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Tratsches Ende einer Antofahrt. An einem Sonntag im April d. I. hatte der Kaufmann Otto Matthes mit seiner Frau ind mehreren Verwandten eine Aulosahr» von Sfandau über Tegel nach Berlin unternommen. Kurz vor Tegel konnte Matthes eine scharfe Kurve nicht innehaNen und geriet mit seinem Wagen in einen Graben, wobei die Ehefrau und eine Schwägerin binauZgeschlendcrt wurden. Die letztere kam mit Arm- und Beinbrüchen davon, während Fran Matthes mit zertrümmertem Lchädel tot liegen blieb. Der unglückliche Aulv- lcnker hatte sich nun wegen fahrlässiger Tötung zu verant worten. Das Urteil lautete auf sechs Monate Ge fängnis. Schwere AuHthausstrascn für Falschmünzer. Bor einiger Zell waren in Sachsen Fälschungen von Zehn-Goldmark- Schuldverjchreibrmgen des sächsischen Staates in derartigen Mengen auipelauan, daß die echten Scheine vorzeitig eingeläft werden mutzten. Erst nach langen Bemühungen gelang es, der Fälscher in Weinböhla bei Dresden habhast zu werden. Es handelt sich um einen Photographen und Sleindrucker Karl Ernst R öhler aus Langenschwalbach und einen Mechaniker und Bigareuensabrikanien August Wilhelm Zimmermann aus Gruna Das Dresdener Schöffengericht verurteilte beide zu le drei Jahren Zuchthaus und drei Fahren Ehrverlust. Ein Helfer erhielt sechs Monate Gefängnis. Zwei Schwestern zum Tode verurteilt. Pom Schwurgericht ln Greisswald wurden die 24jährige Lisbeth A I m und deren Schwester, die 2Ujähriqe Gertrud A > m wegen Raubmordes zum Tode verurteilt. Beide halten am 29. Mär; die 56jährige Frau Butter erschlagen und beraubt. Sie ermordeten die Frau, bei der sie in Stellung waren, nachdem sie vorher mit dem Schlächler Erdbäcker zusammen gezecht hatten. Als die Frau im Bette lag, schlugen die Mädchen mil einer Art aus ihr Opfer ein und verscharrten später die Leiche. Der Schlachter Erdbäcker, der gleichfalls angeklagi war. wurde freigesprochen. Neues aus aller weit z Das Anto im Cafö. Ein eigenartiger Verkehrsunfaü hat sich in Berlin ereignet. An einem Geschüftsauto, sprang eine Feder. Infolgedessen verlor der Führer die Gewalt über Vie Steuerung, das Auto geriet auf den Bürgersteig und fuhr in die Schaufensterscheibe eines Cofös Die große Scheibe wurde zertrümmert, die in der Nähe des Fensters sitzenden Gäste konnten sich noch recht- reuig in Sicherheit bringen. Tödlicher Unfall beim Rangieren. Auf dem Berliner Ningbahnhof Gesundbrunnen geriet der 33 Jahre alt« Rangierer Richard Birkholz beim Zusammenkoppeln zweier Eisenbahnwagen zwischen die Puffer derselben und trug schwere innere Verletzungen davon. Man schaffte den Bewußtlosen nach der nächsten Rettungsstelle, wo er bald nach seiner Aufnahme verstarb. Eine gräfliche Art des Selbstmordes. Der Arbeiter Felix Büsing in Berlin verbuchte auf furchtbare Weis« seinem Leben ein End« zu machen. Er nahm den Mund boll Benzin und zündete dieses im Munde an. Er erlitt furchtbare Brandwunden und wurde in einem Wagen des Rettungsamtes nach dem Krankenhaus gebracht. Beim Brunnenbau verschüttet. Beim Anlegen eines Brunnens in der Kriegersiedlung in Birkwitz wurde der 4l Jahre alte verheiratete Brunnenbauer Paul Petzsch aus Niederpoyritz, der in einer Tiefe von etwa 8—-b Meter im Brunnenschacht stand und damit beschäf tigt war, einen Zementsteinring zu befestigen, von plötzlich hereinbrechenden Kiesmassen verschüttet. Nach 1 Mün diger. angestrengtester Rettungsarbeit, an der mehrere Feuerwehren aus der Umgebung sowie ein Nettungszug der Dresdener Berufsfeuerwehr teilnahmen, wurde der Unglückliche geborgen. Leider war schon der Tod ein getreten. Ein dreister Raub von Lohngeldern wurde in Bobrek (Schles.), wo die