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Wilsdruffer Tageblatt : 02.03.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192403027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240302
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-03
- Tag 1924-03-02
-
Monat
1924-03
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 02.03.1924
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Gr«-enu«slSck in Buer, Buer, 29. Febr. Ein Grubenunglück ereignete sich zur Nachtzeit auf der Zeche „Graf Bismarck", Schacht 3 und 5. Ein mit Eisenfchienen beladener Korb wurde in den Schacht hinab gelassen. In dem Korb aber hatten auch drei Bergleute Platz genommen, was dem Fördermafchinift nicht bekannt war. Der Ausschlag gegen den Boden war nun derart stark, dass die Leute schwere innere und äussere Verletzungen, u. a. Knochenbrüche, davontrugen. Sie muhten sofort ins Krankenhaus in Buer-Erle eingeliefert werden, wo bereits -einer von ihnen gestorben ist. Das Befinden der beiden andern ist besorgniserregend. Degoutte gegen deutsche Steuerhoheit Strafandrohungen. Der französische Kommandeur im besetzten Gebiet sagt in einer Bekanntmachung an die Bevölkerung, ohne seine Genehmigung seien keine nach dem 11. Januar er gangenen Verordnungen der deutschen Regierung anwend bar. Das bezieht sich auf das Rentenmarkgesetz, sowie auf alle Steuerverordnunngen, die von der Besatzungsbehörde noch nicht genehmigt sind. Sowohl die Einforderung der Zahlungen durch die Behörden, wie die Leistungen der Steuerpflichtigen werden unter Strafe gestellt. In einer Verhandlung erklärte der Vertreter des Generals Degoutte, daß die Finanzhoheit des Deutschen Reiches in dem besetzten Gebiet aufgehoben werden würde, wenn die Finanzämter versuchen sollten, die verbotenen Steuern einzuziehen. Der Reichrtago-Wahltermi« Berlin, 29. Februar. In der 7. Abendstunde be gaben sich, wie das »Berliner Tageblatt' meldet, gestern die Parteiführer zum Reichskanzler. In der Unterredung wurde erwogen, ob sich der Reichstag sofort auflösen solle, oder ob eine Vertagung des Reichstages Ende der Woche auf 3 Wochen zweckmässig wäre. Die Besprechung war nur von kurzer Dauer. Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Der abgelehnte Genosse. Dor einigen Tagen ging durch die Presse eine Nachricht aus Köln, wonach der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Meerfetdt sich im Flugzeug nach London begeben habe, um mit dem Premierminister Macdonald über rheinische Fragen zu ver handeln. Im „Vorwärts" war deutlich der Stolz zu merken, dass sich hier offensichtlich für die internationale Solidarität ein grosser Triumph vorbereite. Wie musste man aber staunen, als einige Tage später derselbe Genosse mitteilte: „Macdonald hat vorab der Gründe genug, auf Frank reich sehr starke Rücksicht zu nehmen und die Franzosen nicht unnötig zu brüskieren. Gerade in den Tagen unseres Lon doner Aufenthaltes ereigneten sich Dinge, die Macdonald zu noch grösserer Zurückhaltung gegenüber Frankreich veranlass ten und es ihm deshalb auch geraten erscheinen lassen, Poin- carL nicht dadurch zu verstimmen, dass er Vertretern des Rheinlandes eine offizielle Unterredung gewahrte." Stärker kann man die Selbsterniedrigung kaum treiben. Erst teilt der Genosse bieder mit, dass Macdonald ihn rausge schmissen, und dann stellt 