abkommen ergeben Der Ausschuß wird seinen Bericht den an dem Genfer Beschluß beteiligten Regierungen sowie der Reparationskommission erstatten Was die Der Ausschuß wird so bald als möglich zusammentreten, und zwar vorläufig in Paris. Die endgültige Entscheidung über die Wahl des Tagungsortes bleibt dem Ausschuß Vor behalten. Der Ausschuß wird von den sechs Regierungen entsprechend der vorerwähnten Genfer Vereinbarung vom 16. September 1928 den Auftrag erhalten, Vorschläge für „Herr Raymond Poincarö, Präsident Ministerrats, und Herr von Hoesch, deutscher schafter in Paris, haben die Frage der Einsetzung des Sachverständigsnausschusses wie er in dem Genfer Be schluß vom 16. September 1928 über die Regelung des Neparationsproblems vorgesehen ist, geprüft und sind hierbei über folgendes übereingekommen: Wsihnachtsüberraschungen. Daß es bei einem derart erbitterten Arbeits- kampf, wie es der in der Eisenindustrie gewesen ist, dun doch zn einem Schiedsspruch kommt, mit dem beide beiten einigermaßen znfriedengestellt zu sein scheinen, ist eine ziemliche Überraschung. Besonders gefährlich war ja die Situation deswegen, weil cs sich weit über die »einen Lohn- und jetzt auch Arbeitszeilstreitigkeiten hinaus Um eine grundsätzliche Anseinandersetzung über das Schlichtungswesen handelte — und wenn in Deutschland Grundsätze ins Treffen geraten, dann werden die Kämpfenden eisenköpfig. Dann fragt man Mch bei Wirtschaftskämpfen nicht mehr, ob der Einsatz finanziell lohnt oder nicht, „tzuerollos ä ^Ilomanci" nenn: ^r praktischere Franzose solche Art von Auseinander- etzungen, also „echt deutsche Streitigkeiten". Daß in- olgedessen der Schiedsspruch nur einen Waffenstill - 'and herbeiführte, weil er auch Worte gegen das Schlich wngswesen gefunden hat, nämlich so wie es in der Praxis Grieben wird, vermag nur der zu bezweifeln, der di« Fähigkeit der Deutschen jedes Standes nnd jeder Klaffe der Attstragung „grundsätzlicher" Streitigkeiten nickst e^nt. übrigens ist es nicht das erstemal, daß ein ge- Mter und sogar für verbindlich erklärter Schiedsspruch och wieder umgestoßen und durch einen anderen ersetz! Md. Ebenso ist es jetzt in der W e r f t i n d n st r i e ge wesen; hoffentlich wird aber damit erreicht, daß der fast I>^ Monate währende Streik auf den Werften nun cnd- abgebrochen Wirtz. Veauftragung der Sachverständigen. Zusammentritt in Paris. Wie schon vor einigen Tagen gemeldet wurde, sind die Verhandlungen zwischen der deutschen Negierung und den an dem Genfer Beschluß beteiligten fünf Gläubiger- regierungen zum Abschluß gekommen, was nunmehr anch amtlich von den beteiligten Regierungen, Deutschland Frankreich, England, Italien und Belgien, bekanntgegeben wird. Der Auftrag, der gleichzeitig an die Sachverstän digenkommission gegeben wird, hat folgenden Wortlaut: Die deutsche, belgische, französische, großbritannische, italienische und japanische Regierung haben im Verfolg des Genfer Beschlusses vom 16. September 1928, in dem die Einsetzung eines Ausschusses von unabhängigen Finanzsachverständigen vereinbart worden ist, beschlossen, dem Ausschuß de« Auftrag zu erteilen, Vorschläge für eine vollständigeundendgültigeRegelungdes Ncparationsproblems auszuarbeiten. Die Vor schläge sollen eine Regelung der Verbindlichkeiten um fassen, die sich aus den zwischen Deutschland und den Glänbigcrmächten bestehenden Verträgen «nv Abkommen ergeben. Der Ausschuß wird seinen Bericht den an dem Genfer Beschluß beteiligten Regierungen sowie der Repa rationskommission