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Wie Sachsen-Zeitung enthält die amtliche« Bekanntmachungen der Amtshauvtmannschaü Meißen, de« Amtsgericht« und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noflen m a. Mittwoch 30 April 1924 Nr. 101 - 83 Jahrgang. Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2K40 Tel.-Adr : »Sachsen,eituny' Ä«rser/«m, Geamke, K/rMeMe «. Kr-eSsr A«-eige«prri»: dir S§efp»1re»r Nau«-rÜe »SslvPfennig, dir 2 gespaltene Aeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Vsßtz, Pfennig, die 3 gespaltene Reklame^Ur rm terrliche» Teile der Zeitung 100 Goldpfemüg. Nachweisungsgebühr 20 pfennrge. Dorgeschrievene Lr- L fchcinungstoge und Platz»«*, schriften werden «och MSglich. "sL. 6 deit berücksichtigt. AnZeigr». arrnahrne bis vormittags t6U.hr. Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klag« eingezvgen werden mutz oder der Auftraggeber irr Konkurs gerat. Anzeigen nehmen auch alle Vermittlungsstellen enlge-en. 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Einsam und verlassen steht das Palais Bourbon (das Deputiertenhaus in Paris), denn die Deputierten habm sich ja schon alle längst in ihre Wahlkreise begeben, um da für zu sorgen, daß sie von den kleinen aber mächtigen Lokal- gruppen wieder aufgestellt werden. Man redet so viel über französische Parteien, aber di« gibt es, wenigstens in unserem Sinne, nur auf dem linken Flügel. Nämlich die Sozialdemokraten und di« Kommunisten. Was im übrigen die sogenannten franzö sischen „Parteien" angeht, so haben sie zwar alle einen mehr oder weniger schönen Namen, aber gewiß kein Pro gramm, das zu entwerfen bekanntlich das erste ist, was eine neugegründete deutsche Partei tut. Sie sind nämlich „Führer- oder Jnteressenparteien", genau ebenso wie jeder Deputierte keineswegs etwa von den maßgebenden Wählern seines Departements auf irgend ein Programm hin verpflichtet wird, sondern zunächst nur darauf, die Interessen des Departements, d. h. also der Leute, die darin wohnen, energisch zu vertreten. „Monsieur le Dchmtä" hat nämlich vor allem die verfluchte Pflicht, bei den Behörden der Zentrale sowohl wie im Departement selbst die Wünsche und Beschwerden seiner „Electeurs", seiner Wähler, in allen Amtsstuben auf das hartnäckigste wahrzunehmen, besonders natürlich derer, die in seinem Departement von hervorragendem Einfluß sind. Gibt es keine Programmpariei, so ist also notwendig, daß sich der jeweils regierende Ministerpräsident für seine Politik eine Mehrheit überhaupt erst schafft. Clemen ceau verstand das zu bewerkstelligen durch seine harte Energie, Poincar 6 durch seine Zielsicherheit, Briand durch seine glänzende Beredsamkeit. Denn das französische Parlament ist wirklich ein Ort, wo Beredsamkeit noch etwas gilt und etwas erreichen kann. Und es ist charakteristisch, daß beispielsweise eine der stärksten Stützen der Politik Clemenceaus ein aristokratischer Landesgenosse von ihm — aus der Dendä« nämlich — war, der jedesmal, wenn ein neuer französischer Präsident gewählt wurde, in den dreißig Jahren seines Aufenthaltes im Palais Bour bon sein: „Vivo w Kvi! Es lebe der König!" hinaus schmetterte. Der einstmals, als ihn Clemenceau aus Dank barkeit für die parlamentarische Unterstützung einen Hände druck verabreichen wollte, die Hände auf den Rücken zu- sammcnlegte und dem „Tiger" ins Gesicht schrie: „Hebe dich hinweg von mir, Satan!" Er war nämlich Mon archist. Erfolg, vor allem natürlich außenpolitischer Er folg, und Energie sind also die beiden Hebel, mit denen sich der französische Ministerpräsident die Mehrheit schaffen muß. Darum ist aber gerade das Palais Bourbon häufig der Schauplatz erregtester Auseinarrdersetzungcn und zahl, loser