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ksckiolismus. Erlebnis von CurtSeibert. Eines Abends, ich war ganz besonders harmlos auf gelegt, betrat mein Freund Casimir meine Wohnung und behauptete, wir müßten Antennen bei mir anlegen. Nicht an mir selbst, denn das sei zwecklos, aber im Zimmer, und zwar Radio. »Das ist verboten," sagte ich. Aber damit hatte ich kein Glück. Casimir meinte, erstens sei das egal, zweitens zwecklos, denn er habe die anderen schon bestellt. »Die anderen . . fragte ich entsetzt. »Gewiß, ein paar Bekannte von mir, einen Ingenieur^ seine Braut und einen Herrn Globus." »Wer ist denn das?" „Nun, der Ingenieur ist ein Ingenieur, wenn er sein Examen gemacht hat, und feine Braut heiratet er, wenn er Ingenieur ist, und Globus ist ein dickes gemütliches Faß, das niemals stört und nichts verdirbt." In diesem Augenblick kamen sie auch schon. Die Apparate brachten sie mit. Wir begrüßten uns und machten es uns sozusagen bequem, das heißt, die Braut begann vier Dutzend Apfelsinen zu schälen, die sie mit gebracht hatte. Casimir begann mit Globus zusammen die Möbel durch das Zimmer zu tragen und alle radiofeind lichen Gegenstände aus Metall, wie Rauchtisch, Schreib maschine und einige Stahlfedern, vom Schreibtisch zu ent fernen. Der Ingenieur trank zwei Kognaks, dann er klärte er. „Der heutige Abend ist besonders günstig, da zum erstenmal die große Operettenneuheit „Die Mädels vom Limboso" auf radiotischem Wege verbreitet werden wird mit dem bekannten Schlager: „Am Limboso, am Limboso, Da sind die Mädels gar nicht so!" »Könnten wir nicht lieber den Tannhäuser oder ein gutes Konzert. . .," regte ich schüchtern an. Aber ich wurde abgewiesen. Solche veralteten Sachen ausgerechnet durch Radio zu hören, sei geschmacklos. Viel wichtiger sei, ob ich ein Bett hätte. Da ich nicht in meiner eigenen Wohnung geschmacklos wirken wollte, trotz dem aber über ein Bett verfügte, öffnete ich die Schlaf kammer. Der Ingenieur deckte das Bett auf, bohrte mit dem Messer ein Loch in die Matratze und steckte einen langen Draht hinein. Einen anderen befestigte er an der Hängelampe. Dann setzte er sich an d-n Tilch und drehte an dem Sucher. uarde, zu betragen hat. Owen Müng wird am Donners tag in Berlin sein. * Auflegung der Anleihe am 15. Oktober. Nach Mitteilungen aus London wird die deutsche An leihe gleichzeitig in Newyork, London und auf dem Festlande mit Einschluß Deutschlands am 15. Okto ber zur Zeichnung aufgelegt werden. Die Anleihe werde mit etwa 8 A verzinst werden. Amerika werde die Hälfte der Gesamtsumme aufbringen, England zwei Fünftel und das Festland ein Zehntel. Es herrsche kein Zweifel über den Erfolg der Anleihe, die in London von der Bank von England aufgelegt werden wird. 5 Meine Nachrichten j Aufschub für die Räumung. Mainz, 2. September. Das „Echo de Rhin" das offiziöse Organ der Rheinlandkommission, veröffentlicht folgende Mit teilung: „Wie wir erfahren, scheint für die militärische und wirtschaftliche Räumung von Dortmund und Hörde mit Rück sicht auf die für die Übergabe der Geschäfte der Micum und die Liquidation der laufenden Angelegenheiten erforderliche Zeit ein Aufschub von 4 bis 10 Wochen notwendig zu sein. Die französischen Truppen werden also diesen Teil des Ruhr gebietes nicht vor diesem Zeitraum räumen. Freiherr von Perfall gestorben. Köln, 2. September. Der bekannte Romanschriftsteller Karl Freiherr von Persall ist im Alter von 73 Jahren ge storben. Kein Grenzpassicrscheinzwang für Kraftwagen und Motor räder mehr. Essen, 2. September. Die Handels- und Jndustriekammer zu Essen teilt mit: Wie wir von zuständiger Seite erfahren, wird der Grenzpassierscheinzwang für Kraftwagen und Motor räder in der Nacht vom 9. zum 10. September, 12 Uhr, aufge- Loben. Der Eiffelturm als Regierungsstation. Paris, 2. September. Von jetzt ab ist die Funkensiation auf dem Eiffelturm ausschließlich für die Dienste der Re gierung reserviert. Die Ravtokonzerte des Eiffelturms finden .nicht mehr statt. Macdonalds