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ÄilsaruNerTageblatt! r. Malt Nr. 275 — Dienstag 25. November IY24.1 Vaterland. Vaterland! Das sei das erste Und das letzte auch zugleich! Wär' auch unsere Last die schwerste, So erbauen wir das Reich. Vaterland! Die dem Gedanken Treue halten, ruft herbei! Nur, wenn wir von ihm nicht wanren. Sind wir stark und werden freit Wer in dieser Zeiten Schwere Anders denkt, soll ehrlos sein! Vaterland! Das ist die Ehre» Und sie schließt die Freiheit ein. Sie nur trägt die Kraft im Schoße, Die uns das Berlor'ne bringt Vaterland! Das ist das Große, Das die Schande niederzwingt i Paul Warncke. Vom Wahlkampf. Die deutschnationale Reichsliste. Der deutsch» nationale Parteivorstand hat nach längerem Verhand lungen die ersten sieben Stellen der Reichsliste fest besetzt. Die Namen der Kandidaten lauten: 1. Hergt, 2. Fürst Bis marck, 3. Frau Behm, 4. Lambach, 5. Tirpitz, 6. Best, 7. Werner- Gießen. Es ist also im wesentlichen die Reichs liste vom 4. Mai wieder aufgestellt worden. Neu ist nur der Name des Oberlandesgerichtsrats Best, der als Vor kämpfer der Aufwertungsbewegung ausgenommen ist. Behördliches Vorgehen gegen deutschnationale Wahll Propaganda. Nachdem erst kürzlich das Berliner Polizei Präsidium eine deutschnationale Wahlbroschüre „Für wen?" beschlagnahmt hatte und der Oberreichsanwalt der beschlagnahme beigetreten ist, erfolgte jetzt die Beschlag nahme eines deutschnationalen Wahlplakates. Das Plakat stellt einen Fahnenmast mit der schwarz-weiß-roten Flagge sar, am Boden liegt die schwarz-rot-goldene Fahne. Das Plakat trägt die Inschrift „Nieder mit der Internatio nale!" Die Behörde erblickt in dieser Darstellung ein vergehen gegen das Gesetz zum Schutz der Republik. In den Geschäftsräumen der Deutschnationalen Volkspartei fand im Anschluß an die Beschlagnahme eine Haus suchung statt. Entschließung des Lsterreichisch-Deutschen Bolks- vundes. Der Österreichisch-Deutsche Volksbund nahm in einer stark besuchtenVersammlung im Sitzungssaal des frü heren Herrenhauses zu Berlin zu den bevorstehenden deut schen Reichstagswahlen Stellung. Es wurde einstimmig folgende Entschließung angenommen: „Die Versammlung des Österreichisch-Deutschen Volksbundes fordert die ein gebürgerten, ehemaligen Österreicher zur Stimmenabgabe und die nicht reichsangehörigen Deutschen zur regen Wahl hilfe für jede Partei auf, deren Erklärung zur Anschluß- frage, zum Minderheitenschutz und zur Gleichberechtigung des österreichischen Deutschen mit den Reichsdeutschen be friedigend gelautet hatten." Wahlreise des Reichskanzlers nach dem Rheinland. Der Reichskanzler ist zu einem längeren Aufenthalt ins Rheinland abgereist. Unter anderem wird der Kanzler Köln, Dortmund und Essen besuchen, um dort zu den Wahlen zu sprechen. Die National-sozialistische Freiheitspartei in Preußen. Eine Verfügung des preußischen Ministers des Innern teilt mit: Nachdem Mitglieder der deutschnationalen Landtagsfraktion unter dem 18./23. Oktober d. I. aus dieser Fraktion ausgetreten sind und sich der National sozialistischen Freiheitspariei angeschlossen haben, ist zu den Parteien, die im letztenLandtag schon durchAbgeordnete vertreten sind, nunmehr auch die National-sozialistische Freiheitspartei zu rechnen, so daß für Kreis- und Landes- Wahlvorschläge auch dieser Partei jetzt die Unterschrift Von 20 Wählern ausreichend ist. Oie englische Absage an Rußland. Macdonalds Vertragsentwurf abgollehnt, Der Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, C h a m b e r l a i n, hat dem russischen Geschäftsträger Ra- towsky eine Note übergeben, in der er anzeigt, daß die Re gierung den russisch-englischen Vertrag weder dem König zur Ratifikation empfehlen, noch dem Parlament zur Be handlung vorlegen werde. Der Sinotvjew-Brief. Eine zweite Note an den russischen Botschafter be schäftigt sich mit dem Sinowjew-Brief, der bei den engli schen Wahlen eine große Rolle