Ministerkatastrophen, weil eben eine klare Partei- scheidung gar nicht existiert, es gar nichts Seltenes ist, daß ein Abgeordneter Mitglied Mehrerer Parteien ist, weil der artig lose Gruppen sich um die Persönlichkeit eines Mannes bilden, um morgen zu verschwinden. Im übrigen weiß man ja natürlich auch in Frankreich, daß die Politik des Staates nicht von den Inhabern eines Sitzes im Palais Bourbon gemacht wird, sondern daß einige wenige, vor allem finanzkräftige Männer hinter diesem Vor hang wirklich regieren und die Akteure vor dem Vorhang als Puppen am Draht ziehen. Frankreichs politisch-parla mentarisches Leben hat deshalb alle möglichen Schatten seiten aufzuweisen, und dabei sind die finanziellen Fragen die wichtigsten. Mancher der mächtigeren Abge ordneten verdankt seinen Einfluß vor allem den Summen, die er seinen Herren Kollegen meistens auf Nimmerwieder sehen geliehen hat, und wie stark das Geld auf die politische Haltung der großen Maßgebenden und damit auch auf die Stimmungen der im Palais Bourbon wichtigen Zeitungen eingewirkt hat und noch einwirkt, bewiesen ja die Fest stellungen in dieser Richtung. Die französische Politik und die französischen Politiker haben zum Teil einen etwas eigentümlichen „Geruch" an sich; aber — vielleicht läßt sich gerade deshalb von den Mächtigeren und den Energischeren unter ihnen mit den andern und durch die andern dl« bekannte französische Politik treiben. p-incare; ZMauckpotttik vemschianär wittsAaNNOe Lindell. Schnelle Beschlüsse notwendig. In Paris weilen die belgischen Minister TheuniS Mld Hymans, um mit dem französischen Ministerpräst. denten Poincars und Mitgliedern der Neparationskom- Mission über das Sachverständigengutachten und seine Durchführung zu verhandeln. Nach Ansicht der belgischen »ieaicruna dürfe kein Mittel unversucht bleiben, um kür die örWseh--^ WAMAMMMA Theunis bei Poincare. Paris, 29. April. Der belgische Ministerpräsident >' Theunis in Begleitung des belgischen Außenministers Hyman l ist Montag vormittag von Poinars empfangen wouden. - Hyman ist Montag vormittag von Poincare empfangen Worden. Theunis wurde sofort in das Piivaflabinett Poincarss geführt. PoincarS unterhielt sich über eine Stunde mit Theunis. Die Besprechung wurde ohne Zeugen geführt und von amtlicher Stelle keinerlei Mitteilung darüber gemacht. Tirard, Foch, Barthou, Thennis und Hymans b i Poineare Paris, 29. April. Bei der zweiten Zusammenkunft, die die belgischen Minister kurz vou ihrer Abreise mit Poirwarö hatten, waren Tirard, der Pmsident der RheinlaMomMission, Marschall Foch und Barthou zugegen. Tirard hat über die wirtschaftliche Lage im besetzten Gebiete Bericht erstattet. F-och seinerseits soll auf die strategische Bedeutung der Rhein- und Ruhrbahnen hingewiesen haben. Der Meinungsaustausch zwi schen Belgien und Frankreich soll auf diplomatischem Wege fort gesetzt werden. Das amtliche Kommun qne über die Pariser Besprechungen P ari s, 29. April. Das amtliche Kommunique über die Verhandlungen der beiden Ministerpräsidenten erteilt keinerlei Ausschlüsse über die Probleme, die behandelt worden sind. Es wird lediglich fest-gestellt, daß Poincars und Theunis sich über die durch die Expertenberichte geschaffene Lage besprochen haben. Paris, 29. April. Nach dem dipl. Mitarbeiter der Daily Mail ist zwischen Belgien und Frankreich gestern eine Verständigung u. a. in nachstehenden Punkten erzielt worden. Für die Sicherheit der Truppen im Rheinland und die kleineren französifchchetgischen Garnisonen, die an der Ruhr aufrecht er halten bleiben, müssen wirksame Garantien erteilt werden. Auf diesen Punkt hat namentlich Marschall Foch, der der letzten ge stern Abend stattgesundenen Zusammenkunft zwischen den bel