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Verismen. Skizze von Hildegard Diel. , Dunkel und still schläft die Sommernacht ans dem Wald- hugel hinter dem Weidenhof. Unter dem dichten Buchengezweig hockt ein junger Mensch auf einem Baumstumpf. Den Kopf auf die Fäuste gestemmt, starrt er durch ein Laubloch in den fernen Lichtschein, der talwärts über dem Dorfende leuchtet. Dort tanzt jetzt die Anne — seine Anne, die ihm zwei Jahre lang ewige Liebe geschworen — im Brautkranz als Herrin vom Weidenhof. Mit ihr feiert, geladen oder als Zaungäste, das ganze Dorf. Aber nicht mehr lange. Dann wird ein hellerer Schein über dem Weidenhof die Festfreude verscheu chen, und ehe Hilfe naht, wird der Hof, um den die Anne ihre Liebe verkauft, zu Schutt und Asche verqualmen. Ein dumpfes Stöhnen stößt aus der Brust des einsamen Mannes. Wiloer Zorn sprüht aus seinen Augen. Wenn auch die Flammen das ganze Dorf zerfressen und die Häscher ihn erwischen und ins Zuchthaus sperren — er muß es tun. Der zusammengeballte Schmerz in ihm schreit nach einer erlösen den Tat. Nur Rache kann ihn von qualvoller Last befreien. Ein jäher Wind springt aus den Zweigen und wirft schrill abgerissene Geigenklänge über den Waldhügel. Reiner Mer tens schreckt auf. Die Finsternis um ihn erwacht. Zischeln nmrauscht ihn. Mahnende Stimmen schlagen in ihm hoch: Es ist Zeit — zögere nicht. Du brauchst nur anzuzünden, der Wind besorgt das Weitere. — Mit wilder Entschlossenheit strafst er sich, will aufspringen. Aber seine Füße kleben so fest im lockeren Waldboden, daß er sie nur mühsam los zu lösen vermag. Als es ihm endlich gelingt, zerrt der Wind ein seltsames Geräusch an sein waches Ohr. Lauschend schleicht er aus dem Dickicht aus den Weg hinaus, der den Wald von den Ställen des Weidenhofes trennt. Klagendes Kinder weinen schleppt sich den dunklen Hügel herauf.— kommt näher — immer näher. Erschrocken springt er zurück. Wenn es nur erst vorüber wäre, sonst wacht Wohl noch die Altmagd auf, die einzige zurückgebliebene Hüterin des Weidenhofs. Der Wind verkriecht sich wieder ins Waldlaub. Das jammernde Weinen, eine Weile verwimmernd, schwillt von neuem an. „Mutter—Mutter —", klagt es jetzt herzzerreißend dicht vor ihm aus dem Dunkel. Reiner Mertens zückt zu sammen. Der finstere Wald versinkt jäh vor seiner Seele, ein sonniges Gärtlein blitzt darin auf — Mutterarme und -Augen, Sie endlos Abschied nehmen — das letzte Wort am blumcn- überrieselten Latienzaun „Bleib auf rechten! Wege, Junge". — Das Bild verlischt. Halb unbewußt einem inneren Zwange folgend, tritt Reiner Mertens auf den Weg Hinaue. Das weinende kleine Wesen — die an das Dunkel gewöhnten Augen des Mannes erkennen deutlich ein kurzes Röckchen über bloßen Beinen — weicht erschrocken zurück. „Ich tu Dir nichts. Warum weinst Du denn?" Seine ruhige Stimme und die ausgestreckte Hand locken Vertrauen aus dem Kinderherzen. „Ich hab' mich verlaufen und finde nicht nach Hause", klagt es immer noch schluchzend. „Wo bist Du denn her?" „Vom Rautenhof." Wortlos saßt er die Kinderhand, die sich ihm vertrauend Überläßt. Ich werde es bis zur Landstraße bringen, denkt er, — und dann umkehren. In diesem Augenblick tritt sein dunkles Vorhaben, von dein kleinen Erlebnis ein Weilchen verdrängt, plötzlich wieder vor ihn. Rüttelt an ihm, drängt ihn zurück. Aber als sie die Chaussee erreichen und er seinen kleinen Fmdling den weiteren Weg Weisen will, klammert sich die kindliche Angst mit bettelndem Stimmchen an ihn. „Komm doch weiter mit, sonst verlauf' ich mich wieder." Minuten lang steht er