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HrcAkMZEM Freitag den 6 Juni 1924 Wilsdruff-Dresden. Postscheck: Dresden 2640 Nr. 131 - 83. Jahrgang. Tel.-ASr.: »Lachjemeitun«- WW« MMk/vm, GesE Ä/MMM v. Af-K/K' Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Goldpfennig, die 2 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gsld- pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile der Zeitung 100 Goldpsenmg. Nachweisungsgebuhr 20 Gold- Mtr Km/ V/7^5 ^. 6 L g°r annahme bis vormittags 10Uhr. — - —' F"* Rrchtrgkelt der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen auch alle Vermittlungsstellen entgegen. Sla/ww/e DtMSM'/MA M M »k.eachjm.Zrlwn«' -rschetn« «S«Iich nachmittag S Uhr jür den sollenden T»,. B-zugspr^s: Del Abho^ «L? Grlckäftsstcllen und Ausgabestellen 2,— Mark im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,SV Mark, bei Postbestcllung K M/söwM Vs-eb/aN »nd »tichästsstcllm nehmen r jederzeit Bestellungen entgegen. NL-VtzMM Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Die Sachsen-Zeitung enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen u. a. kegierungsprogramm im Reichstag. Das zweite Kabinett Dr. Marx. Es hat sich also keinerlei Veränderung vollzogen, mit Ausnahme des Umstandes, daß diesmal die Bayer!) ch s Volkspartei nicht bei den Regierungsparteien ist und sich wahrscheinlich mit den Deutschnattonalen aus eine Linie stellen wird. Wie die Besetzung des offenen Postens des Justizministeriums, der im ersten Kabinett Marx von der Bayerischen Volkspartei durch ihr mittlerweile von! Amte zurückgetretenes Mitglied Dr. Emminger besetzt wurde, vor sich gehen soll, steht noch dahin. Dis Minifteiliste setzt sich also wie folgt zusammen: Dr. Marx, Reichskanzler (Zentrum), Dr. Jarres, Vizekanzler und Inneres (D. Vp.), Dr. Stresemann, Äußeres (D. Volisp.) Dr. Geßler, Reichswehr (Demokrat), Dr. Brauns, Arbeit (Zentrum), Dr. Sucher, Finanzen (D. Volksp.), Graf Kanitz, Ernährung (parteilos), Hamm, Wirtschaft (Demokrat), Oeser, Verkehr (Demokrat), Höfle, Post (Zentrum). Das zurzeit nichtbesetzte Justizmlnisterlum wurde bis jetzt vom Kanzler Dr. Marx vorübergehend mit- verwaltet. Im Laufe des Dienstag fand im Anschluß an eine Fraktionssitzung der Deutschen Volkspartei noch einmal eine Be sprechung des Reichskanzlers Dr. Marx mit den Führern der Deutschen Volkspartei, des Zentrums und der Demokraten statt, worauf Dr. Marx den Vertretern der Deutschnationalen Volkspartei mittcilt«, daß er die Verhandlungen mit Nen als ergebnislos aufgeben müsse. Darauf erfolgte alsbald die Ernennung des Dr. Marx. Dr. Marx zum Reichskanzler, und er bildete mit Genehmigung des Reichspräsidenten die Regierung aus den bisherigen Ministern. Die vorher laut gewordenen Pläne zur Ersetzung einzelner Persönlichkeiten durch ander« wurden ausMgeben. Der besonders umstrittene Dr. Strese- mann bleibt Leiter der auswärtigen Politik. Der Reichskanzler spricht. Berlin, 4. Juni. Sofort nach Eröffnung der heutigen zweiten Reichstags- sitzung nachmittags 5 Uhr nahm Reichskanzler Dr. Marz das Wort zu folgender Erklärung: Meine Damen und Herren! Ich habe di« Ehre, dem neugewählten Reichstag die Reichsregierung vorzu stellen. Der Herr Reichspräsident hat alle Mitglieder der bisherigen Reichsregierung in ihren Ämtern bestätigt. Die auch bei dieser Kabinettsbildung zu bewältigenden Schwierigketen sind Ihnen bekannt. Ihren tiefsten Grund haben sie in der ernsten und bedrängten außenpoliti sche n L a g e d e s R e i che s. Es ist durchaus verständ lich, daß nach langen vergeblichen Bemühungen Deutsch lands, zu einem wahren Frieden zu gelangen, der Meinungsstreit über die einzuscUagenden Wege be wegter und heftiger ausgetragen