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Wilsdruffer Tageblatt : 28.02.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192402289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240228
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240228
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-02
- Tag 1924-02-28
-
Monat
1924-02
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 28.02.1924
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Der UNLersuchxnKsausschutz über die BesMtenpotttik. Dresden, 26. Februar. Der Untersuchungsausschuß für die Beamtenpolitik nahm heute seine Verhandlungen auf. Zu nächst wurde die Beschwerdeschrist des Ministerialdirektors Dr. Böhme behandelt, der plötzlich auf Wartegeld gesetzt worden ist unter Berufung auf das Gesetz über die Pflichten der Be amten. Er hatte beim Ministerium vergeblich um Angabe der Gründe nachgesucht. Dr. Böhme wurde in öffentlicher Aus- schubsitzung als Zeuge vernommen. Seine Ausführungen über die Berufung mehrerer Professoren an der Technischen Hoch schule in Dresden und an der Universität Leipzig werden den Anlaß zu weiteren Zeugenvernehmungen bilden. Vernommen sollen werden der ehemalige Volksbildungsminister Fleißner und der Ministerialrat Uhlig. Den weiteren Verhandlungsgegen stand bildete die Eingabe des Gemeindevorstandes Kleinhempel- Wilkau betr. die Abberufung des Amtshauptmanns Dr. Harten stein-Zwickau im Zusammenhänge mit der Ersetzung durch den Sozialdemokraten Robert Müller. Die Erörterungen hierüber werden fortgesetzt. Den letzten Gegenstand bildete die Eingabe des Iustizinspektors Küchler-Plauen wegen Besetzung des Diroktorpvstens bei der dortigen Gefangenenanstalt. Auch dieser Punkt ist noch nicht abgeschlossen, möglicherweise wird er aus. Kompetenzgründen einem anderen Ausschuß überwiesen werden. zur Arche «n die DeuLsch- völktsche« in München München, 26. Februar. Die Großdeutsche Zeitung bringt heute unter dem Bildnis Adolf Hitlers zum Beginn der volksgerichtlichen Verhandlung einen kurzen Aufruf an die Deutsch-völkischen, der besagt, es liege nicht im Ssnne Adolf Hitlers, wenn diese während seiner Rechtfertigung irgendwelche Störung der Verhandlung unternehmen. Die Franjsse« bezichlen die Separatisten. Speyer, 26. Februar. Das Regierungsgebäude in Speyer wird morgen der rechtmäßigen pfälzischen Kreisregie rung zurück-gegeben. Die -Separatisten sind -jetzt bis auf 50 Mann abtransportiert worden. Von den Mannschaften erhielt jeder Verheiratete 250 Franken und jeder Unverheiratete 200 Franken bei der Entlassung. Das Geld wurde von den Franzosen zur Verfügung gestellt. Macdonald für sofortige Wiederaufnahme der Militärkontrolle. Paris, 26. Februar. Zusammen mit der Note, die Lord Greve gestern abend Poincarö überreicht hat, will Chicago Tribune erfahren haben, -daß der -englische Ministerpräsident die unverzügliche Wiederaufnahme der Militärkontwlle vor- schlage. Den plötzlichen Wechsel in der Haltung -des britischen Kabinetts will auch dieses Blatt hauptsächlich- auf die Rede zurückführen, die Stresemann am Freitag in Dresden gehalten hat. Chicago Tribune fügt hinzu, man nimmt an, daß Mac donald eine Verständigung mit Poincars wünscht und zunächst die leichtesten Probleme anschneidet, in der Hoffnung, -daß er später in -der entscheidenden Frage -der Reparationen von Frankreich Konzessionen beanspruchen kann. Der Völkerhund ols Ortznnisator des deutschen Wiederaufbaues. Paris, 26. Februar. Die gestrige Einladung des ersten Sachverständigenausschusses an Sire A. Salter, den Direktor -des Wirtschaftsausschusses