Hoffnungen. London, 2. September. Aus den Äußerungen Macdonalds vor seiner Abreise nach Gens, die heute früh erfolgte, teilt Reuter noch mit: Der Premierminister sagte, seine Anwesen heit in Genf sei ein Zeugnis seines Vertrauens, daß der Völkerbund ein gutes Werk verrichten könne. Er äußerte die Meinung, daß das Schiedsgerichtsverfahren, besser als der Garantiepakt, die Lösung aller internationalen Konflikte her beiführen würde. Die Lage in China. London, 2. September. Wie aus Shanghai gemeldet wird, bewegen sich die Truppen des Marschalls Chi an der Eisen bahn Shanghai—Nanking in der Richtung auf die Forts von Woosung. Die Ausländer sind gewarnt worden, ihre Sommer wohnungen in Hokonshang vor Wochenende nicht zu verlassen. Spanische Verstärkungen nach Marokko. Madrid, 2. September. Nach einer offiziellen Bekannt machung der spanischen Regierung sind sieben neue Bataillone nach Marokko entsandt worden. Todesstrafe für Diebstahl. Vor dem Revolutionstribunal in'Moskau fand die Verhandlung gegen die Vertreter der Sowjetintendanz des Tscheljabinsker Verpslegsmagazins Wassiljewitsch, Butusow und Nowikow statt. Die Angeklagten wurden in wiederholten Fällen des Diebstahls überwiesen. Das Tribunal verurteilte alle drei Beamte zum Tode durch Pulver und Blei. Das Urteil wurde sofort vollstreckt. Die Seidendiebstähle der Prinzessin Galitzin. Das Gericht in Paris verurteilte die Gattin des Prinzen Nikolaus Galitzin zu zwei Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe, weil sie aus frischer Tat beim Diebstahl von Seidenstoffen in einem Pariser Warenhaus ertappt wurde und man bei einer Haussuchung eine Menge gestohlener Stoffe fand. Die Prinzessin ist durch größte Not zu den Diebstählen veranlaßt worden. Welt unck Cftsfen. Fortschritte der deutschen Optik. Die deutsche optische Jn- vustrie, deren Erzeugnisse von jeher in der ersten Linie aus dem Weltmarkt stehen, hat in letzter Zeit wieder eine Reihe be- deutender Fortschritte zu verzeichnen. U. a. stellt sie jetzt eine kleine Kamera (Plartenformat 4,5X6) her, die es infolge ihrer enormen Lichtstärke ermöglicht, Momentaufnahmen auch bei gewöhnlichem künstlichen Lichte (z. B. Lheatervorsührungen auf offener Szene) zu machen, was bis her unmöglich war. Auch Zwergkameras werden her- gestellt, deren Plattenformat 18X24 Millimeter beträgt lEinzelbildgröße des Kinofilms), und die man ganz bequem in der Westentasche unterbringt. Die Platte der größten zurzeit gebräuchlichen Apparate bedeckt 80X100 Zenti- Meter, beinahe also einen vollen Quadratmeter. Wohnsitze aus der Steinzeit. Ein schwedischer Geologe hat in China Wohnplatze aufgedeckt, die aus der Periode des Überganges vom Steinzeitalter in die Bronzezeit stammen. Unter den stetnzeitlichen Gefäßen aller Art fanden sich auch Tongefüße, deren geometrische Muster sich mit denen der keramischen Funde von Anau in West-Turkestan und Susa ver- gleichen lassen. In Kansu, der am meisten nach Westen vor geschobenen Provinz, wurden neben Kupfergeräten Tonscherben mit reihenweise angeordneten Vogelornamenten gefunden, zu denen die Parallelen ebenfalls, in Westasien sich finden Man darf danach annehmen, daß vor fünf Jahrtausenden in Asien und Europa eine einheitliche Kultur herrschte. s Hus unserer Heimat 1 Wilsdruff, am 3. Sepember 1924. Merkblatt für den 4. September. Sonnenaufgang 5" Mondaufgang 11" V. Sonnenuntergang 6« l! Monduntergang 9" N. 1824 Komponist Anton Bruckner geb. — 1870 Proklamie rung der dritten französischen Republik. — 1907 Komponist Edward Grieg gest. — 1918 Dichter Max Dauthdendey gest. Regen und kein Ende. Seit Wochen leiden wir nun schon an unbeständiger Witterung. Der Wind weht fast un-aus- gchetzt aus dem regendringenden Westen. Nur am vergangenen Sonntagvormittag kam der Wind, aber nur eine Stunde lang, einmal aus Osten. In unserer Gegend ist zwar die Getreideernte größtenteils geborgen; aber traurig stehts für die höheren Lagen, für unsere Gebirgsgegenden, wo die Ernte erst ihren Anfang nimmt. Die Witterung