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KUdMerÄMM D« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmanuschast Meißen, des Amtsgerichts nnd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, T«-Mlsdrvffer Tageblatt" erscheint täglich »ach«. 5 Uhr für den folgende» Tag. De-ngLprris: Bei Abholung in dm veschäftLstelle und de» Ausgabestellen 2 ML. i« Monat, bei Zustellung durch die Bote» 2,30 ML., bei Postdefteünng Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postdötrnundu^sn^Au^ mU> »rscküst»stcl!en nehmen ,u jeder Zeit Bk» ftNÜmge» entgehn. Im Mal« höherer Demall, Krie, »der sonstiger Betricd-stdrungen besteht »ein Anspruch ans Lieferung Kettung oder Kürzung der Bezugspreises. — Bücdsenduug eiugcsnndler Schrtstftüeke ersolgt nur, wenn Port» »eilte,t. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespalten« Siaumzeile W Golhpsennig, di« rgespaitene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Kold- psennig, di« 3 «espaltenrRedlame^tle im teztlilben Teile l00«oldpsrnnig. Nachweisungsgedühr A> Doldpfennige. Dor- geschriedencLrschciunngs- — , . „ tage und Plaxoorschriftr» werden nach Möglichd-it Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen- annahmebisoorm.IOUHr — Für die Richtigheil der durch Fernrus übermittelten Antigen übernehmen wir keine Garantie. JederRabaltanspruch erlischt, wenn dcrBetrag durch Klage etngezogen werden muß oder der Austraggcberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nr. 214 — 83. Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Freitag, 12. September 1924 -ipponflis Aadrbeiten. Man soll im Hause des Gehenkten nicht vom StrkS nno auf der Völkerbundversammlung nicht vom Minder heitenschutz reden. Aber gerade darüber redete in Genf der Graf Ap - ponyi, der Vertreter Ungarns. Merkwürdig still blieb die Versammlung, die doch jedem Worte von Herriot oder Macdonald minutenlang Beifall klatschte. Blieb still, weil der Ungar die Wahrheit redete über das alles, was der Völkerbund den Minderheiten gegenüber — nicht getan hat. Wenn man klatschen hörte, so waren das höchstens die moralischen Vorhaltungen, welche der Lölkerbundrat nebst -Versammlung reichlich erhielt. „Bis jetzt sei auf dem Gebiete des Minderheitenschutzes noch nirgends Gerechtigkeit ausgeübt worden." Denn auch Ungarn kann ein Lied singen; fast ist es als ein gerechtes Geschick zu bezeichnen, daß dies Land, das zuerst aus den Reihen der Mittelmächte wegbrach, etwa die Hälfte seiner Volksgenossen an die Nachbar staaten verlor, sogar die alte Krönungsstadt Preßburg. Vier Millionen Ungarn sind jetzt den Serben, den Ru mänen, den Tschechoslowaken überantwortet. Apponyi verlangt für diese vier Millionen wenigstens kulturelle Sicherheiten; ob beim Völkerbund mit Erfolg, daran zweifelt der Graf wohl selbst mit seinem Wort, daß „der Völkerbund durch seine Zusammensetzung politisch ge bunden sei". Außerdem habe der Völkerbund praktisch derart geringe Befugnisse, daß er doch nichts ausrichten kann, wenn irgendeine auch noch so kleine Macht nicht pariert. Da hat sicher niemand Beifall geklatscht oder ein: „Sehr richtig!" gerufen. Der Graf wird sogar noch viel deutlicher, nämlich in der Frage der Abrüstung. Da die Entente bekanntlich gegen den „Militarismus" gekämpft hat — wenigstens hat sie es immer gesagt — ist der Befehl an die Mittelmächte, ihre Rüstung zu zerschlagen, dadurch ergänzt worden, daß man versicherte, diese Abrüstung sei der Anfang der allgemeinen. Den Befehl mit dieser Versicherung, die auch ausdrücklich in den Friedensverträgen enthalten ist, sozusagen moralisch-humanitär unterbreite. Bloh hat man das Umgekehrte dieses Versprechens getan. Nun besitzt Graf Apponyi die Keckheit, zu verlangen, daß dieses Ver sprechen auch eingehalten wird. Ungarn ist ja Mitglied des Völkerbundes geworden, aber