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öFchE-Ltt/L/r- s. Matt, Alf. 79 - Mittwoch S3. Aa/rr/a? 79S4 Der Mencke frank. Odigenes, der Zeitdichter der München-Au-g!sburger Abend zeitung, widmet dem immer tiefer sinkenden französischen.Franken folgende launigen Berfe: Der Haß, der an den Nerven zehrt, Der ist kein Lebens-Serum. Da bleibt am End' nicht unversehrt Der große „nervus rerum". Nun kriegt der Frank bie böse Kur Und spürt der Därme Brennen. Er leidet furchtbar an der Ruhr: Drum muß er (abwärts) rennen. Der Rutsch, der hat befondren Schwung, Und ihn begleiten leise Verwässerung. . . Abmagerung. . . Wir wünschen gute Reise. Ihr lachtet über uns; indeß ! Euch trifft ein Schlag, ein gleicher. Und bald — ein Hoch der No-t-enpress' — Wird Frankreich nun — frankreicher. t Mene Sächsische LanäwittschaMiche Asche. Dresden, 21. Ian. Die vierte Sächsische Landwirt- ' schaftkiche Woche, die vom 21. bis 25. Januar hier abgehalten i wird, wurde am Montag vormittag durch den Vorsitzenden des s Lan-deskulturrats Geh. Oekonomierat Sleiger-Leutewitz eröffnet, s Redner wies auf die drohenden Gefahren der nächsten Zukunft für die deutsche Landwirtschaft hin. Es habe den Anschein, als ob die deutsche Landwirtschaft einer neuen Caprivi-Zeit entgegensteuere. Insbesondere seien es die durch das Ermäch tigungsgesetz geschaffenen Steuern, die die Landwirtschaft dem Ruin entgegenführten, darüber hinaus aber auch die ungeheuren > Felddiebstähle des letzten Herbstes und die jetzt für die Land- ! Wirtschaft hereinbrechende schlechte Konjunktur. Im Anschluß j daran hielt Professor Dr. Müller-Lenhartz-Leipzig einen Vor- i trag über das Thema: „Der Mensch in der Landwirtschaft", i Dann sprach! Rittergutsbesitzer Vogelsang-Ebersbach über Zeit- - fragen aus dem Gebiet der Tierzucht. Nach dem Gesänge des Deutschlandliedes wurde folgende Entschließung einstimmig an genommen: „Die sächsische Landwirtschaft sieht der Zukunft mit größter Besorgnis entgegen. Sie hat es stets als ihre höchste s Pflicht angesehen, dem Boden soviel wie möglich abzuringen, sie > hat kein Opfer gescheut, die Ernährung des Volkes sicherzu stellen. Tatsächlich sind auch ihre Bemühungen nicht ohne Er folg geblieben und die Erträge sind erfreulicherweise gestiegen. Diese Aufwärtsentwicklung kommt zum Stillstand, ja droht in das Gegenteil umzuschlagen durch die ungeheuren Steuerlasten ' in Vetbindung mit der anhaltenden Senkung der Preise für ! landwirtschaftliche Erzeugnisse. Die Landwirtschaft befindet sich in einer verzweifelten Loge. Zahlreiche Betriebe gehen dem z sicheren wirtschaftlichen Ruin entgegen. Die zur 4. Landwirt- l schaftlichen Woche versammelten Landwirte erheben entschieden Einspruch gegen eine derartige Erdrosselung der Landwirtschaft. Sie fordern eine wesentliche Herabsetzung der Reichssteuern, namentlich der Wchrbeitragswerte. Besonders drückend sind die sächsischen Steuern. Die Landwirtschaft verlangt deshalb- von der sächsischen Regierung eine Herabminderung der Grund- und Gewerbesteuer, vor allem auch der Zugtiersteuer auf ein erträg liches Maß. Soll- die Landwirtschaft in Zukunft ihren Pflichten nachkommen können, so ist sofortige Abhilfe dringend nötig, sie muß sonst all-e Folgen, die daraus entstehen, ablehnen." — Im Anschluß -daran fand -die öffentliche Hauptversammlung des Landesverbandes Sachsen für ländliche Wohlfahrt- und Heimat ¬ pflege statt, die vom Geh. Ministerialrat Dr. v. Sala geleitet wurde und in der Oberlehrer Zeibig-Bautzen einen Vortrag über Heimatpflege und ländliche Dorffeste hielt. Vie SSWsche öauernftochschule. veranstaltet am Donnerstag 5 Uhr lm „Italienischen Dörfchen" drei Vorträge. Es sprechen San.