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Wilsdruffer Tageblatt : 07.06.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192406073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240607
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240607
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-06
- Tag 1924-06-07
-
Monat
1924-06
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 07.06.1924
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öachn-r-S«/rm- s. Ä/a// ^5. /ZS — c5o/ma-e//S Sen 7. Ann/ /924 Golclene Morle. Erhalte dir den hehren Gottesfrieden, Nach langen Kämpfen endlich dir beschieden. Als Pflichtgebot den Sieg gewann. Den Frieden in dem richtenden Gewissen Den Frieden unter äußern Hindernissen, Den Frieden, den die Welt nicht geben kann. * Das Glück läßt sich nicht tagen Von jedem Jägerlein, Mit Wagen und Entsagen Muß drum gestritten sein. Oh weh der Lüge! Sie befreiet nicht. Wie jedes andre wahrgesprochne Wort, Die Brust; sie macht uns nicht getrost, sie ängstigt Den, der heimlich schmiedet, und sie kehrt, Ein losgedrückter Pfeil, von einem Gott Gewendet und versagend, sich zurück Und trifft den Schützen. AittDsMknsr uns Steuern. Von einem Steuersachmann. Das deutsche Wirtschaftsleben hat jetzt eine Krists durch zumachen, die weit schwerer ist als alle bisherigen. Es ist un ausbleiblich, daß die Stabilisierung unseres Geldes nich reibungslos vonstatten gehen konnte. Das, was wir jetzt durch Machen, ist die echte Stabilisterungskrise, die uns nicht erspar j bleiben konnte. Als zu Beginn dieses Jahres die Wirtschaf , Mieder mit erneuter Kraft einsetzte, sich überall reges Leber und Treiben zu zeigen schien, die Preise in die Höhe ginger Und Geld anscheinend im Überfluß vorhanden war, da war du Wirtschaft nicht, wie viele glaubten, plötzlich gesund geworden sondern es war das letzte Aufflackern der Krankheit. Hätte diese? Zustand lange angedauert, dann wäre unweigerlich die neui Währung wieder in den Abgrund gestürzt. Man hatte der lernt, sich einzuschränken und zu sparen, man hatte aufgehört an den Wert des Geldes zu glauben. Der einzige Abgott, zr dem man betete, war die S ub sta n z. Jetzt heißt es, sich um stellen. Galt früher als wichtigster Grundsatz die Flucht i n di« Substanz,, so erscheint jetzt die Flucht aus der Substanz al« die einzige Rettung. Wenn die Weltmarktpreise etwa 5V A über den Vorkriegspreisen liegen, so besteht keine Berechtigung daß die deutschen Warenpreise zum Teil 100 A oder 200 über die Vorkriegspreise hinausgehen. Der Grund hierfür lieg, eben darin, daß der Geschäftsmann an seiner Substanz fest, halten will und nicht geneigt ist, nunmehr einen Teil derselben herzugeben. Das aber ist erforderlich, die Preise müssen so weit heruntergehen, daß wir auf dem Weltmarkt wieder kon kurrenzfähig werden. Das Wirtschaftsleben muß befreit werden von den unzähligen Fremdkörpern, die es unnatürlich aufge bläht haben. Zu befürchten ist allerdings, daß auch viele der allen gesunden Wirtschaftsträger die schwere Zeit nicht über stehen werden. Im allgemeinen aber dürfte man das Ver trauen zu unserer deutschen Wirtschaft haben, deren Tüchtigkeit »och alle schweren Zeiten überwunden hat. In dicier Zeit hat die Steuergesetzgebung eine be sonders wichtige und schwere Aufgabe. Es dürste jedem Ein stigen klar sein, daß unser