erstatten Amerikas Giellungnahme. Zur Neparationsfrage nahm Präsident Coolidge in einer Erklärung in Washington grundlegend Stellung. Er erklärte offiziös, die Vereinigten Staaten würden die Anregungen der europäischen Regierungen sympathisch aufnehmen, wenngleich Amerika die Neparationsfrage im wesentlichen als eine rein europäische Angelegenheit be trachte. Europa sollte es verstehen, daß jede Hilfsleistung für Amerika schwierig sei, solange die Bemühungen der Vereinigten Staaten, den Ländern Zentralamerikas zu helfen, in Europa heftig kritisiert würden. Die Ernennung von Sachverständigen habe nur Zweck, wenn diese nicht durch Richtlinien gebunden würden. Sachverständige, die nicht unabhängig wären, seien keine Sachverständigen. Die Vereinigten Staaten würden es vorziehen, wenn Europa sich selbst helfen könnte, würden sich aber nicht znrückhalten, wenn ihre Mitwirkung für drinaend erachtet werde. * Poineare macht neue Schwierigkeiten. Zu den Veröffentlichungen der sechs Mächte über die Einberufung der Reparntionssnferenz und die Ernen nung der Sachverständigen hat der französische Minister präsident Poineare eine besondere Zusatzmilteilung er raffen, in der es heißt: Die Regierung der Republik hat in einem Memorandum vom 30. Oktober, das später ver öffentlicht werden wird, de» übrigen Glänbigcrmächten und Deutschland die Bedingungen mitgeteilt, von denen sie ihren Beitritt zu jedem Regelungsplan abhängig machen wird. Diese Bedingungen sind die, die der Außen minister auf der Konferenz von Genf und der Minister präsident in seinen Reden von Chamböry und Caen be kanntgegeben haben. Der Pariser „Matin" sagt über den Inhalt des fran zösischen Memorandums vom 30. Oktober: Frankreich achte darauf, eine Vergütung der Gesamtheit seiner er littenen Schäden zu fordern. Es wolle erreichen, daß nach Bezahlung seiner eigenen Kriegsschulden an die Vereinigten Staaten und an England der ihm zukom mende Anteil an den deutschen Reparationsleistungen einen ausreichenden Spielraum läßt, um die von ihm sür den Wiederaufbau seiner zerstörten Gebiete verauslagten Gelder zu decken. Diese Summe werde auf 100 Milliarden Frank, d. h. nach dem gegenwärtigen Knrse auf 4 Mil liarden geschätzt. Unter diesen Bedingungen müßten die Dawes-Zahlnngen bis zur vollständigen Tilgung der an England und an Amerika zu leistenden Jahreszahlungen fortgesetzt und auf einem ausreichend hohen Niveau ge halten werden, damit die französischen Ansprüche befrie digt werden könnten. Deutsche Verwahrung. Zu der Veröffentlichung Poincarös, nach der die fran zösische Regierung am 30. Oktober den anderen Gläubiger regierungen die Voraussetzungen mitgeteilt habe, von denen ihre Zustimmung zu jeder Reparationsregelung abhänae, und daß dieses Memorandum auch Deutschland Nr. 299. — 87 Jahrgang Teltgr.-Adr.: .Amtsblatt" Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Gas „Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an ollen Werktagen nachmittag« ö Uhr. Bezugspreis: Bet Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Manat, bei Zustellung durch die Boten 2,A- AM., bei Poftbeftellung ll AM. zuzüglich Abtrag. gebühr. Einzelnummern »Rpf,.«ll-Pob°nst-l,en Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten uu»un,»-Aus. «rägeruud Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. JmFall- höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen befiehl Hein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aückseudung etngefaudter Schriftstüche erfolgt uur, weun Porto befliegt.