'er ausdrücklich fest, dass von inter nationaler Solidarität der Genossen keine Rede, dass. Mac donald vielmehr eine durchaus nach Sondergesichtspunkten, die mit der Sozialdemokratie nicht das geringste zu tun haben, ge richtete Politik befolgt. Setzt doch Herr Meerfeldt zur Rhein landfrage hinzu, „auch hier ist zu betonen, dass die Engländer -diese Dinge eben englisch sehen." Soll das Erfolg und Aussicht der Regierungsübernahme durch die Arbeiterpartei sein? Auch durch diese Ohrfeigen wird die Sozialdemokratie in Deutsch land nicht belehrt werden. Sie darf keine Einsicht zeigen, wenn sie nicht gestehen will, fünfzig Jahre geirrt und geschwindelt zu haben. - -t'.MMst Der Gipfel ««tio»aler Würdelosigkeit. Eine Berliner Wochenschrift veröffentlicht das folgende Antwortschreiben des Chefs der Heeresleitung an den bekannten Professor Dr. Quidde. An das Deutsche Friedenskartell, zu Händen von Herrn Professor Quidde, Berlin. Auf das Schreiben vom 3. Januar 1924 sachlich ein zugehen, muss sich mir versagen. Die Gedankengänge des internationalen Pazifismus sind für ein international der art misshandeltes Volk wie das deutsche an sich schwer be greiflich. Wenn es aber Deutsche gibt, die sich nach den Erfahrungen des Ruhreinbruches und in einer Zeit, in der Frankreich den Vertrag von Versailles täglich mit Füssen tritt, für die Durchführung dieses Vertrages im Interesse der Franzosen einsetzen, so kann ich das nur als den Gipfel nationaler Würdelosigkeit bezeichnen. Im übrigen möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass ich bei einer Er örterung der in Ihrem Schreiben berührten Fragen in der Oeffentlichkeit sofort mit den Mitteln des Ausnahmezu standes gegen Sie einschreiten werde, ganz unabhängig von einem etwaigen Verfahren wegen Landesverrats. v. S-eeckt. veltWer KMttrg. (401. Sitzung.) 6ö. Berlin, 29. Februar. -Das Haus setzte die große politische Aussprache fort. Vor Beginn der eigentlichen Debatte richtete der Kom munist Thomas an die Regierung die Frage, ob es richtig sei. dab die beschlagnahmte kommunistische Literatur noch kurz vor Aufhebung des inilitanichen Äusnaymezusvanibes veroraum werden sollte, und wünschte Auskunft darüber, ob nun wieder die kommunistischen Blätter erscheinen können. Der deutschvölkische Abg. Wulle, der als erster Redner aus dem Hause das Wort ergriff, sprach die Ansicht aus, daß die Weimarer Verfassung durch die Militärdiktatur und das Ermächtigungsgesetz restlos aufgehoben worden sei. Der selige Kapp sei gegenüber der Regierung Marx-Stresem-ann ein reiner Waisenknabe gewesen, da sie weit rücksichtsloser als dieser mit der Verfassung umgesprungen sei. Für das herrschende System sei typisch die fortwährende Suche nach Landesver rätern. Der Redner war iveiter der Meinung, daß Lie Hand habung des militärischen Ausnahnlezustandes bewiesen habe, daß man selbst einem hervorragenden Heerführer die politische Leitung nicht übertragen dürfe. Der Redner tadelte weiter die Negierung, daß sie den Franzosen das Beileid anläßlich Les Unterganges der „Dixmutden" ausgesprochen habe, desgleichen ihre Haltung gegenüber dein Tode Wilsons. In den Reihen der Deutschen VEspartei und auch im übrigen Hause wurde man unruhig, als Herr Wulle die Rede Stresemanns etwas zuivohmütig nannte und meinte, daß diese Betteleien vor dem Auslande geradezu ekelhaft