Geld nur solange stabil bleiben Mim, als die Regierung in der Lage ist, ihren Haushalt zu balancieren. Die notwendigen Ausgaben müssen durch Steuer einnahmen gedeckt Werden. Eine gewisse Steucrfreudigkeit ist hierfür unerläßlich. War eine solche aber von jeher eine Sel- tenheit, so wird sie jetzt mit Gewalt lotgeschlagen. Wie soll der Steuerzahler seinen Verpflichtungen auch nur mit einiger Ge- neigthcit Nachkommen, wenn nicht die geringste Grundlage be steht, welche diese Verpflichtungen feststellt? Wir haben gegen- „Das erste Ehejahr". 7 Roman von Ruth Gmg. Copyright 1914 by Greiner H Co., Berlin W SO. Nachdruck verboten. „Otto!" 'Es klang weich, verhallend wie ein Hauch, voll ' önmgkeit. Der Mann halte ihren Arm durch den Seinen ge sogen und schaute sie voll Seligkeit an. j ,^Hast du wirtlich die Einrichtung allein besorgt, alles hier iertig gebracht, während ich mich nicht darum kümmern konnte?" s Dankbar war sie ihm und demütig ergeven für die Liebe, mit dec jedes Stück an seinen Platz gestellt worden, mit der die Bilder ; ander Wand chren schönsten Punkt gesunden. Alles hatte er ge- ! troffen, wie sie es sich in ihren Träumen ausgemalt. Und sie Nachte mit einer beschreibenden Bewegung der Hand ein Zeichen: ,Mo habe ich es mir «wrgestellt. -Ich liebe die schweren Esderstühle in einem Speiseraum. Ich schwärme für einen run den Tisch, er erweckt den Eindruck des Behaglichen. Hier ist ein echtes Zuhause." Otto zog sie weiter in das Herrenzimmer, zündete die Gas- slamme an. Das grünbejchirmte Licht ergötz sich über Mei Leder sessel, einen großen Schreibtisch, der von Renate mit Kenner dlicken betrachtet wurde. Die Bücherei nahm die eine Hälfte der Wand ein. „Otto, ich bewundere dich. Ich staune dein Talent an, niemals hätte ich das alles in einer solchen Vollendung ge- Ihaffen." „sich habe Hilfe gehabt," sagte er, „Frau Weinhold, die Tran meines Betriebsingenieurs, hat mir redlich beigestanden. Cie tat es leidenschaftlich gern; im Gegensätze zu ihrem Gemahl !hwärmt sie für die Kunst. Natürlich wußte sie, daß die schön sten Bilder aus deinem Besitz stammten." „Wie nett von ihr, Otto, ich will dir in dein Heim nur ÄllMche Stunden bereiten. Ich werde mich mühen, dich nie zu Dicken." ,Mun, das Wichtigste, das Heiligste," sagte er bebend in der ^'Wartung. Er schob einen Vorhang aus kardinalrotem Samt Nr Seite, mattesLicht ergoß sich unter einer gelben Flamme. Senate stieß einen Ruf der Ueberraschung aus und hing an seinem Halse. Ein kleiner Raum war es nur, der sich ihrem entzückten Äuge bot, mit besonder ei' Sorgfalt nach dem Muster ihres Arbeitszimmer in dem Hause der Mutter eingerichtet. Lila Ta peten, lila Möbel von schwarzem Holz umrahmt. Ein winzig kleiner Schreibtisch stand mitten im Zimmer, davor ein kleines, geschweiftes Sosa. Hockerchen, Gbetchenstühle standen verstreut umher, und weiße Mullgardinen erhöhten das Trauliche des Simmers, das zum Tränmen recht geschaffen war. warng «oeryaupt lein Steuerrecht mehr. Der Steuerzahler ist den Steuerbehörden auf Gnade und Ungnade ansgeliefert, er kann nirgends ein Recht finden, weil ein solches gar nicht besteht. Die zweite Steuernotverordnung war von dem Gedanken ausgegangen, daß eine positive Grund lage für die notwendigen Besteuerungen nicht vorhanden ist. An deren Stelle sollten Recht und Billigkeit treten und jeder sollte