Firma Woyß u. Freitag (Dresden, eine Kaminkühlanlage ausführt, ausgeführt. Zwei mas- kirrte, mit Pistolen bewaffnete Räuber orangen in die umfriedete und bewachte Baustelle ein und entrissen zwei mit Lohnauszahkung beschäftigten Angestellten den Betrag von 6000 Mark. Die Räuber entkamen unerkannt. Tödlicher Betriebsunfall. Auf eigenartige Weise ver unglückte in Berlin der Modelltischler Robert Z o s k e. Er war damit beschäftigt, ein Modell in Form eines Schwungrades herzustellen. Dieses Modell zerbrach und flog ihm an den Kopf. Hierdurch wurde ihm sein Nasen bein zertrümmert, außerdem erlitt er einen Schädelbruch, der den sofortigen Tod herbeiführte. Die Leiche wurde beschlagnahmt. Zollhinterziehungen in Höhe von über l Million Tschccholronen hat sich der Gemeindevorsteher H o ck a u s des tschechischen Grenzortes K r o mb a ch zuschulden kom men lassen. Er wurde verhaftet. Der Leiter des Zoll amtes in Schanzendorf wurde vom Dienste suspendiert. Die Zollhinterziehungen erstrecken sich auf mehrere Jahre. Der brennende Bubikopf. Eine Dams der Pariser Gesellschaft hatte sich ihr frisch gewaschenes Haar mit Äther emgerieveu, als ihr Kopf plötzlich in Hellen Flammen stand. Glücklicherweise hatte sie kurzgeschnittenes Haar, so daß sie die Flammen durch Überwerfen eines Handtuchs schnell ersticken konnte. Mietsteigerung um 500 Prozent. Der englische Klub in Paris ist von dem Hausherrn, der ihm in der teuren Straße (Chaussee d Antin) eine elegante Etage vermietet hat, um 5(B?r gesteigert worden. Der Klub muß künftig eine Jahresmiete von 250000 Franken, stati der bisherigen 50 000 Franken bezahlen. Er bat diese s Steigerung auch unter Berufung auf das französische i Mietgcsetz vor Gericht angefochten. Das Gericht beschloß i jedoch, die Klage abzuweisen, weil ein Klub nicht als eine r der Privatpersonen, zu deren Gunsten das Miergesetz l erlassen wurde, zu betrachten sei. Umsangreicher Pcrlenschmuggel in Ungarn. DaS s Budapester Hauptzoüami hatte erfahren, daß in letzter ? Zeit viele echte Perlen aus dem Lande geschmuggelt uud ! der Fiskus um zahlreiche Millionen geschädigt worden sei. j Jetzt gelang der Polizei die Festnahme zweier Juwelen- j Händler, Oskar Schulbreit und Charles Breyos. Man be- s schlaguahmte ein Perlenkollier im Werte von etwa drei Milliarden ungarischer Kronen im Pariser Cngroshandel. Das Verhör ergab, daß die Perlen im Fntter der Überrockärmel in Waite gehüllt einge- nähl waren. Ford fabriziert in Kopenhagen alle sechs Minuten ein Anto. Die neu errichtete große nordische Filiale der Fordfabriken im Kopenhagener Freihafen wurde eingeweiht. Dreiuuddreißig Fordverkäuser aus Deutsch laud nahmen an den Festlichkeiten teil. Die Kopenhagener Maschinen fabrizieren und konstruieren alle sechs M i n u l e n e t n A « t ». llougrelle und Versammlungen. Forderungen ors Städtelages zu der Finanz- und Wob' nungswirtschaft. Die Beireiunq vei Stadt Dortmund von der iranzöstschen Besatzung Hai vir Vorstände de« deutschen und preußischen Städtelages »eranlaßl, zwei Sitzungen in Dorlmund abzuhalien. In Viesen Sitzungen standen die Finanz- und Wohnungsfragen im Vordergründe. Zur bevor stehenden Neugestaltung des Reichsfinanzausgleichs erhob der veutjche Slädtemg nochmals die grundlegende Forderung, vaß die aus dem Grunde der Selbftoerantworluag ruhende Selbstverwaltung urner allen Umstände« auch durch Wiederverleihung der Zuschlagshohe" zur Einkom mensteuer ihre nolwenluge Ergänzung sind«, wobei «S den Länder» überlassen sei, sur einen wrUeren Ausgleich uruer den Gemeinden ;u sorgen. Zn der Ausnahme k« mmu - naler ausländischer Anleihen ist äutzersie Zurück- Haltung der einzelnen Ltädie am Platze und der Städieiag