-Rat Dr. Seeliger-Wehlen über „Der Rassengedanke in der Geschichte der Völker", Prof. Karl Reuschel'-Dresden über „Deutsches Vvlksschauspiel in seiner geschichtlichen Bedeutung!" und Frl. Ina Böksche über „Die Handweberei in Schweden". In den Pausen Gesangs vorträge. QM JagäamsMen. Durch die ungeheueren Schneemassen sind dem Wildbe stand i-n den letzten -vier Wochen -außerordentliche Verluste zugefügt worden. Der Schnee lag stellenweise über meterhoch und ist durch zwischenzeitige Tauwetterperioden steinhart ge froren, so daß es dem Wild unmöglich war, zu den darunter liegenden Wintersaaten gelangen zu können, die während der harten Zeit sonst seine ausschließliche Nahrung -bilden. Der Hunger treibt das Wild in die menschlichen Behausungen, wo ein großer Teil der jüngeren Obstbäume total abgenagt ist. Der Obstzucht ist dadurch schwerer -Schaden entstanden. Trotz dom von vielen einsichtigen Iagdbesitzern nach Kräften ge füttert wird, dürften stellenweise bis 50 und mehr Prozent des Wildes -den schlimmen W-itterungisverhältnissen zum Opfer fallen. Ganze Ketten Rebhühner und der größte Teil des F-a- sanenbestand-es sind verhungert und dem Raubzeug erlegen. Die Hasen werden von den Füchsen dezimiert und fallen vielfach beim Besuch -der menschlichen Wohnstätten nächtlichen, unbe rechtigten Mondscheinschützen zum Opfer. Aus einem unlängst regulierten Wasserlauf -wurden an- -einem Mühlwehr allein bis jetzt 60 ertrunkene Hafen gelandet, die durch die verharschte Schneedecke bei ihrer Suche nach Nahrung einrobrochen waren. Auch verhungerte Reh-e wurden allerorts zahlreich- gefunden. Noch schlimmer mag der Winter- unter dem Hock)-- und Reh wild im Gebirge Hausen! Die Aussichten für -das kommende IaM-ahr find deshalb denkbar trüb«. Die Wildbahnen, -die sich kaum von den vernichtenden Revolutionstaaen her erholt haben, stehen aufs neue auf dem -Spiel. Angesichts dieser traurigen Tatsachen muß von der Regierung gefordert werden-, daß sie im kommenden Jahr weitgreifend-e Maßnahmen trifft, um -die überlebenden Wildreste vor übermäßigem Abschuß sicher- zustesten. Der Abschuß von weiblichem Hoch- und Rehwild im Jahre 1924, ebenso von Hirschkälbern, müßte -gänzlich vetboten werden, ebenso wie sämtliche Schußzeiten eine -dringende Ver kürzung um die Hälfte erfordern. Die Rehjacd^ sollte vor 1. August, die Hasenjagd vor 1. November- nicht eröffnet, erstere am 15. Oktober, letztere am 1. Januar geschlossen werden. Wenn die Staatsregierung in diesem Jahre nicht außerordent liche Schutzmaßnahmen anordnet, stehen die gesamten Jagden auf dem Spiel! kttrorene Weinernte Auf weite Stricke hin sind die bayrischen Weinberge bei dem starken Frostwetter saft vollständig erfroren, so insbesondere die Weinberge in der Randersacker Gegend. Die Aussichten für 1924 sind deshalb für die Winzer trostlos; der Ertrag -wind Keich null fein. - » Ar Sas GöMttom - j Nonne» ckie ZpMsssengeiaet aukge- wenet mraen? Von Oberjustizsekretär Küchenmeister, Rosten. Mit dieser Frage beschäftigte sich, wie in Nr. 15 der „Sachsen-Zeitung" berichtet wurde, eure Eingabe des Deutschen Sparkass-enverband an die Reichsregierung. -Erfreulich ist zunächst, daß nun wenigstens der Gedanke Wurzel gefaßt hat, Überhaupt her Auswerlungsjrage näher zutreten-, die eigentlich für den Sparer keine Aufwertung, son dern sogar -die Feststellung eines bedeutenden Verlustes, bedeutet. Dennoch wird kein Spareinleger verlangen, daß er- von den katastrophalen Ereignissen in der Geldwirtschaft völlig