soviel an Abgaben entrichten, als seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit entspricht. Was ist das aber, die „steuerliche Leistungsfähigkeit"? Ein Wort, für das jeder Begriff fehlt. Die Ausfuhrungsbestimmungen und Anweisungen, die zu den einzelnen Steuervorschristen ergangen sind, können kaum noch gezählt werden. Daß hierbei das fiskalische Interesse immer in den Vordergrund tritt und das wirtschaftliche Interesse bei- seitegeschoben wird, ist gar nicht zu vermeiden. Die steuerliche Leistungsfähigkeit unterliegt der einfachen Entscheidung des be- treffenden Finanzbeamten. Er hat nicht einmal notwendig, seine Ansicht zu begründen. Es werden Steuerdekrete erlassen und Zahlungen verlangt ohne jede Begründung. Erfolgt aber einmal eine solche Begründung, so ist sie wiederum ganz will kürlich. Am schlimmsten steht es mit den sog. Abschluß- zahlungen für 1923. Zu Anfang 1923 hatte man mit Mühe und Not ein Gesetz zusammengezimmert zur Berücksichtigung der Geldentwertung in den Steuergesetzen. Man wollte die allerärgsten Härten ausmerzen, die dadurch entstanden waren, daß Mark — Mark war und daß Riesengewinne in Erscheinung traten, die nichts anderes waren als der Ausdruck der einge tretenen Markentwertung. Zu diesem Zwecke waren vor allen Dingen die allseitig bekannten 33a und 33b bestimmt. Sie boten bestimmte Erleichterungen hinsichtlich der Warenbewer tung und hinsichtlich der Abschreibungen. Jetzt geht man sche matisch dazu über, diese beiden Paragraphen einfach zu streichen, indem man allen denen Nachveranlagungen schickt, welche seiner zeit auch nur einen dieser Paragraphen angewendet haben. Man geht noch viel weiter. Wer in seiner Goldmarkbilanz nachweist, daß er noch nicht alles verloren hat, bekommt schnur stracks eine Nachveranlagung. Dagegen gibt es kein Rechts mittel, denn das Finanzgericht stellt sich auf den gleichen Standpunkt wie das Finanzamt. Allerdings gibt es noch eine Berufung an den Reichsfinanzhof. Dieser soll nach Recht und Billigkeit entscheiden. Vielleicht wird er es auch tun, aber was nutzt das dem bedrängten Steuerzahler? Er soll ;a zunächst den Betrag bezahlen, sonst wird er gepfändet. Ganz ähnlich steht es mit den Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer und die Körperschaftssteuer. Wenn einer sich schon durch die vielen komplizierten Verord nungen durchgefunden hat und seine Berechnungen richtig ge macht hat, bleibt er immer noch gewärtig, daß er ein Dekret erhält, in welchem eine beliebige Zahlung von ihm verlangt wird. Die Finanzämter haben hier die weigehendste Macht befugnis: die Zahlungen den wirtschaftlichen Verhältnissen an- zupassen. Wenn jemand mit seinen Zahlungen hinter dem zurückbleibt, was er etwa 1920 entrichtet hat, so bekommt er eine Neuveranlagung. Daß die Geschäfte jetzt nicht gehen, daß die Einnahmen fehlen und das Geld, daß die Geschäftslage hinter 1920 Zurückbleiben muß, dafür haben die Finanzämter kein Verständnis. Man rechnet plötzlich mit Goldmark für Zeiten, in denen man eine solche überhaupt nicht gekannt hat. Das allerschlimmste aber ist der fürchterliche Formalismus. Unzählige Formulare schwirren dem Steuerzahler ins Haus, zu deren Studium er Stunden gebraucht. Für jede Voraus zahlung aus die Einkonnnensteuer, Körperschaftssteuer, Gewerbe steuer :st ein Formular" auszufüllen, womöglich alle