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Die Sachsen-Zeitnng enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmaunschast Meitze«, des Amtsgerichts und Stadtrats z« Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen u. a. Dienstag den 17 Juni 1924 Wilsdruff-Dresden. Nr. 139 - 83. Jahrgang. Postscheck: Dresden 2640 Tel.-Ad:.: .Sachsen,eiwn,» SÜ5M/VM, SwE KaMeMe «. AfSeSer AnzcigenpreiL: di« 8 zefpallene Nanni,«Ne » Doldpfrnnig, die 2 gespaltene Zeile der amtlichenBekanntmachungen40Gold- pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile der Zeitung loo Goldpsennig. Nachweisungsgebühr 20 Gold pfennige. Dorgeschriebene Lr- scheinungstage und Platzoor- schristen werden nach Möglich. -Ff/kw/7 KM/ N?. o k-it be-ückjichligt Anzeigen- annahmc bis vormittags 10Uhr. > -- - Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingczogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. 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Mehr als doppelt so viel Stimmen wie Dou mergue erhielt er bei der Abstimmung der versammelten Linksgruppen der Deputiertenkammer und des Senats. Aber bei der entscheidenden Sitzung, als nun die beiden Kammern im Saal von Versailles zusammentraten, da erhielt Pain- levö nur noch 7 Stimmen mehr zu seinen 302 vorher er rungenen, Doumergue aber schnellte von seinen da maligen 146 Stimmen auf 515 und erhielt damit 84 Stim men über die absolute Mehrheit, war also gewählt. Es war die Rechte des Senats und der Deputiertenkammer, die Doumergue den Einzug in das Elhföe ermöglicht hat. Dort hin, wo der Präsident der französischen Republik sein Heim hat. ' Das ist ein Geschehnis von nicht unwesentlicher Be deutung, weil der Präsident — wie er in seiner Rede über aus deutlich zum Ausdruck brachte — seine Stellung von der Zustimmung des Volkes, also der Volksvertretung abhängig macht. Ein überaus gefährlicher Zustand. Denn nun muß Doumergue dafür sorgen, Laß er sich Lie Mehrheit, die ihn wählte, auch für die Zukunft erhält; sonst muß er eines baldigen Tages sich auch wie Millerand die Möbel wagen zum Auszug aus dem ElysLe bestellen. Das heißt also, daß, soweit er politischen Einfluß auszuüben in Ler Lage sein wird, er sich gegen eine allzu scharfe Linkspolitik rinsetzen muß. In einer Hell-Dunkel-Manrer hat er es ver standen, die Klippen Ler Wahl klug zu durchschiffen; aber die Sozialisten Blums sind wütend. Bezeichnenderweise munkelte man gleich nach dieser Wahl, Herriot werde den Auftrag zur Bildung eines Ministeriums nicht übernehmen, ein Gerücht, das sich freilich bald genug als falsch heraus stellte. Der erste, den Ler neue Präsident zu sich rief, war Herriot, um ihm die Bildung eines Kabinetts zu über tragen. Und Herriot hofft, bis zum Dienstag mit seiner Arbeit fertig zu werden. Fraglich bleibt dabei allerdings, ob er wieder aus alle Ministerkandidaten zurückgreifen wird, von denen Man vor einiger Zeit sprach. Denn auch er kann, weil er den Sozialisten nun, nach diesem Wahlergebnis, nicht mehr trauen kann, jederzeit durch ein Zusammenstimmen der Rechten und der Sozialisten gestürzt werden. Und das Handelsobjekt mit der Rechten ist die Außenpoli - tik. Es ist ja die alte Geschichte: auch Li« Radikal-Sozia listen und jene anderen Gruppen, die Mr Politik Poin- cares im Gegensatz, teilweise in schroffer Opposition standen, werden zweifellos manche Ansicht revidieren müssen aus rein parlamentarischen Gründen, wenn näm lich die Sozialisten, deren Hinzutreten der Linken erst die Mehrheit gibt, sich aus Verärgerung zurückhalten oder gar abweisend verhalten würden. Wahrscheinlich wird man ihnen aber zuerst doch noch mit allerhand politischem Zuckerbrot kommen. Doumergue ist