amnuten. Reichsfinanzminister Dr. Luther zog zuerst einen Vergleich mit den früheren Zeiten. Er wies darauf hin, daß früher Ler Finan-zminister einen wohlgestigten Etat vorlegen konnte. Dies sei diesmal nicht möglich, weil die Muhrbesetzung noch immer jede Etatsaufstellung unmöglich mache. Er ging dann auf die Gründe ein, die die Regierung zur Einbringung des Notetats veranlaßt hätten. In die sem Zusamenhang-e rechtfertigte er auch die Steuernotverordnuna. -die im Interesse der Balancierung des Etats eine Notwendig keit sei und gang besonders auch im Interesse der Stabilisierung der deutschen Währung. Minister Dr. Luther schilderte weiter die Entstehungsge schichte -der Rentenmark. Da dem Reiche aber nur 1,2 Milliar den zur Verfügung gestellt werden konnten, so hätte sich die Not- wendigkeit einer weitgehenden Beschränkung der Ausgaben er- gebem die sich spater als währungspolitisch durchaus richtig er wiesen hätte. Wenn bei der Veröffentlichung absoluter Zahlen gezeigt werde, daß reichere Länder ihre Bürger steuerlich höher belasteten als Deutschland, so hätten diese absoluten Zahlen keine Beweiskraft. Das Maß der deutschen Verarmung zeige sich durch einen Vergleich der relativen Steuerbelastuny von 1913 und 1924. Da die Rentcmnark nur eine Mergangs- lösung darstelle, so brauche Deutschland vor allem dringend Goldkredite für seine Wirtschaft. Weiter wurde die Frage der Vesatzunaskosten angeschnitten und hervorgehoben, daß diese zum größten Teile an Lie Bevölkerung der besetztenIseviete ge zahlt würden. Die Regierung hätte sich bemüht um ihre Herab setzung. Leider sei ihr die Genehmigung zur Erhebungder Steuern, der zweiten Steuernotverordnung im besetzten Ge biet, trotz dringendster Vorstellungen bisher immer noch nicht erteilt worden, ja, es sei sogar geradezu eine Verbot ergangem die Steuern zu zahlen. Mit den Abänderungsanträgen für die Verordmmgen werde sich die Regierung eingehend beschäftigen, sie müsse aber unter allen Umständen an dem Gedanken der sogenannten Miels stell er festhalten. Außerdem stelle die jetzige Vorlage nur eine übergangsmaßnahme zur freien Miets- Wirtschaft dar. Wenn nicht unvorhergesehene Störungen ein treten, werde am 1. April mit einer Erhöhung der Be ll mtcngehälter und Renten begonnen werden. Der Mg. Ledebour (U.-Soz.) wandte sich vor fast leerem Hause gegen die Abschaffung des Achtstundentages und ver langte, diese wichtige Frage einer Volksabstimmung zu unter werfen. Dann vertagte sich das Hans auf nächsten Mittwoch -ir Arbeitsplan vcs Reichstags. Der Ältestenrat des Reichstages beschloß mit Rücksicht ans die geplanten Pfalzkundgebungen in Mannheim sowie auf die Abgeordneten der besetzten Gebiete, den Sonn abend sowie den Montag und Dienstag der nächsten Woche sitzungsfrci zu lassen. Mit der am nächsten Mittwoch festgeisetzten allgemeinen Aussprache werden verbunden die Interpellationen, die von den Sozialdemokraten und von der Deutschnationalen Volks-Partei zu Len Eisenbahnfahrpreisen, zur Not der Land wirtschaft, zur Frage der Arbeitslosigkeit der Industrie einge bracht sind. Von der Reichsregierung werden sich nach Mann heim der Reichspräsident, Reichswehrminister Geßler, R-eichs- wirtschastsminister Hamm und Postminister Höfle begeben: ebenso Reichstagspräsident Löbe. Alle Parteien haben den Wunsch geäußert, in möglichst großer Kava dieser Mann- Heimer Tagung ieilzunehmeu. - « ALL rm/E Mma/ s - Wilsdruff-Dresden, am l. März 1924. Merk!