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Wilsdruffer Tageblatt : 05.09.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-09-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192809053
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19280905
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19280905
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-09
- Tag 1928-09-05
-
Monat
1928-09
-
Jahr
1928
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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt, — Nr. 208 — Mittwoch, ö. Sept. 1928 Rivalen. Es standen Alvei Freunde um Mitternacht Einsam im verlassenen Waid: Zwei Degen wohl hatten sie mitgebracht, Vom Berge her stürmte es lalt. Sie tosten hie Hand, Die Treue einst band; Der eine mutz stecken, Der andere Ann wecken: Du oder ich. Es kämpfen Hwei Freunde um Mitternacht Verborgen ums sonnige Vick; Ein Freund hat den anderen nmgckracht, Das sonnige Mädchen ihm Web. Au dem seinen Lick Es nachts ihn noch trieb; Der Freund war gestorben, Das Lieb schwer erwobben: Sein war her Sieg. 'Horst Schirmer. Amerika-Giari mii Hindernissen. Der geheimnisvolle Kommandant des französischen Ozeanfluges. Die beiden französischen Militärflieger Asselant und Lefevrc vollführten einen merkwürdigen Start bei ihrem ersten Aufsticgsversuch zum Ozeanflug nach Newyork. Sic kamen mit ihrem Flugzeug nicht vom Boden los und als man nach der Ursache forschte, entdeckte man, das; der leitende Mechaniker vergessen hatte, den Zuleitungshahn zu den Benzintanks zu öffnen, so dass der Motor kurz nach dem Start wegen Brennstoffmangcls stehenblieb. Ein zweiter Start am nächsten Tage glückte und die Flieger befinden sich jetzt auf den« Wege nach Newyork. Tie werden bei Wittcrungsumschlag auf ihren Plan ver- sichten, Newyurk über die Azoren ohne Zwischenlandung zu erreichen, und über Dakar und Pernambuco Rio de Janeiro anflicgen und nach einer Zwischenlandung de» Flug nach Newyork fortsctzcn. Neben einem am Tage der Paktunterzeichnung geborenen und „Briand-Kellogg" ge tauften Hündchen befindet sich noch der geheimnisvolle Kommandeur des Flugzeuges, Armand Lotti, Sohn eines bekannten Pariser Hotelbesitzers, an Bord, der sich seiner Angehörigen wegen bisher unter dem Namen „Levy" verborgen hatte. Trotzdem sein Vater durch Detektive nahm ihm fahnden liess, gelang cs Lotti, sich heimlich in die Flugkabine zu schleichen nnd sich dort bis noch er folgtem Start aufzuhalten. Eine Stunde vor dem Abflug der franzoyschrn Ozean flieger starteten Marmier nnd Favreau in Le Bourget zum zweitenmal zu ihrem Rundfluge für den Längen cekord Kurz nach dem Start landeten die Flieger jedoch wieder in Le Bourget glatt. Am Vortage hatten sie gleichfalls in folge eines Neifendefekts am Fahrgestell kurz nach dem Start Wieder nicdergehen müssen. Allg. Deutscher Gewerkschaftskongreß. Die Hamburger Verhandlungen Bei der Wahl der Kongretzlcitung wurden Leivar 1 rum ersten Vorsitzenden, Alwin Brandes (Stuttgnrt) und Otto Schumann (Berlin) zum zweiten bzw. dritten Vorsitzenden gewählt. Der Protest eines kommunistischen Delegierten gegen die Ausweisung der kommunistischen Pressevertreter wurde Zurückaewiesen. Der erste Vorsitzende Leipart erstattete den Bericht des Bundesvorstandes. Lcipart bekannte die volle Be reitschaft der in den Gewerkschaften organisierten Arbeiter, sich in den Dienst am deutschen Volksstaat und der deutschen Republik zu stellen. Es gelte wachsam zu sein, alle offenen und versteckten Anfeindungen gegen die Republik rechtzeitig abzuwehren. Alle verantwortungsbewußten Gewcrk- schastsnlhrer