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tviesenen Deutschen Beamten, in Der es u. a. heißt: Es ist die Frage gestellt worden, welches die Lage der ausgewiesenen deutschen Beamten sei, die berechtigt sind, ins besetzte Gebiet zurückzukehren. Diese Frage ist folgendermaßen entschieden: Die Zurücknahme der Ausweisung der oben bezeichneten Beamten stellt keine Aufhebung der Absetzung dar, die die Ausweisung mit vollem Recht begleitete. Wenn der frühere Beamte eine neue Stellung oder Beschäftigung im besetzten Gebiet annimmt, so muß er, wenn nicht eine direkte Vollmacht vorliegt, neuerdings hierzu ernannt werden. Diese Ernennung unterliegt der Prüfung des Generals. Die Internationale für Dawes. London, 16. Juli. Die Konferenz der Internationalen Gewerkschastsvereinigung und der Sozialdemokratischen Inter nationale nahm eine Entschließung an, in der das Dawes-Gut achten mit Einschränkungen bewilligt wird. Es wäre, heißt es darin, zwar keine vollkommene, aber immerhin die bestmöglichste Lösung, um in das europäische Chaos Ordnung zu bringen. Deutsch-Oesterreich. Der Kampf um die Bcamtcnbesoldung. Die Lage der schon seit längerer Zeit durch den Kampf um die Gehälter der Beamten in ihrem Bestände gefährdeten Regierung hat sich neuerdings noch erheblich verschlechtert. Der Streit geht in der Hauptsache um die Pensionen der Ab gebauten, die 90 A ihrer aktiven Bezüge verlangen, während die Regierung nicht über 78 A hinausgehen zu können erklärt. Nicht nur die Sozialdemokraten unter stützen die Forderungen der Beamten mit Entschiedenheit, sondern auch die Großdentschen. Ihre Fraktion im Nationalrat hat der Regierung mitgeteilt,, daß sie von der Erfüllung ihrer Wünsche ihr Verbleiben in der Re- gierungskoalition abhängig mache. Norwegen. Der Kampf «m den Alkohol. In Norwegen ist ein leidenschaftlicher Kampf um die Aufhebung des Abstinenz gesetzes entbrannt. Die Regierung ist der Meinung, daß die Trockenlegung, die vor einigen Jahren beliebt wurde, das Land ruiniere. Es hätten sich gesundheitsschädliche Wirkungen ergeben, und vor allem sei der große Fehl betrag im Staatshaushalt in der Hauptsache auf das Alkoholverbot zurückzuführen. Man müsse es daher wieder aufheben. Im Storthing macht sich hiergegen sehr starker Widerstand geltend und es scheint, als ob die Gegner bei der in Kürze zu erwartenden Abstimmung die Mehrheit für sich haben würden. Das Ministerium ist entschlossen, in diesem Falle zurückzutreten. Aus In- und Ausland. Esten. Unter den Persönlichkeiten^ Vie nicht wieder ins besetzte Gebiet zurückkehren dürfen, befindet sich auch der Oberbürgermeister von Duisbrrrg, Dr. Jarres, jetziger L > nister des Innern. Bochum. Die französische Besatzung hat im Amte Blankenstein einen zweiten Schießstand angelegt. Eine halbe Stunde vor Beginn des Schießens wird geblasen. Alle Personen müssen dann den Platz und die Umgebung verlassen. Wien. Eine amtliche Verfügung verbietet Mitgliedern und Zuhörern bei Vereinsveksammlungen Vas Waffentragen. Ferner wird das Wafsentragen bei korporativem Auftreten von Vereinen und Organisationen, Umzügen, Turn- oder sonstigen sportlichen Veranstaltungen gestattet. Wien. Das Verbot des Deutschen Tages in Salzburg ist ergangen, weil der Außenminister Grünberger erklärte, daß er die Abhaltung nur autbeißen könne, wenn aui die Teilnahme der reichsvcutschen Wehrverbände und der füh renden Personen der nationalsozialen Bewegung in Deutsch land verzichtet werde. Mailand. Die Vereidigung der saszistrschen Miliz vor dem König, die am 20. Juli stattfiuden sollte, ist aus unbe stimmte Zeit verschoben worden. - Lumen. Sport una Spiel j Das menschliche