«« für üe» 2. z MSr; Sonnenaufgang 6" (6") 11 Mondaufgang 5* V. G" V.) Sonnenuntergang 5^ (5")1l Mondmitergang 2' N. (3" N.) 2. März. 1810 Papst Leo XIU. geb. — 1820 Niederländi scher Dichter Multatuli (Eduard Dekker) geb. — 1824 Komponist Franz Smetana geb. — 1851 Strafrechtslehrer Franz v. Liszt geb. — 1916 Elisabeth, Königin-Witwe von Rumänien (Carmen Sylva) gest. 3. M ä rz. 1847 Geograph Alexander Supan geb. — 1878 Der Vorfriede zu -San Stefano beendet den russisch-türkischen Srieg. — 1918 Friedensschluß zwischen den Mittelmächten und Rußland. Hebetalge für Einkommen-, Vermögens-, Gewerbe- und Umsatzsteuer des Finanzamtes in Wilsdruss. Am Mittwoch, den 5. März, und Donnerstag, Heu 6. März, hält das Finanzamt Nossen in Wilsdruff, Rathaus am Markt, Stadtv-eroröneteü- sitzungssaal, zur Emh-ebung der am 29. Februar und Anfang März fällig werdenden Steuern Hebetage ab. Die Kassenftelle ist geöffnet am 5. März von 10 bis 12 Uhr vormittags! und 2 bis 6 Uhr nachmittags, am 6. März von 8 Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags durchgehend. Zur Erhebung kommen die Einkommen-, Vermögens- und Umsatzsteuervorauszahlung und die 4. Rate der -Gewerbesteuer 19-23 (2. Hälfte). Die den Steuer pflichtigen zugestellten Benachrichtigungsschreiben, die Brotver- sorgungsabgabebescheide sowie -die a us g e f ü llte n Voran- meldungsvordrucke sind mitzudringeu. Acrztlicher Sonntagsdienst (nur -dringende Fälle) Sonntag den 2. M-Lkz: Sanitätsrat Dr. Bartcky-Wilsvrujf und Dr. Auerbach-Burkhardswalde. Erfolge eines Polizeihundes. Bei dem Gutsbesitzer Kürbis in Roitzsch wurde in -der Nacht zum 29. d. Mts. aus bem Stalle mittels Einbruchs -ein Mhriger Schafbock gestohlen und an Ort und Stelle abgestvchen. Vorher waren die Unbekannten auch in den KuWall eingessiegen, haben denselben Uber wieder ver lassen, ohne etwas m-itzunehmen. In beiden Fällen haben sie die Eiscnsläbe an den Fenstern herausgewuchtet. Weiter waren der Maschinenschuppen und die Türe zum Holzstall aufgebrochen, aber nichts gestohlen worden. Der von der Gendarmerie hinzu gezogene Spürhund „Lord" von Weinböhla, Führer Gen-.- - ÄWqHaF Awy? i »»»»»»»»««»»»«»«»»»« »»»»»» „»LUI» Wim Karneval vor buMN Mir». Seit zehn Jahren kennt.Deutschland keinerlei Faschings- beluftigung mehr; Prinz Karneval hat den Zeitereignissen weichen müssen. Besonders am Rhein trauert man noch immer dieser Tatsache nach und erinnert sich gewiss gern des lustigen Faschingstreibens, das sich vor genau hundert Jahren in Köln tagelang abspielte. Dem Feste des Jahres 1924 lag die Idee zugrunde, dass die Prinzessin Venezia den Helden Karneval be suche. Deusscher und italienischer Fasching sollten in Wettstreit treten. Ein alter Chronist hat die Einzelheiten dieses Mummen schanzes ausgezeichnet, dessen Erinnerung uns heute genügen muh, dem Narrenprinzen sein Recht zu geben: „Schon am 14. Februar wurde dieser Besuch in der Zei tung angekündigt, und auf eine recht närrische Weise motiviert. Auf den 28. Februar wurde ihre feierliche Einholung vom Severinthor festgestellt, die feierliche Cour am 1. März ans dem Neumarkt und abends der Maskenball auf dem Gürzenich an beraumt. In den fernern öffentlichen Anzeigen besprach man den Verlauf der Reise