verschont bleibe. Leider ist aber -bisher bei den Sparkassen, Banken und Genossenschaften nicht -einmal der- gute Wille zur Aufwertung zu erkennen gewesen. Die technische Möglichkeit einer leidlich gerechten Auf wertung der Spareinlagen ist nicht so einfach; aber sie besteht — und wo ein Wille ist, -da ist auch ein Weg! Natürlich ist notwendig, -daß die den Kassen zufteh-enden alten Goldhypotheken oder solche aus der Zeit besserer Valuta in ein neues SchuldverhäÜnis gebracht werden, das in vielen Fällen aus der Vorkriegszeit durchaus unverändert wieder auf ersteht. Feste -gesetzliche Regeln, die vom Sparkass-enverband begehrt werden, können -hierbei zu keinem richtigen Ergebnis führen, weil nur im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder unter Mitwirkung des Prozeßgerichts eine Herrschte Regelung unter Berücksichtigung aller in Frage kommenden Verhältnisse von Fall zu Fall- möglich ist. Wenn dann der -Gesamtbetrag solcher außenstehenden Forderungen der einzelnen -Sparkassen festgestellt ist, so werden erfahrene Fachleute auch Wege finden, diese Forderungsbeträge nach Verhältnis auf -die ein-ze-ln-en Sparkont-en großzügig zu verteilen. Eine Rückzahlung dieser- Guthaben kann natürlich zunächst nicht oder nur nach! und nach erfolgen. Bei der Erörterung dieser ganzen Angelegenheit kann nun leider den Sparkassenverwaltung-en der Vorwurf nicht erspart werden, daß wohl die meisten ohne den nötigen Weitblick ihre Hypotheken haben vorbehaltlos löschen lassen gegen Rückzahlung der Forderung in Papiermark zum Nennwerte. Dadurch! haben sie die ihnen anvertrauten „mündelsicheren" Gelder zweifellos fahrlässig verwaltet, die -Grundstückseigentümer entschuldet und somit ohne rechtlichen Grund bereichert. Einsichtsvolle Grun-d- buchführer und in ähnlichen Aemtern -Stehende haben bei der Beurkundung der Löschungsbewilligung-en schon längst auf die Beteiligten eingewirkt in dem Sinne, wie das Reichsgericht nun entschieden hat. Warum haben- die Sparkaflenverwaltunzen nicht diese Einsicht gehabt? Warum gaben sie denn schematisch wie bisher ihre Löschungsbewill-igunz in öffentlicher Urkunde ab. ohne sich wie vorsichtige Privatleute weitere Ansprüche vvr- zub eh alten? Welcher Sparkasse -oder Bank soll dann künftig überhaupt jemand eine Mark anvertraucn können? Wenn jetzt der Sparkassenverband von der Reichsregierung auf -Grund des Ermächtigungsgesetzes im Berordnungswege feste Regeln über die Aufwertung oder die Beseitigung -der Auf- -wertungspflicht verlangt, so muß — abgesehen von der Frage der Rechtswirksamkeit- einer solchen Verordnung — vor allem daran erinnert werden, daß die Gemeinden eine Gewährleistung für die Spareinlagen übernommen haben, um eben- dadurck ihre Sparkassen zu mündelsicheren -Geldinstituten zu erheben. Wenn nun viele -Gemeinden -heute einen lastenfreien, oft recht be deutenden Besitz haben und vielleicht gar -diesen Besitz -ganz oder teilweise mit -den „mündelsicheren-" Spareinlagen erworben haben, so sind sie nicht nur zum Schadenersatz, sondern nach den Grundsätzen des Bürgerlichen -Gesetzbuches über die ungerecht fertigte Bereicherung auch zur Herausgabe verpflichtet. Es liegt also hier ebenso wie bei den Hypotheken und sonstig-eü Forderungen jeder Fall anders und kann nicht- durch zu feste Regeln gleichartig behandelt .werden. Dies würde weder im Interesse der Sparer noch der Gemeinden sein. Wenn aber die Sparkassen nicht auf-werten oder die Reichsregierung -das von der Reichsverfassun-g gewährleistete Eigentum nicht -schützt, so werden sich -die Spareinleger zu einer Interessen