Herz beim Sport. Bei der letzten Sitzung des deutschen Ärztebundes zur Förderung der Leibesübungen wurde die Wirkung der verschiedenen Sportarten auf das Herz sestgestellt. Das größte Herz haben die Skiläufer, dann folgen die Ruderer, Radfahrer, Läufer, Schwimmer und Schwerathleten; vechältnismäßig kleine Herzen haben Boxer. Besonders große Herzen haben Renn fahrer (namentlich Sechstagefahrer). Allgemein erzeugen Danerleistungen ein im Verhältnis zum Körper größeres Herz, Schnelligkeitslsiftungen nicht. Der olympische Marathonlauf in Paris wurde vo-. dem Finnländer Steenroß gewonnen, der die 42,200 Ki lometer lange Strecke in 2 Stunden. 41 Minuten 22,6 Se kunden zurücklogte. Erst sechs Minuten später traf der Ita liener Bertini vor Thomas und Alone-Ämerika ein. z Aus clem kerichtssaal - Schulschwünzeu und Elternpflicht. Eine beachtenswerte Entscheidung hat das sächsische Ober landesgericht gefällt. Der 13jährige Sohn des Werkmeisters Mayer in Annaberg war vom 32. Januar 1924 an wegen eines angeblich schlimmen Fußes entschuldigt dem Schulunterricht fern- gdblieben. Einige Tage später beobachtete ihn der Klassenlehrer aber beim Schneefchuhlaufen. Der Lehrer sonderte darauf den Vater auf, seinen Sohn zum Schulbesuch anzuhälten. Trotzdem blieb der Junge weiter weg. Wegen Vergehens gegen 8 5 des Volksschulgösetzes hat das Amtsgericht den Vater verurteilt. Der Angeklagte hatte sich damit verteidigt, er habe seinen Jungen wegen bes Schulschwänzens gezüchtigt und ihn zum Schulbesuch angehalten. Er habe ihn regelmäßig früh pünktlich zur Schule geschickt, doch sei dieser nicht in die Schule gegangen, sondern habe sich bei Verwandten aufgehalten oder herumgetrieben. Während er (der Vater) im Felde war, sei sein Sohn verbum melt. Er habe nicht mehr, tun können, als ihn regelmäßig zur Schule zu schicken. Das Amtsgericht war jedoch der Meinung, daß "der Angeklagte feine Sorgfaltspflicht nicht voll erfüllt habe. Er habe geäußert, daß fein Sohn in erheblichem Maße zum Schulschwänzen neigte. Deshalb genügte es nicht, daß er den Jungen bloß in die Schule schickte, sondern er hätte vielmehr auch dafür Sorge tragen müssen, daß! er auch wirklich in -die Schule kam, indem er entweder selbst mitging oder ihn begleiten ließ. Indem er das nicht tat, habe er fahrlässig gehandelt. Die Revision des Angeklagten rügte Ueberspannung des Begriffs der Fahrlässigkeit, wurde jedoch verworfen, indem der Senat der Auffassung war, daß der Angeklagte, wozu er auch in der Lage war, entsprechende fleberwachungsmaßnahmen hätte treffen ntüssen. * Die gesetzwidrigen „Preisausschreiben". Zu einer wahren D-ustlut haben sich in letzter Zeit überall im Deutschen Reiche oie sogenannten „Preisausschreiben" gestaltet. Die Regierun gen Ver einzelnen Länder wurden auf dieses Treibvn aufmerk sam und stellten fest, baß erstens Preisausschreiben ohne be hördliche Genehmigung verboten sind und zweitens Varartige Arisspielungen in nicht immer einwandfreier, stets aber ge winnbringender Weise zur Räumung der Läger verwendet werden. Nunmehr liegt das erste Gerichtsverfahren in Vieser Angelegenheit vor. Das Amtsgericht Dresden verurteilte den Inhaber einer Firma, der durch ein Preisausschreiben ver sucht hat, bei dem Publikum durch Jnaussichtstellen von Ge winnen seine Waren abzusetzen, zu 1000 Mark Geldstrafe. Strafanträge im Rahardt-Prozeß. Nach 20tägiger Vrr- handlungsdauer beantragte der Staatsanwalt im Prozeß gegen Raharbt wegen schwerer Untreue, aktiver Bestechung, Betruges und Kettenhandels 4 Jahre Gefängnis und NOOO Goldmark Geldstrafe, gegen die übrigen Angeklagten Gefängnisstrafen von 1)4 bis 5)4 Jahren und hohe