Monate. Ist das Formular aber ausgesüllt, dann kommen Rückfragen. Diese sind meistens vervielfältigt. Da werden Fragen gestellt, die der Ungefragte gar nicht beantworten kann. Die Steuer erklärungen zur Vermögens st euer sind mit vielerMühe und Not eingereicht worden. Man konnte die eingehendsten Er läuterungen, die sorgfältigsten Bilanzen beifügen, das nützt alles nichts. Die Rückfragen bleiben nicht aus. Sollte sich hier nicht Abhilfe schaffen lassen? Sollte es nicht möglich sein, in einfachen Verfahren das zu fordern, was trag bar ist? Sollte es nicht denkbar sein, Verständnis zu erwecken für die allgemeine wirtschaftliche Lage? Hier ist eine große Aufgabe des neuen Reichstags. Der Steuerzahler braucht seine Zeit und Arbeitskraft gegenwärtig für wichtigere DinM als für Steuersormulare. Er muß an Abgaben das entrichten, was aus ihn entfällt. Er darf aber nicht in dieser Krisenzeit durch die Steuern vollständig zugrunde gerichtet werden. Der richtige Weg muß sich bei einigem Verständnis finden lassen. Martin Horwitz, beeideter Bücherrevisor, Breslau. Sie sirich liebevoll über die Keine Platte des Schreibtisches. „Hier kommt dein Bild hei', hier werde ich an Mama und Gerta schreiben. Wenn ich arbeite, darf ich mich an deinen Schreib tisch setzen? Ja?" Der Mann lächelte . . . sie würde nicht arbeiten, die Zeit nicht dazu finden« Er wollte es auch nicht. Was sie brauchten, würde er ihr stets geben. Aus seiner Hand sollte sie von nun an alles empfangen. „Das ist dein Reich, mein Schatz." Renate fiel ihm sogleich in das Wort: „Hier werde ich in Stimmung kommen, ich fühle es schon." sind sie drückte ihre Stimmung dadurch aus, daß! sie ihn mit ihren Armen aufs neue umstrickte, ihn küßte. „Sv soll sich deine Freudigkeit stets äußern," sagte der Mann, und vereint traten sie den Rückweg an. Als sie die Tür des Hellen, luftigen Schlafzimmers hinter sich geschlossen, pochte Renate an eine Pforte, die sich äußerlich von den anderen Türen unterschied. Sie öffnete, blickte hineinund sah in dem Raum einen langen Tisch, unterschied dann einen Hübel, eine Dreh bank und verschiedene andere Instrumente. „Hier ist -meine Werkstatt, Liebling." Otto dachte eine Se kunde nach, dann wurde sein Gesicht entschlossen. „Eine Werkstatt?" fragte Renate. „Arbeitest du zu Hause, du brauchst nicht jeden Tag svrtzugehen?" Sie schlug bereits vor Freude die Hände zusammen. ,)So ist es nicht, mein Herz, im Gegenteil, ich arbeite mehr als viele meiner Kollegen. Wenn ich abends um sechs sihr die Paulinenhütte verlasse, esse ich zuerst mit dir Mittag. Ich bin mit meiner Tagesarbeit nun nicht fertig, aber ich beginne noch einmal, zusammen mit einem Tischler', der nach meinen Angaben ein Modell anfertigt." Renate begann die schönen Dinge zu mustern, Mit denen der Tisch bestellt war. „Du, Otto, das verstehe ich nicht. Ein Modell? Wozu?" Otto wies auf die vielen pikant zusammen gestellten Schüsseln: „Siehst du, das alles hat Frau Weinhold besorgt. Nun werden wir essen, uns nicht mit meinen Arbeiten beschäftigen." Renate merkte ihm an, daß er ihr etwas zu beichten hatte. Es schien ihm leihst heute keine Ruhe zu lassen, darum fragte sie voll Eiser; Nein, erkläre mir erst, was ich wissen wollte. Ich würde vor Neugierde sterben." Im scherzhaften Schrecken schloß er sie in die Arme. Er war glücklich darüber, daß sie an