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Ailsaruller Tageblatt 2. Matt Nr. 238 - krritag Srn W. Oktovrr 1-24. So herbstlich still ist die Natur. .. Des miiden Tages Licht verglimmt; Ich wandre in die Abendstille . . . Der Silberkahn des Mondes schwimmt Mm Himmel hin. — Des Herbstes Mlle . . . Des müden Tages Licht verglimmt. Der Abendstern erglänzt in Pracht; Geheimes Wehen in den Lüsten Bringt mir ein Flüstern durch die Nacht, Wie Stimmen aus verborg'nen Grüften . . . Ter Abendstern erglänzt in Pracht. Die Mtze streifen welkes Laub, Manch' dürres Aestchen fiel hernieder, — Das war des rauhen Windes Raub, — Noch leises Rauschen hin und wieder. — Die Friste streifen welkes Laud . . . Abkommen mit Hapsn. Zwischen der deutschen Botschaft in Tokio und der japanischen Regierung ist ein Abkommen zustande gekom men, wodurch die Frage der Behandlung des deutschen Eigentums und die übrigen zwischen Deutschland und Japan schwebenden Fragen endgültig vereinigt werden. Die Durchführung des Abkommens wird voraussichtlich dazu führen, daß die deutschen Privatbeteiligten in Japan insgesamt mehr als zwei Drittel des Wertes ihres beschlagnahmten Privateigentums zurückerhalten. Zunächst erfolgen Zahlungen für Tsingtau und die Südsee, Gebiete, in welchen die deut schen Privatbeteiligten bisher ungünstiger behandelt wor den waren als in Japan selbst. Der Beginn der weiteren Auszahlungen für die Allgemeinheit ist für November in Aussicht genommen. kommlinisMe Msmreitti'sle. Falsche Pässe und Steuerkarten. Berlin, 8. Oktober. Vom Polizeipräsidium in Berlin ist in einem Hause in Neukölln eine große Werkstatt für Fälschung von Pässen und sonstigen Ausweisen, insbesondere von Steuer- karten, polizeilichen Fragebogen und behördlichen oder privaten Führungszeugnissen ausgehoben worden. U. a. wurden etwa 3000 verschiedene Stempelklischees in Gummi und Metall, zahlreiche Paßformulare, Vordrucke, Brief, bogen mit Firmenkopf, Photographien richtiger behörd licher Bescheinigungen, ferner in Arbeit befindliche Bronze-Erkennungsmarken für Kriminal beamte, Lochstempel für die Berliner Vergnügungs steuer und anderes Falschungsmaterial beschlagnahmt. Verschiedene Umstände lassen es als sicher erscheinen, daß der Leiter dieser Werkstatt, der selbst Funktionär der ko m - munistischen Partei Deutschlands ist, sie im Auftrage feiner Partei, zum mindesten aber in deren Interesse, betrieben Lat. Umfangreiche MensSlschnngen. Zwei Millionen Mark erschwindelt. Berlin, 8. Oktober. Einer groß angelegten Aktienfälschung ist man durch Austauchen eines Altienbündels im Werte von 246 000 Mark bei der Brandenburgischen Girozentrale inBerlin auf die Spur gekommen. Bei einer anderen öffentlichen Kasse waren zugunsten der genannten Girozentrale börsen übliche Aktien deponiert worden, die sich bei Übergabe an die Girozentrale als Fälschungen herausgestellt haben. Es handelte sich um Nachahmungen von Magdebur ger Bergwerksaktien und Bremer Woll kämmereiaktien sowie Aktien der Elberfelder Glanz st offabriken. Die bisherigen polizeilichen Erhebungen förderten weitere Fälschungen von Aktien zutage, so daß es den Anschein hat, als ob eine systematisch angelegte weitverzweigte Aktion in Frage steht. Es sind Millionenwerte, die als Unterpfand für Darleben von dem n Ich hab dich lieb. Roman von Erich ^benstein. Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale E. Acker mann, Stuttgart. Aber er vermißte sie gar nicht. Er war schon in der ersten halben Stunde hingerissen von dem geistreichen Ge plauder, der bestrickenden Koketterie und den bizarren Ein fällen dieser entzückenden Weltdame, die mit lachendem Mund die unglaublichsten Paradoxe heraussprudelte. Sie ließ ihn auch gar nicht im Unklaren, daß er ihr gefiel. Als jemand in ihrer Nähe von Romanen sprach und Flamm sie fragte, ob sie gerne lese, antwortete sie mit seltsam schmachtendem Augenaufschlag: „Nicht besonders. Ich würde einen Roman viel lieber erleben, als — lesen. Das Leben ist so langweilig! Aber ich bin Wohl zu kalt dazu. Wenigstens hat noch kein Mann mein Herz höher schlagen gemacht." Dabei sprachen ihre Augen: „Versuch es doch du! Vielleicht gelingt es dir!" Nie bisher hatte das Leben Flamm mit einer Frau dieses Schlages noch zusammengeführt. Sie schien ihm überhaupt mit keiner anderen Frau vergleichbar. Alles, was der Alltag in ihm eingeschläfert hatte, wachte wieder auf, wurde durch Flors Worte gleich sam emporgerissen; Temperament, Ehrgeiz, Kraftgefühl und — Eitelkeit ... Ms er ihren Mann kennen lernte, diese Modekarikatur mit dem gefärbten Haar, erwachte heißes Mitleid in ihm. Der große Troß ihrer Anbeter schreckte ihn nicht. Was waren das für saft- und kraftlose Durchschnitts figuren! Wäre nicht jedem der Beruf wie eine Etikette als Schild ümqehangen, man hätte sie kaum voneinander un- terschieden, diese Offiziere, Diplomaten und reichen Nichts- tu er. Direktor eines Fürstenwalder Industrieunter nehmens hinterlegt wurden. Der Fälschung beschuldigt sind das Vorstandsmitglied der Batavia-Film-Verleih- Aktiengescllschaft in Berlin Direktor Ludwig Reck und der Direktor der Ketschendorfer Viktoria G. m. b. H. Walter vo »Blumenthal. Beide sind im Auto mobil aus Berlin geflohen. Es sind bereits an verschie denen Stellen Beschlagnahmungen von Aktien erfolgt. Die bisher zur Stelle geschafften gefälschten Aktien haben ein Gewicht von ungefähr einem Zentner. Nach den vorläufigen Feststellungen handelt es sich bei dem Betrug um zwei Millionen Goldmark, die von den Betrügern bei verschiedenen Stadtsparkassen und kleineren Banken erhoben worden sind. ««»»«im kN! poMifche kunalGau Biidungs- und Unterrichtsfragen. In Berlin sand unter Leitung des Reichsministers des Innern Dr. Jarres eine Besprechung derdeutschen Unterrichtsminister über schwebende Bildungs fragen statt. Die Versammlung beschloß, einen sechs gliedrigen Ausschuß aus Vertretern der Unterrichtsver waltungen der Länder zu schaffen, der bei grundsätzlicher Anerkennung der Kulturhoheit der Länder auf eine mög lichst gleichmäßige Lösung der Bildungsfragen hinarbeiten soll. Den Beratungen wohnte auch der Reichs- kanzler bei. General Kamaleddin Sami Pascha, der neue türkische Botschafter, ist in Berlin eingetrofsen und hat sein Amt übernommen. Aus In- und Ausland «er-l» Beim Empfang des neuen türkischen Bol- rchosiers vurüfiden NeichSpräsidemen wurden von Verden Zeilen Ansprachen gehatren. welche die Freundschaft der beiden Sraaien beteuerten. Dessau. Das anhaltische Staatsministerium bar dem Land tag eine Vorlage über die Ausnahme einer Anleihebiszu Ai M > l l i o n e n G o l d m a r k unterbreitet. München Der Bayerische Land lag wird am Donnerstag, 23 Oktober, zur Herbstlayung zusammentreten. Nom. Die Differenzen zwischen dem Vatikan und der Ne gierung von Angora über die Anbringung religiöser Svmbole in den katholischen Schulendeslürtischen Reichs sind beigelegl,, so daß die französischen und italienischen An stalten demnächst wieder eröffnet werden. Warschau. Der Wirtschaftsausschuß des Ministerrates hat beschloßen, infolge der ungenügenden Ernte die Ausfuhr zölle für Roggen, Mehl und Kleie zu erhöhen und Ausfuhr zölle für Weizen, Gerste, Hafer und Weizenmehl sestzuseyen. Washington. Die Entwicklung im chinesischen Bürgerkrieg hat zur vollständigen Einschließung Schanghais ge führt. Sein Fall soll nur noch eine Frage von Stunden sein. Das pennfeben. Eine epochemachende deutsche Erfindung. Ein deutscher Physiker, Professor an der Leipziger Universität, der seinen Namen