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gefügt, daß die Hafenbehörden einer umfangreichen ameri kanisch-britischen Schmugglerorganisation auf die Spur ge kommen seien, die mit Summen bis zu zehn Millionen Dollar operierte. Eine achtlöpfige Familie tödlich verunglückt. Ein furchtbares Autounglück ereignete sich in Jamestown in der Nähe von Newyork. Ein Auto, in dem ein Ehepaar mit seinen sechs Kindern zu den Großeltern auf Besuch fuhr, raste an einer Eisenbahnkreuzung in einen Güterzug hinein. Das Auto wurde zertrümmert, der Vater, der am Steuer saß, erlitt schwere lebensgefährliche Verletzungen, seine Gattin und die sechs Kinder blieben aus der Stelle tot. Bunte Tageschronik. Frankfurt a. M. In Hersseld wurde das dreijährige Töchterchen des Landrats v. Harnack auf der Straße von j einem Auto angesahren und erlitt dabei einen Schädel- ! bruch, an dessen Folgen es kurz danach verstarb. Moskau. Alle in diesem Jahre bei Ausgrabungen ! tn Rußland zutage geförderten Funde aus alten Zeiten sollen l Ende Oktober in der Moskauer Universität in einer Ausstellung § vereinigt werden. Es befinden sich darunter Gegenstände, die nach Ansicht der Fachwissenschaft aus dem 3. vorchristlichen Jahrtausend stammen. Tokio. Der Dampfer „Aolawa Maru" ist im Sturm gesunken. 14 Offiziere und Matrosen sind umgelommen. Mit unä Wissen. Der italienische Friedenspreis. Der diesjährige Preis des italienischen Friedenskomitees in Höhe von 50 000 Lire wurde einstimmig dem 35jährigen Philosophen und Schrift steller Vincenzo Cento zuerkannl. Cento war früher Nationalist, hat sich dann liberalisiert, steht aber dem eigentlichen Pazi fismus fern. Künstliches Petroleum. Aus einem Jndustriellenkongreß in Newyork erklärte der französische Chemiker Professor Mailhe, daß es ihm gelungen sei, Petroleum künstlich aus „Äthersalzen" herzustellen, die im Bescnstrauch und gewissen Textilpflanzen gefunden würden. Pros. Mailhe behauptet, daß aus diese Weise erzeugtes Petroleum sich von dem in Pennsylvanieu gewonnenen in nichts unterscheide und den gleichen Kalorien gehalt aufweise. Neun Jahre ohne Regen. Im Montagudistrikt m de: Kapkolonie in Südafrika ist schon seit neun Jahren kem Tropfen Regen gefallen. Eine Expedition aus Kapstadt ist nach diesen trockenen Gegenden unterwegs, um die Möglichtci- zu untersuchen, durch Elektrizität oder auf anderem künstlichen Wege Niederschläge für diesen Distrikt zu erzielen. Trotz der Trockenheit ist das Land besiedelt und wird von Eingeborenen und Farmern bewohnt, die über große Viehherden verfügen. Edgar Allan Poe. (Zur 75. Wiederkehr seines Todes tages.) Am 7. Oktober 1849 starb in Baltimore nach einem ruhelosen Leben der amerikanische Dichter und Schriftsteller Edgar Allan Poe, der in Amerikas Dichterwell einen s ersten Platz einnimmt. Poes Unverträglichkeit und seine leicht- , sinnigen Gewohnheiten veranlaßten selbst die ihm aufrichtig s wohlwollenden Verleger immer wieder, ihre Beziehungen zu - ihm zu lösen, und er fristete bis zu seinem Tode kümmerlich ! sein Dasein. Seine phantastischen Dichtungen, die sich durch ! geheimnisvolle Probleme und unheimliche Spannung ans- i zeichnen, sind wiederholt ins Deutsche übertragen worden. Vieles von dem Gespenstischen und Spukhaften, das sich in j seinen Gedichten und Novellen findet, findet man auch in Len f Erzählungen E. T. A. Hofsmanns, den man daher auch den deutschen Poe genannt hat. Eine Jerusalemer Professur für Einstein. Rach den Mel dungen Wiener Blätter soll Professor Einstein die ernste Absicht haben, in absehbarer Zeit Europa für immer zu ver lassen und einem an ihn ergangenen Rus an die Universität Jerusalem Folge zu leisten. fsSMesse mä AiWMuiMii. Der erste rheinische Kirchentag in Köln nahm in Anwesen heit von etwa 25 000 Festteilnehmern seinen Anfang. Die erste Festveranstaltung war so überfüllt, daß die großen Messehallen in Köln-Deutz polizeilich gesperrt werden mutzten, ebenso erging es den sofort anberaumten Parallelversammlungen. Sehr stark besucht war auch die Versammlung der Jugendverbände in Köln-Deutz. Tagung des Bundes für Gegenwartschristentum. Im Frankfurter Volksbildungsheim begann der Bund sür Gegen- wartschristentum seine Tagung, die von Pfarrer Manz- Frankfurt a. M. eröffnet wurde. Zunächst hielt der Reichs bund sür Religionsunterricht und religiöse Erziehung eine Versammlung ab, welche im Auftrage der Frankfurter Orts gruppe von der Mittelschullehrerin Fräulein Müller- Frankfurt a. M. geleitet wurde. Oberstudiendirektor Hans Schlemmer aus Frankfurt a. d. O., der neue Vorsitzende des Bundes, sprach über Freiheit des Religionsunterrichts und Freiheit im Religionsunterricht. Südamerikanische Woche in Hamburg. Die unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Dr. Petersen und unter Beteiligung der Konsulate sämtlicher 21 lateinamerikanischen Staaten so wie der führenden Persönlichkeiten des hamburgischen Geistes und Wirtschaftslebens veranstaltete Jbero-amerika- nische Woche, die dem Wiederaufbau des Weltverkehrs und der Festigung der alten freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika dienen soll, wurde am 6. Oktober eröffnet. Mii der Woche ist eine Ausstellung spanischer Kunst sowie eine Ausstellung „Die ibero-amerika- nische Woche" verbunden. Schluß ver Bodcnresormertagung in Lüneburg. An den Hauptvortrag Damaschkes schloß sich eine Aussprache an, in der auf eine Anfrage des Vertreters der Landwirtschasts- kammer in Hannover Von der Bundesleitung erklärt wurde, daß der Bund deutscher Bodenresormer nicht an eine Soziali sierung von Grund und Boden denke, sondern lediglich durch Gesetze und Steuern einen Mißbrauch mit ihnen durch bloßen Renlengenutz und Spekulation verhindern wolle. Mit einer Volksversammlung wurde die Tagung geschlossen. Zpon slr geiaenmb. Die Amerikaner verdienen damit Millionen. Es ist bekannt, daß auch bei uns Berusssportleute, ins besondere Boxer und Jockeis, außerordentlich hohe Einkommen beziehen. Aber diese bescheidenen Anfänge werden weit in den Schatten gestellt von den Gepflogenheiten, die sich in Amerika herausgebildet haben. Die großen Veranstaltungen, bei denen der Amerikaner andere für sich Sport treiben läßt, vom Baseballspiel bis zu den politischen Konventen, werden von großen Geschäftsunternehmern durchgeführt, die dem Sport auch noch das letzte an Chancen, Einzelleistung und persönlichem Einsatz zu nehmen im Begriffe sind. Pferderennen, Automobil- und Flugzeugrennen, Fußball spiele, Boxkämpfe, Tennis und selbst die Wettkämpfe zwischen ven Hochschulen werden zunehmend mehr kommerzialisiert und nach geschäftsmäßigen Prinzipien mit großen Kapitaleinsätzen arrangiert. Riesengroße Stadions werden errichtet, die auch in ihren Veranstaltungen an die Zirkusspiele des später unter gehenden Roms mit ihren Berufsathleten erinnern. Durch ein weitumfassendes Buchmachersystem wird auch den Nicht anwesenden die Teilnahme, wenigstens als Wettende, ermög licht, wodurch für den einzelnen das Spiel vollkommen zur Lotterie wird. Am deutlichsten wird das Entrücktsein des Amerikaners im Fall des großen Nationalsports, des Bafe- ballspiels. Baseball ist ein grotzangelegtes Geschäft geworden, in welchem Millionen von Amerikanern eine rein passive Rolle spielen. Es hat die Spiel- und Sportinstinkte des Durch schnittsbürgers ganz und gar in den Erwerbssinn pervertiert. Im letzten Jahre sind für ein einziges der Spiele der „Wett- Serie" an Eintrittsgeldern über 200 000 Dollar gezahlt worden, die Einnahme an den sechs Spieltagen für diese Serie zusammen belief sich aus 1063815 Dollar. Vor zwanzig Jahren erbrachten die ersten acht Spiele dieser Wettferie kaum 50 000 Dollar an Eintrittsgeldern und bis 1919 hatten sie eine halbe Million Dollar nie überschritten. Die Gesamteinnahme aus dem Bascballspiel kann man ungefähr danach ermessen, daß die Mannschaften der acht Hauptligen jede pro Saison 154 Spiele, also insgesamt 1232 Spiele absolvieren. Von diesen abgesehen, gibt es dreißig Ligen zweiten Ranges und Hunderte von Ligen, die u. a. die Hochschulen umfassen, deren Wett spiele auch immer mehr bustneßmäßig aufgezogen werden. Was hierbei an Kapital investiert wird, ist unberechenbar. Das Stadion der „Uankces" in Newyork hat allein 2 Millionen Dollar gekostet und das in dieser Mannschaft investierte Kapital beläuft sich auf über 4 Millionen Dollar. f » vermilGles » Der Originalkelch des Abendmahles gefunden. Unga risch-amerikanische Blätter brachten schon vor längerer Zeit die Nachricht, ein Forscher habe in Antiochien den Originalkelch des letzten Abendmahles aufgefuuden. Der Kelch war das Objekt gründlichster Untersuchungen und Dr. Eisen, ein Newyorker Gelehrter, schrieb als Zu sammenfassung ein Buch über den Kelch. Seinen wissen schaftlichen Begründungen zufolge ist der Fund tat sächlich der Kelch, den der Heiland und feine Jünger benutzten. Historisch einwandfrei begründet ist, daß dieser Kelch zunächst in den Besitz der antiochischen Kirche gelangte und erst während der Flucht vor den Arabern wurde er vergraben. Die Ornamentik stammt aus dem zweiten Jahrhundert. Der Kelch war ursprünglich ein aus glattem Metall verfertigtes Gesäß und erst im zweiten Jahrhundert wurde es von einem zweiten einge faßt, das die Ornamentik aufweift. Das Interessanteste ist ein Heilandsbild, das als das älteste authen tische Christusportrüt anzusehen ist. Ein in Vergessenheit geratener Brauch. Ein Geschenk, von vem man heutzutaae kaum nock den Namen weiß. , W sie Morgengabe. Sie ist eine Gabe, die der Mann am Morgen nach der Hochzeit seiner jungen Frau darbrachte, und sie bestand bei den Franken und Langobarden in einem Viertel oder gar einem Drittel vom Vermögen des Mannes. Dieser führte seine Gattin an den Frühstücks tisch, gemeinsam aßen sie von dem „Dräutslhuhn". Vorher aber zeigte er der Geliebten ihr Reich: „Zaun und Zimmer"; dort auf dem Felde „das Vieh, das vor dem Hirten geht", einen jungen Knecht und ein Mägdelein zu ihrer besonderen Bedienung. So war über Nacht, wie im Märchen, aus dem jungen Mädchen eine Herrin geworden. Die Morgengabe hatte völlig internationalen Charakter, nicht nur den Germanen von der Etsch bis zum Belt, den Franzosen und Portugiesen war sie bekannt, auch im Gesetz buch des Hamnurabit ist von ihr^unter dem Namen „un- dunu" Lie Reds. Den Römern scheint sie gleichfalls bekannt gewesen zu sein und bei den Griechen finden wir sie in den Anakalypterien wieder. kl» seiisrwtr casL«spkIer. GklM von Otto K a t n e r - Schwerte. In der Birmingham-Street zu London drängte sich viel Volk in öen GeM-fchasisfaal eines bekannten Hotels. Hier sollte Mister Greenwell, wie die Plakate, die in ganz London zu sehen waren, asikündi^en, eine Prüde seines grüßen Talents als Taschenspieler geben. Um sechseinhalb Uhr war schon der Saal vollständig ge- Wt und die Kaffen wurden geschloffen. Der Beginn der Vor stellung wär auf sieden Uhr festgesetzt. Als schon eine Viertel stunde nach dieser Zeit vergangen war, kam Greenwell immer noch nicht. Rufe des Unwillens wurden laut, und je mehr die Minuten vergingen, desto unruhiger wurde das PMikum. Da endlich erschien an der Tür ein blasser, hagerer Mann. Man -mußte förmlich erschrecken über -den starren Ausdruck seines Gesichts. Mit -unsicheren Schritten ging er durch die Stuhl rechen auf die Bühne. Seine Blicke irrten im Saal umher, dann machte er eme Verbeugung und sagte: „Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehrs, -mich Ihnen als Fred Greenwell vorzustellen. Wie Ihnen durch die gelungen hinlänglich bekannt sein dürfte, besitze ich unter anderem die Fähigkeit, todbringenden Geschossen auf -irgendeine Weise, die ich -Ihnen -nicht verraten darf, -Einhalt zu gebieten. An- meinem Körper prallt jede Kugel ab, ganz gleich, üb sie aus fünf oder hundert Meter Entfernung abgegeben wird. Ich bitte um einen Revolver aus Ihrer Mitte." Niemand meldete sich. „Nun, wenn niemand die Liebenswürdigkeit -besitzt, -mir seine Waffe zu leihen-, werde ich mir die Freiheit nehmen, die eigene zu gebrauchen. Sie ist geladen mit fünf Kugeln und ich bitte diesen Offizier, dieselbe zu untersuchen und nach -mir zu schießen." Der Offizier nahm die 'Waffe an -sich und untersuchte sie gründlich. Dann gab er sie Greenwell zurück und sagte: „Der Revolver ist allerdings geladen mit fünf Patronen, die, -gut ge zielt, unbedingt tödlich wirken müssen. Mer gerade deshalb will ich nicht -der -Schütze sein, um bei eventuellem Fehlschlägen Ihrer Abwehr nicht die Verantwortung zu tragen." Enttäuschung malte sich auf dem -Gesicht Greenwells ab. Dann aber sprach er gefaßt: „Aber, meine Damen -und -Herren, ich darf doch hoffen, bei meinen- Experimenten Ihre Unterstützung zu finden. Sie machen -mir es ja durch solche Ablehnung direkt unmöglich, meine Kunst zu zeigens Ich bitte nochmals um einen Schützen!" Da siand in -der Ecke des Saales ein blutjunger Mann auf § und bot sich an, den Schuß auf den Taschenspieler aÄMgebcn. Greenwell -übergab ihm -die Waffe mit einigen Erläute- j rungen. Dann stellte sich der Schütze etwa drei Meter von ihm Z ab, zielte einen Augenblick auf die linke Brustseite und drückte ab. Mit -einem -kurzen Aufschrei sank Greenwell ins Herz ge troffen -zu Boden. Ein kurzes Röcheln beendete sein Leben. Die Damen schrien laut auf, und die Herren stürmten auf die Bühne. Man untersuchte die Taschen des Unglücklichen. Der ganze j Inhalt war ein Zettel mit den- Worten-: ,MMch habe i-H sus- j gelitten! Fragt nicht nach meinem richtigen Nämen, damit das S H-erlz, um dessentwillen ich in den Tod ging, nicht durch diese ! Nachricht betrübt werde. Aus Liebe, die nicht erwidert wurde, s starb ich -dahin! Den Mut, mich selbst zu töten, hatte ick nicht j und deshalb griff ich zu diesem Mittel. Dem guten Schützrn i sage ich hiermit Dank!" Der -aber brach in ein lautes Schluchzen aus und mußte aus ! dem Saal getragen werden. 31. Ich dich Lieb. Roman von Erich Ebenstein. Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale C. Acker mann, Stuttgart. ' Gustav Flamm atmete erleichtert auf, als er Jellas Erklärung vernahm. Gottlob, sie ahnte nichts! Dann schlug er vor, eine Pflegerin aus der Stadt kommen zu lassen. „Ich kann absolut nicht dulden, daß du dich meinet wegen ins Zimmer verbannst", meinte er erregt. Aber Jella fragte mit so sanfter Bescheidenheit und mühsam verhaltener Trauer im Blick: „Ist es dir so un angenehm, wenn ich bei dir bin? Nur in diesem Fall würde ich meinen Platz einer Fremden abtreten!" Beschämt antwortete er: „Was denkst du? Ich schlug es nur aus Rücksicht für dich vor!" ..Dann laß mich dich Pflegen, so gut ich's kann." Und als ahne sie den Zwiespalt feines Innern, der ihn ihre Nähe als Beruhigung und Qual zugleich empfin den ließ, beschränkte sie sich mit wunderbarem Takt auf die Tätigkeit einer Pflegerin. Kein überflüssiges Wort kam über ihre Lippen dabei, und wenn er sie nicht brauchte, saß sie still im Neben zimmer oder eilte rasch nach dem Wirtschaftshof, um dort mach dem Rechten zu sehen. Manchmal auch las sie ihm vor oder spielte Schach mit ihm. Und jeder Wunsch, der in ihm aufstieg, wurde sofort erfüllt. Alles dies tat Flamm wohl, wenn er es sich auch nicht eingestand. Denn Flor sorgte schon dafür, daß sie nicht vergessen wurde. Fast jeden Tag brachte die Post einen Brief von ihr, und jeden zweiten Taa übernahm Jella für den Kranken ein herrliches Arrangement weißer Rosen, die aus der ersten Blumenhandlung G.'s stammten und Unsummen kosten mußten. Weiße Rosen! Das war der Duft, der den Gewän dern jener Frau mit den rotgoldenen Löckchen entströmt war. Es hätte Flamms verlegener Unruhe gar nicht be durft, um sie die Absenderin erraten zu lassen. Darum gab sie sich auch keinerlei Illusionen hin, ob wohl ihre Mutter immer wieder schrieb: „Ich Hosse, dieses Unglück hat dir der Himmel nicht umsonst geschickt. Gustav kann doch nicht so blind sein, jetzt, wo er dich beständig um sich hat und dem Einfluß der anderen entzogen ist, nicht zu merken, was er an dir hat!" Wenn Jella solche Worte las, lächelte sie wehmütig vor sich hin. Ach, die Mutter kannte eben den lockenden Reiz jener anderen nicht! Sie selbst aber sah und fühlte es täglich: Wie die weißen Rosen neben seinem Lager, so stand das Bild dieser Frau beständig zwischen ihnen. All' ihr Tun hatte ihr Wohl den Frieden wiederge bracht und seine Achtung, nicht aber seine... Liebe! Während so in Jella sich alles in ergebene Resignation gewandelt hatte, die nicht vor noch rückwärts schauen, son dern nur ergeben den Weg der Pflicht weiter wandeln will, litt der Mann an ihrer Seite Höllenqualen. Er war weder blind noch gewissenlos, und er hatte Jella aus Liebe geheiratet. Immer öfter, während er nun so in Gedanken ver loren dalag, tauchten die schönen Jahre ihrer ersten Ehe zeit vor ihm auf. Er sah Jella wieder, heiter, strahlend, in blühender Schönheit, und sich selbst neben ihr so verliebt, glückselig und übermütig. Närrisch wie die Kinder waren sie oft gewesen . . . Dann trat allmählich eine Aenderung ein. Er selbst begriff es zuerst: Die grauen Schatten einer gewissen Leere breiteten sich über sein Glück. Er — langweilte sich. Das, was ihn damals beständig beschäftigte, der Ge danke, aus Eberswalde eine Musterwirtschaft zu machen, war Jella gleichgültig. Sie verstand nichts von Land wirtschaft, und so konnte er auch mit ihr darüber nicht sprechen. Und worüber sonst? Sie hatten weder Kinder noch Sorgen. Das Thema Liebe war, wie sie beide meinten, in allen Formen zur Genüge abgewandelt. Für Gesellig, keit in größerem Maß, als es der nachbarliche Verkehr be dingte, waren sie beide nicht veranlagt. So wurden sie beide gleichsam über Nacht launisch, nervös, voll heimlicher Gereiztheit gegen einander. Er fühlte: Jella war innerlich genau so enttäuscht, wie er selber. Auch in ihr spukten Fragen, wie: So soll es immer fortgehen einen Tag wie den andern? Welchen Zweck, welches Ziel hat denn unser Leben? Wo bleibt oas Große, von dem wir träumten, das uns über uns selbst hinaus erheben sollte? Dazu kam, daß er sich mit ihrer Familie nicht gut ver stand. Die vergrämte Mutter, die mit sorgenvoll ängst- lichem, der schroffe Bruder, der mit argwöhnischem Blick jede Phase ihres Zusammenlebens beobachtete, weckten Flamms Reizbarkeit, so daß er sich immer mehr von bei den zurückzog. Und dann flatterte in die graue Nüchternheit seiner Tage plötzlich das Paradiesvögelchen Flor Siebert . . - Er hatte sie ganz zufällig bei einem Bankett kennen gelernt, wo sie seine Tischnachbarin war. Jella, die etwas unwohl war, hatte es vorgezogen, in Eberswalde zu blei ben. c (Fortschun« solqt.j