im Völkerbund wird in den Pariser Kreisen lebhaft kommentiert. Man erblickt in ihr ein Sympton -dafür, daß -die Sachverständigen -den Völkerbund zur Durch führung des finanziellen Wiederaufbaues für Deutschland in Vorschlag bringen werden. PetrolöUmfkan-al und Stoatsdeamte. Washington, 26. Februar. Die Demokraten haben -eine Resolution angenommen, in der Präsident Coolidge auf gefordert wird, sämtliche in den Petroleumskandal verwickelten f Beamten aus dem Staatsdienst zu entlassen. Reichslandbund-Tagung Breslau. Breslau, 2V. Februar. Vor dem Zusammentritt der Hauptversammlung des Reichslandbundtages fand noch eine Vertreter-Versammlung statt, die aus allen Tellen des Reiches stark besucht war. Sie nahm eine Entschließung gegen die -Stc-uerbclastn-ng der Landwirtschaft an. Schweres Brandunglück im Kölner Grundsteuer- und Schätzungsamt. Köln, 26. Februar. Eine Feuersbrunst zerstörte in der ver gangenen Nacht das Gebäude, in dem das Städtische Grund steueramt und Schätzungsamt untergebracht waren. Ein großer Teil des Karten- und Veranlagungs-Materials der Grundsteuer- und Schätzungsabteilung ist vernichtet worden * ^anrlerreüe im keMtgg. <46-1. Sitzung.) 66 Berlin, 26. Februar. «Präsident Löbe gedachte nach Eröffnung zuerst, -während das Haus steh erhob, des gestern plötzlich erfolgten Todes des deutsch-nationalen Abg. Dr. Roesicke, des Präsidenten des Deutschen Reichsla-ndbu-wdes, wobei er hervorhob, daß damit eine -der m-arlautesten Persönlichkeiten des deutschen Wirt schaftslebens und des Deutschen Reichstages dähmgeschieden sei. Er sei von Arbeit zu Arbeit geeilt und dabei hätte er den Tod gefunden. Auf der Tagesordnung sta-nd zuerst die Be ratung des Note hals. Dr. Marx über Ermächtigungsgesetz und dazu gestellte Aufhebungs- und Abänderungsanträge. Der Kanzler nahm sofort zu dem Notetat -und der damit verbundenen Aussprache über das Ermächtigungsgesetz das Wort und gab eimen überblick Wer die Entstehung des Er- müHtigungsgesetzes. Er hob -hervor, daß dabei drei Ziele als erstrebenswert vor Augen gestanden hätten: Beibehaltung des Währungsstaudes, wie er durch die vom Kabinett Stresemann eingele-itete Reform geschaffen worden war, ferner Bilanzierung des 1S24 vorzulsgenden Etats und endlich die Wiederbelebung der Wirtschaft. Ausgerüstet mit diesem Ermächtigungsgesetz habe dann -die Regierung eine große Zahl von Verordnungen erlassen, die sich «fast auf alle Kreise des Staates erstreckten. Ob die Verordnungen in ihren Einzelheiten überall das Richtige getroffen hätten oder der je weils eingÄschlagene Weg der einzig mögliche zur Erreichung des gesteckten Zieles -sei, darüber könne man verschiedener An sicht sein. Me Kritik über ihre Maßnahmen wolle die Regie rung in keiner Weise -beschränken, aber sie könne -sich mit ruhi gem Gewissen «das Zeugms ausstellen, daß sie mit Aufbietung aller Kraft die unter Lcm- -augenblicklichen Verhältnissen mög lichst vollkommene Erreichung der mohrfach genannten Ziele bei all ihren Maßnahmen erstrebt -habe. Als für -das deutsche Wirtschaftsleben besonders bedeutungsvolle Tatsache stellte der Kanzler dann- fest: Die Mark -ist seit Milte Novem ber v. I. bis heute auf derselben Werthöhe geblieben, das Geld entwerte sich nicht -mehr, der -Kaufmann- könne wieder mit Soll und Haben rechnen. Die goldenen Zeiten- für SP-Skulan- ten-- und Schieb-ertum sind hoffentlich für immer vorüber. Es sei nicht zu verkennen, daß infolgedessen eine Beruhigung des Volkes und der deutschen Wirtschaft -herb-eig-efichrt und gesichert Worden sei, was man seit langem nicht mehr