seien sich darüber klar, daß die berechtigten An sprüche der Arbeiterschaft durch Beteiligung an den Regierun- gen am besten gewahrt werden könnten. Der Redner wandte sich scharf gegen die von Reichsbankpräsidenten Schacht ver- sUgte.SPerre der Ausländsanleihen. ^n oer »ustuftion traten der kommunistische Delegierte Krause-Stuttgart und der sächsische Delegierte Schäfer den Ausführungen Leiparts entgegen. Schäfer wandte sich gegen jede Art von Koalitionspolitik und gegen die Zu sammenarbeit der Gewerkschaften mit der Deutschen Volkspartei. Eine Botschaft -es (Stahlhelms. Gegner des heutigen politischen Systems. Die Brandenburgischen Abteilungen des Stahlhelms, des Werwolfs, des Wehrbundes Ostmark, des Roten Adlers und des Königin-Luise-Bundes veranstalteten in Fürstenwalde einen Sportkampftag. Zu dem Feste war auch Prinz Äugust Wilhelm von Preußen erschienen. Die Führer der Verbände einigten sich in längerer Be sprechung über Richtlinien zu der augenblicklichen politi schen Lage. Das Richtungsprotokoll wurde in der Form einer Botschaft auf" dem Fürstenwalder Marktplatz öffent lich verlesen. Es heißt darin u. a.: „Wir hassen mit ganzer Seele den augenblicklichen Staats aufbau, seine Form und seinen Inhalt, sein Werden und seit: Wesen. Wir hassen diesen Staatsaufbau, weil in ihm nicht die besten Deutschen führen, sondern weil in ihm ein Paria, mentarismus herrscht, dessen System jede verantwortungsvoll! Führung unmöglich macht. Jndeni wir offene und rücksichts lose Gegner des heutigen politischen Systems sind, bekämpfer Wir zugleich alle diejenigen Organisationen. Gruppen uni Einzelpersönlichkeften, die zwar behaupten, aus unserem Welt anschaulichen Boden zu stehen, aber jederzeit bereit sind, fü; einen wirtschaftlichen oder politischen Vorteil unter dem Vor wande „um Schlimmeres zu verhüten", ihr Kompromiß mit den von uns bekämpften System zu machen." Der Aufruf schließt mit den Worten: „Kamps dem System, das den Staat von heute regiert, Kampf denen, die dieses System durch Kompromisse stützen", und schließt mit dem Versprechen, die kundgebenden Verbände würden den von ihnen bekämpften Bestrebungen ihr trotziges Eigen leben entgegenstellen. Tragische Berufsunfalle. Bei der Arbeit getötet. Auf der zwischen Kahl und Groß-Krotzenburg ge legenen Kohlengrube der Gewerkschaft „Gustav" ereignete sich ein schwerer Unglücksfall. Während drei Arbeiter mit Oberleitungsarbeiten beschäftigt waren und zu diesem Zweck auf einem Werkzeugwagen standen, fuhr eine Loko motive gegen den Wagen. Bei dem Anprall sielen die Arbeiter zu Boden. Dabei geriet ein 40jähriger Arbeiter vor die Räder der Lokomotive und wurde getötet. Einem weiteren Arbeiter wurde das linke Bein abgefahren, während der dritte mit dem Schrecken davonkam. Der Getötete ist Vater von sieben Kindern. In der Chemischen Fabrik Buckau, Werk Gernsheim am Rhein, entstand im Schwefelnatronbetrieb eine Rauch kanalexplosion. Hierbei wurde die gesamte Anlage zer stört. Ein Arbeiter war sofort tot, während zwei andere verletzt wurden. Beim Tunnelbau am neuen Nordbahnhof in Königs berg stürzten an einer Ausschachtungsstelle Erdmassen auf die Absteifungen und drückten diese zur Seite. Sieben Arbeiter gerieten unter die Erdmassen. Bei den von der Feuerwehr vorgenommenen Rettungsarbeiten wurde ein Arbeiter tot aus der Erdgrube gezogen. Zwei Arbeiter wurden mit schweren Verletzungen geborgen. Einer war nur leicht verletzt. Die übrigen Arbeiter sind unverletzt geblieben. praktisches Ehriftenium. Soziale Ausgaben. Die Internationale Kirchenkonferenz für praktisches Christentum