Volltext Seite (XML)
Aas Staatslekretär Hughes lagte. „Amerikas tiefstes Interests". Berlin, 4. August. Zu den Vertretern der Presse äußerte sich der in Berlin weilende amerikanische Staatssekretär Hughes heute wie folgt: „Ich bin sehr erfreut, diesen meinen Besuch in Berlin haben ausführen und hiermit für die vielen Höflichkeiten danken zu können, die mir hier erwiesen worden sind. Berlin ist mir schon von früheren Jahren her vertraut, und ich bedaurc, daß ich diesmal nur kurzen Aufenthalt nehmen kann; aber ich muß plötzlich in die Bereinigten Staaten zurückkehren. Ich fahre morgen von Bremen aus »nit dem „Präsident Harding" ab. Es hat mir zur besonderen Genngtuung gereicht, in einem Augenblick hier anwesend zu sein, in dem so glänzende Aussichten für die Grundlegung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus Deutschlands entstanden sind. Wir in Amerika haben das tiefste Interesse an den zu diesem Zweck beschlossenen Maßnahmen, und ich bin des festen Glaubens, daß der Dawes-Plan den Beginn einer neuen Aera von Frieden und Wohlstand in Europa bedeutet. Es ist unsere ernsteste Hoffnung, daß dieser Plan so schnell wie möglich ver wirklicht wird." In einer Sonderunterredung sagte Hughes noch, er erblicke in der Abreise der deutschen Delegation nach Lon don die letzte und triftigste Bestätigung für die Berechti gung der amerikanischen Hoffnung. Auf die Frage, ob er das in London zustande gekommene Kompromiß über die militärische Räumung des Ruhrgebietes für geeignet halte, die Verwirklichung des Sachverständigengutachtens dem Sinne und dem Buchstaben nach zu erleichtern, ver wies Staatssekretär Hughes auf jenen Passus in seiner obigen Erklärung, daß das Sachverständigengutachten Frieden und Wohlstand für Europa bringen werde. Staatssekretär Hughes stattete dem Reichspräsiden ten E b e r t einen Besuch ab, bei dem zu Ehren des Gastes und seiner Gemahlin ein Frühstück stattfand, an dem auch AusweiSkgrte auf den Namen eines deutschen Abgeord neten Kessel. Hollein wollte in einer Kommunistcnvcr- sammlung sprechen. Als die Polizei ihn festnahm, kam es zu starken Zwischenfällen. Gendarmerie mußte ein schreiten. Als Höllein zu fliehen versuchte, erhielt er einen Schlag mit einem Polizeilnüppel und wurde dann ins Gefängnis eingeliefert. Schon früher hat der gleiche Abgeordnete der deut schen Regierung erhebliche Schwierigkeiten bereitet, als er in Paris von den Franzosen festgenommen wurde. Ein Gesinnungsgenosse von ihm, der ebenfalls kommunistische deutsche Abgeordnete Schwartz, wollte Sonntag in St. Quentin reden, wurde daran aber durch De monstrationen politischer Gegner verhindert und mußte fliehen. InGarches bei Paris hatte er mehr Glück und sprach bei einem kommunistischen Fest scharf gegen deutsche und französische Einrichtungen und Regierungen, die den kommunistischen Zielen nicht entsprechen. vmlnfMimg 4er PHlLMiigkrilen. L, ,i erreich geht voran. Die österreichische Regierung hat durch Einführung von Paßvisum-Marken an Stelle der bisherigen Sicht vermerke eine Bresche in den Wall der Grenzsperren gelegt. Sämtliche österreichischen diplomatischen Vertretungen im Auslande sind angewiesen worden, den Handelskammern, großen Touristenvereinen, Automobilklubs usw. Paßvisum- Marken zum Vertrieb auszufolgen. Die Sichtvermerk- Marken haben eine Dauer von zwölf Monaten, gerechnet von dem Tage der Grenzüberschreitung. Sie kosten ent sprechend den internationalen Abmachungen der Pariser und Grazer Verkehrskonferenzen für mehrmalige Ein- und Ausreisen zehn, bei einmaliger Ausreise fünf Goldfranken, und für eine einmalige Durchreise einen Goldfranken. Die österreichische Regierung legt Wert darauf, daß ihr Vor gehen in der Frage des Abbaus des Paßvisums unter den anderen Staaten möglichst viele Nachahmer finde. Das wäre sicher zu wünschen, bilden doch die heute noch überall gehandhabten, vor dem Kriege unbekannten und heute ganz überflüssta erscheinenden Paßauenaeleien der amerikanische Botschafter, der Reichskanzler, Reichs minister