der Prinzessin, ihr Gefolge, usw. und be nannte das Werbehaus, wo sich diejenigen einschreiben konnten, welche in entsprechender Maske bei der Einholung tätig sein wollten. Am 29. Februar (Sonntag) war ganz Köln festlich ge schmückt. Auf den Strassen, welche der Zug passierte, waren die Häuser mit Teppichen behangen, jedes Fenster mit fröhlichen Gesichtern besetzt. Morgens 9 Uhr durchfuhren Nachtwächter und Amtsboten die Stadt und forderten durch Zettel alle Ein wohner auf, Bewillkommnungszeichen nicht zu sparen. 10 Uhr bezogen die Funken (altkölnische Soldaten) ihre Posten. Nach mittags 3 Uhr begann der Einzug. Voran flogen 24 Courire, ihnen folgten Kürassiere und die Abgeordneten des Helden Karneval. Hiernach erschien Illustrissima Venezia -in einem prachtvollen Stadtwagen, mit der Hofmeisterin Sherzo Vallante, -den Hofdamen Colombette, Grociosa, dem Dogen Duca guar- dino Attlante, Grossadmiral Ococte Vente, Seneschall Toga dorata, Haushofmeister Viglia fempre, Zermvnienmeister Su- avegesto, Hofkoch Buengusto -usw. alle in Wagen, denen sich ein langes Ehrengeleit, ebenfalls in Wagen, anschloss. Illustrissima, in ihr Hotel geleitet, empfing die Honorationen und nahm.ein solennes Mahl ein. Abends war Maskenball im Kuhberg. Montag, den 14. März war schon früh der Neumarkt voll Menschen. Alle Fenster, alle Dächer, die man grössten teils abgedeckt hatte, -die Türme der Häuser und Kirchen waren mit Zuschauern dicht besetzt: auf den Bäumen saßen sie zu Hun derten. Auch in den Strassen, die zu dem- Platze führen, wogte cs Kopf an Kops.. Allmählich erschienen die einzelnen Mas kenwagen, zuletzt auch der Prinz Karneval i-n einem acht- fpcnnigen Wagen, begleitet von seiner Leibgarde und den Hof chargen. Unter Pauken-- und Trompelenschall und -dem Donner vieler Kanonen bestieg er seinen Thron, der auf der Mitte des Platzes sich erhob. Umgeben -von seinen Granden und Pagen schlug er den Hanswurst zum Ritter, und liess durch den Kanz ler dem Herold befehlen, den Anfang des Festes nach allen vier Winden zu verkünden. Demnächst kam auch die Prinzess in einem achtfpännigen Wagen -mit ihrem ganzen Hofstaate. Am Fusse des Thrones stieg sie aus. -Sie wurde auf bas Feierlichste unter 'den lautesten Vivats aus allen Kehlen empfangen und, während acht Mohren die Schleppe ihres reich gestickten Azur- mantels trugen, z-um Thron des Helden geführt. Es fand eine Unterredung statt, -man reichte den Ehrenwein, Orden wurden gewechselt, das Feftlied gesungen, endlich bestiegen alle die Wagen und der grosse Zug begann. Voran ritten ein chine sischer Fürst mit zwei Mandariney, und dem Gefolge in höchster orientalischer Pracht, zehn musizierende Devwiche und der Reichsherold, Vann kamen die kölnischen Funken, mit ihrem Oberst, Tambour rind Pfeifer an der Spitze, und vier Marke tenderinnen im Gefolge. Der Oberst, mit einem ge waltigen Zopfe, einem über alle Massen grossen Regen schirm unter dem Arm, hatte seinen Adjutanten hinter sich auf dem Pferde. Ihm folgten nach und nach: der Reichsbannerträger in der reichsten Pracht des Mittelalters, (sein Banner war mit den seltsamsten Karrflaturen bemalt), vier alte Weiber, welche Quartette sangen und eine Paukenschlägerin an der Spitze hatten, alle zu Pferde; eine Abteilung Zigeuner mit ihrem Hauptmann Mom-us und die berittene Leibgarde mit ihrem