Geldstrafen. Urteil im Münchener Kommunistenprozeß. Die wegen ver botswidriger Abhaltung von Versammlungen während des Ausnahmezustandes festgesetzten Kommunisten in München wurden wie folgt verurteilt: Landtagsabgeordneter Götz er hielt 6 Monate, Landtagsabgeordneter Büchs 1 Monat, Schriftsteller Dr. Frank-Berlin 7 Monate Gefängnis. Die übrigen Angeklagten wurden zu Strafen von 5 Dagen bis zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Freigesprochen wurden der kommunistische Stadtrat Thürauf-München und weitere 6 Kommunisten. Untersuchungs- und Schutzhaft kommen in Anrechnung, so daß ein großer Teil Haftbefehle aufgehoben werden mußte. - * vermischtes - Das Spielerparadies Monte Carlo. Von Nizza fährt ein Autobus nach Monte Carlo und bleibt, ün Inter esse des Gast ec, genau vor Lsm Kasmogebäüde des tropisch schönen Badeortes stehen. Aber, wenn der Gast die Auto busse Loch übersehen sollte, fährt auch von jeder Straßen ecke eine Elektrische in dieselbe Richtung. Es ist fast über flüssig, die Eisenbahn zu erwähnen, Lie im Kellerraum des Kasinos hält, von wo die Passagiere mit dem Lift direkt in den Speisesaal befördert werden. Das Kasino hat 4000 Angestellte, also beinahe vie gesamte Bevölkerung der Stadt Monaco. Außerdem erhält es den Fürsten von Monaco selbst, dem es jährlich 14 Millionen Frank Zivil liste zahlt. Das Kasino hat im vorigen Jahre 170 Mil lionen Frank Reingewinn, ohne zw erröten, eingesteckt. Im Keller des Kasinos befindet sich eine Leichenhalle. Besondere Auszüge führen von den Spielsälen direkt hinunter! Die Bank hat ihren eigenen Fried-Hof mit schon 3000 Gräbern. Das indische Geschäft geht in die Brüche. Aus London wird mitgeieilt, es habe in englischen Wirtschastskreiscn einen „peinlichen Eindruck" gemacht, Laß Lie indische Re gierung beschlossen hat, den Druck von Geldnoten, Stempeln und Marken in Indien vorzunehmen. England hat bisher jährlich 70 Tonnen Briefmarken, 1500 Tonnen Postkarten und 750 Tonnen frankierte Briefkuverts usw. nach Indien exportiert. An Geldnöten waren im Jahrs 1921/22 358 Millionen Stück im Verkehr. — Staatliche KinoautonwbUe in Rußland. Zum Zwecke der Propaganda ihrer Ideen, der Anfllärung und Weiter bildung im allgemeinen sowie der Unterhaltung hat das russische staatliche Kinodirektorium beschlossen, mit Hilfe des Automobils den Film in die entlegene «Dörfer zu tragen. Demnächst wird ein Auto von besonderer Kon struktion die erste Rundfahrt mit einem solchen Reisekiuo antreten. Diese Wanderkinos werden begleitet von Er ziehern und Gelehrten, die Lie vorgeführten Filme durch Vorträge erläutern. Die Sowjetmacht hat damit die be deutenden Möglichkeiten des Bildstreifens in den Dienst ihrer Sache zu stellen verstanden. MN" In der nächsten Minute mußte sich sein Leben entscheiden, er dachte blitzartig an Renate, sah ihr liebes Gesicht, die Augen, die sich in die Zeichnung bohrten, als müßten sie den Fehler finden. Eine Rührung ohnegleichen erfaßte ihn . . . wenn sie Lei ihm wäre, wenn er jetzt ihre Hand in der seinen fühlen würde, er sähe dem kommenden Augenblick zuversichtlich in das Auge. Das Surren klang stärker, sein Herz begann wie rasend zu schlagen, als der gelb glühende Block aus dem Kanalofen in die Führung des ersten Stiches ging und wie selbstverständlich seinen Weg durch die Walzen nahm. Ein rasendes Klatschen, wie wenn im Theater ein großer Künstler die Rampe verläßt, drang Lurch die atemberaubende Stille. Die Arbeiter, die Kollegen drängten sich um den jungen Erfinder; der war keines Wortes mächtig, der stand neben Wein hold, umklammerte Lessen Hand, und man sah es den Bewegungen des Mundes an, daß er sich