unschlüssig. Dann macht sein Wille eine jähe Wendung. Die schon halb gelöste Männerhand, die eben noch den größten Hof der Gegend und mit ihm vielleicht das ganze Dorf zerstören wollte, krampft sich wieder fest um die Kinder hand und läßt sich von ihr fortführen, immer weiter weg von dem finsteren Waldhügel. Und indes der einsame Mann neben den trippelnden Kinderfüßen durch die Nacht wandert und das fremde Stimmchen geborgenheitsglücklich plaudert, daß es zur Musik hatte laufen wollen, verebbt allmählich der Sturm in seinem Herzen. Ruhe wächst darin und eine Be freiung, als hätte er die rächende Tat schon getan, aber ohne das Gewissen zu belasten. In die von Finsternis erlöste Seele ziehen Helle Erinnerungsgeister: die Heimat, die rechtschaffenen Eltern, die seit Jahren auf seine Heimkehr warten, das son nige Nachbarkind. Im Licht jener reinen Gedanken erkennt er erschauernd, wie weit sich seine Seele in dieser Nacht vom rechten Wege verirrt und wovor ihn das sich zu ihm verirrte Kind bewahrt hat. Noch eine weitere Erkenntnis durchstrahlt ihn, aufrichtend und befreiend: auch seine Liebe hatte sich ver irrt. Das Mädchen, das sein Herz verkaufen konnte, wäre nicht die rechte Frau für ihn gewesen. Immer Heller und freier wird ihm zu Mute. Auch die Finsternis um ihn lichtet sich. Einzelne Sterne blinzeln durch die Wolkendecke, immer mehr durchbrechen sie — und als die beiden den Rautenhof erreichen, strahlt das weite Sternenall so licht und froh, als spiegele es die Freude im Himmel über die Heimkehr der Benrrten. K<r^uiE-irciLel<rrevirski^ Die Furcht der Trockenen. Die Prohibition steht im Vordergründe des Wahl kampfes, der am 6. November durch die Abstimmung für die Präsidentschafts-Kandidatur Herbert C. Hoover's, des Banner trägers der trockenen republikanischen Partei, oder seines demokratischen Gegenkandidaten, des liberal gesinnten und für Freigabe von leichtem Bier und Wein eintretenden Gouverneurs von New Aork, Alfred E. Smith, ent schieden werden wird. Alle anderen Fragen treten in den Hinterarund. Gouverneur Smith bat mit der ihm eignen Offenherzigkeit erklärt, daß er die Prohibitionssrage zum Hauptgegenstande der Kampagne machen und das Problem durch Anwendung der demokratischen Prinzipien lokaler Selbstregierung und Staatsrechte zu lösen versuchen iverde. Wer ehrlich ist, muß zugeben, sagte der demokratische Präsident schaftskandidat, daß das ganze Land durchsetzt ist von den Korruptionen der Prohibitions - Durchführungsbeamten, Schleichhandel in geistigen Getränken und Gesetzlosigkeit. Er vertritt nach wie vor die Ansicht, daß der „Saloon" eine end gültig erledigte Einrichtung in den Vereinigten Staaten ist, daß aber eine Aenderung der bestehenden Prohibitions-Gesetze notwendig erscheint, um wahre Mäßigkeit, Achtung vor dem Gesetz und Ausrottung vorhandener Mißstände herbeizu- sühren. Diese Haltung der Prohibition gegenüber ist die aller eigenste Plattform des Gouverneurs von New Jork. — Wenn Smith, ein Feuchter, zum Präsidenten gewählt werden sollte, wird seine Erwählung ein Sieg der Feuchten fein, selbst wenn er die Unterstützung der trockenen demokratischen Staaten des Südens erhalten haben sollte. Und wenn ein Präsident der Vereinigten Staaten mit feuchten Neigungen erwählt wird, dürfte das seine Wirkung auf die Kongreß- Wahl ausüben. Es ist anzunehmen, daß Mitglieder des Hauses und des Senats, wenn es sich herausgestellt hat, daß ein Feuchter eine Nationalwahl gewinnen kann, politisch weniger trocken werden dürften. Kulturhistorische Merkwürdigkeiten. Von vr. Kurt Pieper. 