Obersten; der Oberstallmeister und der Oberjägermeister mit reichem Gefolge zu Pferde; der Hofchirgus zu Wagen, er schnellte aus einer Klistierspritze den Damen Blumenbouquette in die Zimmer; eine Hebamme; das Hostheater unter Apollo und Merkur zu Wagen; zwei colvesale Hermen, auf der Brust Audi! Tace! auf dem Rücken Fide! Vide! Papagono und Papa- gena tanzend; Graf Nord und Maler Spinarosa; verschiedene Ritter und Kobolde alle zu Pferde; Hänn-esken, Bestevater und Mirizivil, die Repräsentanten der kölnischen Marionetten, mit Hanswurst und -der modernen Phylosophie im Gesolge; zwei Zwerge, welche sich zuweilen zu haushohen Riesen auseinander recken; die Hvfkapelle zu Wagen, sechsunddreißig Mann stark, unter Kapellmeister Graf Furioso di Gembalo in äußerst interessanten Kostümen; der venetianische Gesandte gefolgt von Arlechino, Arlechinetta, Pierrot, Pieronetta. Pantalon- und Poloinetta; die Gesandten aus Griechenland, Peru, Indien, Türkei usw. Don Juan, der Rattenfänger und ähnliche Ge- ftalton; der Hofvirtuos, Hoftrubadour, der Staatskanzler und Oberzeremonienmeister, der Doge in sechsspännigem Wagen; der Held Karneval (Emanuel Zanoli) in achtspännigem Wagen. Der Wagen ein Delphin, der Schweif zu einem Thron gestaltet, war purpurrot mit -Gold ausgeschlagen. Der Held war in weißem, samtnem, mit Perlen und Edelsteinen besetztem Gewände. Von seinen Schultern hing ein roter, langer Purpurmantel, mit Gold und Silber reich gestickt und mit Hermelin gefüttert. Die Brust zierte der von dar Prinzessin verliehene Orden, in Form einer Narrenmütze; er hing an einer schweren- goldenen Kette. Das Haupt deckte eine goldene Krone, funkelnd von Dia manten, Rubinen, Smaragden und Topasen, ein tanzender Hanswurst bildete ihre Spitze. Auch die Agrassen am Mantel und an den. amaranthroten, seidenen, goldgestickten Stiefeln bildeten komische Larven. An der Linken hing das Reichsschwert an einem himmelblauen Gurte. Die rechte Hand trug ein golden Narrenzepter in der Gestalt des Comus. Ihm solgte' die Prinzessin Venezia (Banaquier Simon Oppenheim). -Ihr Wagen, von acht Pferden gezogen, stellte in der Form eines Schwanes eine Gondel dar, in welcher Gott Odeanus den Steuermann.machte. Wagen und Bekleidung der Prinzessin waren über älle Beschreibung prächtig. Beide schmückte eine solche Mässe von Brillanten, daß das Auge da von geblendet wurde. Um beide Wagen sprengten mehrere Adjutanten, welche im Auftrage der beiden Hoheiten den Damen und Herren Bonbons, Blumen, Gedichte usw. überreichten.^ Zuletzt folgte, in einer unübersehbaren Reihe Wagen, das Hofgefölge, in den interessantesten und reichsten Trachten des Mittelalters und der Zopfzeit. Eine zweite Abteiluna Kürassiere im vergoldeten Pan zer schlossen das Ganze. Der Zug bewegte sich durch Vie vom Helden vvrgeschriebenen, vorher öffentlich bekannt gemachten Strassen. Viele Häuser hatten ihm zu Ehren Inschriften, när rische Gemälde, Fahnen, Blumengirlanden. Teppiche und dergl. ausgehangen. An einer Stelle stand ein Triumphbogen mit der Inschrift: Ällhier in dieser «roßen Stadt, Wo jeder seinen Sparren hat, Darf niemand, kehrt er bei uns ein, Gescheiter als wir andre sein. Hier wurde der Held und die Prinzessin feierlichst bewill kommnet, und ihnen ein Festgedicht überreicht." . ... ...... . -
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