in der „Depsche de Toulouse" im ver gangenen Jahre scharf gegen die Ruhrbesetzung ein getreten, aber einst, während des Krieges, verhandelte er mit Rußland, wobei Ostpreußen an den Zaren „abgetreten" wurde, das Rheinland aber an Frankreich fallen sollte. Ebenso unklar ist der neueste Wechsel im Vorsitz der Repa- rationskommifsion: an die Stelle Barthous tritt Lou- cheur. Der hat zwar mit Rathenau das Wiesbaden-Ab kommen abgeschlossen, aber er ist vor allem die maß gebendste Persönlichkeit im Oomitö äos karges, dem Nutz nießer der Micumverträge. Ist auch gerade das Gegen teil eines Gegners der Ruhrbesetzung. Immer und immer wieder muß also vor einem bei uns so natürlichen Optimismus hinsichtlich der kommenden außenpolitischen Entwicklung gewarnt werden. Denn Herriot wird ebenso wie alle seine Vorgänger doch vor allem französische Politik treiben. Hen-wis Kabinettsbildung. Amtlich wurde in Paris Sonnabend bekanntgegesiSN, daß Herriot die Bildung der Regierung übernommen habe und abends die Namen seiner Mitarbeiter bekanntgeben werde. Die neue Regierung wird sich am Dienstag dem Parlament vorstellen und sofort für die Interpellationen zur Verfügung stehen. Am nächsten Sonnabend wird Herriot nach Chequers reisen, um dort mit Ramsay Macdonald eine Besprechung zu haben. Das Kabinett Herriot. Paris, zz. Juni Das Ministerium Herriot ist gebildet und wird stch um Dienstag dem Parlament vorstcllen. Die Zusamnensetzung sit^solaende: Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen: Herriot, Justizminlster: Renoutt, Finanz. Minister: Clementel, Minister des Innern:Camille Chautemps, Kriegsm.achter: General Rollet Marine: Dumesnil, Öffentliche Arbeiten: Pehtral, Handel: Ravnaldv, Minister der Pensionen: Bovier Lapierre, Ackerbau: Quenille Öffentlicher Unterricht: Francois Albert, Hygiene und Arbeit' Wart, Kolonien: Da- lädier, Handelsmarine: Lsvn Meyer, Unterstaatssekretär für Post und Telegraph: Pierre Robert LuMchiffahrt: Synac, Technischer Unterricht: De Moro Glasiert. vr. Strrlemann über Mr poliMehr Lagr. Die Kriegsschuldlüge. — Die deutschen Gläubiger des Reiches. Das Dawes-Gutachten Karlsruhe, 15. Juni. In einer anläßlich der Tagung ber südwestdeutschen Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Volks partei in Karlsruhe veranstalteten öffentlichen Versammlung sprach der Reichsauhenminister Dr. Stresemann und sagte u. a.: Die Veröffentlichungen einer neuen Serie der Akten! des Auswärtigen Amtes weöden Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. ' »K Dann ist es Zeit, die Forderung an die anderen Mächte zu richten, auch ihrerseits ihre Archive zu öffnen, um die Grundlage für eine unparteiische Erörterung der Schuldftage zu schaffen. Volk und Regierung müssen diesen Kampf gemeinschaftlich führen. Gegenüber der heutigen Situation vertritt der Minister den Standpunkt: Wir ziehen die Konsequenzen aus dem verlorenen Krieg und zahlen deshalb die Kriegsentschädigung, aber wir' lehnen es ab, als die moralisch Verantwortlichen irgendwelche Wiedergutmachungen zu leisten. Der Minister bedauerte die Behauptung, daß die gegen wärtige Regierung keine verfassungsmäßige Grundlage habe; dann habe auch die Regierung Fehrenbach und die von den Deutschnationalen unterstützte Regierung Cuno keine verfassungs mäßige Grundlage gehabt, denn diese Regierungen haben eben sowenig das Wort „Vertrauen" in ihren Billigungserklärungen gehabt wie die heutige Regierung. Der Mitztrauensantrag der Deutschnationalen aber sei von der Mehrheit des Hauses ab gelehnt worben. Der Minister wandte sich dann gegen die Anschauung des Auslandes, daß das Deutsche Reich in einer glücklichen Situa tion sei, weil es keine Kriegsschulden zu