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Fast möchte man glauben, daß sie nur aus Dilettanten des diplomatischen Handwerks besteht, während doch in Wirklichkeit zum mindesten in der Gefolg schaft der Herren Macdonald und Herriot Männer von Be ruf und Erfahrung sich befinden, die in der Führung viel- verschlungener Verhandlungen schon einige Leistungen aus zuweisen haben. In London aber stößt ihre Kunst offen bar immer wieder auf neue Hindernisse. So sehen wir, wie ein Vorschlag den anderen ablöst, eine Formel, mit der man soeben noch den Stein der! Weisen entdeckt zu haben glaubte, im nächsten Augenblick schon wieder aufgegeben wird, daß Schwierigkeiten auftauchen, wo man sie im Grunde nicht erwartete, während dort, wo starke Interessengegensätze aufeinanderstoßen müßten, plötzlich sich alles in eitel Harmonie aufzulösen scheint. Heute zeigt man in London Zuftiedeich eit und Hoff nung auf Gelingen, während sich inParis dunkle Wetter zusammenbrauen, die dem schon gar nicht mehr kurzweili gen Spiel um die Zukunft der Völker ein jähes Ende zu bereiten drohen, und morgen lacht wieder über der franzö sischen Hauptstadt eitel Heiterkeit und Sonnenschein, wäh rend an der Themse gewitterschwere Atmosphäre herrscht. So lausen die Fäden hinüber und herüber, ohne daß man bisher imstande war, sich wirklich näherzukommen, bis schließlich Herr Herriot sich zu einer „letzten" Kraftan strengung aufraffte, mit der er die vom „Temps" schmerz lich vermißte Führung der Konferenz endlich in seine Hände zu bekommen hoffte. Und in der Tat, augenblicklich sieht es so aus, als wenn die drei Kommissionen ihre Arbeit endlich zum Ab schluß bringen wollten. Ein kleiner Kunstgriff — und das große Problem ist restlos gelöst. Man spricht von der wirtschaftlichen Räumung des Ruhrgebiets — und fährt doch fort, es zu verwüsten; man spricht von der Wieder herstellung der Verkehrseinheit des Reiches — und will doch 3000 bis 4000 französisch-belgische Eisenbahner in der Verwaltung des rheinisch-westfälischen Bahnnetzes zurück- lassen; man spricht von der militärischen Räumung unseres namhaftesten Industriegebietes — und will doch die Sol dateska des Generals Dsgoutte noch gut zwei Jahre an der Ruhr zurücklassen. Man will Garantien schaffen gegen die Erneuerung der Gewaltpolitik, mit der man das Deutsche Reich aus den Angeln zu Wersen hoffte — und will doch der Neparationskommission ihre bisherigen Vollmachten fast gänzlich unverkürzt belassen, nur um die angebliche Souveränität dieser Körperschaft vor den Augen der Welt nicht zu beschneiden; man will ein glattes Funk tionieren des Dawesschen Reparationsplans ermöglichen — und häuft doch Oberkommissionen und Unterkommissio- nen aufeinander, daß schließlich kaum noch jemand weiß, wer da Koch und wer Kellner sein soll. Kurz, man braut aus englisch-amerikanischen, ungleich mehr aber noch aus französisch-belgischen Ingredienzien einen Trank zusam men, an dem die kranken Völker unmöglich genesen können. Noch weiß man nicht, ob die fremden Bankiers, die ihre Gelder in das europäische Geschäft hineinstecken sollen, sich mit diesem Heilmittel zufrieden geben werden. Wenn sie es tun, so gewiß nur in der Überzeugung, daß dieses Londoner Fabrikat die notwendige Ordnung der Dinge wenn vielleicht auch aufhalten, so doch nicht verhindern werde; daß man dem angeblich neuen Geist in Frankreich Zeit lassen müsse, sich durchzusetzen. Dann würden die deutschen Delegierten, wenn