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T Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt. Finanzamts Nossen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mk., bei Postbestellung isPfg. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Podien träger und Geschäftsstellen - - - . nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingefandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. 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Nur weiß man nicht so recht — die Nach richten über die Vorgänge sind außerordentlich dunkle — ob diese Erschütterungen nicht etwa durch den Militär diktator Primo de Rivera hervorgerufen sind, um die schleichende Krise in einem ihm günstig erscheinenden Augenblick zum Ausbruch zu bringen. Zweierlei scheint fest zustehen: jene linksradikalen Elemente, dis vor der Militärdiktatur nach Frankreich geflohen sind, haben den Versuch gemacht, bewaffnet in Nordspanien einzudringen, und sind dabei teils zurückgejagt, teils gefangengesetzt worden. Gleichzeitig hat in Barcelona ein mehr oder weniger heftiger Aufstand gegen die Regierung stattge funden, wobei es zu Stratzenkämpsen kam, die dem An schein nach gleichfalls für die Regierung Riveras günstig verlaufen sind. Das Militärdirektorium, das bekanntlich seine Stellung einem Putsch verdankt, hat innenpoli tisch zweifellos Gutes gewirkt. Es hat die Berechtigung zu seinem häufig recht gewalttätigen Auftreten daraus hergeleitel, daß es einen scharfen Kamps gegen die Korrup tion unternahm. Daß es dadurch sich viele Nutznießer der früheren Zustände zu Feinden machte, ist mehr als ver ständlich. Man hat dem Militärdirektorium kein langes Leben prophezeien wollen, aber man hat dabei vergessen, daß der innere Antrieb für die Machterringung und für das Fortbestehen dieser Regierung das nationale, vielleicht noch mehr das nationalistische Element ist. Es ist dieselbe Erscheinung, wie wir sie in Italien durch Mussolini durchgeführt sehen. Ebenso verständlich ist, daß die Gegenbewegung der Liberalen, der Kommunisten und der Anarchisten gerade in der Provinz Katalonien ausgebrochen ist; dort sitzt die große Masse der Arbeiterbevölkerung und der spanische Nordosten, Barcelona an der Spitze, hat schon immer in einem inneren Gegensatz gegen den rein agrarischen Süden und die Mitte Spaniens gestanden. Hier kreisen noch die Gedanken des Karlismus, ist Opposition gegen Madrid eine gewohnte Tatsache und Barcelona allein hat ver sucht, dem neuen Militärdiktator — freilich vergeblich — Widerstand zu leisten, übrigens soll einer französischen Blätternachricht zufolge in Barcelona ein Piouierregi- mcnt gemeutert haben, was naturgemäß die Zusammen ziehung starker Truppenkräste in der Katalanischen Haupt stadt veranlaßt hat. Rivera selbst befindet sich z. Zt. immer noch in Marokko und vielleicht hat man seine Abwesenheit zu oiesem Aufstandsversuch ausnutzen wollen. Dann ist es aber eine Ungeschicklichkeit gewesen, weil die militärische Lage Spaniens in Marokko jetzt eine bessere ist als noch vor einem Monat. Zweifellos ist der Versuch auch mit ganz unzureichenden Kräften unternommen worden, denen die Militärs sofort die energischsten Maßnahmen entgegen setzten. Englische Blätter erzählen von kriegsgerichtlichen Erschießungen und einer Reihe von Verhaftungen. Seit langem herrscht in Spanien für Pressemitteilun gen die Vorzensur und Rivera hat es jedesmal abgelehut, sie auszuheben oder auch nur zu mildern. Infolgedessen ist es auch ganz in die Hand der Regierung gegeben, was sie an Nachrichten über die Bewegung hinauslassen will. Helsen kann aber doch nur ein Erfolg militärischer oder sonstiger Art in Marokko. Noch ist im allgemeinen der feste Wille namentlich in den spanischen Kentprovinzen vorhanden, dort nicht nachzugeben, und Rivera scheint auch in Marokko einen größeren Schlag vorzubereiten. Aber er muß dort in irgendeiner Weise zu einem Ende kommen, weil die gewaltigen Opfer, die das Land dort bringen muß, vor allem finanzielle Opfer, auf längere Dauer nicht ertragen werden können. Durch alle spanischen Fa milien ist der Tod geschritten. Frankreich ist die Macht, die ja heimlich den Widerstand der Riffkabylen gegen Spanien stützt; Frankreich hat auch die politischen Flücht linge aus Spanien an seiner Südgrenze unbehelligt ge lassen und mag gegen den Aufstandsversuch nicht das ge ringste einzuwenden haben. Für uns Deutsche aber ist die Erhaltung der Regierung Rivera vor allem