spielte. In der Note heißt es, von russischer Seite sei der Brief als eine Fäl- s ch u n g bezeichnet worden. Diese Ansicht könne die briti sche Regierung nicht teilen. Es sei unnötig, sich mit Ein zelheiten zu beschäftigen, da die in dem Besitz der britischen Negierung befindlichen Unterlagen nicht den geringsten Zweifel an der Identität des Sinowjew-Briefes ließen Die britische Regierung werde darüber nicht diskutieren, die Handlung, über welche die vorige britische Regierung sich beschwert habe, beschränkt sich übrigens nicht auf einen bestimmten Brief, sondern dehnt sich im Gegenteil auf den gesamten Umfang der revolutionären Propa ganda aus, für die der Brief ein bezeichnendes Probestück sei, und die zuwellen im geheimen und zuweilen unver hohlen geführt werde. Die durch Rundfunk über die ganze Welt verbreiteten Erklärungen Sinowjews bildeten einen genügenden Beweis für die Propaganda, die von der Dritten Internationale mit Wissen und Zustimmung der Sowjetregierung andauernd geführt werde. Rumänische Staatsmänner als Fälscher. Handel mit gefälschten Pässen. In den Vereinigten Staaten wurden in den letzten Monaten etwa 6000 Einwanderer festgenommen, Vie mit falschen Pässen aus Rumänien nach Amerika eingewandert sind. Die Festgenommenen gaben einmütig an, daß sie die Pässe in Bukarest für bedeutende Summen gekauft haben. Daraufhin leitete die Regierung der Vereinigten Staaten diplomatische Schritte ein und forderte strenge Untersuchung von der rumänischen Re gierung. Im Verlaufe der Untersuchung zeigte es sich, daß zu der Bande der Paßfälscher viele Mitglieder desParlamentsundsogarMinister gehörten. Es hat sich weiter herausgestellt, daß der Führer dieser Paßfälschergesellschaft der bekannte General Wojto - janu, der Bruder des rumänischen Innenministers, ist. Die Paßfälschungsaffäre entwickelt sich übrigens zu einem großen politischen Skandal. In Bukarest wurden vielehoheBeamteundauch 20 Abgeordnete wegenTeilnahmeandiesen Machinationen verhaftet. Bei der Hausdurchsuchung in der Wohnung des Generals Wojtojanu wurden mehrere tausend falsche Pässe gesunden. Als man den General verhaften wollte, zog er seinen Revolver und erschoß sich. s politische kunckfchsu 1 Belgische Verkehrsordnung im besetzten Gebiet. Die belgische Besatzuirgsbehörd« in Duisburg hat eine neue Verkehrsordnung erlassen. Wer im besetzten Gebiet wohnen will, muß bei der deutschen Ortsbehörde einen schriftlichen Antrag stellen. Von der Genehmigung muß dem Militärbefehlshaber innerhalb drei Tagen Nachricht gegeben werden. Reichswehr-, Marine- und Schupoange- hörige dürfen in das besetzte Gebiet nur mit besonderer Genehmigung des Militärbefehlshabers einreisen. Das Tragen von Uniformen und militärischen Ausrüstungs- gegenständcn ist von einer besonderen Erlaubnis abhängig. Beunruhigungen der Inhaber von Spar kassenkonten Aus einer Reihe von Zuschriften an Tagesblätter ergibt sich, daß systematisch das Gerücht verbreitet wird, es sei von irgendeiner Stelle ein Geheimerlaß ergangen, daß alle Sparer bei der Anmeldung zwecks Aufwertung bei den be- i treffenden Sparkassen auf alle Rechte stillschweigend i verzichten, die ihnen eine etwa kommende höhere Auf- I Wertung verschaffen würde, und die dritte Steuernotverord nung anerkennen. Trotzdem dieses Gerücht den Stempel der Erfindung auf der Stirn trägt, stellt der Amtliche Preu ßische Pressedienst nach Erkundigungen an zuständiger Stelle ausdrücklich fest, daß es sich um baren Unsinn handelt, der vielleicht auf Wahlmachinationen zurückzu führen sein dürste. Frankreich Morgananleihc für Frankreich. Sowohl Kammer als auch Senat haben den Gesetzentwurf über die Morgan- anleihe an Frankreich angenommen. Die Annahme er folgte in der Kammer mit allen Stimmen außer denen der 29 Kommunisten; im Senat sprachen sich alle Abstimmen den für den Gesetzentwurf aus. Wie „Journal" zu wissen glaubt, wird die 7 prozentige französische Anleihe bei