1485 wurde den Frauen in Regensburg verbot?', mehr als 18 Röcke und Mäntel zu besitzen. * Bei der Erfindung der Buchdruckerkunst ahnte man deren weltnmwälzende Bedeutung nicht. Die Tätigkeit des Druckens wird noch lange „schreiben" genannt; die Buchdrucker hießen noch 1486 „Schreiber", und man schrieb bereits gedruckte Bücher wieder ab. * Auf Grund astrologischer Voraussagen fürchtete man in Deutschland für Februar 1524 eine Sintflut. Am Hofe Kaiser Karls V. wurde erwogen, ob man die Heere auf Bergen z-r»- rückziehen uud dort Magazine anlegen sollte. Privatleute flüchteten aus höher gelegene Plätze, und besondere Schiffe und Archen wurden gebaut. -i- Humanismus und Renaissance führten in Deutschland zu einer ungebührlichen Ueberschätzung des Lateinischen in der höheren Bildung. Ein Rektor Bursmann in Naumburg ver langte, man müsse das Deutsche ganz aus den Schulen ent fernen. Kursachsen schrieb in seiner Schulordnung vor, keine» Unterricht in der Muttersprache zu erteilen, und hiernach richteten sich die meisten Lateinschulen Deutschlands. Durch Aufpasser suchte man darauf hinzuwirken, daß die Schüler unter sich nur lateinisch sprachen; Dentschsprechen wurde be straft. , Spiel und Sport Im internationalen Fliegerrennen in Köln um den Preis des Deutschen Turnfestes, dem über 40 VON Zuschauer beiwohnten, feierte der deutsche Meister Engel einen prachtvollen Sieg über die internationale Fliegerklasse. Mit fünf Punkten vermochte er den Frauwsen Fauwenr. vrr Angst» Ser Preußen aus sieMkMf am. 15. Dezember 1745 nachmittags 2.30 Uhr. (Diorama in der HeimatsammjMg zu Wilsdruff.) Wir stehen etwa auf Punkt 319 des Meßtischblattes (südwestlich vom Bahn hof Kesselsdorf) und blicken nach -Nordosten Weithin strecken sich die verschneiten und «ressten «Höhengüg-e, die dunkle Baumgruppen abschließen, links der Lerchen- busch (jetzt Msgerodet), weiter rechts, .aber immer noch hinten «links der WetterbiHch, in der Mitte der Hnsenbusch und die Baumrechen der Kausbach—Steinbacher Straße und weiter nack) rechts die der von Ankersdorf nach Zöllmen. Kausbach .selbst «liegt links hinter den Höhen. Seine Windmühle, «die -heute die Gegend beherrscht, suchen wir vergeblich. «Sie stand damals noch nicht. Deutlich erkennen wir aber in der Mitte des Hintergrundes die Dreihäuser und weiter rechts «Steinbach. Von links her zieht am Lerchenbufche vorbei «die «Wilsdruffer «Straße und vereinigt sich «mit der -baumbestandenen AnEersdorser in -einem Hohlweg «unweit «vom Dorfeingan-g. Zu ihnen MM sich von «vorn -kommend die «alte «Grumbacher Poststraße, die ebenfalls in einem Hohlweg «ein Stück am Dvrfrande -entlang «läuft, «und «dann halten «sie ver einigt «zwischen Hecken ihren Einzug in Kesselsdorf, «über dessen schneebedeckte Dächer von rechts der altehrwürdige 'Kirchturm G. «Bärs schaut., In einförmiges Weiß hat der Dezember «die Landschaft -gehüllt. Aber lange dunkle «Linien -rücken «im Hinter gründe «heran, -am Lerchenbusch «und links oberhalb «Steinbach am «Hufenbusch «blitzt es auf, und Rauchschwaden ziehen empor zum grauen Windech-imme-l. Die preu ßischen -schweren Batterien haben ihr «Feuer «auf «Kösselsdorf -eröffnet, und schon qualmt -es «hinten «aus -einer Scheune. Mit -dem rechten «Flügel am «llnkersdorfer Weg «bis in die Nähe der Dr-eihäUser sich ausdehnend, schickt sich Generalleutnam von Lehwald mit «den «Regimentern -Jeetze, Leps, Prinz Moritz «und Herzberg «an, in den Brückelgrund hinabzusteigen, «und weit nach rechts sehen wir die «Kolonnen- der preu ßischen Infanterie «und der -Kavallerie -des linden «Flügels, die «auf «den