in Prag behandelte in ihrer zweiten Vollsitzung wichtige soziale Fragen der Gegenwart. Die Ergebnisse der Beratungen der Konferenz sollen in einer Reihe formeller Er- klärnngen zusammengefaßt werden. Zur Verhandlung stcheu die Fragen des Glücksspiels und des Alkoholmitz- Probleme, die das internationale Zusammen leben der Volker betreffen. Das Arbeitsfeld ist dadurch wesent lich erweitert worden, daß die evangelischen Kirchen folgender Gebiete offiziell in den Rat der Christenheit ausgenommen worden sind: Indien, Japan, China, Latein-Amerika, West asien und Nordafrika. Der Weltprotestanüsmus ist damit ein heitlich zusammengeschlossen. Es ist beschlossen worden, mii dem Weltbund für internationale Freundschaftsarbeit der Kirchen in engere Fühlung zu treten. Bekämpfung des Wohnungselends. In der dritten Vollversammlung am Dienstag legte der Generalsekretär des Sozial-wissenschaftlichen Forschungs instituts, das von der Stockholmer Weltkirchenkonferenz seinerzeit ins Leben gerufen wurde, ein umfassendes Programm über die Fortführung des sozialen Kirchenwerkes vor. Der Berliner Universitätsprofessor Dr. Titius unterbreitete den Plan einer Internationalen Kreditgenossenschaft der Kirchen. Die kapitalkräftigen Christen aller Länder sollen aufgerufen werden, gegen genügende Sicherheiten, aber zu mäßigem Zins sätze Geld zu leihen Der Zweck der geplanten Gründung ist die Bekämpfung des Wohnungselends. Die Christen aller Länder sollen darüber unterrichtet werden, daß sic ein christliches Werk tun, wenn sie verfügbare Kapitalien zu Heimstätten und Siedlungsorbeft zur Verfügung stellen, und zwar zu Zinsen, die es auch ocm Manu des Volkes mit großem Kindersegen ermöglichen, ohne eine zn feinem bescheidenen Einkommen unerträgliche Last aus sich zu nehmen, zu einem gesunden Heim zn kommen. Die Kirchenkonserenz wird über eine Reihe weiterer sozialer Fragen, insbesondere über das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, verhandeln. I poMilche Hunckjchau - Deutsches Reich Deutsche Grcnzzeichen. Die Bezeichnungen über die Hoheitszeichen an den Grenzen sind bisher nicht ganz einheitlich geregelt ge wesen, soweit es sich um die Zeichen des Reiches handelt. Es sind deshalb Beschwerden beim Reichsministerium des Innern geführt worden, die auch von verschiedenen Grenzzeichen an den Grenzen der Länder sprechen. Reichsinnenminister Severing hat jetzt folgenden Bescheid erteilt: „Die Arbeiten für die Setzung von Reichshoheits grenzstöcken an den Grenzen des Reiches . (Grenzen nach dem Ausland) werden nach Möglichkeit beschleunigt. Ich bitte, zu berücksichtigen, daß das nicht einfache Pro blem eines würdigen Hoheitsgrenzstockes im Sinne der Entschließung des Reichstages einer sorgfältigen Vor bereitung bedarf, wie die bisherigen eingehenden Er wägungen erwiesen haben. Was die mir übersandte Ab bildung eines Hoheitsgrenzstockes an der bayerisch- württembergischen Grenze am Bodensee anlangt, so handelt es sich hier um einen Hoheitsgrenzstock an der Landesgrenze zwischen Bayern und Württemberg. Ich habe mich Hierwegen mit der bayerischen Staatsregierung in Verbindung gesetzt." Öffentliche Sammlungen in Berlin verboten. Der Berliner Polizeipräsident hat im Einverständnis mit dem Staatskommissar für Regelung der Wahlfahrts pflege vom 15. September ab sämtliche Sammlungen von Geldspenden zu vaterländischen, gemeinnützigen oder mild tätigen Zwecken (Wohlfahrtszwecken) auf öffentlichen Straßen und Plätzen sowie an sonstigen öffentlichen Orten Groß-Berlins untersagt. Diese Art Sammlungen haben in letzter Zeit so überhaudgenommen, daß sie