sie am kommenden Montag in London eintreffen, um an den am Sonnabend abgeschlossenen Verhandlungen der Konferenz nun auch „teilzunehmen", wieder einmal vor der schweren Schick salsfrage stehen, wie sie es anfangen sollen, die putschen Lebensmteressen gegenüber einer geschlossenen Front un serer Gegner zu wahren. Daß sie von der Reparationskommission nichts Gutes zu erwarten haben, dieser Vereinigung von Männern, die Deutschland kalten Herzens zugrunde gehen lassen würden, ehe sie auch nur euren Schritt vom Wege des Versailler Vertrages abweichen, darüber besteht nicht der geringste Zweifel. Daß sie aber auch vor den merkwürdigen Pazi fistenhäuptern der Londoner Konferenz einen schweren Stand haben werden, steht von dem Augenblick cm, da die französisch-englische Einigung nach schweren Geburtswehen erreicht ist, außer Frage. Rach allen Erklärungen aber, die wir in den letzten Wochen von maßgebendsten Mitgliedern der Reichsregierung gehört haben, mutz es als ausge schlossen gelten, daß sie Vorschlägen zustimmen könnten, die von den deutschen Anschauungen himmelweit entfernt sind. Man soll also inLondon und Parisn urnichtzu früh frohlocken, man soll nicht schon das Ende der Konferenz gekommen glauben, da man allem Anschein nach vor dem Anfang neuer Verwicklungen steht, deren Lösung durchaus nicht zwischen Tür und Angel möglrch sem wird. Die Herren Marx und Stresemann gehen, das liegt klar vor aller Augen, einen schweren Gang; ein bloßes Diktat werden sie diesmal nicht ent gegen neh- men. und von der Heimat aus müssen alle Kräfte dafür Ich halt' einen Kameraden... Zum 3. August. Wie ost durchbrausten die Klänge unserer Glocken das deutsche Land, Sieg kündend, Sieg jubelnd. Fast vier Jahre hindurch, von Lüttichs Fall bis damals, als wir zum zweitenmal bis über die Marne vorstießen! — Bis sie dann wieder klangen; dünner war das Geläut, klagend und schmerzvoll, zu jener Stunde, als der aus Hundert- tansenden von Wunden blutende Leib Deutschlands dort in der Spiegelgalerie von Versailles zu den Füßen del »Sieger" lag. Und wieder klingen jetzt die Glocken, kla gend und voll Schmerz, am Tage, da sich zum zehn- tenmalderAusbruchdesWeltkriegesjährt. Totengeläut ist es, „mortuos planxo", „die Toten betrauere ich", wie es über Schillers „Glocke" steht. Und darum wird Deutschland am 3. August, mittags 12 Uhr, zwei Minuten lang seiner Gefallenen gedenken. Dann werden sich die Häupter entblößen, werden die Stirnen sich neigen, und vor dem inneren Auge werden die Toten vorbeiziehen,die einst uns Kameraden waren. „Ich halt' einen Kameraden ..." — wie sangen wir es trotzig und fröhlich, als wir hinüberzogen nach Ost und West, die Heimat zu schützen. Es ward zum Lieblingslied der Millionen deutscher Soldaten, dieses straffe, kriegerische Marschlied mit dem seltsamen Zusatz, den der Krieg erst mit jenem Lied verband, und der Kameradschaft und Heimatsehnsucht miteinander verschmolz: „In der Hei mat, in der Heimat, da gibt's ein Wieder sehen" in froher Zuversicht — und doch dahinter die trübe Frage: „Wer weiß, ob wir uns Wieder sehen. . ." Auch sie haben es gesungen, das Lied von der Kame radschaft, das Lied der Hoffnung und Heimatsehnsucht, sie, die fast zwei Millionen Soldaten, die als Opfer fielen für die Kameraden und für die Heimat. Für sie gab es in der Heimat kein Wiedersehen, und jene trübe Frage beant wortete der Tod mit einem harten: Nein! Viele Kugeln kamen geflogen und haben sie von uns