gemeinschaft zusammenschließen und letzten Enstes das R-eichs- gericht anrufen -müssen-, zu dem sie -das Vertrauen haben können, daß es voraussichtlich- eine auf -Gesetz und Rechte -gegründete Entscheidung- wie das Hyvothekenauswertungs-Urteil vom 28. Nov. 1923 verkünden wird. „Erünäerjakre"? Findige Köpfe scheinen eine, Belebung der Bautätigkeit für die nächste Zeit zu wittern. Schon gründen sich mit -einer -Geschwindigkeit!, die an -die bMchtigt-en Gründ-erjahre er innert, Erwerbsaes-ellschasten zur Ausnützung dieser „Möglich keit". Eine Nachprüfung ^rg-i-bt, daß solche N-eugrün-dungen Baulustig-en keine Vorteile zu bieten vermögen. Das Betriebs kapital einzelner solcher Gesellschaften reicht kaum aus, die ein fachsten Baugeräte (Kalkkasten, Wasserkannen- usw.) zu be schaffen, geschweig-e denn Rüstmaterial und anderes Erforder liche. Baulustigen ist -dringend zu empfehlen, sich bei Bauvor haben von bewährten ortsansässigen Fachleuten beraten zu lassen. Wenn irgend etwas, dann sind Bauverg-ebungen eine « SchMlsMge. ^warikav .-Oop^rigdt 1920 lut. Lur. N. binüs, Oresckan-A Roman von Matthias Blank. „Sie drohen?" „Sie hörten es!" Hastig wandte sich Fvau Ada von ihm ab und schritt noch der Tür. Melbourne folgte ihr nicht mit einem Schritt. In überlegener Ruhe war er stehen geblieben und sagte: .Blei ben Sie! Sie werden es bereuen!" Aber Frau Ada blieb nicht stehen. .Glauben Sie, ich wartete zwecklos so lange?" Frau Ada griff nach dem Drücker der Glocke. „Sie lieben den Reichtum, das Geld, den Glanz! Das alles bricht zusammen, wenn der erste Glockenton schrillt. Frau Ada lachte. „Und wenn ich erzähle, weshalb der alte Bonifaz die un gültige Erbichaft trotzdem ausbezahlt erhalten hat?" Diesmal erreichten seine Worte die beabsichtigte Wir kung. Frau Ada ließ die Hand sinken; jenes Erschrecken war ihr wieder in den Sinn gekommen, das ihr an dem Gatten aufgefallen war, als sie das Gleiche einmal absichtslos erwähnt hatte. Was konnte Melbourne davon wissen? „Ich sah es voraus, Sie würden die Glocke nicht berüh ren." — „Ich verstehe Sie nicht. „Aber die Tatsache ist Ihnen bekannt?" „Ja! Axel konnte ganz nach -einem Willen handeln." „Gewiß! Er konnte an Bonifaz außer der im Testament genanten Summe auch noch Möbel schenken. Hat er Sie darum gefragt? Erzählte er Ihnen, wie er diesen Alten in der Nacht heimlich empfing, da wir uns zum letzten Male sahen?" „Ich begreife das alles nicht." „Verstehen Sie es, wenn ich sage: der Glanz und der Reichtum, den Sie genießen, ruht auf schwankendem Grunde? Ich kann, alles vernichten — mit einem Wort." „Sie wollen mich überraschen?" „Nein! Eie sollen nur überlegen; Sie sollen prüfen! Ich will, daß Sie einlösen, was ich erhoffte oder ich werde alles zertrümmern, was Sie stolz und reich macht. Ich lasse Ihnen i Bedenkzeit! Und wenn Sie leicht zu nehmen suchen, was ich Ihnen angedroht habe, dann fragen Sie Ihren Mann, wo er in der Nacht des zwölften Juni vergangenen Jahres gewesen ist. Das war die Nacht, in der Baron von Regensperg er mordet wurde; es war die Tat jener Nacht, der Sie Ihren Reichtum verdanken. Sie können auch über die auffallende Freigebigkeit Ihres Gemahls gegen den alten Diener Bonifaz nachdenken. Sie sollen nicht glauben, als spielte auch ich nur. Ich lasse Ihnen Zeit. Aber ich komme wieder. Und dann..." Melbourne war nun selbst zur Tür gegangen, „dann will ich die Fortsetzung des Spieles, das Sie damals unterbrochen hatten. Ich will Erfüllung meiner Träume oder Vernichtung. Bedenken Sie, prüfen Sie, ob Sie so tief sinken wollen, daß Sie alles wieder verlieren und in Schande