vorläufig noch nicht ge nannt sehen will, glaubt, das Problem des Fernsehens. das fett vielen Jahren zahlreiche Gelehrtenköpfe beschäf- tigt, restlos gelöst zu haben. Vor kurzem erst wurde be richtet, daß der Engländer Fournier d-Albe und der Ungar Michaly der Lösung nahe seien; seitdem hatte man aber von der Sache nichts mehr gehört. Und nun wird aus Leipzig gemeldet, daß die Verwirklichung des Fernsehens nur noch eine Frage der Zett sei, da der Stand der deut schen Radiotechnik zu den künsten Hoffnungen nach dieser Richtung hin berechtige. Man darf das Fernsehen nicht mit der längst be kannten Btldtelegraphie verwechseln. Das Telegraphieren von Bildern besteht im wesentlichen darin, daß man auf dem Telegraphen- oder Telephondraht innerhalb fünf bis zwölf Minuten eine Photographie von einem Ort zum andern überträgt. Beim Fernsehen aber handelt es sich darum, daß bewegte Vorgänge — also z. B. Theateraufführungen, Sportkämpfe usw. — im Augen blick ihres Geschehens mit telegraphischer Ge schwindigkeit an anderen Orten sichtbar gemacht werden. Man könnte also gewissermaßen von einem „telegraphischen Film" sprechen, da die Bewegungsvorgänge mit Film- gcschwindigkeit übertragen werden müssen. Der Bau der Fernseherapparate soll bereits im Gange sein, so daß man bald von den ersten praktischen Versuchen hören dürfte. Sollte die Erfindung halten, was man von ihr verspricht und erwartet, so dürfte sie von gleicher epochemachender Bedeutung sein wie die Erfindung des Fernsprechers und der Kinematographie. SktsbersMenstM in Preußen. Noch amtlich-statistischer Ausstellung. Die Beguiachtungszissern lauten, wenn 2 gut. 3 mittel be deutet, für den Saatenstand in Preußen Anfang Oktober 1924 wie folgt: Kartoffeln 2.9 «September 2,7, Oktober Vorjahres 3,2), Zuckerrüben 2,7 (2.7 bzw. 3.1 p Futterrüben 2,7 (2,7 bzw. 3b Kohlrüben 2,8 (fehlt bzw. 2L). Mohrrüben 2.7 (fehlt bzw. 3), Weißkohl 2.9 (fehlt bzw. 3.1). Klee 2.6 (2,8 bzw. 2,7), Luzerne 2,7 (2,9 bzw. 2,8). Rieselwiesen 2,8 (2,7 bzw. 2.6), andere Wiesen 3 (3 bzw. 2L). Sämtliche in Betracht kommenden Fruchtarten werden mit 2.6 bis 2.9 besser als mittel im Staatsdurchschnitt bewertet. Ter Ertrag an Kartoffeln wird an Menge im ganzen als recht befriedigend angesehen, besser als im Vorfahr. Von Rüben und Kohlarien steht eine reichliche Ernte zu erwarten. Viel Heu ist verdorben oder mußte in be schädigtem Zustande geborgen werden. Wenn auch in den südwestlichen Provinzen Preußens mit einer starken Einbuße, besonders an Brotgetreide, gegen über den recht zuversichtlichen Augustschätzungen gerechnet wer den mutz, so mutz doch davor gewarnt werden, diese Tatsache zu verallgemeinern und etwa gar von einer Katastrophe der gesamten Ernte zu sprechen. Die hier gekennzeichneten Gebiete ungünstiger Errttewitteruug sind nur zu einem verhältnis mäßig geringen Teil an dem Gesamtaufbringen der Getreide ernte beteiligt. s Neues aus aller Welt Das Latein am Realgymnasium bleibt in Preußen Pflichtfach. Vielfach geäußerten Wünschen entsprechend, hat sich der preußische Kultusminister entschlossen, am Real gymnasium das Lateinische auch in Zukunft bis zur Reife prüfung als Pflichtfach fortzuführen. Das Ende einer Vergnügungsreise. Ein Ende mit Schrecken fand eine Vergnügungsreise, die ein 20 Jahre alter Berliner Versicherungsbeamter Paul Noack mit seiner „Dame" unternahm. Es zeigte sich, daß Noack das in ihn gesetzte Vertrauen seit langer Zeit schnöde miß braucht, Quittungen mit dem Kassenzeichen und der Unter schrift gefälscht und darauf nach und nach bis an die 20 000 Goldmark erhoben hatte. Kriminalbeamte überwachten seine Wohnung und nahmen ihn fest, als er mit einem jungen Mädchen von einer Vergnügungsfahrt nach Heil bronn zurückkehrte. Eine Räuberbande