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für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter I Mittwoch, 5 September 1928 krlt IHZO UdrüItungskonterenL Unterredung Briand-Hymans. Gens, 4. September. Heute abend hat im Hotel des Ber- gues zwischci. dem sranzösischen Außenminister Briand und dem belgischen Außenminister Hymans eine längere Unterredung statt- gesunden. In französischen Kreisen verlautet, daß in dieser Un terredung die Richtlinien für die morgen mit Deutschland be ginnenden Verhandlungen über die Rheinlcndfrage sestgelegt wor den sind. Zwischen den beiden Außenministern soll eine vollkvm- nrene Uebereinstimmung in dieser Frage erzielt worden sein. Uber das englisch-französische Flottenablommen (staubt das englische Blatt „Daily Telegraph" feststellen zu können, daß es sich um drei Hauptpunkte handele, und zwar um folgende: 1. Unterseeboote unter 600 Tonnen Wasserverdrängung werden der Rüstungsbegrenzung nicht unterworfen. 2. Kreuzer mit einer geringeren Bestückung als 17-Zentimeter-Geschützen werden von der allgemeinen Abrüstung ausgeschlossen. 3. Kleinere Torpedofahrzeuge und andere Hilfsschiffe werden in ein allgemeines Ab- rüstnngsschema nicht einbezogcn. Sie MWWsrage fleht Wünftig Genf, 4. September. Die deutsche Delegation ist Diens tag abend im Anschluß an die Sitzung des Büros der Vollver sammlung zu einer Besprechung zusammengetretcn. Die allgemein erwartete erste Aussprache zwischen dem Reichskanzler Müller und Briand hat noch nicht stattgesunden, wird jedoch für Mitt woch nachmittag erwartet. Man scheint innerhalb der deutschen Delegation die Absicht zu haben, die Unterredung erst nach vor heriger Fühlungnahme in Gang zu setzen. Die Lage wird allge mein auch in Kreisen der deutschen Delegation als wenig günstig angesehen. Man hält es zur Zeit für wenig wahrscheinlich, daß auf französischer Seite eine bedingungslose Räumung der zweiten Zone angeboten werden wird. Für eine Klärung der gesamten Räumungsfrage scheint kaum irgend eine Aussicht zu bestehen. Auch das Ziel, aus dem. Wege der Genfer Verhandlungen klare Tatbestände zu schaffen, dürfte kaum zu erreichen fein, da man auf französischer Seite den Verhandlungen nicht aus dem Wege gehen wird, jedoch keinerlei Dringlichkeit in der Regelung des Räumungsproblemes zeigt und die bekannte französische Forde rung auf dem Gebiete der Reparations- und Sicherheitsfragen vorbringen wird. Offensichtlich sucht man aus französischer Seite mit allen Mitteln auf die deutsche Delegation einzuwirken, um eine restlos klärende Aussprache zu vermeiden. Die Verhandlun gen der nächsten Zeit dürsten ausschließlich unter Führung Frank reichs verlaufen, da die englische und italienische Delegation sich als uninteressiert zeigen. Rheinlandsfragen in Genf. Reichskanzler Müller im Präsidium. Bei der Wahl der Vizepräsidenten für die Vollver- sammlungcn des Völkerbundes in Genf wurde der deutsche Reichskanzler Müller-Fr anken mit 38 Stimmen ge wählt. Ferner Briand, Lord Cushendun für England, der kanadische Ministerpräsident Mackenzie, der Italiener Graf Adatschi und Bundeskanzler Seipel-Lsterreich. Ferner wurden die Präsidenten der einzelnen Kommissionen ge wählt. Die sechs Vizepräsidenten bilden zusammen mit den Kommissionsprüsidenten, dem Präsidenten der Voll versammlung und dem Burcaupräsidcntcn das Bureau der Vollversammlung. Nach der Wahl des Präsidiums beschloß man, den An trag Englands auf Untersuchung des Opiumhandels nach träglich auf die Tagesordnung zu setzen, die auch im einzelnen genau geregelt wurde. Von dem deutschen Außenminister Dr. Stresemann ist ein Danktele gramm eingclaufen, in dem er die Hoffnung ausspricht, an der nächsten Völkerbundversammlung wieder teil nehmen zu können. Oie Räumungsfrage. Montag fand keine weitere Besprechung zwischen dek deutschen und der französischen