bezahlen habe. Den Verwüstungen in Frankreich ständen die Verwüstungen gegenüber, die im deutschen Volke durch die Proletarisierung der weitesten Schich ten der Sparer und Anleihebesitzer hervorgerufen wor den seien. Ihnen zu helfen, sei gegenwärtig unmöglich. Sobald dagegen sich die Endsumme unserer Verpflichtungen übersehen lasse und aus dem deutschen Budget sich Lleberschüsse ergeben, werden auch diese Fragen der Verpflichtungen des Reiches gegenüber diesen Gläubigern praktisch zur Erörterung stehen. In den Darlegungen über das Sachverständigengutachten wandte sich der Außenminister gegen die Kritik, daß die Privat wirtschaft der Entente ausgeliefert, die Souveränität über die Eisenbahnen verloren und keine tatsächlichen Wirtschaftskredite gegeben werden. Diese Kritiker des Sachverständigengutachtens vergessen, die heutige Situation mit der nach Annahme des Gutachtens zu vergleichen. Wir stehen heute trotz der durch unsere Zahlungsunfähigkeit veranlaßten Aussetzung der nor malen Reparationsleistungen vor einer neuen Jahresleistung von über eine Milliarde Goldmark. Gegenüber der Behauptung, daß Deutschland zahlen könne, aber nicht zahle, steht die Be hauptung des Sachverständigengutachtens, daß Deutschland gegenwärtig aus seinem Butget nicht zahlen dürfe, weil es dann seine Währung ruiniere. Damit falle jeder Vorwand für die Ruhrbesetzung zu sammen. Für die Lage im besetzten Gebiet sei es von großer Bedeutung, daß die uns auferlegten Leistungen die Gesamtsumme der Ver pflichtungen Deutschlands darstellen. Die Besatzungskosten müß ten also von den Besatzungsmächten übernommen werden, worin automatisch ein Druck zur Verminderung der Besatzung liege. Die Normalleistungen des Gutachtens-seien von den Sach verständigen überschätzt. Sich hiermit abzufinden, sei nur mög lich im Hinblick auf die Bestimmung über die Transferierung deutscher Guthaben, die nur aus Überschüssen der deutschen Wirtschaft stattfinden dürfe. Dis Lösung der Gefangenenftage und die Frage der Ausgewiesenen ist organisch mit dem Sachverständigengutachten verbunden. Ost das Gutachten die Lösung der Reparationsfrage, dann ist es auch das Ende aller Methoden, die während des Ruhrkampses als Kriesmethoden awgewendet worden sind. Das gilt auch für die militärische Räumung des Ruhrgebietes, die zu einem be stimmten Termin in Aussicht genommen werden müsse. Der neuen französischen Regierung stehen wir ohne Illusionen, aber auch ohne Voreingenommenheit gegenüber. Am Schlüsse seiner Ausführungen erklärte der Minister, daß er eine andere Methode der Außenpolitik als dieienige des Versuches einer Verständigung auf der Grundlage des wirtschaft lichen Rebeneinanderlebens der Nationen nicht sehe. Der Inhalt -er Regierungserklärung Herriots Paris, 15. Juni. Die Regierungserklärung, die Herriot am Dienstag vor der Kammer und im Senat zur Kenntnis bringen wird, wird die wichtigsten außenpolitischen Fragen vom Standpunkte der Linksparteien aus behandeln. In erster Linie wird sich Herriot gegen die Durchführung der Dekrets, welche Poincars von der Kammer verlangt hatte, aussprechen. Ferner wird er sür die Durchführung der Amnestie in bestimmtester Weise eintreten und den endgültigen Bruch mit dem Vatikan erklären. Auch wird er für die Herabsetzung der dreijährigen Dienstzeit und für die Organisierung einer nationalen Armee ein treten. Den Staatsbeamten wird er das Recht gewerkschaft licher Vereinigung zugestehen. Auf dem Gebiete der Steuer politik wird er sich im allgemeinen gegen neue indirekte Steuern aussprechen, dafür aber eine stärkere Besteuerung des Kapita lismus Vorschlägen. Auf dem Gebiete der äußeren Politik wird sich die Erklärung Herriots in der Hauptsache