erleben konnte. Der Haushalt ist im Gleichgewicht, Wie er wenigstens in rohen Umrissen den von der Neparations- kommisston entsandten Sachverständigen vorg-clcgt weiden konnte, er balanciert -hinsichtlich -der inneren -Angaben -des Reiches, freilich unter mehreren Voraussetzungen, deren wich tigste die freie Verfügung über dre Steuern und Zölle, -auch der -au -Rhein und Ruhr sei. Wie der Reichs kanzler Wetter -heov-orhob, tonnten die bisher erreichten Er folge n-ur durch ungemein -harte Maßnahmen erzielt werden. Der Rohner erinnert dabei in erster Linie au- -die ? Personalaboauversrdnung. Aber die RLichs-r-ogiemng habe sich immer vor Augen gehalten, daß es sich nm den Zusammenhalt des Reiches, das Fortbe stehen und die Fortentwicklung der deutschen Nation -handele Der Reichskanzler -sagte dann wörtlich: „In der Tat gibt es nach der Überzeugttug der Reichs regierung keinen anderen Weg: entweder beissen wir die Zähne zusammen, nehmen eine Zeitlang schwere Lasten und I MM-rM NmF Mtfak«' - — vrrnftara rvaw unä ass Manns arr Liukunft Ein englischer Blaustrumpf, Miß Peggy O'Neil, die keine besondere Freun-din des Kochherdes zu fein scheint, -hat vor kurzem in der englischen Presse -einen großen Propagandafeld zug für die Einführung des in Amerika -üblichen fleischlosen „breakfaft" mit frischem Obst in -England -statt des berühmten Schinkens mit Eiern eröffnet. Diese für -einen Engländer einen durch die Tradition geheiligten und schmackhaften National brauch gefährdende Anregung hat auch die beiden alten geg nerischen Kämpen in der zeitgenössischen Literatur, G. K. Üh-e- sterton und Bernhard Shaw, auf -den Plan gerufen, zwischen denen sich in der Presse eine besonders für den Fremden ergötz liche Zwiesprache entspannen hat. Chesterton widersetzt -sich der Annahme, daß Vegetarier notorisch intelligenter seien als Fleifcheffer und weist darauf hin-, daß man das, was man in England „breakfast" nennt, jenseits des Atlantic überhaupt nicht -kennt. „Die Amerikaner schlafen in heißen Wohnungen und wachen morgens derart dürftig auf, -daß sie -ganze -Berge frffchen Obstes und ganze Galii-nen Eiswasser und Alkohol verschlingen müssen. Aber das ist kein „breakfaft". Wenn es irgendetwas gibt, was einen -bewaffneten Angriff auf die Vereinigten Staa ten rechtfertigen könnte, so ist das der Versuch, eine derartige Diät auf den englischen Frühstückstisch einzuführen. Wenn- es irgendetwas Ruhm-würdigeres in England gibt, das niemals sterben darf, fo ist es ein breakfaft von Schinken- und Eiern. Wer über einem solchen Fall nicht heiter werden kann, muß in der Tat ein unverbesserlicher Pessimist fein! „Warum gerade Schinken?" -erwidert Bernhard Shaw. ^Schmeckt den Juden nicht auch ihr Frühstück? Pessimisten, die zumal in ihren An sichten noch durch die Morgenblätt-er bestärkt werden, werden beim Frühstück jedoch besonders heiter!" Chesterton wird da raufhin aber sehr unfein persönlich gegen feinen Kollegen Shaw und schreibt: „Mr. Shaw wäre zweifellos ein ganz intelligenter Mann geworden, wenn er nur immer gekochte -Elefanten- und Tkgerbraten zu -feinen Morgenmahlzeiten gehabt hätte!" — wo rauf Shaw repliziert: „Verzeihung: Mr. Shaw ist in der Tat ein sehr intelligenter Mensch! Methusalem wäre sicherlich nicht neunhundertneunundjechzig Jahre alt geworden, wenn er jeden geschlagenen Morgen feines Leibens Spanferkel und junge Hüh ner zu sich genommen hätte! Manna wird die Nahrung der -Zukunft sein!" In diesem Stil, fast möchte man sagen, Jargon, geht es zwischen den beiden irischen R-aubolden endlos weiter, und so vergnüglich an