Delegation über die Räumnngsfrage statt, wie man es vorher erwartet hatte. Ein Termin für die Aufnahme der offiziellen Verhand lungen ist nicht festgesetzt. Man erwartet aber, daß zu nächst eine Aussprache zwischen dem deutschen Reichs kanzler Müller und Briand stattfinden wird, an die sich dann Verhandlungen zwischen Deutschland und den Mächten, die in der Botschafterkonferenz vertreten sind, anschließen sollen. Aus deutscher Seite soll man ent schlossen sein, unbedingt an den bisherigen Forderungen auf Räumung des gesamten Rheinlandes festzuhalten. Aus englischen Quellen hört man, daß die britische Re gierung ihre Stellungnahme der Auffassung Frankreichs und Belgiens anpassen werde. Frankreich will das Schuldcnproblem mit der Näu- mungsfragc verbinde» und wahrscheinlich sinanzicllk Gegenforderungen aufstcllcn. Aus dem amerikanischen Staatsdepartement sind nach Genf Mitteilungen gelangt, »ach denen die amerikanische Politik gcgcntibcr den euro päischen Fragen sich durch den Kellogg-Pakt nicht ge ändert habe Amerika werde sich in die Frage der Nhciu- landräumung nicht einmischcn. Es sei Sache Europas, diese Angelegenheiten selbst zu erledigen. In einer Unterredung zwischen Briand und dem österreichischen Bundeskanzler Seipel wurden die schwie rigen finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse Öster reichs erörtert. Der Bundeskanzler soll die Notwendigkeit einer starken Hilfe für die österreichische Gesamtlage zum Ausdruck gebracht haben. Im wesentlichen wurde der Dienstag mit diplomatischer und organisatorischer Kleiw arbeit ausgefüllt. Vorläufig keine Abrüstung. Pariser Blätter sagen über die Haltung Frankreichs in der Abrüstungsfrage, daß man nur auf Gruud einer weitgehenden europäischen Entspannung zu einer all gemeinen Abrüstung gelangen könne. Diese Entspan nung sei jedoch nur möglich durch die allgemeine Rege lung der Reparationen und Kriegsschulden. Dem könnte sich die vorzeitige Rhcinlandrkumung anschließen. An gesichts dieser Lage würde es zweckmässig sein, die Ein berufung der Abrüstungskonferenz bis 1930 zu verschieben. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, M«» »Wiltdruffrr Ta-«blort- erschrkit an »Srn Werktagen nachnnttagL 8 Uhr. Be,uz»prc>»: Bei Abholung in K« Deschöslrstrllr und den Aurgadestellen 2 BW. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbcstrllung zuzüglich Abtrag» , er.,, ... .. .. . gebühr. Einzelnummern KÜApfg. BllePostanstalten 2Bv thVNblall für TBilödrUss u. Ilmgegend Postboten und unsereAus» «rügerund DetchSpapelleu — U nehmen zu jeder Zeit Be» Krlluugen entgegen. JmFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung Ker Zeitung oder Kürzung de» Be,ug»prriser. — Siürksendungeingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Mittwoch Unterredung Müller-Briand. Gens, 4. September. Das erste Zusammentreffen zwi schen Reichskanzler Müller und Briand ist nunmehr auf Mitt woch nachmittag fünf Uhr feftgefetzt worden. Man erwartet, baß der Reichskanzler die Räumungsfrage offiziell auf Grund des Art. 431 des Versailler Vertrages zur Diskussion stellen wird. Diese erste Aussprache wird jedoch voraussichtlich nur die Ein leitung für die weiter anschließenden Aussprachen bilden. Es ist dringend zu hoffen, daß die endlich eingelcjteten Verhandlungen in absehbarer Zeit die unbedingt notwendige Klarheit über die Absicht der alliierten Regierung hinsichtlich der weiteren Auf rechterhaltung der Rheinlandbtsctzung bringen wird. Sie Feier am Deutschen Museum. Grundsteinlegung für das Studiengebäude. Neichspräsideut v. Hindenburg traf Dienstag vormittag von seinem Sommeraufcuthalt zu Dietramszell in München ein, um sich an der Grundsteinlegung für das Studiengebäude am Deutschen Museum zu beteiligen. Der Reichspräsident wurde begleitet vom bayerischen Ministerpräsidenten Held und wurde von