stiminl dabei durchaus der Reichsregierung und der preußi schen Regierung zu, datz Ausländsanleihen nur zu produkttven Zwecken jugelassen und die Verpfändung einzeiner Sicherhetts- obickre gänzlich ausgeschlossen ist. Eine allgemeine Auf- weriungder städtischen Anleihen läßr sich nach Auf- sasiung des Slädletages nach der gegenwärtigen Lage der össemlichen Finanzen nicht rechtfertigen. In der Woh nungsfrage ist Erreichung der freien Wirtschaft als Ziel aufzustellen. Indessen kann dieses Ziel nur schrittweise er reich! werden, in dem Maße, in dem Angebot und Nachsrage sich ausgleiche«. Preußischer Landgemeindetag. Nus dem preußische« Land- gcmeindeiag sprach Landtagsabgeordneiei Rektor Herrmann- Friedersdors zur Schulreform. Als Ergebnis der Aus sprache wurde folgende Einschließung einstimmig angenommen: Der erste preußische Landgemeindeiag hält bei den vielen die Landgemeinden und die Lehrerschaft gemeinsam berührende« Fragen des Volksschulwesens eine Verständigung der gegen seitigen Spitzenverbänve für wünschenswert. Die Kommu nalisierung der Volksschulen, die von anderer Seite gefordert wird, wird entschieden abgelehnt. I« der einstimmig angenommenen Entschließung zur Finanz- resorm heißl es: Ter preußische Landgemeiudeiag fordert die Wiederherstellung der gemeindlichen F i - nanj- und Steuerhoheit, insbesondere die Rückgabe des Zuschlugsrechls der Gemeinde zu den Besiysteuern. Bei , der Steuerveranlagung muß. wie in früherer Zeil, ei« Mit- , wirkungsrechi im Sinne der alten Voreinschävungskommlssio« j durch die berufenen Vertreter der Gemeinden stcherqestem werden. Die Überweisung neuer Ausgaben an die Gemeinden darf nur nach Bereitstellung der dazu erforderlichen Mittel erivlgen — Zur Verwallungsreform wurde eure Em- schließung angenommen, die besagt: Der erste preußische Land- gem-nndelag billigt die Stellungnahme seines Vorstandes bet der vorläufigen Verwalmngsrejorm und fordert deren schnelle Durchführung. Technisches Allerlei. SchmierSltechnik. Für den gleichmäßigen Gang unserer hochbeanspruchte« modernen Explosionsmotoren spielt außer der Koustrukrion und dem Material des Motors und außer den physikalisch-chemi schen Eigenschaften des Brennstosjes auch die Eignung des ver wendeten Schmieröles eine ausschlaggebende Rolle. Für Luft- schiismororen kommt zu den bisher bekannten Anforderungen, die an die Schmieröle für Explosionsmotoren gestellt werden, besonders das Verhalten bei niedrigen Temperaturen hinzu. Das für die Schmierung der Manbach-Motoren des Z. R. 3 ver- wendete Ql mußte also bei den hohen im Motor austretende« Temperaturen eine große Schmierfähigkeit haben und trotzdem bei niedrigen in hohen Lustschichten austretendcn Tempera turen noch so flüssig sein, daß bei der Förderung durch die Ölleitungen keine Störungen austreten konnten. Die Zeppelin- werjt bm über die Eignung der verschiedenen Sie besonders eingehende Versuche gemacht und festgestellt, daß von sämtlichen geprüften Ölen,sich die Voltolöie am besten eignen. Das Voltol- verjähren beruht daraus, datz den Ölen unter der Einwirkung elektrischer Glimmentladungen besonders wertvolle Schmier- eigenschaften verliehen werden, die aus anderem Wege nicht z» erreichen sind. Nadiowellen als Orientierungsmittet. Bekanntlich ist es möglich, mit Hilse des Radiopeilers de« Standpunkt eines Schisses durch Anrusen zweier Stationen sestzuftellen, eine Einrichtung, die sich bisher sehr gut bewährt Hai Seit etwa einem Jahre ist man damit beschäftigt, di« Radiowellen nach Art des Strahlenbündels eines Leucht- turmes als Wegweiser für Schiffe zu verwenden, sie also nur nach einer Seite sich fortpslanzen zu lassen. Dieses Ziel wird erreicht durch eine