weggerissen, die doch ein Stück von uns waren. Und zü Hause trauerten das Weib und die Kinder, weinten die Eltern und Ge schwister. Aber wir dort draußen — wie oft, wie unsagbar oft haben wir dann an der offenen Grube gestanden, die zum Grabe eines oder vieler wurde. Sie lagen dort unten, eingehüllt in die Zeltbahn, ost Mann an Mann, wie sie im tobenden Gefecht, im granatenzerwühlten Graben, im Trichterfeld Mann neben Mann gelegen haften, viel leicht gleichzeitig zerschmettert durch dieselbe Granate, im Ansturm niedergefegt durch die Todesgarbe eines einzigen Maschinengewehrs. Wir, an denen der Tod Haarbreit vor beigeschritten war, standen am Grabe der Kameraden, leise tönte die Weise: „Ich hatt'einen Kameraden..." Die Häupter entblößten sich, und tief neigten sich die Stirnen. Auf uns herab rieselte der Novemberregen in den Ebenen Flanderns, sank in den weiten, Weißen Ebenen k Rußlands leise taumelnd der Schnee, uns überglühte die i heiße Sonne Palästinas oder Persiens, überstrahlte der kalte Schein des Nordlichts in den Wäldern Finnlands, über uns rauschten die Palmen Deutschostafrikas — und der Regen rieselte herab auch auf die Wien Männer dort unten, auch über sie deckte der Schnee ein lichtes, Weitzes Tuch, auch sie überstrahlte, seltsam lebendig machend, die grelle Sonne, auch über ihrer Gruft zuckten die roten Strahlen des Nordlichts, rauschten die Palmen das Sterbelied eintönig, herzzerreißend. Fern der Heimat — deutscher Stolz und deutsches Schicksal ist es, daß weitaus die meisten unserer Gefallenen in fremder Erde ruhen, daß auch den toten Leib die Heimat nicht umfängt, daß sie in dem Boden liegen, den sie in siegreichem Sturm gewannen. Doch sie selbst sind ein Stück dieser Heimat, denn sie sind ein Stück, das beste Stück von uns allen, überall, wo ein deut sch esSoldatengrabi st,dai st deutscheErde; denn sie ist getränkt mit deutschem Blut. So umgeben sie die Heimat, für die sie fielen, mit einem dichten, viel hun derttausendfachen Kranz, von Flanderns Küsten bis hinab vor Belfort, von den dunkelrauschenden Wäldern am Strand des Baltischen Meeres durch Rußland hindurch bis tief, tief hinab nach Arabiens Wüsten, wo schon längst der Wind jede Spur eines deutschen Soldatengrabes verweht hat, und von den einsamen, kahlen Bergen Mazedoniens bis zu den gelben Fluten des Tagliamenw. Und hunderttausendfach sind die Gräber hier in der Heimat. Gedenken wollen wir nicht nur derer, die erst im Lazarett den Opfertod für das feindumbrauste Vaterland starben, sondern auch aller jener, die nicht durch ein feind liches Geschoß von unserer Seite hinweggerissen wurden, nein, dw klaglos und stumm dahinschwanden, getroffen von viel heimtückischerem Geschoß, durch die Hungerblockade. Wir alle, alle in Deutschland haben ein Grab, einen Toten, an den wir denken in den zwei Minuten, vielleicht sind es mehr, sind es viele Tote. Aber viele dort draußen sind vergessen; niemand ist mehr da» der ihrer gedenkt. Menschenschicksal! Doch einst tönte auch an ihrem Grabe das: „Ich Haft' einen Kameraden." „Kamerad" — auch dies Wort schuf der Krieg, und schaudernd ging er durch die Seele, jener gräßlichste Ruf: „Kameraden, helft! Wollt ihr mich denn liegen lassen, Kameraden?" Uuvhörte Heldentaten freiwilliger Helfer hat dieser Ruf ausgelöst. Viele, viele haben das eigene Leben restlos eingesetzt, um die höchste Pflicht der Kamerad schaft zu erfüllen, den verwundeten Kameraden zu retten. Gellt uns auch jetzt