und für sich diese -Kontroverse auch ist, fo vermissen wir in ihrer Massivität doch den feinen- geistigen -Schmelz, wie sie gastronomischen Dingen bei uns in Deutschland zum Beispiel Munke-Punke zu verleihen versteht. Nanuk, ürr Lrkimo. Dieser -neueste Naturfilm, zuerst in der Berliner Alhambra am Kurfürstenda-mm vorgesühit, ist zugleich ein ethnologisches wie Psychologisches Dokument. Was wissen -wir — aus wenigen Büchern — überhaupt von den Eskimos? Daß es bei ihnen bei weitem kälter denn bei uns ist— dieses Wissen -ging von diesen Bildern -des ewigen -Schnees, seiner Stürme, feiner, öden Flächen, dieser Eisjchollen in letztes Grauen über. So müssen- Menfchen irgendwo im höchsten Norden von Kanada leben? Der kurze -Tag -ist nur von großer Sorge ausgefüllt: die Nah rung -des Lebens zu erjagen, -ein Walroß, einen Seehund zu fangen, in dessen rohes, traniges Fleisch sogl-eich die Zähne der Hungrigen beißen. Einmal im Jähr die Fahrt i-m Cum-yak zur Station der Pelzauskäufer, die -Beute -der Jagdsaison einzu- tMchen gegen Messer und allerlei Tand, daneben -ein Grammophon zu -hören, dessen Platten die Zähne der Hung rigen -auch gleich vornehmen, als etwas Eßbares prüfen. Pri mitive Menschen im höchsten Kampf um das bißchen Dasein — 'begreift man und vergleicht man unser „armes" Leben un willkürlich mit dem felyer, -die nie einen Baum, -eine grünende Wiese, ein Dorf, eine Stadt mit Pferden, Wagen, Autos ele- " -ganten Menschen, Kinos, Theatern sahen, die nicht -wissen, was ein Buch, ein.Bett, das Erbärmlichste an gemütlicher Woh nungseinrichtung ist, die — dennoch lachen können, wirklich fröh lachen! Müssen wir da nicht — -Über jedes ethnographische Interesse hinaus — sehr nachdenklich werden? Fühlen wir unsere, eben noch graue Umgebung- nicht plötzlich als hellsten be- glückendsten Reichtum? Schon um dieser psychologischen Er kenntnis willen, sollte sich jeder, der nur Gelegenheit hat, diesen Film anfehen. Schauernd friert er in -sich zusammen. Ein Haus aus Eisblöcken, schnell aufgerichtet, -stets mit einer Tempe ratur unter Null darin, Felle über den nackten Körper geworfen, der nie -etwas von einem Bad erfährt — kann man so leben? Mit dem einen Inhalt: die Jagd. Weil man Hunger hat, muß man töten. Dieser Film wird ganz von selbst zum -symbolischen Spiegel. Wir -erkennen uns selbst. Alle Tünche der Zivilisa tion blättert ab. Ist nicht ein jeder von uns Nanuk, -der Eski- i mo? Sollte er nicht jo mit Frau und Kindern leben wie jener?. Die abenteuerlichen Sensationen -dieses Films verblassen -ganz gegenüber dem Menschlichen, das uns -hier anspringt und das Alltäglichste in die Sphäre eines schweren Schicksals hebt. (N. G. C.)- Sorgen aus uns, yayen oder Vie Zuversicht, dass unsere Wirtschaft w-ieder in Gang kommt und Mir wieder besseren Zeiten entgegsngehsn, oder wir erfreuen uns vielleicht noch ein mal für eine ganz kurze Spanne Zeit an der Seifenblase an scheinenden Wohlergehens, verlieren aber dabei sicher den festen Stand der Währung, stürzen wieder in den Taumel der Inflation und gehen damit unaufhaltsam dem endgültigen finanzielle» und wirtschaftlichen Zusam- menürnch unserer ganzen Volkswirtschaft und damit auch des einzelnen entgegen." Den Illusionisten, die La glaubten, -man könne vielleicht mit großem Wurf -die gesamte Lage -bessern, sagte der Kanzler, daß die Regierung -den 2tein der Woffen nicht gesunden habe. In diesem ZH-a-mmenHange wurde unterstrichen, daß ohne eine Besserung der außenpolitischen Lage Deutschlands cM Mühe und Arbeit nur Stückwerk bleibe. Das deutsche Volk appelliere in der