wird, als di« Einmütigkeit über das zu erreichende Ziel der Befreiung Deutschlands es zu rechtfertigen scheint. Seit Jahren steht die deutsche Politik unter dem Druck der außen politischen Verhältnisse. Im besonderen Maße ist das jetzt der Fall, da die beherrschenden Fragen der großen inter nationalen Politik die Stellungnahme der beteiligten Völker zum Gutachten der Sachverständigen über daS Reparationsproblem ist. Nach der Überzeugung der Reichs regierung ist das für Deutschland die Lebensfrage. Die Lage Unserer Wirtschaft ist trostlos, wenn nicht gar verzweifelt. Kenner unseres Wirtschaftslebens sind darüber einia. daß in allerkürzester Frist eine Entspannung auf dem Gebiete der Geldknappheit erfolgen muß, wenn nicht die ganze Wirt schaft erliegen soll. Ein Ausweg aus der schon zu lange andauernden schweren wirtschaftlichen Zwists, die Deutschland durch lebt, sah dl« Reichsregierung in dem Gutachten, daS eine Reihe namhafter ausländischer Sachverständiger der ReparationSkommisfion erstattet hat. Die hat deshalb durch ihre Note vom 17. Avril die Anfraae °er Reparattonskommisiton dahin beantwortet daß sie in Gutachten eine praktische Grundlage für die schnelle Mung des Reparattonsproblems erblickt, und daß sie L^s- Mb bereit sei, ihre Mitarbeit an den Plänen der Sachver- Andigen zuzusichern. Im Einklang mit dieser Erklärung wird die jetzige Reichsregierung di« bereits im Gange be- bndlichen und, wie ich ausdrücklich bemerken möchte, durch bw Negienmgsbildung nicht verzögerten Vor arbeiten zur Durchführung des Gutachtens wrtsetzen. Das Organisationkomitee für die Goldnoten- für die Neichseisenbahn und für die Industrien bliga- jwnen haben ihre Arbeiten bereits ausgenommen. Es wird Angabe dieser Komitees sein, die in dem Sachverständigen- nmachlen noch vorhandenen Lücken auszufüllen und Un- rarheneu, sowie textliche Widersprüche aufzuklären. * Mussen dabei die Befugnisse der Kommissare völlig klar gestellt und abgegrenzt werden, in besonderem Maße auch die Zweifel beseitigt werden, die hinsichtlich der deutschen Mehr heit in dem Verwaltungsrat der Reichsbahn vorhanden sind. Wenn die Arbeiten dieses Komitees zu einer Einigung gesührt haben, wird die Reichsregierung alsbald die für die Regelung dieser drei Materien notwendigen Gesetzentwürfe den gesetzgeberischen Körperschaften vorlegen. Ferner müssen auch die Fragen, die mit der Inanspruch nahme der Zölle und Verbrauchsabgaben in Zusammen hang stehen, mit der Gegenseite erörtert und die Befugnisse des Kommissars dafür Üargestellt werden. Außerdem muß die Tätigkeit des Agenten für die Reparationszahlungen noch in einzelnen« Fragen geregelt werden. Das Gutachten kann nach der Ansicht der Sachver ständigen selbst nur als Ganzes angenommen oder ver worfen werden. Die Reichsregierung ist bereit, alles, was an ihr liegt, zu tun, um die in Angriff genommenen Vorarbeiten zn beschleunigen und das Sachverständigengutachten in die Wirklichkeit umzufetzen. Sie hofft dabei auf schnelle Mitarbeit des Reichstages. Die von unserer Seite zu erlassenden Gesetzentwürfe und Anordnungen wer den erst in Kraft treten, wenn klar und eindeutig fefisteht, daß auch die Gegenseite das Gutachten als ein unteilbares Ganzes unverändert annimmt, und wenn Gewißheit dafür gegeben ist, daß die Gegenseite gleichzeitig alle die Maß nahmen trifft, die in dem Gutachten als notwendig bezeich net sind, um die deutsche Leistungsfähigkeit wieder herzu stellen. Die wirtschaftliche und finanziell« Einheit Deutschlands und feine Verwaltungshoheit nrüssen gleichzeitig wieder hergcstE werden, weil anders die Leistungen, die in dem Gutachten verlangt werden, nicht ausgebracht werden können. Die ungeheuren Opfer für das deutsche