nicht oft genug dieser Ruf ins Ohr? Haben wir denn jetzt, wieder im Kampf um die Heimat, die Kameradschaft vergessen? Steht nicht Volks genosse gegen Volksgenosse? Hebt nicht so manchesmal ein Deutscher die Waffe gegen einen Deutschen, mit dem er viel leicht draußen im Felde Schulter an Schulter stand, alle für einen und einer für alle?! Soll denn nach den zwei Minuten alles wieder sein, wie es in den letzten fünf Jahren war, Bruder gegen Bruder? Wenn jetzt die Glocken tönen, dann heißt's nicht nur „morruos süango", sondern auch „Vivv8 vovo", „die Le bendenrufei ch". Dann hetßt's nicht nur: Ich halt' einen Kameraden, sondern: Ich hab' viele, viele Kameraden, alle, alle.dieSöhnedeutscher Erde sind! Das rufen uns Vie Wien Kameraden als Mahnung zu, uns, den Lebenden, damit wir der Toten würdig seien! eingesetzt werden, daß st ^etwas anderes nach Berlin zurückbringen als eine verschlimmerte Auflage «des Schmachfriedens von Ver- sailles. Feststellung deutscher Verfehlungen. Ein Schiedsgericht über der Repko. Je länger die Londoner Konferenz tagt — wenn «ran Vas, was sie treibt, überhaupt tagen nennen soll —, desto dunkler und verworrener wird ihr Bild. Nur ein Zug darin tritt Lar und deutlich hervor, daß nämlich die Fran zosen, wenn sie auch scheinbar hin und wieder eine Kon zession machen, halsstarrig bleiben; so halsstarrig, daß selbst die Getreuesten ihrer Getreuen, Lie Belgier, von ihnen abrücken müssen. Dabei wird jeden Tag ein anderes Problem in den Vordergrund geschoben; nach der Frage der Ruhrräumung zur Abwechslung die Ler deutschen Ver fehlungen. Es wird Ler Anschein erweckt, als ob da etwas zustande gekommen wäre; die erste Kommission — nicht etwa die Konferenz selbst — hat angeblich einstimmig fol genden französischen Vorschlag angenommen: „Es ist die Aufgabe der Neparationskomnnsfton, über jeden Antrag auf Feststellung einer Nichterfüllung emer Verpflichtung ans dem Friedensvertrag, aus dessen Ab änderungen auf Grund des Z 22 des zweiten Annexes und aus oem nawes-Plan vom 0. April 1924 eine Entscheidung zu treffen. In jedem Falle, in dem diese Entscheidung der Reparationsrommission auf Verwerfung oder Annahme des Antrages aus Feststellung der Nichterfüllung nur mrt Stimmenmehrheit gefällt wird, ist jedes Mitglied der Re- parationskommission, das an der Abstimmung teilgenom men hat, berechtigt, innerhalb einer Frist von acht Tagen nach der Sitzung, in Ler diese Entscheidung gefaßt wurde, Berufung einzulegen bei einem Schiedsgericht, das aus drei Mitgliedern besteht und dessen Entscheidung endgültig ,st. Die Mitglieder dieses Schiedsgerichts werden auf fünf Jahre ernannt, und zwar sollen sie un a b h än gi g e u n d unparteiische Personen sein. Diese Ernennung erfolgt entweder durch einstimmigen Beschluß der Repa rationskommission oder, wenn Einstimmigkeit Nicht zu er zielen ist, durch den jeweiligen Vorsitzenden des Schieds gerichtshofes im Haag. Der Vorsitzende des Schiedsge richts muß ein amerikanischer Bürger sein." Das sieht wie eine Konzession aus, sogar wie eme schwerwiegende, insofern die Berufung gegen Feststellungen der Repko zugestanden wird. Aber um welchen Preis? Die Repko, in Ler die Franzosen das Übergewicht haben, sollauchfürdieAuslegungdes Da w e s- Planeszuständig sein. Die obere Instanz mit einem Amerikaner an der Spitze, wäre ja an sich wünschen,wert. Nur hat die Sache einen Haken. Nach früheren M aen itt eS keinesweas ausaekblossen. dak die Amerikaner