deswegen von Wichtigkeit, weil eine liberale Regierung gleichbedeutend mit einer energischen Annäherung an Frankreich sein würde. Mit Spanien haben wir den ersten Handelsver trag abgeschlossen, der für unsere Industrie von recht erheblicher Bedeutung ist; namentlich sind die Abschlüsse über den Kauf spanischen Erzes sehr erleichtert worden. Wir haben freilich auch große Gegenkonzessionen machen müssen, die diesen Handelsvertrag zum Gegeusiand heftiger Angriffe besonders in den Kreisen des deutschen Weinbaues und weiter in der Landwirtschaft ge macht haben. In Spanien wird er aber als ein Erfolg in der Politik Riveras angesehen und jeden Erfolg kann dieses Kabinett gebrauchen. Was für eine Staatsforni Spanien besitzen will, ist eine lediglich innerspanische Au gelegenheit; für uns Deutsche kämen nur die außenpoli tischen Wirkungen eines Systemwechsels in Betracht und angesichts der zuvorkommenden Haltung des Kabinetts mwera uns gegenüber wäre uns ein solcher Eystemwechsel zurzeit unerwünscht. Die Steuermilderungen. Steuerzchlmlg Aovenrber-TezembN Berlin, 10. November. Die soeben erlassene Zweite Verordnung des Reichs präsidenten über wirtschaftlich notwendige Steuermilde rungen hat auf die am 10. November (Schonfrist 17. Novem ber) und aus die am 10. Dezember (Schonfrist 17. Dezem bcr) fälligen Monatsvorauszahlungen aus Einkommen steuer und Körperschaftssteuer noch keinen Einfluß. Die Monatsvorauszahlungen auf Einkommen- und Körper schastsstcuer im November und Dezember sind noch in der bisher vorgesehenen Höhe zu leisten. Die Ermäßigung um P« wirkt sich erstmals bei der am 10. Januar 1925 (Schon frist 17. Januar 1925) fälligen Monatsvorauszahlung aus. Für die Gewerbetreibenden, die ihre Vor auszahlungen auf Einkommensteuer und Körperschafts steuer für ein Vierteljahr, und zwar erst nach Ablauf des selben leisten, wirkt sich die Ermäßigung um ein Zwölftel bei der am 10. Januar 1925 (Schonfrist 17. Januar 1925) fälligen Vorauszahlung aus. Die Landwirtschaft leistet ihre Vorauszahlungen für ein Vierteljahr, aber nicht erst nach Ablauf, sondern in der Mitte desselben, also für die Monate Oktober, November und Dezember 1924 am 15. November 1924. Daher ermäßigt sich bereits die am 15. November (Schonfrist 22. November) fällige Vor auszahlung um ein Zwölftel. Der Steuerabzug vom Arbeitslohn ist zurzeit noch nach den bisherigen Vor schriften vorzunehmen. Die in der Verordnung des Reichs präsidenten vorgesehenen Ermäßigungen (Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrags von 50 auf 60 Mark und Nicht- erhcbung von 20 Pfg. wöchentlich — 80 Pfg. monatlich —) gelten erstmals für den Steuerabzug, der für Arbeits leistungen im Dezember vorgenommen wird. Ein Aus- führungserlatz wird ergehen. Die Ermäßigung der allge meinen Umsatzsteuer von 2 auf 1)4 Prozent und der erhöhten Umsatzsteuer von 15 auf 10 Prozent gilt erst für die Umsätze, die vom 1. Januar 1925 ab getätigt werden. Demgemäß sind die Umsatzsteuervorauszahlungen, die am 10. November, 10-Dezember 1924 und am 10. Januar 1925 fällig werden, noch in der bisherigen Höhe, d. h. 2 bezw. 15 Prozent zu leisten. Ein Viertel der Vermögens steuer, deren Satz unverändert geblieben ist, ist am 15. November (Schonsrist 22. November) fällig. MM» Jie mWmzMsWMH MM Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 11. November. „Ere Neuvelle" stellt fest, daß die deutsch-französischen Wirtschafsverhandlungen augenblicklich sehr ernstlich durch den politischen Umschwung in England und andererseits durch Widerstände der französischen Finanzkreife ge fährdet würden. Das Blatt betont die Notwendigkeit, die Be sprechungen zu einem günstigen Abfluß zu bringen. Der Wieder aufbau Europas kann nur durch die wirtschaftliche Erneuerung Frankreichs und Deutschlands vollzogen werden. Das Pariser Protokoll muffe die Fortsetzung der Protokolle von London und Genf bilden. Das Ergebnis der deutsch-schweizerische» Wirtschaftsverhandlungen. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 11. November. Wie der „Börsenkurier" von zuverlässiger Seite erfahren haben will, ist am vergangenen Sonnabend das Verm'ttlungsprotokoll in den deutsch-schweizeri schen Wirtschaftsbesprechungen von beiden Seiten angenommen worden. Das Ergebnis der Verhandlungen kann im wesentlichen dahin zusammngefaßt werden, daß die Schweiz sich bereit erklärt, bis zum 30. September 1925 die e'nseitig gegen Deutschland ge richteten Einfuhrbeschränkungen abzubauen, während wir die Er klärung abgegeben haben, unser gesamtes Einfuhrverbvtsystem ab- zubauen. Die deutsch-belgischen Wirtschafts- Verhandlungen Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Prag, 11. November. Die eam 21. Septmber vertagten deutsch-blgischen Wirtschaftsverhandlungen sind am Montagnach mittag wieder ausgenommen worden und haben bereits eine An näherung der gegenseitigen Standpunkte ergeben. Von amtlicher Seite wird hierzu gemeldet, daß ein Einverständnis darüber er zielt worden ist, das Prinzip der Meistbegünstigung als Ver handlungsgrundlage anzuerkennen. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen sollen neben Fragen des beiderseitigen Waren verkehrs auch Wirtschaftssragen allgemeiner Natur geregelt wer den. kine fl-uislemüe in vrxslnM Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Osnabrück, 11. November. In einer Zrntrumsver- sammlung sprach gestern abend Reichskanzler Marx in der Stadt halle. Er führte unter anderem aus, daß der Reichstag der Auf lösung verfallen mußte, da die radikalen Parteien jede ernsthafte Verständigung durch Störungen verhinderten. Es wird uns Schwäche vorgeworfen, wenn wir in außenpolitischen Entschlie ßungen Rücksicht auf das Ausland nehmen. Die Rücksichtnahme muß um so größer sein, je weniger man m t machtpolitischen Ar gumenten dem Auslände gegenübertreten kann. Das Bekennt nis dieser Tatsache ist leine Würdelosigkeit. Daß wir in Lon don etwas erreicht haben, beweist die Zustimmung der besetzten Gebiete. Don unseren Krittlern muffen wir positive Vorschläge verlangen, was sie für die Aufrichtung Deutschlands für zweck mäßig halten. Zu der Innenpolitik übergehend, betonte der Kanz ler, daß die Aufgabe der Regierung das Feschalten unserer Wäh rung, die Balancierung des Etats sowie die Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft sein müsse. Wenn scharfe Maßnahmen not wendig waren, so ist die Reichsregierung nur den Weg der Pflicht gegangen. Um die Vermögenseinbußen infolge der dritten Steuer notverordnung soweit als irgend möglich zu mildern, hatte der Reichsfinanznunister bereits im Aufwertungsausschuß des Reichs tages einen Plan vorgelegt. Der Kanzler warnte davor, die Aufwertungsfrage zu einer parteipolitischen Frage zu machen und betonte, daß, wenn über das von der Regierung als erträg lich betrachtete Maß Mittel von der Staatsregierung verlangt werden, diejenigen, die diese Forderung erheben, auch verpflich tet seien, die notwendigen Deckungen zu schaffen. Mittwoch Kabinettssitzung in London. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" London, 11. November. Das neue englische Kabinett wird voraussichtlich am kommenden M ttwvch seine erste Sitzung abhalten, wobei die politischen Probleme erörtert werden dürf ten, die im Hauptinteresse der Oeffentlichkeit liegen. So vor allen Dingen die Beziehungen zu Ruhland und die Sinowjew- briefaffäre. Au cheine Stellungnahme zum Genfer Protokoll ist zu erwarten, zumal die onservative Pattei die Notwendigkeit einer Stärkung des Völkerbundes wiederholt hervvrgehoben hat. Der Zusammentritt des englischen Parlaments wird nicht vor Ansang Dezember erfolgen. Wiederaufnahme der Wiener Verhand lungen Eigener Fernfprechdienst bes „Wilsdruffer Tageblattes". Wien, 11. November. Die Verhandlungen zwischen der Bundesbahnverwaltung und den Angestellten sind gestern wieder ausgenommen worden. Seipels Meckerwakl? Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Wien, 11. November. Die heutige Sitzung des National- rates dürste nur von kurzer Dauer sein. Es ist nicht anzunehmen, daß bereits die Neuwahl der Regierung erfolgen wird. Die Mehrheit ist für unveränderte Wiederwahl des Kabinetts Seipel eingetreten. Amerikanische Schadenersatzansprüche an Deutschland. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes" Neuyork, 11. November. Der Verband der internatio nalen Rettsvereinigung in Neuyork faßte eine Entschließung, in der die Erstattung der amerikanischen Besatzungskosten im Rhein lands und die Befriedigung der Forderungen amerikan scher Bür ger gegen Deutschland auf Entschädigung für die während bes Krieges erlittenen Verluste aus den Reparationszahlungen ver langt wird, die Deutschland aus Grund des Dawesplanes zu leisten hat. Die Verschwörung in Spanien. Paris, 11. November. Havas meldet aus Madr'd, dcch 40 Personen im Zusammenhang mit der anarchistischen Verschwö rung verhaftet worden sind, darunter der frühere republikanilche Abgeordnete Domigo.