mühte, einen Laut von sich zu geben. Das breite Gesicht des Obermeisters strahlte. Selbst Burgmüller, der allen Angelegenheiten der Paulinen- hütte fremd und kalt gegenüberstand, ließ sich zu einem be- wuüdemben Ausrufe hinreißen. Als könnte es nicht anders sein, kamen immer neue Gebilde in doppelter Länge heraus, wurden auf Ler Fertigwalze zur Voll endung geführt, bewegten sich auf Rollen zu der Schere hin, wo der noch glühenden Schiene Las gefranste Ende abgeschnitten wurde, glitten in einer schiefen Ebene auf das Warmlager, da mit sie hier erkalteten. Tausend Stimmen wurden laut: Wie war es plötzlich ge schehen, wer hatte das Wunder vollbracht? Es konnte nicht sein, baß ein Neider die Arbeit der Paulinenhütte vernichten wollte Lurch eine Verdammungswürdige Tat. Die Stimmen schwirrten, vermischten sich mit Lem Surren der Klemmrollen, dem Arbeiten der Maschinen; niemand sah Lie hohe Männergestalt, Lie im raschen Schritte mit der kauf männischen Direktor hierher kam. Erft als Settgast, der seine Augen überall umherschweifen ließ, eine tiefe Verbeugung machte, verstummten die Worte, tiefe Stille trat ein. „Was geht hier vor?" fragte Lohe erstaunt, die Zahl der Menschen versammelt zu sehen. In derselben Minute wußte er, daß Storms Erfindung alles überwunden, was sich ihr hindernd in den Weg gestellt. Heute reichte er dem Manne nicht glückwünschend die Hand, hafte kein Wort des persönlichen Interesses für ihn, und als Otto ihm Lie Zeichnungen gab, ihn auf die Zahl aufmerksam machte, die geändert worden, neben Ler jetzt eine andere stand, fielen die Arme des Direktors schlaff hernieder. „Das ist undenkbar," sagte er tonlos, ,-das wäre . . . Wer hatte Lie Zeichnungen in der Hand, wer überwachte die Kontrolle der Schablonen?" Lind alle Stimmen riefen: „Halmer." Werr Halmer, ich bitte!" sagte Lohe; in Lem Klange der Stimme lag etwas, das den Mann wie eine eiserne Macht zwang, vvrzutreten. Fast sah es aus, als taumelte er. lieber Otto Storm kam es wie eine wahnwitzige Wut, auf den anderen zuzustürzen, ihn zu Boden zu schmettern iyit der Macht feiner Fäuste; wie er aber Las bleiche, entstellte Gericht sah, lächelte er verächtlich und hörte gleich einem fernen Brausen Lohes Stimme: „Wissen Sie, daß eine Veränderung der Zahlen stattge sunden hat, und.wollen Sie erklären, weshalb Liefe vorgenommen wurde?" Da warf Halmer mit Anstrengung seines Willens in einer unendlich hochmütigen Bewegung den Kopf auf und sagte, wäh rend ein höhnisches Lächeln um seine Lippen glitt: „Nach meiner Meinung mutzte sie so sein, mir schien sie rich tiger." „Es ist hier nicht der Ort, um längere Diskussionen über Ihre Meinung auszusprechen, Herr Halmer," sagte Lohe. „Ich darf Sie wohl nachher in meinem Bureau erwarten?" Halmer hatte Mühe, feine Haltung angesichts Ler drohen- t den Gesichter der Anwesenden nicht zu verlieren. Er machte eine kurze Verbeugung und ging durch die Reihen der Herren und Arbeiter, fing hier und da ein Wort auf, das keine Schmeichelei für ihn bedeutete. Man wutzte, daß er nie mehr hierher zurück- kehren würde. . Tiefe, bange Stille folgte Len Worten. Endlich brach Pro fessor von Lohe Las Schweigen. „Herr Halmer hat damals die Einwände auf der Konferenz gemacht?" Settgast bejahte eifrig und wiederholte die Ausdrücke, Lie der neue Assistent gemacht, wörtlich aus Lem Gedächtnis. Lohe wanLte sich an Otto: „Verzeihen Sie die Frage, Herr Storm, war Herr Halmer Ihr Feind?" Wiederum überhob Settgast den Erfinder eifrig Ler Ant wort: „Herr Hälmer hat sich immer abfällig über die Erfindung geäußert, nur konnte kein Mensch auf den Gedanken kommen, Laß er so weit gehen würde." » Keiner Ler