entsprechende Anordnung der Anleniien- drähie und Ausnutzung der Reslexwirkung der Nadiowellen. Soweit bisher bekannt geworden, Hai sich die Station Iuchkeittz an der Küste Schottlands, wo dicker Nebel ständige Gesahren- gueklen für die Seefahrt bildet, sehr gut bewährt, so datz ma« wettere .Radto-Leuchttürme" einzurichten sehr in Erwägung rieht. Ei« neuer Rohstoff für Etfenherstellung. Die bisher gebräuchlichen Eisenerze zur Herstellung vo» Eisen und Stahl sind Rot-, Braun- und Tpaleisenstei«. Sphärosiderit, Magneteisenerz, Raseneisenerz, Kohleneisensiei« und Minetten. Neuere Untersuchungen von Pros. Dr. Krusch in nordveuIschen Moorgebieten haben zur Feststellung eines bislang unbekannten wichtigen Rohstoffes für Eisen geführt. Es haudett sich hierbei um sogenannles Weibeise nerz, das aus kolloidalem Eisenoxvdulkarbonai besteht und nach de« Feststellungen von Dr. Haller 57 bis 65 v. H. Wasser, 15,3 bis 21.2 v. H. Eiseuoxudul, 9,29 bis 13,52 v. H. Kohlensäure und ä,84 bis l.8L v. H Kalk enthält. Es handelt sich bei dem neue« Weitzeijenerz um ein Erz von so reiner Beschaffenheit, wie es bisher nirgends gesunden worden ist. Dieser Rohstoss kommt i« bauwürdigen Mengen in großen, unregelmäßigen Nestern vor. Wo über dem Weißeisenerz, bas ein fosiiler bis rezenter Kohlen- eisenstei« ist, der Torf sehlt, ist es in schorsiges Brauneisenerj verwandelt. Unter der Einwirkung von Luft färbt sich das Eijetterz rotbraun. Die Umwandlung geht verhältnismäßig schnell vor sich. Nach den bisherigen Ergebnissen der angestellten Untersuchungen handelt es sich um das Vorhandensein mehrerer U»0M> Tonnen dieses kostbaren Eisenrohstoffes. Es kann Ver wendung finden bei der Möllerung mii kieselsäurehaltigem, d. h. rücksiandreichem Material, das -in normalen Zeiten für die Hüttenlechnil kaum verwertbar ist, dafür aber bei uns im Überfluß vorkommt. Vom sogenannten Raseneisenerz ist das in schorfiges Brauneisen umgewandelte Weibeisenerz kaum zu unterscheide»!. vermischter. Wenn der Chef der Claque verhaftet wird. . . . I« etner Musikhalle eines Pariser Fauvourg sollte die Pre- miöre einer Revue stattfinden. Der erste Akt war eben vor über, als es einen furchtbaren Lärm aus der Galerie gab. Es wurde der Chef der Claque verhaftet, weil er Kokai« im Nebenberufe an die Besucher abgab. Der Gifthändler flüchtete sich auf die Bühne, wo die Darsteller für ihn Par- ter nahmen, plötzlich fielen einige Schüsse. In der allge meinen Prügelei, die hierauf entstand, wurde der »giftige* Claquechcs arretiert. Die Mitglieder der Bühne werde« ihn auf einige Zeit schmerzlich vermissen Eas mein einst war. 21 Roman von Fr. Lehne. - Urheberschutz 1921. durch Stuttgarter Romanzentrale, C. Ackermann, Stuttgart. _ »Ich kann nicht -so denken, Hochwürden, nein!* wider sprach lebhaft Karl Günther. Der Pfarrer nickte. „Ich kann Ihren streng ableh- nenden Standpunkt begreifen. Sie als Soldat, als Be rufsoffizier —", setzte er langsam hinzu. Karl Günther zuckte zusammen und wurde rot; er machte eine hastige Bewegung, wie als ob er aufspringen wollte- Begütigend legte der Pfarrer seine Hand auf die des Gastes. „Glauben Sie denn, Herr Günther, daß ich nicht gleich gesehen, was Sie eigentlich sind? Tausendmal können Sie widersprechen, doch niemand wird Ihnen glauben; denn Ihren eigentlichen Beruf siebt Ihnen ja jeder an, der Augen hat. Darum hab' ich Sie von An- fang an bewundert, daß Sie so tapfer Ihr Geschick ge- meistert haben." „Gemeistert, Hochwürden? Sagen Sie das nichts Dies hier ist erst der Anfang, aber ein Ende sehe ich nicht ab", brach er aus, „vielleicht ist das Ende gleich dem Anfang: Knecht bei Jakob Dangclmann! Ein Ziel, aufs innigste zu wünschen; denn