der Morganbank am Montag zu 94 H aufgelegt werden. Großbritannien. Die Mörder des Sirdars verhaftet. Der Chauffeur, der die Mörder Sir Lee Stacks in Kairo gefahren hat, hat ein umfassendes Geständnis abgelegt und die Täter so be schrieben, daß sie verhaftet werden konnten. In Kairo herrscht Ruhe, die ägyptische Bevölkerung ist verängstigt. Der Leiter der europäischen Abteilung der Sicherheits polizei und der Kommandant der Polizei von Kairo haben General Allenby gebeten, nicht an der Untersuchung der Mordaffäre Mitarbeiten zu müssen. — Der Pariser „Matin" erfährt aus Kairo, daß die sudanesischen Sol daten im Sudan ihre Offiziere ägyptischer Nationalität getötet haben. Griechenland Eine Offiztersverschwörung. In Athen ist ein neuer Putschversuch unzufriedener Offiziere verhindert worden. An der Verschwörung waren unter der Führung des Ge nerals Loudas dreißig Offiziere beteiligt. Sie beab sichtigten, das Parlament während der Nacht mit einem Truppenaufgebot zu umzingeln, die Mitglieder der Re gierung zu verhaften, und für den Fall, daß das Parlament sich widerspenstig zeigen sollte, eine Diktatur auszu- rusen. Die Regierung hatte aber noch rechtzeitig einen Wink bekommen und hat sämtliche Verschwörer verhaften lassen. Aus In- und Ausland. Hannover. Der Haarmann-Prozeß wird bestimmt am 4. Dezember d. I. seinen Anfang nehmen. London. Nach einer Meldung aus Kalkutta wütete SOO Meilen südlich von Kalkutta ein Wirbelsturm in der Bucht von Bengalen. Kopenhagen. Der dänische Kirchenminister bereitet ein Reformgesetz vor, wonach es Frauen gestattet sein soll, an der dänischen Volkskirche ein Predigeramt zu bekleiden. Bernn. Der Reichspräsident hat aus Anlaß der Um organisation derDeutschen Rentenbank an deren Präsidenten, Staalsminister a. D. Dr. Lentze, ein Schreiben gerichtet, in dem der Dank des Reiches für die Tätigkeit der alten Rentenbank ausgesprochen wird. Berlin. Hier wurde der frühere kommunistische Reichs tagsabgeordnete Max Heydemann verhaftet. Bonn. Der Vorsitzende der Rheinischen Landwtrtschafts- kammer Freiherr von Dalwigk ist auf seiner Besitzung Langenburg bei Königswinter gestorben. Er ist 64 Jahre alt geworden. Paris. Aus den Marineattachö der hiesigen griechischen Gesandtschaft gab der Verwalter des Vermögens von Venizelos vier Nevolverschüsse ab. Der Attache wurde schwer verwundet. Moskau. Wie das Volkskommissariat des Äußern erklärt, sind die Meldungen ausländischer Blätter über einen angeb lichen Umsturz in Rußland völlig erfunden. Marion (Ohio). Die Gemahlin des vormaligen amerika nischen Präsidenten Harding ist gestorben. - Neues aus aller Weit j Für Million Steuerbanderolen gestohlen. Ein großer Einbruch wurde in das Zollamt Norden in Berlin verübt. Die Verbrecher gingen von einem der Nachbar-' Häuser über mehrere Dächer vor. Vom Dache des Zoll-' amtes gelangten sie durch eine Luke in das Innere des Hauses. Sie erbrachen dann einen hölzernen Schrank, in dem für 500 000 Goldmark Steuerbanderolen lagen, und erbeuteten den ganzen Vorrat, der über 2 Zentner wiegt. Es handelt sich um Zigarettenbanderolen von 2, 2^ und 3 Pfennia. die für Packungen ru 100 Stück bestimmt sind. Was mein emst war. N ... Roman von Fr. Lehne. Urheberschutz 1W1, durch Stuttgarter Nomanzentrale, Ms. E. Ackermann, Stuttgart. Sie standen beide vor dem Hause. Marie hatte die Hühner herausgelassen und gab ihnen Futter — Karl Günther hatte die Sense über der Schulter; er wollte gehen und Futter mähen. Indem er einige Schritte vortrat und sich umsah, sagte er, ihr ausweichend — „die Sonne sticht schon so weiß — ich glaube, wir bekommen ein Gewitter —" er cheutete nach den Wolken — „dort, die Wolkenbank ver- Leißt nichts Gutes — ich will eilen, damit ich mit der Wiese fertig werde —" Er nickte ihr zu und ging weg. Sie legte vor den Blendenden Strahlen der Sonne die Hand über die Uugen und blickte ihm nach, so lange sie seine hohe Ge stalt sehen konnte. Dann