Herren war im Zweifel 'darüber, wieso Storm erst heute seinen Erfolg errungen. Der Name Halmers schwebte auf aller Lippen, als man mit Lem Professor einen Rundgang durch das Gebiet der neuen Walzenstraßen machte. Lohe zeigte ein verschlossenes Gesicht, kein Schimmer einer Freude, daß es ihm gelingen würde, zum festgesetzten Termin zu liefern, war in den Augen mit dem abwesenden Blick zu lesen. Zuletzt reichte er Otto Lie HanL. Wch freue mich, Herr Storm, Laß Sie nicht vergehens das letzte Jahr geschaffen und gearbeitet haben. Ihnen steht in 'unserem Gebiet die Zukunft offen'. Ich hoffe, daß Sie der Patt- linenhütte eine wertvolle Kraft sein werden. Ich empfehle Ihnen, meine Herren, besonders Ihnen, Herr Storm, die Angelegenheit der Hütte. Wenn ich nicht mehr hier bin — und das wird zu Beginn Les nächsten Jahres Ler Fall sein — sobald Lie Arbeiten beendet sstrd, die wir unter meiner Direktion begonnen haben, werben Sie unter der neuen Leitung Ihre Kräfte hoffentlich in Len Dienst des Werkes stellen. Nun noch eins, Herr Storm: Der Vertrag, der mit Ihnen die Regulierung Ihrer Ansprüche er örtert, wird Ihnen nach Hause gesandt. Ich gratuliere zu der Ernennung zum Betriebsingenieur des neuen Gebietes." Er veräbfchiedete sich durch einen stummen Gruß. Er ging, seine hohe Gestalt sah aus, als sei sie von Ler Last des Lebens gebeugt. Otto war keines Gedankens mehr mächtig. Er nahm die Glückwünsche halb lächelnd, halb abwehrend in Empfang, er wollte zu Renate, ihr das lachende Mück entgegenjubeln. wenn er die Stufen des Hauses emporeilte. Als er das Tor des Paulinenwerkes hinter sich gelassen, warf sich ihm der heulende Sturm in den Weg, zerrte an seinem Mantel, blies ihm in das Gesicht, segte in die Aermel hinein und warf sich mitten auf Len Weg, daß der Mann eine Minute stehen bleiben mußte. Da klang hinein in das Tosen des Windes eine feine Frauen stimme: „Otto, Liöb, sichst du mich nicht?" Und ein berauschender Duft strömte ihm entgegen. Bezaubernd in ihrer lieblichen Blässe, mit den großen, weikgeöffneten Augen, stand Renate vor ihm. In ihrem kleidsamen Winterkostüm, das ein schöner Rahmen sür das anmutige Bild war. Da lief er in Bestürzung ihr entgegen. Sie war zu ihm ge kommen, sie hatte alles verziehen, war wie einst seinem Herzen nahe. Er legte den Arm um ihre Schulter, er fand kein Wort, das glühend genug war, um ihr zu sagen, wie tief seine Liebe geworden, größer, heißer, treuer, als sie gewesen. Das Weib" in seiner Größe, mit seinem verzeihenden Herzen hatte er in Re nate gesehen. „Renate, du bist bei mir, du bist zu mir gekommen, durch den Sturm gelaufen, um mein Glück mit mir zu schauen! Du, ich danke dir, du hast mich jetzt wahrhaftig froh gemacht." ,Mlein durch den Sturm, wenn der Mann zu Haufe er wartet wird," sagte sie neckend. „Sprich nicht mehr davon. Was du tust, ist gut, weil du gut bist." sind nach einer Pause sagte sie: „Vielleicht muß das erste Ehejahr stets in Sturm und Donner mit sich bringen, wenn die andere Zeit in Glück getaucht sein soll." Sie schmiegte sich an seinen'Arm, sie glaubte, ihm nie so nahe gewesen zu sein, als sie hastig und flüsternd sagte: ,Knd nächstes Jahr komme ich nicht mehr, nächstes Jahr warte ich nicht mehr allein auf dich . . . wir warten dann auf den Vater." Da blieb er stehen-, schaute sie zweifelnd, fragend, voll scheuer Ehrfurcht an. Der Klang des Wortes ,Pater" war wie ein heiliger Ton. „Du, Renate! Du, mein geliebtes Weib!" Mit unendlicher Zartheit führte er sie heim. Schloss die Tür auf, nahm ihr Hut und Mantel ab, kniete vor ihr nieder und küßte ihr die Hände. ,Mutter!" sagte er bebend vor Glück und Dank . . . Ende.