Volk sind nur trag bar, wenn allen Deutschen die Möglichkeit gegeben wird, in ihrer Heimat sich ungestört der Arbeit hin- zugeben. Die innere Bereitschaft, die für die Steigerung der Produktion und die Übernahme so schwerer Lasten notwendig ist, kann nicht geschaffen werden, solange das traurige Schicksal vieler Tausender Vertriebener lastet und beunruhigt. Ihnen Freiheit und Heimat und ihrer Freiheit beraubter Deutscher die Nation be- wiederzugeben, ist ein unerläßliches Ziel, von dem die Reichsregierung nicht abgehen kann. Wenn so das Gutachten in dem Geiste ehrlicher Verständi gung, in Lem es entstanden ist, als Ganzes von allen be teiligten Regierungen angenommen und durchgeführt wird, werden wir wieder auf eine vertragliche Grundlage mit unseren Reparattonsgläubigern kommen. Paris, 5. Ium. „Oevre" veröffentlicht einen Bericht des Ausschusses für die zerstörten Gebiete. Nach dem Bericht bat der Generalsekretär des Ausschusses von Herriot di« Zu sicherung erhalten, daß er sofort nach der Kabinettsbildung das Gesetz, betreffend die Kriegsschäden, das die Ausführung der deutsch-französischen Abmachungen über die Naturalleistungen vorsieht, zur Anwendung bringen werde. Seine dahingehenden Absichten werden in der Regierungserklärung ausdrücklich unter strichen sein. Pertinax und die Kanzlererklärung. Paris, 5. Juni. Au der gestrigen Rede des Reichskanz lers äußert sich Pertinax im „Echo des Parts": Er stelle fest, daß Marx die Berichtigung des Sachverständigengutachtens for dere und wie Poincare, nur von einem anderen Standpunkte aus, in dem Gutachten Unklarheiten, Lücken und Widersprüche feststelle. Pertinax bemerkt, Frankreich wolle eine Kontrolle über Deutschland behalten. Es denke gar nicht daran, die mili tärische Okkupation aufzuheben, denn so unzulänglich, wie sie auch sei, so bürge sie doch dafür, die wirtschaftliche Okkupation im Notfälle wieder ausgenommen werden könne. Pertinax be dauert, daß Herrriol in seinem Brief an Leon Blum sein Pro gramm nur ungenau skizziert habe. Man müsse von der neuen französischen Regierung vor allem eine Bestätigung der Vor behalte verlangen, mit denen Poincare das Sachverständigen gutachten bekleidet habe. Freispruch im Prozeß gegen die Seeckt- Attentäter. Berlin, 5. Juni. Gegen die Anstifter des Mordan schlags gegen General v. Seeckt wurde heute vormittag das Urteil verkündet. Das Gericht stellte fest, daß die beiden An geklagten ohne Zweifel die Beseitigung des Generals von Seeckt. wünschten. Wohl kann ein Urteil nicht erfolgen, da eine Ver abredung gemäß tz 49 nur dann vorliegt, wenn diese überein- Es ist sehr folgerichtig und unerläßlich, Laß Lie vertrag liche Basis überall wieder hergestellt wird, sowohl bezüg lich des auf Grund des Vertrages von Versailles besetzten linksrheinischen Gebietes, als auch bezüglich derüberden Vertragvon Versailleshinaus besetzten Gebiete. Das wird in sich schließen, Laß in dem altbesetzten Gebiete das Rheinlanvabkommen wieder hergestellt und loyal gehandhabt wird und daß die über den Vertrag von Versailles hinaus be setzten Gebiete geräumt werden. Die Negierung wird sich mit aller Entschiedenheit für die ge rechte Lösung dieser Frage einsetzen. Die Sachverständigen haben diese Frage bewußt nur deshalb offen gelassen, weil ihre Lösung über ihren Aufgabenkreis hinausgeht. Aber sie haben selbst ganz klar darauf hingewiesen, daß die über ihre Zuständigkeit hinausgehenden politischen Fragen zwischen der deutschen Regierung und den alliierten Regie rungen unmittelbar geregelt werden muß. Die Reichs regierung sieht hierin eine ihrer vornehmsten und dringend sten Aufgaben. Nach der Überzeugung der Reichsregierung müssen vor dieser lebenswichtigen, für die Einheit