den Vertretern der Reichs- und Staatsbehörden empfangen. Die Stadt ist reich geschmückt. Man sicht zahlreiche Landcsflaggcn, dann auch die alte Ncichsflaggc und auf den behördlichen Gebäuden der Stadt die ncncn Farben Schwarz-Not Gold. Auf dem Bahnhof hat Reichspräsident v. Hindenburg die Front der Ehrcnkompagnie der Reichswehr abgeschritten, worauf alsbald die Abfahrt erfolgte. . Im Museumsgebände waren als Vertreter der Neigsregieruug zugegen die Reichsminister S euerm Dr. S chätzcl und Hilferding, das bayerische Ge- samtministerium mit Dr. Held an .der Spitze und großer Kreis von Ehrengästen. Die ^cstlichkclt V mit dem Einzug der Zünfte, die die Grundstemlasstttc geleiteten, und einigen Musikvorträgcn. Or. v. Siemens, der Präsident des Vorstandsrates des Deutschen Museum--, Nr 208. — 87. Jahrgang Lelegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff - Dresden Postscheck: Dresden 2640 Gparkaffenskan-ale. Die N o t g r o s ch e n der Armen. Eine Sparkasse hat wesentlich andere Aufgaben zu er füllen als ein Bankinstitut. Besteht die wirtschaftlich wichtigste Ausgabe der Bank darin, daß sie das Geld, das sie aus den Kreisen des Publikums an sich zu ziehen versteht, Handel und Industrie zuführt und so befruchtend und fördernd für diese wirkt, so ist die Anlage der gesammelten Spar beträge für die Sparkasse erst eine bei der Erfüllung ihres Hauptzieles zwangsmäßig hcrvvrgehende Nebcnaufgabe. Während daher dem Bankdircktor im allgemeinen freie Hand gelassen ist und er auf dem weiten Felde der .Kapitalanlagemöglichkeiten seine Kunst beweisen soll, ist der Leiter der Sparkasse in dieser Hinsicht an eine feste Marschroute gebunden. Nicht die Erzielung eines möglichst hohen Gewinnes ist für ihn maßgebend bei der Verwer tung der Einlagen, sondern die Sicherheit der angesammel ten Gelder. Die Sparkasse darf kein Erwerbsunternehmen werden, sie ist und bleibt eine Art gemeinnützigen Unter nehmens, das nicht auf die Erzielung eines Überschusses hinarbeitet. Die Spargelder, die in ihrer Vereinzelung 'n kleinen und kleinsten Summen eine verzinsliche Ver wendung nicht finden können, sollen gesammelt und einer fruchtbringenden Verwendung zugeführt werden. Hierbei sind sie den Kreisen, denen sie entstammen, nach Möglichkeit wieder zuzulettcn, um den weniger bemittelten, haupt sächlich den arbeitenden Klassen, die Wege zu wirtschaft licher Selbständigkeit zu ebnen, sie in die Lage zu setzen, -sich einen Kredit zu verschaffe« uud in schlechten Zeiten einen Notpfennig zu haben. Parallel dazu läuft noch die ideelle Aufgabe den Spartrieb zu fördern, den Sinn für Eigentum zu pflegen und die sittliche Selbstverantwortlich- keit für die Zukunft der Familie zu wecken. Bei den Sparkassenskandalen, die in den letzten Tagen viel Staub aufgewirbelt haben, in St. Ingbert, Dahme und Zahna, haben sich die Leiter der Kassen, über den ihnen zugewiesenen Aufgabenkreis hinausgehend, durch leicht sinnige Kreditgewährung an den ihnen vertrauenden Aus der Inflationszeit oü?-fatsch angebrachter spekulativer Initiative ubriggeblieben zn sein, die vor allem im Spar kassenbetrieb durchaus nicht am Platze ist. Mühsam er worbenes und erübrigte^ Geld ist dadurch verlorcn- gegangen und viel Not gerade IN die Kreise minderbemit telter und wie durch die Spartattgkcit bewiesen, ordent licher Leute getragen worden. Fetzt wo das Kind in den Brunnen ge falle n'ist, gehen die Klagen los und man sucht nach dem Schuldigen, von dem man aber das verlorene Geld doch nicht wiederbekommen wird. Für Revisionen ist ja, wie sie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, dem die Kontrolle der einzelnen Sparkassen im Reich ob liegt, vorschreibt, genügend gesorgt. Die Bestimmungen der neuen Mustersatzung über das Kreditgeschäft der Sparkaffen sind so umfassend und enthalten alle denkbaren