ich habe ein Dach über dem Haupte und habe zu essen, ich werde sogar reichlich satt, was ich, bis ich hierberkam, seit langem nicht mehr gekannt Hobe." Bitter lachte er auf. „Was anderes darf ein Mann wie ich ja nicht mehr verlangen. Ver femt, wie man jetzt ist — das ist der Dank des Vater landes!" „Sie dürfen nicht so denken, lieber Freund, dürfen nicht das Vaterland für die Torheiten und Unüberlegt heiten irregeleiteter Köpfe verantwortlich machen! Va terland ist ein so einziger, hoher, heiliger Begriff, daß man ihn nicht mit anderen zusammen nennen sollte. „So hatte ich auch gedacht, Hochwürden. Darum auch habe ich mich nicht entschließen können, wie so manche e.c.'stenzlos gewordene Kameraden, aus dem Lande zu gehen und mein Glück in der Fremde zu suchen. Der heilge Boden hat mich fast wie mit tausend Banden ge halten. Und so muß ich doch dem Geschick ?zückbar sein, daß es mich zufällig hierher verschlagen und uur Arbeit g-'gelen hat." „Und einen Freund, wenn S'.r wollen, Karl Gün- ther!" Pfarrer Herbst streckte ihm die Hand entgegen, die er in tiefer Bewegung ergriff. „In jedes Menschen Leben kommen trübe und dunkle Stunden, in denen er doch, und wenn er sich noch so ab geschloffen hält, einmal Sehnsucht nach einer gleichge stimmten Seele und das Bedürfnis nach einer Aussprache empfindet. Sie kennen das Goethewort: Alles kann der Mensch entbehren, nur den Menschen nicht! Und 'ch macht. Ihnen gern etwas sein!" sagte der Pfarrer herz lich. ,Ich bin Ihnen für Ihre Güte unaussprechlich dank- bar, Hochwürden! Schwer ist mein Leben, doch ich kann nicht darüber sprechen, wenigstens setzt noch nicht." „Sie sollen es auch nicht, ich will mich doch nicht in Ihr Vertrauen drängen! Haben Sie aber einmal vas Bedürfnis nach einer Aussprache, jederzeit bin ich für S e da — und im anderen Fall: stets wird es mich freuen, wenn Sie mir eine Ihrer freien Stunden schen ken. A"ch ich habe ab und zu Verlangen nach einem Plauderstündchen mit einem Gleichgesinnten- Gegen dre.ß-g Jahre sitze ich nun schon hier auf meiner Land- pfarre'., bin alt und grau geworden und habe viel Zeit - ! zum Nachdenken gehabt. Ich Hobe Menschen getaut:, getraut, zu Grabe getragen. Vieler Menschen Schicksal ist an mir vorübergezogen. In Demut und Geduld er warte ich nun, was mir der Herr bestimmt." „Sie stoben über der Situation, Hochwürden! Doch ich kann mich noch nicht zu solcher Entsagung aufschwin» gen, mit Händen und Füßen möchte ich mich wehren; nichts schrecklicher als mit gebundenen Händen tatenlos beiseite stehen müssen! In den vier Kriegssahren bin ich durch viel Blut und Elend gewatet; nichts ist mir erspart geblieben — Flandern, VerDun, Somme —, wenn ich diese Namen nenne, so werden Sie vielleicht eine Ahnung bekommen — nein, doch nicht! Nur wer in diesem Grauen war, versteht, was diese Namen be- deuten. Aber wie schnell ist das von der Heimat ver gessen!" Trübe nickte der Pfarrer vor sich hin. Er wußte von vielem, was seinen frommen Sinn arg betrübte uud mit tiefer Sorge erfüllte, wenn er auch in seiner tiefen Men schenkenntnis Gründe und ein Verstehen dafür fand. Karl Günther griff jetzt nach dem Kästchen, das er mitgebracht. Er wickelte das Kästchen mit seinen Kriegs- auszeichnungen aus der Umhüllung. „Eine Bitte habe ich. Hochwürden: dielen meinen einzigen Besitz wüßte ich gern in ihrer Obhut, wo er von allzu neugierigen Späherblicken sicher ist. Ich ertappte vorhin Marie Dan- gelmann an meinem Koffer." Die Augen des Pfarrers glänzten freutig. „Ich danke Ihnen für diesen Beweis Ihres Vertrauens. Seien Sie versichert, daß ich es als mein wertvollste- Gut hüten werde." Er stand auf, um den Kasten in seinem Schreib tisch lS»E«b«x« MM