seiner Arbeit teilnahm. Ich habe eine Erfindung gemacht, nichts weiter," sagte er. „sind das erfahre ich erst Heute? Da bin ich dir sehr böse." Sie blickte ihn jedoch nicht zürnend, sondern stolz an. Vie flM in; Mal. Von Erich Fäse. ' Wir Deutschen sind das Volk der tausend Möglichkeiten. Das ist zu allen Zeiten unsere Hoffnung und unsere Gefahr gewesen. Das erklärt unsere Höhenflüge und unsere Nieder brüche. Das ist es, was heute wieder alle Welt nach Deutschland hinüberhorchen läßt: wohin werden sich die deutschen Möglichkeiten entladen? Wir haben tausend Möglichkeiten. Wir haben vor allem die, uns unsere besten immer wieder zu verscherzen. Wir flüchten uns mit ihnen nur zu gern ins Reich der Unwirklichkeit, in die dünne Luft der sogenannten „Ideale", wo es keine Wider stände gibt, wo keine Anstrengungen verlangt werden, wo alles „möglich" ist. Wir sind berufsmäßige Idealisten, tummeln uns in allen kosmischen und intelligiblen Gefilden, verkünden den ethisch-religiösen und den ökumenischen Typus, doch wir wagen uns nicht an das Leben heran, am wenigsten an das eigene. Wir schreiben Bücher über die Heiligkeit des Eros, über das Wachsen unserer Kultur, über das Ethos des deutschen Idealis mus, aber unser Erdendasein bleibt trivial und erbärmlich. Wollen wir nicht endlich empfinden, wie unsagbar feige eine solche Flucht in die höheren Regionen ist? Wollen wir nicht einsehen, daß wir gar kein Recht haben, nach den höchsten Dingen zu greifen und mit ihnen zu spielen, solange wir die niederen nicht mit Anstand bewältigt haben? Wollen wir uns immer weiter vor den anderen verächtlich machen? Wollen wir, was noch viel schlimmer ist, uns immer weiter selbst betrügen? Es kommt überhaupt nicht darauf an, die höchsten Ideale zu bekennen. Es kommt daraus an, daß wir zu unserem Ideal ein organisches Verhältnis haben. Kein Ideal ist ein Wert an sich. Entscheidend ist, was es für das Leben bedeutet, ob es Zufluchts ort oder Kraftquelle ist, ob es von der Tat dispensiert oder zu ihr verpflichtet, ob wir uns an ihm berauschen oder ihm mit leidenschaftlicher Nüchternheit nachstreben. Ein kleines Ideal kann Wunder wirken, ein ganz hohes völlig schemenhaft bleiben. Wir müssen wieder demütig werden gegenüber den höchsten Dingen, müssen es uns abgewöhnen, mit ihnen auf Du und Du zu stehen, müssen lernen, die kleinen Dinge ehrlich und ohne große Worte zu tun, wir müssen endlich wieder Haltung ge winnen ! Die Geschichte ist eine Welt der Wirklichkei ten — sie wird sich um die deutschen Möglich keiten verdammt wenig kümmern. Diese Möglichkeiten sind uns anoertraut, w i r müssen uns aufraffen, sie aus ihrer lustigen Höhe, in die wir sie aus Feigheit hinauf spekuliert haben, wieder herunterzuholen und auf die Erde zu zwingen. ffommmiltr»tmor im Mustriegebiet- Der Kampf zwischen Zechenbesitzern und Bergarbeitern ist durch die Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruches einstweilen in einen Waffenstillstand umgewandelt worden. Keine der Parteien ist zufriedengestellt, und die Streitig keiten werden von neuem bei irgendeiner Gelegenheit auf lodern. Es ist siel über die Rechte der Arbeiter in letzter Zeit geschrieben worden, und es kann nicht verkannt wer den, daß man in weitesten Volksschichten mit Sympathie auf den ruhigen und sachlichen Kampf der Arbeiter blickte. Das Existenzminimum muß