Vorsichtsmaßregeln, daß, wenn sich der einzelne Spar kaffenvorstand an die Vorschriften hält, für die Kasse kaum Risiken entstehen können. Das haben aber in den vorher erwähnten Fällen die Kaffenlciter nicht getan und die schönsten und überraschendsten Nachprüfungen können den Verlust nicht wieder gutmachen und den Sparern ihr Geld wiederbringen Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß dem jenigen, der betrügen will, durch Buchprüfungen von Außenstehenden nur schwer in die Karten gesehen werden kann. Papier ist geduldig und eine Zahl kann, wie man es von der Statistik bekanntlich behauptet hat, die größte Lügnerin sein oder wenigstens böswillig dazu gemacht werden. Hier gilt auch, wie auf anderen Gebieten, die For - derungderSelb st Hilfe und nicht das Sichverlassen aus die Kontrolle des Sparkasseuverbandes. Die Spar kassen sind eng ungegliedert an die Gemeinden und die Sparkasscnkommission setzt sich aus Gemeindevertrctcrn zu sammen. Bei der Auswahl dieser Kommission, die meist als he* Vorstand der Sparkasse die Verantwortung für die ^^H'tgewährung trägt, ist mehr als es anscheinend bisher 6^wehen ist, darauf zu achten, daß ihr Männer angehören, Aufgaben der Geschäftsführung ° U e durchaus vertraut sind, so daß sie imstande sind, als Fachleute laufend die Vor gänge zu kontrollieren und zu überwachen. Für den tüch tigen und seriösen Sparkassenleiter wird das eine nicht unwillkommene teilweise Entlastung von schwerer Verant wortung bedeuten, den Pflichtvergessenen aber wird der Gedanke eines über ihn, wachenden Auges des Fach mannes von Spekulationsgelüsten zurückschrecken. Nicht die politische Zugehörigkeit sei ausschlaggebend für die Wahl in die Kommission, sondern der Beweis des sach lichen und fachlichen Verständnisses. Wir wollen die angeführten Verfehlungen nicht ver allgemeinern und wegen der drei Fälle nun gleich eine Vertrauenskrise zur Sparkasse an die Wand malen, wie sie nach den Inflationsschäden einsetzte und die wir ja, Gott sei Dank, glücklich überwunden haben. Die Mißstände bei den Sparkassen bedeuten ja wenig im Verhältnis zu der großen Zahl von Instituten, die Spargelder aufbewahren und verwalten. Wir haben in Deutschland ungefähr 3000 öffentliche Sparkassen mit 11 000 Nebenstellen. Ferner be fallen sich mit der Entgegennahme von Spargeldern noch ein großer Teil der 40 OOOländlichen Genossen ¬ schaften, die 1370 Kreditgenossenschaften für den städti schen Mittelstand, für Handwerk und Gewerbe und die 1550 Konsumgenossenschaften mit bedeutenden Sparein lagen. Die deutschen Gemeindesparkassen sind stets als t ü ch - tige Träger dieses Instituts angesehen worden, deswegen wird ihrem Ansehen auch die Entgleisung einiger Außenseiter nichts schaden. Aber, noch einmal sei es ge sagt, die Vorsicht kann hier nicht weit genug getrieben wer den. Es handelt sich immer in der Hauptsache um das Geld der minderbemittelten Volksgenossen, um die S p a r- groschenderArmen.die Hoffnung für die Tage des Alters oder der Arbeitslosigkeit. Dieses Kapital der wirt schaftlich Kleinen und Kleinsten erheischt doppelt und drei fachen Schutz, denn die Schwere seines Verlustes ist ge wöhnlich gerade entgegengesetzt zu seiner Größe. Hilf reiche Gönner, wie die Sparkasse des Herzogtums Liechten stein, hat nicht so bald eine Kasse. Dieser, die durch Be trügereien schwer geschädigt war, hat der Fürst von Liechtenstein eine Spende von 1 Million Franken über- wiesen und zugleich für ihre Sanierung eine Garantre- summe von 5 Millionen Franken übernommen. d-r Ettchen ««k-nnttn-chung-n 4° Räch». g«schxi?t>kn«E,sch«°nung». ' t-rtlich.n Peil, I R«ich,mark. Stachweijung^ebiihr 20 Reichepsennige. Pck> Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr, 6 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meisen des Amts. gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt.