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Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmarmschast Meitze», des Amtsgerichts «nd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Da, ,Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Md. im Monat, bei Zustellung durch die Boten r,ZV Md., bei Postbestellung «Pfg.SPHa^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend träger und Geschäftsstellen » ' " nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgehn. Im Falle höherer Sewall, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteh« kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Siücksendung eillgesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. 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Es ist dankenswert, daß der deutsche Reichs stnanz- Minister Dr. Lutcher Gelege nheit genommen hat, dem Ver treter eines ausländischen Blattes, nämlich des „Nieuw Rotterdanisthen Courant", eingehende Mitteilungen über die Finanzlage des Deutschen Reiches zu machen und damit zu versuchen, die übertriebenen Vor stellungen über die angeblich günstige finanzielle Lage gründ lich zu zerstreuen, Vorstellungen, die übrigens nicht nur im Ausland, sondern auch im Inland bestehen. Zunächst erklärte Dr. Luther, daß das Reich nur einen Betriebsfonds für die innere Verwaltung von sage und schreibe 60 Millionen hat, was bei einem Jahresumsatz von acht Milliarden in Einnahme und Ausgabe naturgemäß völlig unzureichend ist; er hofft allerdings,, diesen Betriebs-! fonLs durch kurzfristige Kredite auszuhöhen.' Vor allem aber hat Dr. Luther schärfstes Gewicht aus die Feststellung gelegt, daß eine Balanzierung des Haushaltes 1924 nicht vorhan den ist oder vielmehr nicht in gesunder Gestalt vorldegt. Denn er weist einen Fehlbetrag von nicht weniger als 47V Millionen Mark auf und die sogenannte „Balanzierung" ist nur dadurch erreicht worden, daß noch gewisse Beträge aus den in den Winternwnaten erhobenen einmaligen Steuern, vor allem aber Einnahmen aus den Darlehen; die die N e n- tenbank gesetzmäßig dem Reich gegeben hat, erst im Etatsjabr 1924 zugeslossen sind; auch das Ergebnis der Stcueremgänge ist in den ersten Monaten des Rechnungs- sahres nicht ungünstig gewesen. Auf der anderen Seite er folgte eine ständige Herabsetzung und schärfste Einschränkung der Ausgaben, — aber trotz alledem wird der wirkliche Minde st fehlbetrag am 1. Oktober 140 Millionen be tragen, und der Minister erklärt es für möglich, deren Ab- veckrmg durch Steuern oder eine langfristige Anleihe herbei zuführen. Freilich hat sich in diesem Augenblick der Mirldestfehl- betrag von der genannten Höhe schon nach oben hin ent wickelt durch den Zuschuß, den die Negierung jetzt der Nhetn-Ruhr-JndIstrre zur Erfüllung der Repa rationsleistungen an Kohlen versprochen hat; denn dieser Betrag ist in jene 140 Millionen nicht eingerechnet, „weil die Negierung vor einigen Lagen nicht damit gerechnet hat, daß Frankreich und Belgien trotz der bevorstehenden Neu regelung der Reparationsfrage während des Monats Juli die unverkürzte Weiterlieserung der bisherigen Kohlen- und Koksmengen und zwar ohne französisch-belgische finanzielle Mithilfe, verlangen würden. Der Zuschuß, den das Reich für diese Kohlen- lieferungen gewährt, hat nun ermöglicht, daß die Zechenbesitzer zu einer Herabsetzung der Kohlenpreise für die Ruhrkohle schreiten konnten, und zwar in einer Höhe von etwa 20 2S, so daß sich der Preis für die Ruhrfett- förderkohle von 20,60 auf 16,50 Mark die Tonne erniedrigt, Und Mar ab 1. Juli. Damit wird der rheinisch-westfäli schen Kohle überhaupt erst wieder die Konkurrenz mit der oberschlesischen, vor allem aber mit der englischen Kohle, möglich gemacht; denn bekanntlich ist die Belastung der Ruhrkohlenförderung durch die Bestimmungen der Micum- Verträge so erheblich gewesen, daß jene Leiden Kohlen arten nlit der Ruhrkohle in unmittelbarer Nähe des Ruhr- gebietcs in erfolgreiche Konkurrenz treten konnten und eine große Anzahl von Ruhrzechen sich daher von ihrem früheren Absatzgebiete hinausgedrängt sah. Daher waren schon zahlreiche Zechen wegen Absatzmangels stillgelcat worden oder standen vor der Stillegung, was naturgemäß von schweren sozialen Folgen für das Industriegebiet ge worden wäre. Die Lasten, die auf diesem Gebiet infolge der Micumverträge lagen, sind also wenigstens zum Teil durch den Regierungszuschuß auf das ganze Reich um- gelcgt worden, liegen also auf breiteren Schultern. Man hofft nun im Ruhrgebiet, daß durch die Ermäßigung des Kohlenpreises eine Hebung Les Umsatzes eintritt, durch die jene Betriebseinschränkungen vermieden und die Stillegun gen wieder aufgehoben werden. Die Umlagerung jener Lasten, und die dadurch ermög lichte Köhlenpreisermäßigung ist ein finanzieller Sprung ins Dunkle für Las Reich, weil es vorläufig noch gar nicht weiß, wann die endgültige Aushebung der Micum-Verträge durch die Bestimmungen des Sachverständigengutachtens erfolgt, aber es ist, muß es sein, einftarkerwirtschaft- licher Stoß in der Richtung des Preis abbaues. Wieivett damit eine Förderung unserer Aus fuhr erreicht werden kann und damit wieder eine Erhöhung der Einkünfte des Reiches aus Steuern und Zöllen, läßt sich natürlich im Augenblick noch nicht ab sehen, dürfte aber wenigstens zum Teil die neu übernommenen finanziellen Lasten des Reiches wohl wenigstens etwas erleichtern. Freilich hat Lie Reichsregierung erklärt, daß dieser Übergangszustand nicht etwa aufs Ungewisse hinaus ver längert werden kann, sondern sie hat die Sechserkommission veranlaßt, auf alle Fälle schon jetzt das Micum-Abkommen auf den 31. Juli zu kündigen. Es ist aber gar nicht abzn- sehen, wie sich Lie finanzielle und damit letzten Endes auch die wirtschaftliche Lage in Deutschland gestalten soll, wenn die furchtbaren Opfer, die wir nun seit dreiviertel Jahren an die Micum richten, uns nicht angerechnet werden; dann allerdings würde der deutz'che Reichshaushalt mit einem großen Krach in sich zusammenbrechen und die Folgen wür den sich wiederholen, die wir in der Vergangenheit bei solchen Zusammenbrüchen erlebt haben. Berlin, 3. Juli. Geheimrat Glöckner aus Düffeldorf Werreichte heute dem Vorsitzenden der Micum das Kündigungs schreiben des erst kürzlich abgeschlossenen Micumvertrages zum 31. Juli, da die Industrie nicht in der Lage ist, die Unternehmun gen zu sinanzieren. Die Verlängerung -er englischen Aeparationsermätzigung. London, 3. Juli. Die Ermäßigung der englischen Repa rationsabgabe ist bis zum Inkrafttreten des Dawesgutachtens ver längert worden. Die niederländische Eisenbahnverwaltung über die schlechten Leistungen der Regie. Amsterdams. Juli. Die Direktion der niederländischen Eisenbahn teilt in Beantwortung eines Schreibens der Rotter damer Handelskammer, in dem über die Verzögerungen im inter nationalen Eil- und Güterverkehr besonders im Verkehr zwischen den Niederlanden und dem besetzten Gebiet geklagt wird, mit, daß der Güterverkehr nach und über Stationen der Regie zu wünschen übrig läßt. Man habe schon mehrfach die Regie um Beseitigung der Mängel ersucht. Das Sachverständigengutachten und die sonderbündlerischs Bewegung Paris, 3. Juli. In einem Leitartikel über das Sachver ständigengutachten und die souderbündlerische Bewegung schreibt die Kölnische Zeitung: Es steht fest, daß die Annahme und Aus führung des Gutachtens das Todesurteil für die sonderbündle- rische Bewegung bedeutet. Diese Erkenntnis scheint auch der Sonderbündlerführer Matthes zu haben, der jetzt noch zu retten sucht, was verloren geht. Das Sachverständigengutachten und das Programm Macdonald-Herriot bilden die Ursache der er höhten Aktivität von Matthes, der vor der Annahme des Gut achtens für Rhein und Ruhr eine Entscheidung in seinem Sinne Programm cker baveuilGen Regierung. Die ReLe Helds im Landtag. München, 2. Juli. In der Vollsitzung des Landtages entwickelte heute der Ministerpräsident Dr. Held das Programm der von ihm gebildeten Regierung. Er ging zunächst auf Fragen von internationaler Bedeutung ein und kam zu dm Schluß: Damit Deutschland Wider zum Leben kommt, bedarf es der Freiheit am deutschen Rhein. Eine Lösung der Rhein frage, die dem Frieden dienensoll, kann nur Leutsch sein; denn deutsch ist der Rhein. Nachdem der Ministerpräsident im Anschluß hieran speziell den Pfälzern gedankt hatte für das, was sie im Kampf um die Erhaltung des Deutschtums geleistet, sprach er von Len Erschütterungen, denen im vergangenen Jahr der bayerische Staat ausgesetzt war. Der Ursprung der unseligen Entwicklung liege zweifellos in der Revolu tion von 1918, die das schwerste Verhängnis für die Staats- S bestimmung des Volkes und seine Wohlfahrt gewesen sei. I Das oberste Ziel der Regierungen unserer Tage muß ' sein, so fuhr der Minister fort, jede Revolutions gesinnung zu überwinden durch die Erziehung zum Staat und für den Staat. Die verfassungsmäßige Regierung allein kann Trägerin der Staatsgewalt sein. Eine bewaffnete Macht außerhalb und neben der Staats gewalt darf es in einem geordneten Staat nicht geben. Jede Nebenregierung führt auf die Dauer zum Ruin des Staates. Die Unzusriedenheit mit unserer Staatsform mache es der Staatsregierung zur gebieteri schen Pflicht, auf eine vernünftige Ausgestaltung und Reform der Verfassung Bedacht zu nehmen, die sich nur in legalen Formen vollziehen dürfe, über das Verhältnis Bayerns zum Reich führte der Ministerpräsident sodann u. a. aus: Freudig bekenne ich mich zum Reich, zu seiner Ein heit, Geschlossenheit und Größe und vor allen, zu einem Programm der Reichspolitik, das die Weltgeltung des Reiches und seinen Einfluß in der äußeren Politik wieder neu studiert, zielbewußt aufbaut und dauernd sichert. Für den inneren Aufbau des Reiches sehe ich die Voraussetzung seiner Gesundung und Wiedererstarkung n i cht in einer schablonenhaf ten Unitarifierung. Insbesondere betone ich, daß in irgendeiner Form wieder eine höhere Verselbständigung unserer Eisenbahn und Post »rteicht werden muß, und daß vor allem auch Lie Finanz- hoheitdes bayerischen Staates und seine eigene Finanz- I ihn hinweg, weil er und sein Programm einer endgültigen Rege- ' lung der Verständigungsfrage im Wege stehen. Descawps Nachfolger Paris, 3. Juli. An die Stelle des von der Reparations- kommiffion ernannten französischen Vertreters in dem Organisa tionsausschuß für die IndustrieobligaLionen, Descamps, der sein Amt niedergelegt hat, tritt das Mitglied des ersten Sqchverstän- digenausschuffes, Professor Allix. Dieser hat bereits heute vor mittag an den Beratungen des Organisationsausschusses teilge nommen. DieOeffnung der Kriegsarchive in London London, 7. Juli. Im Unterhause fragte der sozialistische Abgeordnete Morel, ob die Regierung erwogen habe, daß eine weitere Veröffentlichung politischer Vorkricgsdokumente der Oesfentlichkeit zum Vorteil gereichen würde. Pensemby er widerte, der Premierminister habe beschlossen, daß eine derartige Veröffentlichung stattfinden soll. Er erwäge augenblicklich, wie dies geschehen solle. Der Kanaltunnel abgelehnt. London, 3. Juli. Der Luftverteidigungsausschuß hat in Anwesenheit der sämtlichen Mitglieder, darunter der früheren Ministerpräsidenten Asquith und Lloyd Georges, sich gegen den Vorschlag, einen Kanaltunnel zu bauen, ausgesprochen. Zum japanisch-amerikanischen Flaggen zwischenfall Tokio, 3. Juli. Gestern wurden zwei Japaner unter der Beschuldigung verhaftet, daß sie die amerikanische Fahne von dem Gebäude der amerikanischen Botschaft am Dienstag entwendet hätten. In Tokio wird der Diebstahl der amerikanischen Fahne scharf mißbilligt. Der Prinzregent soll seiner Umgebung gegen über von seinem Bedauern kein Hehl gemacht haben. Das Ka binett hat versprochen, keine Schritte zu Unterlasten, um die Schuldigen abzustrafen. Verwaltung, soweit es sich irgendwie mit Len Bedürfnissen des Reiches und einer gesunden Ent wicklung verträgt, wieder zurückgewomren werden müssen. Konflikte zwischen Len einzelnen Staaten und dem Reich sind für beide vom Übel. Da aber, wo Lie Lebens Notwendigkeiten Ler eigenen Staatlichkeit Bayerns es verlangen, ohne Laß dadurch Las Reich selbst in seinem geschlossenen Bestand und in feiner Machtstellung nach außen gefährdet wird, gehe ich auch einem Kon flikt nicht ans dem Wege. Besteht in Berlin, was ich annehmen möchte, der gute Wille zur Verständigung und zum Ausgleich, wie er bei mir und uns besteht, dann wird es zu unangenehmen Auseinandersetzungen nicht kommen. Schließlich hob Dr. Held noch Lie Notwendigkeit hervor, für die katholische Kirche schnell ein neues Konkordat ab zuschließen und zugleich für die protestantische eine ähnliche Neuordnung Ler Dinge herbeizuführen. -r- Das neue bayerische Ministerium setzt sich, wie folgt, zusammen: Ministerpräsident Dr. Held, Unter richt und Kultus Matt, Inneres Ministerialrat Stützel, Justiz Gürtner, Finanzen Dr. Krausneck, Landwirt schaft Professor Fehr, Soziale Fürsorge Oswald, Handel v. Meinel, Staatssekretär im Handelsministerium Schmidt. Das Außere übernimmt Ler Ministerpräsident selbst. Ssvem rum vswes Sutackten Vorbehalte hinsichtlich der Eisenbahnen. München, 2. Juli. Die Debatte über Las Schicksal Ler bayerischen Eisen bahnen im Verfassungsausschuß des Baye rischen Landtages wurde mit der Annahme nach stehenden Antrages Ler drei Regierungsparteien, Lem auch die Negierung zustimmen wird, abgeschlossen: 1. Der Land tag stellt fest, Laß zur Übertragung Les Betriebes der Reichsbahn an Lie Konzessionsgesellschaft entsprechend Ler Anlage 4 zum Bericht des ersten Sachverständigenkomitees gemäß K 8 Les Staatsvertrages über den Übergang der Staatseisenbahnen auf das Reich Lie Zustimmung Bayerns und der übrigen Eisenbahnländer notwendig ist. 2. Der Bayerische Landtag beschließt, Laß, wenn der Entwurf Les Reiches von einem Verkehrssystem ausgehen sollte, das rein international eingestellt ist und den Lebensinteressen des Reiches oder seiner einzelnen Staaten und seiner wirt schaftlichen Aufgaben den berechtigten Ansprüchen der Eisenbahngläubiger nicht Rechnung trägt, Bayern seine Zustimmung nicht geben darf. Diese Frage ist zur Klärung Lem Ausschuß des Landtages zur Regelung der Eifenbahn fragen zu überweisen. herbeizuführen sucht. Seine Bemühungen sind vergeblich und werden vergeblich bleiben. Die Entwicklung geht diesmal über