gischen Ministern und Poincars beiwohnte, hingewiesen. Nach dem Neuyork Herald sind gemeinsame interalliierte Strasmatz- nahmen für den Fall deutscher Verfehlungen nicht erörtert wor den und die beiden Regierungen wären dahin übereingekommen, daß die Frage der Sanktionen vorläufig überhaupt nicht aufge worfen werden sollte, solange mit der teilweise wirtschaftlichen und eventuell militärischen Räumung des Nuhrgebietes nicht be gonnen sei. Die französischen Blätter geben jedenfalls zu, dost die Frage der Sanktionen nur flüchtig gestreift wurde. Mit völligem Stillschweigen sei dagegen das Problem der interalli ierten Schulden übergangen worden. Ausgabe der deutschen Ausländsanleihe eine günstige Atmosphäre zu schaffen; denn eine Verhinderung oder Verzögerung der Anleihe würde ernste Rückwirkungen auf die Praktische Verwirklichung der übrigen Sachverstän digenvorschläge zeitigen. Nach sicherlich aus Kreisen, die der englischen Negie rung nahestehen, beeinflußten Londoner Berichten ist es I klar, daß sorgsame Verhandlungen nötig seien, um genau fcstzustellen, welche Funktionen jetzt derReparations- i kommission, und welche den alliierten Negie rungen zufallen. Durch ihre Zustimmung zu dem Sach verständigenbericht in seiner Gesamtheit spreche die italie nische Regierung unzweideutig ihre Zustimmung zu dei Politik aus, die Deutschland seine Wirtschaft, liche Einheit zurückgeben wolle. In London sei man der Meinung, daß die Fassung schneller Beschlüsse durch die nahe bevorstehenden Wahlen in Deutschland und Frankreich erschwert würde. Die offensichtlichst« Schwierigkeit aber biete die Frage, die Poincarö in seiner Antwort aufwerfe, nämlich die, was zuerst er folgen solle: di« Wiederaufnahme der Reparationszahlun gen von feiten Deutschlands, oder die Wiederherstellung seiner wirtschaftlichen Einheit. Die Entscheidung darüber dürste aber nicht zu einer Schikanenpolitik ausarten wozu man in Frankreich Neigung zeige. Morgans LeMgungen. Der Geist freundschaftlichen Zusammenwirkens. Der in Paris anwesende amerikanisch« Finanzmann Morgan soll erklärt haben, daß mit der Übernahme eines sehr erheblichen Teiles an der ersten Anleihe für Deutsch land von 800 Millionen Goldmark durch Amerika gerechnet werden könne, wenn man in den Vereinigten Staaten di« Überzeugung besäße, daß die Alliierten und Deutfthland in einem neuen Geiste freundschaftlichen Zusammenwirkens sich aus den Sachtwrsläudigen- Plan geeinigt hätten. Indessen hänge viel davon ab, in welck>er Form diese Einigung zustandekommt und inwie weit die Regierungen die Absicht bekunden, auch in Zukunft Frieden zu halten. Morgan ist der Ansicht, daß über den Zeitpunkt der Auflegung irgendwelcher Anleihen für Psrncare fährt nach Landon. (Eigener Fernsprech dienst der .Sachsen-Zeitung".) Paris, 29. April. „Lhikago Tribune" glaubt zu wissen, daß Poincarö nächste Woche zu Besprechungen mit Macdonald nach London gehen werde, nm mit demselben betreffs einer in teralliierten Konferenz Fühlung zu nehmen. Die Besprechungen über die Sachver- ftändigenderichie. (Eigener Fernsprech dienst der „S a ch s e n - Z e i t u n g".) London, 29. April. Reuter erfährt zu den Besprechungen über die Sachverst-ändigenberW daß der nächste Schritt die Erwägung der auf die Sachvevständigenberichte eingegangenen Antworten durch die Rep-arationskommissron fei, was wahrscheiN'- lich morgen der Fall sein wird. Bis dahin dürsten voraussicht lich die Antworten Japans und Iugvsiaviens vorliegen. Es sei vollkommen möglich, daß der belgische Ministerbesuch ein Glied in einen Kette von Zusammenkünften bilden werden. Die Namen der deutschen Unterhändler. (Eigener Fern sprech dien st der „S a ch s e n - Z e i l u n g".) Berl i n, 29. April. Die