was für ein Mitglied! In der Völkerbundakte wird ausdrücklich gesagt, daß alle Völker in der Abrüstungs frage nicht bloß, sondern überhaupt gleichmäßig zu behan deln sind. Sozusagen Brüder sein sollen. Davon ist aber, selbst wenn sie Mitglieder sind, im Verhalten den Mittel mächten gegenüber nichts zu verspüren. In Ungarn habe die Militärkontrollkommission ihre Rase in die geringsten Kleinigkeiten militärisch-technischer Art gesteckt, sei noch er heblich über ihre weitgesteckten Befugnisse hinausgegangen, kurz, Ungarn werde als Völkerbundsmitglied in einer Weise behandelt, die dem ganzen Völkerbundpakt Hohn spricht. Apponyi stellt die vermessene Frage, wo denn da die ganze vielberühmte „Brüderlichkeit" bleibe! Es gebe zweierlei Recht: hier die „Siegerstaaten", dort die Unterlegenen, gegen die jene andern ein Ausnahme regime errichtet haben — unter der Billigung des Völker bundes. Und schließt endlich mit dem bitteren Wahr heitssatz, daß Brüderlichkeit unter den Nationen nicht möglich sei, solange gewisse Staaten einem Ausnahme regime unterworfen seien, solange es zweierlei Recht gebe. Als Deutscher muß man auf diese Rede des Ungarn merken. Hier blies ein scharfer Wind von Wirklichkeit in den Nebel von Genf hinein; hier sprach ein Mann über die Erfahrungen, die sein Staat nach dem und trotz des Ein tritts in den Völkerbund gemacht hat. Und wenn wir überall dort, wo er „Ungarn" sagte, „Deutschland" setzen, dann können wir enorm viel daraus lernen. In Genf hat man die Rede achselzuckend hingenom men, denkt man gar nicht daran, von dem bisherigen Wege des „zweierlei Recht" abzuweichen. Vielmehr hat die ständige Militärkommission beim Völkerbund eifrig an dem Projekt für die praktische Durchführung der Mili tärkontrolle des Völkerbundes in den besiegten Ländern weitergearbeitet. Nicht bloß für Ungarn, Bulgarien und Österreich, also Mitgliedern des Bundes, sondern ganz formell für Deutschland, wo ja diese Völkerbundkontrolle nach Beendigung der augenblicklich abgehaltencn interalliierten Untersuchung eingeführt wer den soll. Sie ändert also nur den Namen, kaum die Per sonen. Und sie wird dauernd sein, besonders in der ent militarisierten Zone links und 50 Kilometer rechts des Rheins. Ohne jede Sicherheit jedem Zugriff der Nachbarn ausgesetzt sind wir ja auch, weil man zwar uns zur Ab rüstung zwang, die andern desto stärker rüsten. Die offene Behandlung der Milttärkontrolle in den unterlegenen Ländern vor dem Völkerbund will man in Genf vermeiden. Offenbar war die Rede Apponyis zu unangenehm. Wenn nun die Versammlung auseinander gegangen ist, will man mit dem Ergebnis der geheimen Kommissionsberatung herauskommen. Man setze dann über die kommenden Beschlüsse die Überschrift: Zweierlei Recht! Und so groß und deutlich, daß es auch Deutschland lesen und seine Schlüsse daraus ziehen kann. Ae ÄWMW des Verkehrs im deichen Gebiet. Eigener Fernsprechdienst des ..Wilsdruffer Tageblattes". Dortmund, 11. September. Eine Wiederbelebung des durch die Einrichtung der Zollinie stark gelähmten geschäftlichen Lebens in Dortmund kann erst dann erwartet werden, wenn - die Berkchrsverhältnisie der neuen Lage angepasst sind. Die s Eifenbahnverwaltung geht in den nächsten Tagen schon dazu über, zwanzig Zugpaare, dis während der Besetzung nur auf Umwegen Dortmund erreichten, wieder fallen zu lassen, um Dort mund wieder in direkte Verbindung mit dem unbesetzten Vorland zu bringen. Es kommen hauptsächlich die Strecken Schwerte— Hörbomj Hackenei—Dortmund - SW—Soest—Unna, Hamm— Unna in Betracht. Die Regie wird zu diesen Aenderungen ihre Zustimmung geben. vverbsusen mlIMisA geräumt. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Oberhausen, 10. September. Die französischen Trup pen sind aus Oberhausen abgerückt, nach Lein bereits seit ewigen Tagen mit der Absendung der Materialien begonnen worden ist. Der zuständige Dezernent des Besatzungsamtes wandte sich im Laufe des heutigen Tages au die Polizeiverwaltung, um eine starke Ueberwachung der durch den Abtransport freigewvrdenen Räumlichkeiten und Gebäude zu ermöglichen. Es wird ferner mitgeteilt, daß auch über den 16. September hinaus noch ein kleiner Teil von Polizei- und Gendarmerietruppen in Oberhausen verbleiben wird zwecks Aufrechterhaltung des Ordnungsdienstes. Der Erfolg des französischen Ruhr unternehmens. (Eigener Feriisprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Paris, 11. September. Das Auswärtige Amt veröffent licht in Beantwortung einer Anfrage eines Parlamentariers eine Statistik über Einnahmen und Ausgaben im Ruhrgebiet wäh rend der Zeit vom 11. Januar 1923 bis 30. Juni 1924. Franko belgische Einnahmen: 1. Franko-belgische Bargeldeinnahmen 1.588.100.000 Franken, 2. Einnahmen der franko-belgischen Essendahnregie 197.900.000 Franken- 3. Noch außenstehende Beträge 150.500.000 Franken, insgesamt 1.936.500.000 Franken. Die Ausgaben sind 1. Unkosten bei der Regelung der Arbeiter und Beamtenentlohnungen 38.900.000 Franken, 2. Bestreitung von Kohlentransporten und der direkten Grubenausbeutung 491.700.000 Franken, 3. Besatzungsunkosten 415.800.000 Fran ken, insgesamt 941.400.000 Franken. Der verfügbare Ueder- schuß beträgt 995.100.000 Frankem Deutschlands Eintritt in den Völkerbund internationalen Schiedsgerichtshof enthalten. Der Redner unter- scherdeL drei Arten von Streitfragen: erstens diejenigen, die dem Schiedsgericht unterbreitet tverden, zweitens juristische und drit tens solche, die der vorbereitenden Prüfung durch den Nat be dürfen. Die ALrüstungsfrage muß allgemein gelöst werden. Sie kann nicht gelöst werden, solange Deutschland nicht im Völ kerbund vertreten ist. Großbritannien würde jeden Vorschlag unterstütze», der Deutschlands Mitgliedschaft betrifft, und zur bestimmten Zett Vorschläge hierüber machen. Ob Deutschland noch in dieser Session aufgenommen werden könne, wisse er nicht. Der japanische Vertreter erklärt, man müsse sich an den Pakt halten, sein wesentlicher Inhalt dürfe nicht durch den Garantie vertrag abgeändert werden. Boncourt (Frankreich) besteht dar auf, das Schiedsgericht könne nicht von der Sichecheitsfrage ge- s trennt werden. Die Mehrheit der Mächte hätte sich für den j Garantievertrag erklärt. Es wäre sicherlich möglich, die Be denken der übrigen aus der Wett zu schaffen. Frankreich habe den Gedanken des Gerichtshofes verwirklicht. Die Gesamtheit aller Regierungen müsse zusammenstehen und auch Deutschland müsse daran Mitarbeiten. Der Redner erklärt, daß er sich der Konsequenz seiner Worte voll bewußt sei, er wäre sich mit Lord Parmvor darin einig, daß die Sicherheit nur dann gewährleistet sei, wenn auch Deutschland an den Beratungen teilnimmt. Jede Nation soll nach ihren Mitteln zu den Sanktionen beitragen. Frankreich werde alle Abänderungsanträgc prüfen. Sonderab kommen werden allerdings notwendig sein, da die Nationen sich in verschiedener geographischer und politischer Lage befinden. Jede Nation könne öffentliche Sonderabkommen abschließen. (Beifall.) Die Kommissionsberatungrn werden darauf auf mor gen vertagt. Italienischer Ministerrat über Genf. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Gens, 10. September. Der italienische Ministerrat tritt Freitag früh zu einer Sitzung zusammen. Die Sitzung wird der Frage der Innen- und Außenpolitik gewidmet sein. Der Mi nisterrat wird über die Tätigkeit der italienischen Delegierten in Gens sprechen und einen Ueberblick über die Arbeiten der Voll sitzung geben. Arbeitswiederaufnahme im rheinifch-west- fälifchen Baugewerbe (Eigener Fernsprechdienst- des „Wilsdruffer Tageblattes".) Essen, 10. September. Durch einen Schiedsspruch des Reichs- und Staatskommissars Mehlig sind die Schwierigkeiten im rheinisch-westfälischen Baugewerbe nunmehr behoben. Die Arbeit wird Freitag, den 12. September, einheitlich in Rhein land-Westfalen wieder ausgenommen. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 10. September. Die Abrüstungskommsssion trat heute nachmittag 3 Uhr zusammen. Die Sitzung gestaltete sich durch eine neue Erklärung des englischen und des französischen Vertreters über Deutschlands Eintritt in den Völkerbund höchst bedeutsam. Als erster sprach der Vertreter Serbiens. Die Sonderverträge, die von amerikanischer Seite abgelehnt werden, . sind nach Ansicht des Redners durchaus notwendig. Der Welt- ? krieg wäre früher ausgebrochen, wenn nicht Sonderverträge be- > standen hätten, die Europa fast fünfzig Jahre lang den Frieden geschenkt haben. Die Verträge müßten im Sinne des Völker bundes abgeschlossen werden, dann vervollständigten sie das System des Völkerbundpaktes. Wir müssen also eine Formel der Abrüstung finden, ohne daß sie die nationale Sicherheit ge fährdet. Lord Parmvor, der Vertreter Englands, erklärt: Die Lösung, die wir suchen, ist bereits im Völkerbundpakt »nd im Tylefseu auch in Budapest. Eigener Fernsprechdienst des ,,Wilsdruffer Tageblattes". Budapest, 10. September. Die Budapester Polizei hat nunmehr genaue Beweise dafür, daß sich auch der zweite Erz berger-Mörder, Tylessen, in Budapest aufhält. Man erwartet, daß seine Verhaftung bevorsteht. Wieder Brotmarken in Paris? Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 11. September. Die der Regierung nahestehen den Zettungen teilen mit, daß die Regierung nötigenfalls die Brotmarken wieder einführen wird. Zunächst soll aber versucht werden, mit den vorhandenen Vorräten haushälterisch umzu gehen. Zeichnet Paris den Dawes-kreäit? Die My-Millionen-Anleihe Paris, 10. September. Die Frage, ob Frankreich sich an der nach dem Dawes- Plan vorgesehenen 800-Millionen-Anleihe für Deutschland beteiligen soll, wird heute in einem offenbar inspirierten Artikel des „Matin" behandelt. Das Blatt schreibt: Der amerikanische Finanzsekretär Mellon hat den französischen Banken die Teilnahme an der Anleihe an geraten und darüber mit Herriot, dem Finanzmimster Clcmentel und dem Gouverneur der Ban! von Frankreich Robinaux gesprochen. Die französischen Banken würden höchstwahrscheinlich etwa 5 2S übernehmen, doch sollen diese für Frankreich in Dollar ausgestellt werden. Es sei noch unentschieden, ob diese 10 Millionen Dollar im Tresor der Bank von Frankreich bleiben oder an der Börse in Paris gehandelt würden. Darüber werde die französische Re gierung demnächst eine Entscheidung treffen. Mr „Mattn" macht davet einige Bemerkungen, bei denen man natürlich die einseitige französische Stim mungsmache beachten muß. Herrn Mellon sei mitgeteilt worden, daß in Paris seit 1871 keine deutsche Anleihe ge zeichnet worden sei. Darauf habe Mellon geantwortet, die Anleihe für Deutschland sei in Amerika nichtpopu lär, aber wenn Frankreich einen Teil zeichne, dann würde diese Beteiligung eine gute Wirkuug auf Amerika aus- üden. Man würde erkennen, daß die Anleihe weniger für Deutschland als für Europa bestimmt sei, und daß sie hauptsächlich den Zweck habe, die Reparationen zu sichern. Die französische Finanz habe Bedenken geäußert, aber schließlich sei es gcluugcn, sie zu überwinden. Der „Matin" weist auf das gute Geschäft hiu, das mau unter Umständen mit der Anleihe machen könne. Das kann man wohl als eine Vorbereitung auf eine „Anleihehaussc" betrachten. Und ferner wird gemeldet, Amerika sei bereit, Frankreich eine Eisenbahnanleihe von 10 Millionen Dollar zu geben. Die Amerikaner sollen auf jeden Fall in finanzieller Be ziehung freundlich gestimmt werden, deshalb wohl auch Vie anaekündiate Unteritükuna der Dawes-Auleibe