Steinbach- Roitzfcher «Höhen hält. Dicht vor uns -aber stürmen die preußischen Grenadiere urw Musketiere «gegen die -große Batterie «der «Sachsen am Dorfeingang. Dicht gedrängt üehen die Verteidiger, vier «Glieder tief, hinter den «Hecken, Jenseits der Do-rfstraße nach hint^ rechts das österreichische -Grenabierbataillon Le «Fee- mit 2 Kompagnien vom Regiment -Keuhl «(grüne Abzeichen), 2 von Wurmbrandt «(braun), 2 von Waldeck (hellrot). Diesseits stehen -die Sachsen. Rechts Grenadierbataillon v. d. Brüggen (Grenadiere «der Regimenter Gosel sweiß-hellgrünf und Rochow sdunkelgrün-rotst, anschließend Merodt (Gräf Brühl sweiß-ihellrotj -und «Weißenfels sweiß-dunkelblaus). Vom Bataillon «Gersdorf sehen- «wir «nur «den Flügel her ersten «Kompagnie «Grena diere des Regiments -Königin (weiß duÄekrot.) Hinter «den «kahlen Bäumen -des Obstgartens steht -Generalmajor von All-npeck mit «seinem Stabe, der Führer dieser Grenadiermasse. Bor dem Dorfe und «den Grenadieren «stehen nach damaliger «Sitte die Geschütze, von Artilleristen bedient, «die damals schon den «grünen Rock mit den -roten «Aufschlägen und «Kragen trugen, neben «den- schweren Sechs- «und Zwölfpfündern -und Mörser die nur sechs Pferde fortbringen «seihen wir auch leichte dreispännige Bataillonsgeschütze. (Schluß folgt.) - Norden ist also nach der linken Hinteren Ecke des Dioramas. 2 Die Grenadierbataillone wurden damals im Kriege erst zusammengestellt und nach dem Führer benannt. JedesJnfanterieregimenthatte2BataillonezuöMusketier-undIGrenadier- kompagnnnidieGrenadierkomoagnienzweierRegimenterbildetenmm im Kriegerin Bataillon, daher die vcrschiedeneNniformiernng. Le Fee hatte sogar von 3 Regimentern je 2 Kompagnien^ LeiircdriN Mr üel«attsrrcb«>g uns WusipMge »»«»««»«Ila«« »«» „MuaraNer cagedum" / Nacdürac» ,ZmM-»ei- MM«!aae» ««Ke gamena»«»»« »erd»««, Nummer rb August mr>7. Mrgaug ZsgOgercbicdtlicbez s«; «er MMiMrr gegen«. Von Alfred Ranft, Blankenstein. (Schluß.) Die Schußliste ist das beste Spiegelbild des Jägers -und «müßte eigentlich gesetz lich gefordert werden. Sie gibt zudem Aufschluß «über «die -eine Gegend bewohnenden Iagdtiere. Die «meisten Nachrichten «über aus-gestorbene Tiere «bauten- «wir Schußlisten. Der kl r ist in Sachfen um das Jahr 1060 ausgerottet worden, der Wisent um 1400, «der -El ch «um 1500 Der Bär -hat sich bereits vor dem Dreißigjährigen Kriege in die ausgedehnten Wälder des oberen «Erzgebirges zurückgezogen. Ihm folg ten Lux «und W -oIf. Der «letzte Bär -ist -in Sachsen 1734 -erlegt «worden, der letzte -Lux 1743. -Johann Geoorg P. schoß >1'689 bei «Spechtshausen einen Wolf, wohl «den letzten «der Wilsdruffer «Gegend. Bedeutend «länger hat sich die W ildkatze ge ihalten. 8m Tharandter «Walde scheint sie um 1800 «ausgestorben zu sein. Wann «der Biber, der ja einem Ort «(Bieberstein) und einem Fluß (Bobritzsch) den Namen gegeben hat, letztmalig in 'unserer «Heimat vorgekommen-ist, läßt sich nicht mehr feststellen-. «Der Fischotter war bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts der gef-ürchteiste «Feind unserer Forellenbäche. «Einer der «letzten «wurde -um 1875 -von -Gutsbesitzer Watzel-Sora «im 'Tal der Kleinen Triebisch auf Wur Lampersdorf er legt". Das für den Feldbau so schädliche Schwarzwild ist schon -vor 1800 in die großen Wälder -zurückgedrängt worden. Das Prunftverzeichnis vom Jahre 1783 gibt für «den Tharandter WaL> einen« Bestand «von «94 Stücken an^^. 1790 fordern n Prof. vr. Otto Koepert: Vom deutschen Weidwerk. 1826. Unsre Heimat. 1928. Nr. 1 und 2. 7' H.-St.-A. Dresden. Lsc. 497. Vol. II. fol. 99 u. f.