da sein, wenn die Verzweif lung nicht über eine ganze Eesellschaftsschicht kommen soll. Deutschland braucht zur Wiedererstarkung seines ausge sogenen Körpers nichts als Ruhe. Ze schneller es die not wendigen Entwicklungsstufen der Deflation durchläuft, um so sicherer ist der wirtschaftliche Wiederaufstieg. Abs, nicht- können die ewigen Hetzer, die Vernichter alles Bestehenden weniger vertragen, als Ruhe und Ordnung. Die Kommu nisten haben aus diesem Grunde im westlichen Industrie gebiet einen Terror entfaltet, der vieles überbietet, was man bisher bei ihnen schon gewohnt war. Arbeiter, die die Notstandsarbeiten versahen, um die Zechen vor dem Er trinken zu bewahren, wurden von den Kommunisten in „Sie ist noch nicht fertig. Ich bin augenblicklich mit dem Modell beschäftigt, das der Tischler nach meinen Angaben her- stellk." Die Frau hielt die Hände gefaltet. Eingenommen von seinen Worten schaute sie ihn aufmerksam an: „Welches ist der Zweck dieser Erfindung, Otto?" Go dachte eine Weile nach. „Ich weiß nicht, mein Herz, ob ich dir bas rasch und ein dringlich genug erklären kann. Sichst du, die Paulinenhütte fertigt Schienen. Nicht wahr, bas weißt du? Im Auftrage von Ländern stellen wir viele Meilen solcher Schienen her, nachdem in dem Hochofengebiet bas Roheisen produziert ist. Nun haben wir einen Riesenauftiag von China. Alle Ingenieure der Hütte sinb der Ansicht, daß es uns nicht gelingen wirb, zu dem be stimmten Termin zu liefern. Ich habe also einen Gedanken auf- > gegriffen, nach dem wir eine weit größere Anzahl von Schienen werden walzen können. Verstehst bu, kleine Renate? Die Pro- duktionssähigkeit der Paulinenhütte soll sich verdoppeln. Meine Erfindung wird bas sinmögliche möglich gestalten, wenn der Di rektor sich entschließt, sie anzuwenden, sie arbeiten zu lassen. Das war es, was ich dir verschwiegen habe. Doch was rede ich jetzt dävon," unterbrach ei sich, ,Mas spreche ich von den Geschäften und Erfindungen an bem glücklichsten Tage meines Lebens. An dem Tage, da du mir eigentlich geschenkt bist, du, mein Weib. Komm, komm zu mir." Er stand auf unb streckte ihr die Arme entgegen. sind ohne ein 'Wort zu sprechen, lief sie auf ihn zu, warf sich an seine Brust, während die Augen in einem seligen Feuer glänzten. * * „Ist es schlimm, wenn duspäter kommst?" fragte Renate am andern Morgen, als sie am Frühstückstisch saßen. Otto zog die sihr. „Es ist zehn, aber wer wirb es mir wohl verdenken, wenn ich am ersten Tage meinei jungen Ehe nicht pünktlich um sechs sihr auf der Hütte bin. Weißt du, ich glaube, es erwartet mich heute eigentlich kein Mensch. Sie denken gewiß, baß ich erst morgen auf bem Schauplatz meiner Tätigkeit erscheinen werbe." Er trank den duftigen Trank, den Renate ihm reichte, ah bie Brötchen, bie sie ihm zurecht machte, und wenn so einen neuen Bissen ncchm, blieben seine Lippen immer wieder auf den schlanken, weißen Fingern haften, bie jetzt den Ehering trugen. Ich eile jetzt, mein Liebling," sagte er, machte aber nicht die geringsten Anstalten, forkzukommen, sondern hielt Renale noch in feinen Armen; es schien, als wollte er sie nie mehr loslassen. „Geh, geh," ries sie neckend. Aber auch sie umklammerte ihn fester, ihre Stimme war süß und hebend. Meh, geh, sonst kommst du überhaupt nicht mehr hin."
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