Reparatrous-srage nicht an -das Mitleid der -anderen Völker, es appelliere au die Vernunft der Welt, an den gesun den Menschenverstand, der allein den Zussa-mmenbruch Europas verhindern könne. -Der Kanzler fuhr dann fort: „Fast -Wik es mir scheinen, als wenn spät, sehr spät, aber vielleicht doch nicht z n spät die Vernunft ans dem Marsche ist." Weiter wurde auf Lie -bedeutungsvolle Wende hingswies-eu, ivelche die Rep-arations-srage in den letzten Monaten erfahren hat. Wirtschaftliche Sachverständige der in der Rcparatious- ko-mmission vertretenen- Länder sowie der Vereinigten Staaten von Amerika hätten eine Untersuchung der deutschen Zahlungs fähigkeit an Ort und Stelle voogeno-n«nen. Das Reparatlons- prob-le-m sei DeutsMauds Schicksalsfrage, und es sei vom deut schen Volke Lei den zahlreichen bisherigen Versuchen, diese Frage zu lösen, stets als verhängnisvoll empfunden worden, daß sie überwiegend von der politischen Seite an-gefaßt wurde. Auch andere Staaten, insbesondere unter den Alliier ten, litten unter schlverer Ver-schmLdung au das Ausland. In dessen -wurde diese Verschuldung nicht wie in Deutschland znm Verhängnis, weil hinter ihrem Zahlungs-Vermögen nicht -wie bei Deutschland die stets aktionsb ereile Pslitesch-militärische Voll- streckuug -lauert. Daher begrüße es Deutschland, daß endlich Wirtschaftsführcr mit der Prüfung der Repa-vations- frage betraut -worden seien. Wir sehen eurer Entscheidung, wenn auch ohne übertriebenen Optimismus, doch mit -der Zuversicht lichkeit entgegen, die sich ans -die Urteilskraft und das moralische Verantwortungsgefühl von Männern dieser Größenordnung gründet. Der Reichskanzler -bat dann den Reichstag um Zustimmung zu den bisher erlassenen Verordnungen, wenn auch mancher in Einzelheiten oi-ne andere Regelung für zweckentsprechender und besser gehalten hätte. Eine große Zahl fei aber von so wesentlicher Bedeutung, daß ihre AuHebung den schon errungenen Erfolg in Frage stellen »Mrde. Im Namen der Negierung erklärte der Reichskanzler unter allgemeiner Bewegung des Hauses, daß sie, wenn durch einen Beschluß des HanfeS der Bestand ihres ganzen Reformwerkes gefährdet würde, sie die pflichtmäßige Folge daraus ziehen und beim Reichspräsidenten die Auflösung des Reichstages beantragen würde. Deshalb bat der Reichskanzler, in dieser Richtung gestellte Anträge abzulehnen und von der Beratung der Abänderungsanträge in Kommissionen Abstand zu nehmen. Me Reichsregier-mg sei jedoch bereit, in eingehenden inter fraktionellen Verhandlungen mit den Parteien über die einzel- uen Best-lMM-u-ugen der Vorlage zu beraten. Der SMuß -der Rede war noch einmal Las BÄenntn-is, daß die Regierung sich nicht scheut, vor Volk -und Geschichte -die volle Vevantwortuug für ihre Daten zu übernehmen, in-dem Bewußtsein, -daß alles, was sie getan habe, dem Wohl von Reich rvnd Volk, dem Be stand der deutschen Nation, der Rettung vor dem Untergang dienen- würde. Die Aussprache der Parteien. Abg. Müller-Franken (-Soz.) beschäftigte sich zuerst mit der Drohung der Reichstagsauflösung und meinte, die Re gierung n-ehme hofseu-ilich nicht an-, daß sich dadurch irgendeine Partei in ihrer sachlichen Stellun-guahme zu den Verordnungen wende beeinflussen lassen. Seine Partei wolle sich nicht auf eine Kritik der Ermächtigungsverordnung beschränken, sie müsse sich auch sehr ausführlich über die Handhabung des Aus nah me zu. st an-des arrs-sprechen. Auch sein« Partei sei der Ansicht, daß die Repar-ationÄftage nur durch wirtschaftliche Ge- sichtspunkte u-nid nicht durch Machtpolitik gelöst werden könne. Wer