zu einer starken Belästigung des Publikums geworden sind und bei Ausländern einen peinlichen Eindruck Hervorrufen. Zahl reiche Zuschriften haben das Verbot angeregt. Das Polizeipräsidium erwägt Ausnahmen von Fall zu Fall, wenn es sich um besondere Opfertage handelt, nicht aber nm Sammlungen, die sich über Tage und Wochen erstrecken. Es wird auch hier eine scharfe Sichtung stattfinden, um zu prüfen, ob es sich um wirkliche oder angebliche Wohl fahrtszwecke handelt. Rettet die deutsche Kleinstadt! Aus einer Tagung der ostdeutschen Kleinstädte in Köben, die zugleich den Charakter einer Kundgebung des bedrängten Ostlandes trug, wurde an die Reichs- und Staatsregierung sowie Reichstag nnd Landtag die drin gende Bitte gerichtet, die in ihrer Existenz schwer be drohten Kleinstädte vor dem Untergang zu bewahren durch Schaffung neuer Lebensmöglichkeiten in wirtschafts politischer Hinsicht, durch große Ansiedlung in den Klein städten und stärkere Berücksichtigung bei Neuregelung des Finanzausgleichs. An die gesamte Öffentlichkeit wird der dringende Mahnruf gerichtet zur Rettung der deut schen Kleinstadt als Faktor des volkswirtschaftlichen Aus gleichs und damit der Wiedergenesnng des Vaterlandes. Sonderbarkeiten im Memelgebiet. Der litauische Ministerpräsident Woldemaras er klärte zu den deutsch-litauischen Fragen, daß die Beziehungen zwischen Litauen und Deutschland heute weit besser seien als vor einem Jahre. Es gebe noch zahl reiche Schwierigkeiten, die jedoch fortlaufend beseitigt würden. Die Memelfrage würde von der litauischen Re gierung im Einverständnis mit dem Direktorium des 8. Fortsetzung Nachdruck verboten Der Ketten-Hiesl starrt ihn minutenlang stumm an. Das Versicherungsgeld! Daran hat er ja nach gar nicht gedacht — Plötzlich geht ein Ruck durch seinen Körper. „Marand Josef!" schreit er, „Die Versicherungspolice, die steckt noch oben am Dachboden in meinem Sonntags gewand, seit jch vorgestern in der Stadt war, die letzte Prämie zahlen! — Und wenn ich die nit habe, geben sie mw^am Ende kein Geld!" Zn Sprüngen eilt er dem brennenden Haus zu, obwohl erschrocken zuschreien, daß der Dachstuhl jeden ^i^nblick einstürzen kann und es ganz unmöglich ist, von dort noch etwas zu holen Der Josl will ihn sogar mit Aber wütend reißt er sich los. "Laßt mich! — Die Police mutz ich haben! — Soll ich um das Geld auch noch kommen?" Damit verschwindet er im brennenden Haus, ehe es jemand hindern kann. Unter den Leuten ist es plötzlich ganz still geworden Sie wissen es alle: den Ketten-Hiesl sieht niemand leben dig wieder! Wenn ihn das Haus nicht unter sich begräbt, so mutz ihn der Rauch ersticken, der in dicken Schwaden an allen Oefsnungen herausqualmt. Nur ein Trunkener konnte sich so völlig über die Gefahr täuschen. — Auch die Eroßreicher Rosel, die sich bisher nützlich ge macht, wo sie konnte und dabei stets in der Nähe der Bäuerin sich aufgehalten hat, erkennt die Lage. Besorgt nähert sie sich dieser nun, die in ihrer starken Versunkenheit nichts von den letzten Vorgängen bemerkte. „Ketten-Hieslin," sagt sie sanft, „wollt Ihr nicht mit mir zum Vieh Hinaufkommen? Die Kühe brüllen so viel urg und ich mein alleweil, es tät sie beruhigen, wenn sie Euch sehen!" Im Stillen denkt sie: „Sie soll es nicht sehen, wie das Haus einstürz» über ihrem Mann, oder wenn sie ihn tot daherbringen — Die Bäuerin sieht das junge Mädchen verstört an. „Meinst?" sagt sie dann wie im Traum, folgt ihr aber willig. Als sie den Hang hinaussteigen, bemerkt Rosel plötz lich einen jungen Burschen, der ihnen vom Quell oben mil einer schweren Butte voll Wasser