wandte sie sich tief aufseufzend ihrer Arbeit wieder zu. Wie glücklich hätte sie doch sein können, wenn er sie verstanden hätte! Froh schritt Karl Günther in den leuchtenden Mor- Wn hinein. Feierstunden waren ihm die Früharbeiten, wenn er allein auf dem Felde beschäftigt und niemand weit und breit zu sehen war. Ihn verdroß es nicht, daß Hakob Dangelmanns Wiesen und Aecker so sehr zer- 'streut und auseinander lagen, was daher gekommen, daß der Bauer seinen ursprünglichen winzigen Besitz durch allmähliche Ankäufe vergrößert hatte, wie er das Geld und die Gelegenheit dazu gehabt! Karl Günther mochte vielleicht eine halbe Stunde eMg gearbeitet haben, als ein leises fernes Donner grollen ihn aufhorchen ließ. Er blickte sich um; der Sonne aoldiaer Glanz war einem merkwürdig fahlen Schein gewichen; ganz verändert lag mit einem Male die lustig lachende Landschaft; die Wolkenbank hatte sich dick und drohend herangeschoben, und vereinzelt züngelten schon Blitze daraus hervor. Mit verdoppelter Schnelligkeit und Kraft mähte er weiter; er wollte gern fertig iverden, um am nächsten Tage nicht noch einmal anfangen zu müssen. Das nahende Gewitter schreckte ihn nicht. Er sah die auf den benachbarten Feldern Arbeitenden heim eilen; doch er blieb, obwohl man ihm zurief, auch aufzu hören; denn es drohte böse zu werden. Plötzlich erhob sich ein heftiger Sturm, der die Meebäume schüttelte, daß sie sich bogen und die Heuhaufen durcheinander wir belte, daß die Halme hochauf in die Luft wirbelten. Die Sonne war ganz verschwunden. Dichte graue Dämme rung lag über der Erde; ununterbrochen wurde das blauschwarze Gewölk von Blitzen zerrissen, denen krachen de Donnerschläge folgten; ein Aufruhr in der Natur war, daß Tiere und Vögel ängstlich nach Zufluchtsorten suchten. Schwere Regentropfen fielen, die Karl Günther, der erhitzt von der Arbeit war, doch unangenehm durch sein weißes Leinenhemd empfand. Er zog seinen Rock, den er auf die Erde gelegt, wieder an und machte sich auf den Heimweg; es hatte keinen Zweck, länger zu bleiben. In voller Heftigkeit war das Wetter ausgebrochen — Blitz auf Blitz, Donner auf Donner folgte, und der Sturm heulte eine grause Melodie. Dazu schüttelte es förmlich aus den Wolken. Er lief, um ein kleines, mit ten in einer Wiese stehendes, dichtes Gebüsch zu erreichen, das ihm einigermaßen Schutz vor den gewaltigen Negen- massen gewähren würde. Unwillkürlich entfuhr ihm da ein Ausruf des Schreckens: auf der Landstraße kam Erdmutt von Eggersdorf in rasender Eile daherge- sprengt, gefolgt von ihrem Hunde. Ihm schien, als habe sie die Herrschaft über ihr Pferd verloren, vas bei jedem Blitzschlag sich bäumte und gefährliche Seitensprünge machte. Er lief auf sie zu. Mit aller Kraft hielt sie sich. Den Hut hatte sie verloren; der Wind zerrte an ihren fest aufgesteckten Flechten, daß die Nadeln herausfielen und die Zöpfe sich lockerten. Sie triefte vor Nässe. Ein grel ler Blitz durchschnitt züngelnd die dunklen Wolken, dem unmittelbar ein krachender Donner folgte. Erschreckt stieg Erdmutes Pferd kerzengerade empor — gerade noch rechtzeitig aber konnte Karl Günther hinzuspringen, ihm in die Zügel fallen und Erdmute vor einem Verhängnis- vollen Sturz bewahren! Mit eiserner Faust zwang er den sich wie wild sträu benden Gaul, bis das Tier mit zitternden schweißbedeck ten Flanken still stand. Totenblaß war Erdmute; ihre Brust wogte, und keuchend ging ihr Atem. „Sie sind es, Herr Günther — ich danke Ihnen!" flüsterte sie mit versagenden Lippen. „Wenn Baronesse mir gestatten würden, an Ihrer Seite zu bleiben —?" Sie nickte. „Wird es nicht bald aufhören?" Prüfend sah er sich um; das ganze Land war in einen undurchdringlichen grauen Regenschleier gehüllt. „Ich glaube nicht, Baronesse — ich fürchte sogar, daß wir noch Hagel bekommen — die Hellen weißlich-grauen Wölkchen deuten darauf " „Wäre ich nur erst daheim! Wie wird Dava sich " -a- stigen!" lFortsetzuna folaM