über folgende Fragen erstrecken: Eintritt aller Nationen in den Völkerbund, die bereit sind, die Satzungen des Wundes zu befolgen. Ferner: Aufrechterhaltung der Ruhrbesetzung, bis Deutschland mit der praktischen Durchführung des Sachverständigengutachtens begon nen hat, und schließlich Durchführung der Abrüstungskontrolle unter ewitestgehender llebertragung der Abrüstungskontrolle und der Frage der Sicherheiten auf den Völkerbund. Rollet — ein Signal Herriots erster Gewährsmann über Deutschland! Paris, 15. Juni. Die Ernennung des Generals Nollet zum Kriegsminister erläuterte Ministerpräsident Herriot gestern abend den Journalisten wie folgt: General Nollet hat mich aufgeklärt über das, was sich in Deutschland ereignet und was ich zum Teil schon gewußt habe. Er, der Deutschland gut kennt, hat den sehr klaren Eindruck, daß es sich unter den gleichen Bedingungen wie Preußen nach 1806 wieder organisiert. Ich bin entschlossen, gegenüber der deutschen Demokratie eine liberale Politik zu betreiben, aber es ist nötig, daß Deutschland im guten Glauben die Nationalisten verhindert, ihre Propaganda und ihre Organisation weiter zu betreiben. Es ist notwendig, daß das jetzige System sich ändert. Wenn wir keine Befriedigung erlangen können, seien Sie überzeugt, daß wir viel schärfer gegenüber Deutsch land sein werden als andere. Wir werden es sein, weil es sich darum handelt, den Frieden zu sichern, die Achtung vor unseren Rechten und der Entwick lung der demokratischen Bewegung. Deutschland muß wissen, daß wir liberal sind, daß wir uns aber nicht täuschen lassen. Die Teilnahme des Generals Nollet an der Regierung ist für die Nationalisten und alle Deutschen das sicht bare Zeichen, daß wir ihnen nicht gestatten werden, uns zu täuschen und den Frieden zu kompromittieren. Vor der Reise Herriots nach London. (Eigener Fernsprechdienst der ,S a ch s en-Z ei tu ng") Paris, 15. Juni. Der Korrespondent des „Temps" mel det heute abend aus Brüssel, daß man in politischen Kreisen daran festhalte, daß Herriot vor seiner Zusammenkunft mit Mac donalid eine Besprechung mit dem belgischen Ministerpräsidenten und dem belgischen Außenminister habe. Die Garantien, die Frankreich und Belgien ergriffen haben, um die Durchführung der Reparationszahlungen zu erlangen, verlangen ein enges soli darisches Zusammenarbeiten zwischen Frankreich und Belgien. In Pariser diplomatischen Kressen glaubt man ebenfalls an eine Zusammenkunft zwischen Herriot und Theunis, welche Ende dieser Woche stattfinden kann, da sich Herriot wahrscheinlich Sonnabend abend nach London begeben wird. Unterredung Macdonalds mit Herriot. (Eigener Fernsprechdien st der „Sa ch s en - Z e i t u n g") London, 16. Juni. Der englische Premierminister ist nach London zurückgekehrt. In politischen Kreisen glaubt man, daß sich die Zusammenkunft Macdonalds und Herriose auf die gesamten politischen Probleme erstrecken wird, welche insbeson dere Europa im allgemeinen interessieren. Herriot werde bei Macdonald auch vor allen Dingen die Frage der interalliierten Schulden anschneiden. Immerhin werde das Hauptthema der Verhandlungen Durchführung des Dawes-Planes sein. Den Besprechungen, die Macdonald seit seiner Ankunft in London mit Thomson hat, mißt man in diesem Zusammenhang beson dere Bedeutung bei. Thomsen kennt die meisten politischen Per sönlichkeiten Deutschlands und hat mit den politischen Persönlich keiten Frankreichs aller Parteischattierungen bereits seit längerer Zeit, Fühlung genommen. So kennt er besonders Barthou und Blüm. Caillaux Rückkehr ins politische L den. Kap Südfrankreich, 16. Juni. Freunde von Caillaux haben sich in das Departement Hautes-Alpes begeben, wo durch den