enden." Dann schloß er die Tür hinter sich. Mit großen, weit offenen Augen starrte sie ihm nach. Nur die dünnen, schmalen Lippen bewegten sich, als wollten sie fragen; aber kein Ton kam aus ihrem Munde. * Wieder war einer der vielen Tage verstrichen, von denen einer wie der andere gewesen war, jeder Tag wie eine Minute und doch wieder wie eine Ewigkeit. So empfand Anton von Reaensperg den Tag im Gefängnis. Nichts hatte sich ereignet, nichts war geschehen. Wunschlos verstrichen Stunden und Tage. Er lag auf dem harten Brett und starrte mit offenen Augen in die Dunkelheit der Zelle. Nichts konnte er sehen als einen etwas helleren Schein hoch oben. Mehr als ein Jahr war verstrichen, seit man ihn hier hereingeführt hatte. Er haderte nicht mehr mit dem Geschick, das ihn so schwer ge troffen, er murrte nicht mehr wie er es so manche Nacht getan hatte, er arübelte auch nicht darüber, für wen er schuldlos leiden mußte. Draußen mar die Welt, da lachten die Menschen, spielten, lebten, ließen sich von Leidenschaften treiben; und er war wie lebend begraben. Nannte noch jemand seinen Namen? Ja! Heinz dachte an ihn. Und seine Base Ena fühlte Mit leid mit ihm; oft war ihm das noch in den Sinn gekommen. In diesen öden Tagen war ihm der Gedanke daran wie der Helle Schein dort oben am Fenster gewesen, etwas Licht, etwas Freude. Daß einmal in ihm ein anderes Gefühl noch herber und bitterer getäuscht worden, daß er sich in seinem Glauben an Liebe betrogen fühlte, das empfand er dadurch gemildert. Väschen Ena! Er dachte an das muntere Mädchen, das so gerne lachte, das keine Sorgen kannte und trotz seiner Armut rosige Hoffnungen hegte. Wenn er an sic dachte, lächelte er unmerklich. Seit dem letzten Besuche von Heinz von Wallen dorf waren die Gedanken an seine Liebe zu Ada verdrängt. Sie war nun Frau Ada von Regensperg geworden, die den Reichtum derer von Regensperg verschwenden durfte. Er schloß seine Augen und wollte sich zum Schlafe zwin gen, um nicht weiterdenken zu müssen. Das Leben draußen ging weiter, und er glaubte an keinen Weg, der ihn einmal dorthin zurückführen könnte. Er glaubte nicht daran trotz Heinz von Wallendorfs Zuversicht, der ihn immer wieder zu hoffen ermahnte. Wie oft hatte er sich gefragt, wer der Mör. der gewesen sei? Nächtelang zermarterte er sich damit das Hirn! Schlafen! — Sich zum Schlafen zwingen, das war immer noch das Schwerste gewesen in solchen Stunden. Noch mals blickte er auf, nach der Stelle, wo sonst aus der Dunkel heit der etwas hellere Schein durch das Fenster hereinfiel. Was war das —? Er sprang vom Lager auf, denn dort oben gewahrte er einen ungewohnten, roten Schein, grellrot, zuckend, dann wieder schwefelgelb, dann aschgrau wie dicker Rauch. Feuer! Flammen! Er starrte die befremdende Erscheinung an. Jede Wil lenskraft war in diesem ersten Augenblicke gelähmt. Feuer! Sonst konnte er nichts denken. Erst allmählich kam die Ueberlegung, und er rief laut: „Feuer! Feuer!" Die Flammen mußten schon ganz nahe sein. Er war ge fangen und konnte seine Zelle nicht verlassen! Sollte er hier verbrennen müssen? Er lehnte mit dem Rücken an der Wand und starrte halb irr vor Schrecken nach den Flammen. Da gellten schrille Schreie durch die Nacht, angstkreischende Men schen riefen: „Hilfel — Feuer! — Hilfe!" Glocken läuteten, Signale ertönten von ferne her. Dies wilde Lärmen weckte seinen Lebenswillen. Obwohl ihn keine Hoffnung mehr beseelte, trotzdem er den Tod ersehnt hatte als Erlösung aus einem elenden Dasein, war nun der E Haltungstrieb stärker als jedes andere Gefühl in ihm. V er schrie: „Hilfe — Hilfe!"