und führende Persönlichkeiten des deutschen Wirtschaftslebens mit ihren Damen teilnahmen. Sehr eingehend unterhielt sich dabei Hughes mit dem Reichs kanzler Dr. Marx und dem Außenminister Dr. Strese- mann, die vor ihrer Abreise nach London Landen. Heute besuchte Hughes Potsdam. Die Firranzvorschläge. Beschlagnahmen und Monopole. Der Bericht, den das gemischte Komitee der deutschen und alliierten Sachverständigen über die Steuern und Monopole, die Deutschland nach dem Dawes-Plan er heben muß, in London ausgearbeitet hat, ist fertig gestellt. Die Vorschläge des Komitees lassen sich folgender maßen zusammenfassen: 1. Solange der Betrag der übertragenen Ein nahmen aus Zöllen, Tabak, Spirituosen, Bier, Zucker, einen Überschuß von 20 A über den festgesetzten Betrag zeigt, wird keine aktive Kontrolle eingesetzt werden. 2. Fällt der Jahresbetrag unter 120 des Soll betrages, bleibt er aber gleichzeitig über 100 so wird die Kontrolle verstärkt werden. 3. Wenn in irgendeiner Zeit des Jahres der Betrag unter 100 fallen sollte, so hat 'r Kontrolleur die Vollmacht, scharfe Maß nahmen zu ergreifen. Er kann z. B. von der deut schen Regierung verlangen, daß scharfe fiskalische Ge setze eingeführt werden, ferner die Übertragung einer Reihe anderer Staatseinnahmen, die in dem Dawes- Bericht erwähnt werden, selbst die Beschlagnahme von selbständigen kaufmännischen Organisationen in Form von Monopolen und die Beschlagnahme irgendwelcher anderen Ertragsquellen. Einige andere Punkte, über die das Komitee sich nicht einigen konnte, werden dem amerikanischen Sachverständi gen swung und dem englischen Sachverständigen Sir Joshua Stamv unterbreitet. eme fortwährende Quelle der Erbitterung und eine Er schwerung des Verkehrs, wie man sie heute nicht mehr für möglich halten sollte. kiseivslMSgNL in iWiingen. IV Personen verletzt. In der Nähe von Meiningen bei Mellrichstadt, hat sich ein Eisenbahnunglück ereignet. Dort ist nach überfahren des Haltesignals ein Personen-Sonderzug auf die für ihn bestimmte Vorspannmaschine aufgefahren. Von den zahl reichen Fahrgästen des Sonderzuges sind siebzehn Per sonen mehr oder minder schwer verletzt. Der Pack wagen wurde zertrümmert und zwei Personenwagen stark beschädigt i Kleine Nachrichten j Vermischte Drahtnachrichten aus aller Welt. Deutsch-bulnarisli>e Kulturbeziehungcn. Berlin, 4. August. Wie der Verband der Bulgarischen Journalisten und Schriftsteller in Deutschlanid mittelst, ist in Sofia ein Bund der ehemaligen bulgarischen Studierenden in Deutschland gegründet. Zweck des Bundes ist die weitere Pflege der gegenseitigen kulturellen Beziehungen beider Völker, sowie Erhaltung und Erweiterung der Kenntnisse, die die bul garischen Studenten an den deutschen Hochschulen erworben haben. Die Ermordung des Sozialisten Gareis. München, 4. August. Nach einer Meldung scheint in die Angelegenheit des vor vier Jahren an dem unabhängigen Sozialisten Gareis ausgeführten Mordes Licht zu kommen. Das Ergebnis der polizeilichen Nachforschungen wurde der Staatsanwaltschaft übergeben. Der Untersuchungsrichter ist seit einer Woche mit der Vernehmung zahlreicher Zeugen be schäftigt. Eine Engländerin in Mexiko ermordet. London, 4. August. Im Auswärtigen Amt traf eine offi zielle Bestätiauna der Nachricht ein. daß Frau Rosalie Evans. die Witwe des britischen Präsidenten der London-Bank in Mexiko, ermordet wurde, als sie durch die Straßen zurück zu ihrer Farm fuhr, die sie vor einiger Zeit eigenhändig gegen die Angriffe von Räubern verteidigt hatte. Die Identität der Ermordeten ist zurzeit noch nicht festgestellt, aber der amerika nische Bevollmächtigte ist dabei, die Angelegenheit mit der mexikanischen Regierung zu klären. Matteottis Leiche nicht gefunden. Rom, 4. August. Da noch Zweifel darüber bestanden, ob nicht der Leichnam Matteottis vielleicht auf dem Städtischen Friedhof begraben worden ist, ordneten die Behörden die Exhumierung von fünf Gräbern an, die den Gerüchten nach als Grab Matteottis in Betracht kämen. Das Ergebnis ist