entgegenkommt Sein von der Anstrengung rotes Gesicht wird blaß, das Rosels dunkelrot, als ihre Blicke sich kreuzen. Einen Augenblick ist es, als wollten beide stehen bleiben; da aber wendet Rosel stolz den Kopf und tut, als hätte sie den Burschen nicht gesehen. Finster, mit gesenktem Kopf, schreitet er weiter. Im selben Augenblick gibt es hinter den beiden Frauen ein prasselndes Krachen, dem entsetztes Geschrei folgte. Was alle im Stillen erwartet und befürchtet haben, ist geschehen: der Dachstuhl des Wohnhauses ist eingestürzt, ohne datz der Ketten-Hiesl wieder zum Vorschein gekommen wäre. III Es ist fast Mitternacht geworden, als die Leute endlich den Vrandplatz verlassen, an dem es nichts mehr zu bergen, helfen und sehen gibt. Bis aus die Grundmauern sind die Gebäude niederge brannt. Die Leiche des Ketten-Hiesl hat man mit Mühe und Not geborgen, nachdem der eingestürzte Dachstuhl ver brannt war. Sie lag halbverkohlt gleich innerhalb der Tür, von wo sie Feuerwehrleute mit Rauchhelmen, von nassen Decken umhüllt, schließlich ins Freie schafften. Das Vieh wurde beim Josl eingestellt und die geretteten Möbelstücke mit Säcken zugedeckt. Um die Ketten-Hieslin kümmerte sich niemand mehr, seit der alte Josl, ihr nächster Nachbar, mit dem Vieh hinaus nach seinem Berghof gegangen ist. Alle scheinen es plötzlich sehr eilig zu haben, von der Brandstatt fortzukommen, so eilig, daß sie auch die Witwe ganz vergessen und ihr nicht einmal mehr einen Gruß bieten. „Sie hat's doch getan — besser, man hat nix mehr zu tun mit der Brandstifterin!" wispern ein paar Weiber neben Rosel, die empört aufblickt und dann, einem Impuls folgend, zu der verloren dastehenden Ketten-Hieslin tritt. — „Ketten-Hieslin," jagt sie herzlich, „wollt Ihr nit für'» erste mit zu uns kommen, bis Ihr Euch für die Zukunft alles ein bissel zurechtlegt habt? Am Eroßreicherhof wär' Platz genug und der Vater tät sich gewiß auch freuen!" Jula starrte sie wortlos an Sie hat die Worte kaum verstanden. Rosel fährt warmherzig fort: „Bin Euch ja nit fremd, gelt? Habt dem Peter und mir immer so schöne Geschichten erzählt und zur Winterszeit Bratäpfel gegeben, wenn wir am Kirchhof gespielt haben als Kinder." „Und da droben auf der Oedleiten hab' ich Euch auch öfters heimgesucht, weil Ihr mir immer lieb ward. So tätet Ihr mir jetzt wohl eine rechte Freud' machen, wenn Ihr mit mir kämt." Ein weicher Schimmer überfliegt Julas verstörte Züge, als sie nun gleichsam erwachend in dies kühn und offen geschnittene junge Gesicht blickte, das einem andern, einsi heißgeliebten, so sehr gleicht. „Dank dir, Rosel. Weißt wohl, daß du mir auch immer lieb warst! Aber mit dir gehen kann ich wohl nicht. Muß jetzt allein sein, um mich in der Wirrnis erst wieder zu rechtzufinden. Die Nacht bring' ich bei der Näherin Lois zu, mit der ich verwandt bin. Die gibt mir gern Unter stand. Behüt' dich Gott, liebe Dirn!" Sie drückt Rosels Hand und entfernt sich hastig auf dem Steig, der zum Hof hinabführt. Rosel sieht ihr einen Augenblick bekümmert nach; dann spähen ihre Augen verstohlen nach dem halbversengten Hol derbusch, in dessen Schatten sie eben vorhin eine Männer gestalt entdeckt hatte, die offenbar nur auf sie wartet, denn sonst ist niemand mehr da. Es ist derselbe Bursche, dem sie eine Stunde zuvor am Anger begegnet ist, ohne ihn kennen zu wollen. Der Goldner Toni vom Eoldnerhos ist's, dessen Mutt« ihre Patin war. Und der Goldnerhof war ihr früh« une eine zweite Heimat und die beiden Buben, Marti und Tom wie Brüder. (Fortsetzung folgt-!
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