keine Regierung, W-Ächer Richtung sie auch angchören möge, werde um die Ersüllungspolitik herumkommen. Doch dürfe das Rheinland nicht zu einer Reparationspro-vlnz gemacht werden, das -ganze Deutschland müsse an den Lasten mrttvagen. Er wünschte dann Aufschluß über den Stand der Verhandlungen über die Mieumverträge und über die Goldnotenbank. Weiter begrüßte der Redner, daß die neue englische Regierung sich bemühe, eine Verständigung zwischen -Deutschland und Frankreich -herbeizn-führen. Er bedauerte, daß mit dem Beamtcnabbau Staatssekretäre beauftragt wären, die -ihn zu einem A-bbau der republikanischen und de:nokra <cheu- Beamten benutzen. Uu-bedmgt-e Notwendig keit kei demgegenüber ein weitgehendes Beschwerderecht der Beamten. Ebenso sei eine Ausbesserung der miserablen Beamtengehälter notwendig. DeMcM verlange ein An trag seiner Partei Äne Versteuerung aller Einkommen über 8008 Mark. Die Abb-auverordnung in der Iusti zverwaltung bezeichnete der Rödner als einen unerhörten Rückschritt. Abg. Müllcr-Gr-anken begründete einen Antrag seiner Parkoi, daß Landesverrat nicht angenommen werden dürfe, wenn jemand gesetzwidrige Zustände anfdecke, um ihre Ab stellung zu erreichen. Er bemängelte, daß die sozialpolitischen Einrichtungen in unerträglicher Weise abgeba-ut würden, wäh rend die Truste nud -die Kartelle -immer mächtiger würden. Die Regierung sollte endlich -das Washingtoner Abkommen über den NüMundentag ratifizieren. Die schärfste Kritik verdiene jedoch die Anwendung -des Ausnahmegustandes. Ein solcher, der über 6 Monate ausgedehnt werde, sei verfassungswidrige NeichsavLelLsminister Dr. Brauns verteidigte die ReichsregierunI gegen Angriffe -in der Arbeit- nehmerpreffe, weil sie angeblich die Sozialpolitik ab- ba-uen- wolle. Deutschland habe, so -meinte der Redner, nach dem Kriegsende nicht den Wiederaufbau gehabt, sondern den weiteren Abstieg bis zum völligsu Zusammenbruch und Bankrott. Der vierte Teil der deutschen Arbeiter sei auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung ganz oder teilweise erwerbslos gewesen. Mit sozialpolitischen Mitteln hätte man diesem furcht baren Zustande nickt mehr bekommen können. Die furchtbare wirtschaftliche Not hätte zur Sparsamkeit auf sozialpolitischem Gebiete gezwungen. In Zeiten, wo man seine Wirtschaft sanieren- und außerdem -für Reparationen arbeiten müsse, sei der Achtstundentag -in vielen Berufen ungenügend-. Das Washing toner Arbeitsizeitabkomm-en sei außerdem nur von sehr wenigen Nationen unverändert angenommen worden, und es sei zweifelhaft, ob die jetzige englische Regierung es ratifizieren werde. Der Minister erinnerte bei dieser Gelegenheit an das Kompromiß bei der Bildung der großen Koalirivn, ans Grund dessen im Oktober dem Reichstage ein Arbeitszettgesetz- entwurf vorgelegt wurde. Jedenfalls sei die Haltung der Sozialdemokratie in der Arbeitszeitfrage eine andere zu -der Zeit gewesen, wo sie an der Regierung beteiligt war, als heute. Es läge ihm fern, die Lohn- und Arbeitsbedingungen diktieren zu wollen-. Wo -die Beru-ssverbLn-de sich um eine Verständigung über die Tarife bemühen, falle ihnen das Arbeitsministerium nicht in den Arm. Der Minister sagt dann am Schluß, daß die wescutlichsieu Einrichtungen der Sozialpolitik trotz -der Not lage des Reiches aufrecht erhalt worden seien. Die unter dem Ermächtigungsgesetz erlassenen Verordnungen sollten nur die Sozial-verovdu-uu-gen in eine bessere Zeit hinüberretten. Daraus wurde die weitere Beratung auf Mittwoch nach- » mittag 2 Ubr vertagt.
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