negativ. Keine der exhumierten Leichen ist mit der Matteottis identisch. Große bulgarische Eisenbahnbauten. Sofia, 4. August. Der Ministerrat hat für den Ban neuer Eisenbahnlinien große Kredite bewilligt, und zwar 10 Millionen Lewa für den Bau einer Eisenbahnlinie von Sarambei nach Newrokop und 5 Millionen Lewa für den Bau einer Linie von Gorna-Djumaja nach Petritsch. Die bewilligten Kredite sind nur für das Eisenbahnmaterial bestimmt. Die Arbeiten werden von den Vaterlandsdiensipflichtigen ansgeführt. In teressenten können sich an die Eiscubahndirektion in Sofia wenden. Deutsche Wandervögel in Bulgarien. Sofia, 4. August. Zurzeit weilen in Bulgarien über 150 Wandervögel aus Schlesien und über 100 österreichische Studen ten zusammen mit ihren Professoren. Die Gäste werden über all freundlich ausgenommen, und in den größeren Stadien Bul gariens sind verschiedene Konzerte und andere Festlichkeiten der deutsch-bulgarischen Jugend veranstaltet worden. - Letzte Meldungen r Forderungen d«s Temps. Parrs 5. Aug. Der Temps zieht aus der gegenwärtigen Lage Schlußfolgerungen, in denen es unter anderen heißt: Die Garantie für die Ausführung des Sachverständigengutachtens müssen so gehalten werden, daß sie in Deutschland nicht als eine Zerschlagung des Na- tionalg-fühls ausgelegt werden können. Es muß ferner der Nachweis dafür erbracht werden, daß eine Sabotage des Gutachtens den Deut schen teuer zu stehen kommen wird. Schließlich muß die Frage der Kriegsschulden gänzlich geklärt werden. Es kommt darauf an, die Anhänger der Revancheidee unschädlich zu machen. Rückkehr des russischen Botschafters nach Berlin Berlin, 5. August. Der russische Botschafter Krestinsky ist in Berlin eirtgekoffen und hat seinen Posten wieder übernommen. ReichsaußenMinister Dr. Stresemann empfing den russischen Bot schafter noch am Sonntag abend und hatte mit ihm eine länger Unter redung über schwebende politische Probleme. Die englisch-russische Konferenz erfolgreich Paris, 5. August. Londoner Meldungen besagen, daß die britische Regierung gestern stütz mit den Sowjrtverlretern ein wirtschaftliches und finanzielles Abkommen geschlossen hat, wvnack Rußland die Verpflichtung übernimmt, 23 Millionen Pfund Ster ling von den 160 Millionen zu zahlen, die es England schuldet. Macdonald hat Herriot gestern früh davon Mitteilung gemacht, daß die englisch-russische Konferenz einen erfolgreichen Abschluß gefunden hat. Aus unserer Heimat Wilsdruff, am 5. August 1924. Mcerromrr sur een v. August. Sonnenaufgang 4-» Monbaufgaug 10°° V. Sonnenuntergang 7" Monbuntergang 10" N. 1660 Spanischer Maler Don Diego Velasquez gest. — 1914 Kriegserklärung Osteneich-Ungarns an Rußland und Serbiens an Deutschland. — 1916 Beginn der 6. Jsonzoschlacht. Die Natur im August. Hochsommer ist jetzt, die letzten Wochen haben es bewiesen, der Glanz von Frühjahr und Vorsommer ist vorüber. Die Korb blütler beherrschen die Flora, überall findet man sie zuhauf, die HMchtskräüter, Disteln und Flockenblumen, die Goldrute, das Kreuzkraut und die verschiedenen Dosten, das Berufskraut, den Dar Probejahr der Dolores Rsnoldi. 80 Roman von Fr. Lehne. Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale C. Acker» mann, Stuttgart. 8. „Du sagst gar nichts, Ritakind? Freust du dich denn nicht ein wenig?" „Nein, Mama!" kam es in hartem, kaltem Ton von Leu Lippen des jungen Mädchens. „Warum nicht?" „Nein, jetzt nicht mehr! — Wäre es früher gewesen, Hann Wohl — aber was habe ich denn jetzt davon?" Rita zuckte die Achseln und wandte der Mutter den Mücken ,indem sie angelegentilch durch den Spitzenvorhang Kes Fensters auf die Straße starrte und den Spreng wagen, der sein Wasser strahlenförmig auf das staubige Hflaster verspritzte, beobachtete. Da trat die Mutter hinter sie und legte liebevoll den Arm um ihre Schulter. „Dü törichtes, trotziges Kind!" sagte sie sanft, „willst Ku denn durchaus die Vorteile nicht einsehen, die uns nun »werden, das sorgenlose, herrliche Leben!" Wieder das ablehnende Achselzucken Ritas. „Ja, ja, magst