des Reiches wie für die deutsche Wirtschaft gleich bedeutsamen Fragen der Außenpolitik alle innerpolitischen Fragen, mögen sie auch noch so wichtig erscheinen, vorerst zurücktreten. In besonderer Absicht unterlassen wir es deshalb, in der gegen wärtigen Stunde auf Fragen der inneren Politik ein zugehen. Bei den großen Entscheidungen, die wir in der Außenpolitik zu treffen haben, ist es Pflicht, die gesamten Kräfte der Nation für diese ernste und schwere Ausgabe ein zusetzen, ist es Pflicht, auch die drückenden Sorgen des All tags in dem Bewußtsein zurückzustellen, daß erst nach Klärung und Beseitigung unserer außenpolitischen Schwierigkeiten der Wiederaufbau im Innern auf staat lichem, wirtschaftlichem und sozialpolitischem Gebiete in An griff genommen werden kann. Die Reichsregierung wird ihre ganze Kraft in die Arbeit setzen, die zur schnellen Durch führung des Sachverständigengutachtens erforderlich ist, und stets ihr Augenmerk darauf richten, daß die sich daraus für das ganze Volk ergebenden schweren Lasten nach Maßgabe der Tragfähigkeit gerecht verteilt werden. Angesichts der verzweifelten wirtschaftlichen Notlage, in der sich die deutsche Wirtschaft zurzeit befindet, be schwört die Reichsregierung den Reichstag und das deutsche Volk, die in den letzten Monate» langsam, wenn auch unter Fieberschauern einsetzende Gesundung Deutschlands durch Uneinigkeit und zersetzenden Kamps nicht zu stören. Wer wird noch Hilfe bringen können, wenn Deutschland noch ein zweites Mal so dicht an den Abgrund kommen sollte, wie dies im November vorigen Jahres der Fall war? In den kommenden Wochen handelt es sich darum, den eingeleiteten Gesundungsprozeß durchzuführen und die deutsche Wirtschaft zu retten. Alle die schweren Opfer, die das deutsche Volk in den letzten Monaten zur Rettung vor dem Zusammenbruch auf sich genommen hat, wären ver gebens gewesen, wenn wir jetzt bis zur Erreichung des Zieles nicht stark blieben. Wir dürfen nicht die unsühn-- stimmend ihren ernsten Willen zur Tat zum Ausdruck gebracht haben. Das Gericht verkündete Freispruch. Die Angeklagten werden auf Staatskosten freigesproHen. Das deutsch-chinesische Abkommen. Peking, 5. Ium. Der Präsident ersuchte beide Häuser des Parlaments, am Donnerstag Sondersitzungen abzuhalten, in denen der Premierminister Erklärungen über die deutsch-chine sischen Verhandlungen abgeben wird. Falls das Parlament das deutsch-chinesische Abkommen billigt, ersolgt die Unterzeichnung wahrscheinlich am Freitag oder Sonnabend. Diedeutsch-österreichischen Verhandlungen Wien, 5. Juni. Die Handelsvertragsverhandlungen mit Deutschland sind provisorisch nahezu beendet. Der formale Ab schluß wird jedoch erst etwas später erfolgen können, da die Ver handlungen augenblicklich mit Rücksicht aus die politischen Vor gänge in Deutschland unterbrochen wurden. Eine neue Krisis in der englisch-russischen Konferenz London, 5. Juni. Der langsame Fortgang der englisch- russischen Konferenz hat sich abermals zu einer Krisis zugespitzt. Die Russen kamen auf ihre Forderung einer Bürgschaft durch die Negierung zurück und drohten mit der Abreise, falls sich Macdonald weigere, diese Forderung zu erfüllen. Nach einigen Meldungen soll die russische Forderung sogar in Form eines Ultimatums gestellt worden sein. Man erwartet, daß die am Mittwoch slottsindende Vollsitzung der Konferenz in der einen oder anderen Weise eine Klärung der Lage bringen wird. Kriegsgefahr zwischen Amerika—Japan? Was hing ton, 5. Juni. Der frühere Admiral Fisher hat an den Marinesekretär einen Brief gerichtet, in den: er die amerikanische Regierung auf die Möglichkeit eines Krieges mit Japan aufmerksam macht. Herriot und die deutschen Murnlleistungen.