sestgenommen. Seit Monaten wurden auf den Güterzügen zwischen Siegen und Betzdorf große Beraubungen vorgenommen. Jetzt gelang es der Kriminalpolizei, in einem Nachbarort von Betzdorf das Näubernest auszunehmen. Es handelt sich um zwölf Personen, darunter mehrere ehemalige Zuchthäusler. In ihrem reichen Warendepot fand man auch Waffen, Handgranaten und andere Mordinstrumente in Fülle. Die Diebes- und Hehlerorganisation erstreckte sich auf zahl reiche Eisenbahnstationen. Unschuldia als Spion erschossen Die französische Re- War sie in seinem Leben nur eine Versuchung, eine Episode oder — sein Schicksal? Er vermied es, darüber nachzudenken. Nur daß seine Phantasie sich nun fast ausschließlich mit ihr beschäftigte, daß er alles andere darüber vernachlässigte, daß alles an dere an Interesse für ihn verlor, fühlte er. Sie hatte ihn in ihr Haus eingeladen und gab ihm immer Winke, wo sie zu treffen sei. Er aber war Plötzlich mitten drin im gesellschaftlichen Leben, eingeführt durch Flor und ständig im Troß der Satelliten, die um dies lockende Gestirn kreisten. In aller Eile hatte er den Verwalter engagiert, um unbesorgt von Eberswalde fortbleiben zu können. Ge schäfte, Jagden, politische Versammlungen mußten Jella gegenüber als Vorwände dienen. Anfangs glaubte sie ihm. Dann aber erwachte in ihr ein Verdacht; sie beobachtete ihn, spionierte und fing eines Tages ein Billett auf, in dem Flor ihm mitteilte, daß sie ihn morgen bei einer Freundin erwarte, die ihr zu Ehren ein kleines Fest gäbe. Das Billett war nur mit „Ihre F." unterzeichnet. Jella wußte genug. Es gab Tränen, Vorwürfe, Sze- nen. Flamm leugnete alles. Aber ihren Verdacht konnte er nicht mehr zerstören. Sie beklagte sich bei den Ihren, und Bernd, außer sich vor Empörung, sprach sogleich von Scheidung, „denn das Schicksal unserer Mutter soll sich an dir nicht zum zweitenmal erfüllen." Auch Flamm gegenüber kam es mehrmals zu scharfen Ausfällen, so daß dieser jeden Verkehr mit dem Schwager abbrach. Aber auch Siebert wurde eifersüchtig, obwohl er es sonst gerne sah, wenn seine Frau gefeiert wurde. Er hatte ganz und gar nichts gegen ein Dutzend Anbeter, so lange Flor alle gleich behandelte. Mit diesem einen aber war sie eben anders, unbesonnen leichtsinnig, und da- gegen wehrte er sich. Auch in der eleganten Villa Siebert kam es zu Sze nen, und Flor fand ihren Mann, mit dem sie bis dahin prächtig ausgekommen war, plötzlich unbequem pedantisch. Und gerade der Widerstand reizte sie. In ihren Augen war alles nur ein pikantes Spiel, in Flamms Empfinden „Freundschaft". Damit trösteten sich beide und wurden fortan nur vor- sichtiger. Das heißt, sie sahen einander öffentlich seltener, aber dafür zuweilen im Geheimen. Und dies schien ihnen besonders köstlich! Die Szenen mit Jella und ihre ewigen Vorwürfe empfand Flamm fast als Erleichterung. Sie entfernten die Ehegatten immer weiter voneinander und erleichterten sein Gewissen, mit dem er trotz aller Schwärmerei für Flor in stetem Kampfe lag. „Wenn sie mir das Leben daheim zur Hölle macht", rechtfertigte er sich vor sich selbst, „so habe ich auch keine Pflicht mehr, Rücksichten auf sie zu nehmen." Und ganz vage begann in ihm ein Traum Gestalt an zu nehmen. Der Traum, sich selbst und Flor aus übereilt geschlossenen Fesseln frei zu machen, um irgendwo auf Erden ein neues Leben zu beginnen. Schließlich — hatte es Jellas Vater denn anders ge macht? Und sie befaßen gottlob nicht einmal Kinder, die darunter leiden würden! Alles dies zog nun in den einsamen Stunden seines Krankenlagers wieder an feinen Augen vorüber. Aber die Dinge lagen nun doch anders. Jellas Vor würfe waren längst verstummt. Und wohin er auch blickte, überall sammelten ihre Hände glühende Kohlen auf jein Haupt. (Fortsetzung folgt.)