schon recht haben, Mama, aber mich Mzt das nicht mehr! Ja, wärest du vor einem Viertel- Hahr so schlau gewesen und hättest deine Netze ausgewor- feu, dir den Bankier einzufangen." „Kind, welche Sprache!" zürnte die Baronin. „Nun ja, es ist doch so, Mama! Nennen wir doch ruhig das Ding beim rechten Namen! Wir brauchen uns dock» gegenseitig nichts vorzumachen! Der alte Narr wäre auch tckon damals- auf dich hereingefallen." Die Wangen der Baronin röteten sich vor Zorn über diese unartigen Worte der Tochter. „Für wen habe ich es denn getan als nur für dich, du undankbares Kind?" entgegnete sie voller Erregung; sie hatte Mühe, sich zu beherrschen, „nur um dich tat ich es — um dir dein Leben zu erleichtern, habe ich mich mit Loeser verlobt — oder glaubst du etwa, aus unbezwinglicher Liebe sei es geschehen?" „Ich habe dich ja nicht darum gebeten!" warf Rita trotzig hin, „meinetwegen " „Rita!" rief Magda Scharbcck schmerzlich aus, „das habe ich nicht um dich verdient! Nur an dich habe ich dabei gedacht! Ich wäre schon durchgekommen — aber du, vor der noch die schönsten Jahre liegen — hättest du Freude' daran gehabt ,sie in Dürftigkeit zu verbringen, dich als Gesellschafterin oder Stütze oder Krankenpflegerin durch zuschlagen? Es wäre schließlich so gekommen, und das wollte ich dir ersparen — weil ich dich liebe, mein Kind! Du bist mir das Einzige auf der Welt, und dann — zum Lohn — solche Worte " Tränen erstickten ihre Stimme. Da warf sich Rita ihr leidenschaftlich in die Arme. „Verzeihe mir, Mama! Ach, du weißt ja nicht —" stammelte sie. „Ich weiß alles — längst, und ich verstehe dich, meine Rita!" sagte sie mit mütterlicher Güte, „es ist schwer, aber du mußt doch vernünftig sein — am Geschehenen ist nichts mehr zu ändern! Und du wirst es gut haben. Herr Loeser ist ein nobler Mann, der dich ganz als Tochter hal ten wird — das war das erste, was er mir versicherte, und ich will es ihm dadurch lohnen, daß ich ihm eine gute Frau sein will, wie du ihm eine gute und dankbare Tochter! Wir beide wollen ihn nicht enttäuschen! Denke, diese groß artigen Verhältnisse, in die wir kommen — Loeser ist Millionär!" „Ach, Mama, warum nicht früher?" traurig klang Ni tas Stimme, „es wäre alles anders geworden." „Kommst du immer wstoer vorauf zurück? Tu wirst vergessen, mein Kind!" „Nein, Mama, nein, nein!" schrie Nita auf, „wie lieb ich ihn hatte, weiß ich jetzt erst, da er mir verloren ist! — Ich hasse Dolores Nenoldi, die ihn mir genommen!" Sie brach iu ein heißes, leidenschaftliches Weinen aus, und die Baronin ließ sie gewähren. Kannte sie doch das unbeherrschte Naturell der Tochter, die sich austoben mußte, um dann ruhiger zu werden. Sie hielt Ritas Hand und streichelte sie, während sie weiter sprach. „In einer Stunde will Herr Loeser kommen, dich als seine Tochter zu begrüßen, und dann Wüllen wir irgendwo essen — du sollst bestimmen, wo? und recht schön sollen wir es uns machen. — Er hat nicht nachgelassen: ich mußte dir schon bei Mergensheimer eine Toilette aussuchen. Nachher kommt ein Fräulein mit einer Auswahl, uno wenn dir das Weiße Seidenbattistkleid, das ich für dich im Auge hatte, paßt, darfst du es gleich anbehalten! — Gelt, nun trocknest du deine Tränen, damit du nicht gar so ver weint aussiehst!" Die Baronin hatte das Richtige getroffen; die Aussicht auf das neue Kleid belebte die eitle, putzsüchtige Rita doch, so daß sie sich aufraffte und in ihr Zimmer ging, sich ein wenig zurecht zu machen. Wehmütig sah ihr die Mutter nach. Ja, Rita hatte Recht — wenn Bankier Loeser sich nur wenige Wochen früher erklärt hätte, wäre alles anders geworden, dann hätten pekuniäre Gründe das nicht gehindert! Ritas Jammer hatte sie erschreckt; sie hatte wirklich nicht gedacht, daß die Liebe zu Emdingen so tief bei ihr saß. Aber sie würde schließlich doch vergessen, da sie zu praktisch veran- logt war. Die Hauptsache für jetzt war, daß man in dem bequemen, sicheren Hafen war, den ihre — der Baronin -- i weiblicke Klugheit ihr geschaffen. ! (Fortsetzung folgt?