deutsche Kriegslastenkommission ! hat am Montag der Reparationsiommission die Namen deu ° Herren mitgeteiit, die deutscherseits in den Eisenbahnorganisa-- tionsausschuß und in den Ausschuß für die Organisation der In dustrie-Obligationen eintreten werden. Es sind dieses Staats sekretär Voigt (Eisenbahnorganisation) und Staatssekretär Tren delenburg sowie Geheimrat Bücher (Organisation der Industrie- Obligationen). Unglaubliche Rohheit von Kommunisten. (Eigener Fernsprechdienst der „S a ch s e n - Z e i t u n g".) Hannover, 29. April. Ein« unglaubliche Rphheit be gingen am Sonntag 20 40 Kommunisten an einem-'Arbeiter, einem Mitglied des Notbundes. Der Mann wurde geschlagen, gestoßen und blutüberströmt auf die Schienen der Straßenbahn geworfen. Dem Wagenführer gelang es, den Wagen zum Hallen zu bringen, und so daß der Mann nicht totgefahren wurde. Der Polizei gelang es, mehrere Rohlinge festzunehmey. 180 Bergleute verschüttet. Neuyork, 29. April. In einem Bergwerke bei Whee- ling in West-Virginien hat eine Explosion schlagender Wetter stattgesunden, durch die 180 Bergleute von dem Grubenausgang abgeschnitten worden sind. Ihr Schicksal ist völlig ungewiß. Cs ist nicht fsstzusiellen, ob ein Teil von ihnen gerettet werden kann. Bisher ist es nur gelungen, zwei Schwerverletzte und zwei Leichen zutage zu fördern. Nach Ansicht eines Sachverständigen müssen die übrigen als verloren gellen. ^euiicyiand nicht sofort eine Entscheidung getroffen werden kann, da sie von einer Sondergesetzgebung abhängig ist, dis die Zustimmung Deutschlands haben must UnsLWiömaLMg äer üeuWen Lscheßa Berlin, 28. April. Au der durch die gemeinsame Ar beit der Berliner und der Stuttgarter Polizeibehörde erfolgten Aufdeckung einer kommunistischen „Tscheka" in Deutschland er fahren wir noch, daß sich die Zahl der verhafteten Mitglieder dieser kommunistischen Geheimorganisation auf vierzehn erhöht hat; zehn davon, mit dem Kommunisten Felix Naumann an der Spitze, befinden sich im Gewahrsam der Stuttgarter Polizeibe hörde. Der Rest, darunter der eigentliche Leiter „Hellmuth", alias Goreff, ist in Beilin in Hast. Hier befindet sich auch der bei einem Mitglied der Tscheka beschlagnahmte Koffer mit Gist und Bazillenkulturen, die zur „Erledigung" von Verrätern in der Partei oder besonderer politischer Persönlichkeiten dienen sollten. Die Sprengstoffe, Dum-Dum-Geschosse und sonstigen Waffen, -die man bei der Tscheka gefunden hat, hat di« Stuttgarter Polizei in Gewahrsam. Mit Rücksicht darauf, daß nach den bisherigen Ermittel-ungen Attentate auf den Chef der Heeresleitung, Gene ral v. Seeckt, -und auf den württembergifchen Minister des Innern Bolz ausgeführt werden sollten, beschäftigt die Ange legenheit den Oberreichsanwalt, da es sich um einen vor d«n Staatsgerichtshof zu kommenden -Fall handelt. Die kommunisti sche Presse erklärt, daß sie mit der Organisation nichts zu tun habe. Nach dem Ergebnis der stattgefundenen Untersuchung und den Geständnissen auf Grund aufgefundener Urkunden stehen die erteilten Mordaufträge im engsten Zusammenhang mit der K. P. D.. Bezüglich des Attentats auf General v. Seeckt erfahren wir, er sollte ermordet werden, weil er als der gefährlichste Geg ner der K. P. D. galt und für das Verbot der Partei verant wortlich gemacht wurde. Berlin, 28. April. Die Untersuchung und Vernehmung der verhafteten Mitglieder der deutschen Tscheka fördert imme» mehr- Material zutage über die ungeheuerlichen Pläne und Talen -der Kommunisten. Außer der Festnahme von 14 Personen stehen noch weitere Verhaftungen bevor, lieber die Attentatspläne gegen General v. Seeckt sieht bereits fest, daß mehrere Male von dazu Beauftragten versucht wu-ude, den General zu ermorden, einmal