hat nur den Vorteil, daß ein außerge wöhnliches Wachsen von Waldpilzen zu verzeichnen ist. Ein Hausierer, der auf diese Weife seine Pilze nicht abfetzen konnte, hielt gestern nachmittag an unserem Rathaufe feil, sand aber j wenig Abnahme. Möge der H immel bald eine Wendung bringen, s damit die reichlich zu erwartende Kartoffelernte nicht zu Grunde geht. Fahrraddiebstähle. Gestohlen wurde mittels Einbruchs in der Nacht zum 30. August inGrumb a ch ein Herrenrad Marke Hähnel Nr. 89 753, sowie in der Nacht zum 2. September in Kesselsdorf Äenfalls mittels Einbruchs fünf Herren-Fahr räder Marke „Wanderer", Nummer unbekannt, Marke „Opel", Nummer unbekannt, Marke „Komet", Nummer unbekannt, Marke „Widekind", Nr. 17 535 oder 17 335, und Marke „Pri mus" Nr. 92 220. Dies sind innerhalb der letzten drei Wochen in der Umgegend neun Fahrräder und ein Motorrad, desgleichen auch in Br ann sdo rf und Oberhermsdorf fünf Fahr räder. Mem Anschein nach find hier gewerbsmäßige Fahrrad marder am Werke, deshalb sorge jeder für sicheren Verschluß. Etwaige Mitteilungen über die gestohlenen Räder erbittet die Gendarmerie. Das Züchtigungsrecht der Volksschullchrer. Ersatzmass nahmen für das beseitigte Züchtigungsrecht in der Volksschule hatte die diesjährige Vertretevverfammlung der Lehrerschaft Sach sens in Bautzen gefordert. Das Volksbildungsministerium hat nun gemeinsam mit dem Arbeits- und WMahrtsmlnOermm zu den Forderungen Stellung genommen und ist zu folgendem Ent schluß gekommen: Der geforderte Ausschluß sittlich verwahrloster Kinder vom BHuch der Volksschule ist bereits durch das Aeber- gangsminifterium vorgeschrieben und erfolgt auch! stets dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Erleichterung der Anordnung der Fürsorgeerziehung erscheint mit Rücksicht auf deren schwerwiegende Bedeutung für die Zukunft des Kindes nicht Weckmäßig Dagegen ist feit dem 1. April 1924 die Ver hängung einer 'Schutzaufsicht ermöglicht; in Verbindung mit einer Pflegschaft wird es möglich fein, sittlich verwahrloste Kinder bei Verhängung der Schulaufsicht aus ihrer bisherigen Umgebung zu entfernen. Der 'Anregung, für fchwer erziehbare, häuslich ver nachlässigte, sittlich gefährdete und der Verwahrlosung ausgesetzte Kinder besondere heilpSdagogische Maßnahmen zu treffen, hat das Arbeits- und Wvhlfahrtsmimsterm zugestimmt. Nach Verab schiedung des Wohlfahrtspflegegesetzes wird es möglich fein, 'den auf Grund dieses Gesetzes in einer Hand vereinigten Erziehungs anstalten des Staates sowie der Fürsorgeerziehungsanstalten der bisherigen Fürsorgeverbände zu diesem Zwecke für die einzelnen Aufgaben der Fürsorgeerziehung sowie für besondere Gruppen erziShungsbedürstiger Kinder umzustellen. Diese Umstellung soll bindend vorgeschrieben und in der Praxis auch durchgeführt wer den. Wegen der geforderten Ucbernahme der Kosten auf die Staatskasse ist eine Aenderung des Schukbedarfsgesetzes erforder lich. Achnliche Gesuche des Sächsischen und Leipziger Berufs- schulvereins hat das Ministerium der Regierung zur Berücksich tigung überwiesen. Es erkennt die fachliche Berechtigung des Antrages und prüft gegenwärtig, in welcher Weise trotz der finanziellen Bedenken ihm entsprochen werden kann. Keine Herabsetzung der Fernsprechgebühren. Entgegen an derweitigen Mitteilungen erklärt die Reichspostverwaltung, daß- zunächst von einer Herabfetzüng der Fernsprechgebühren keine Rede ist, ebenso wenig von einer Aenderung der lokalen Ge sprächsgebühren durch die Wiederaufnahme de sfrüherren Sy stems. Im kommenden Herbst sollen indessen alle diese Fragen nochmals erörtert werden. Schluß der Dresdner Iahresschau erst am 28. September. Um vielfachen 'Irrtümern zu begegnen, sei nochmals darauf auf merksam gemacht, daß die Textilausstellung am 28. Septebmer schließt. Bis zu dem Tage bleibt die gesamte Ausstellung in ihrer Vollständig sichen. Erfreulicherweise kann sestgestellt werden, daß das Interesse der Besucher ständig zunimmt. So konnten am vergangenen Sonntag allein etwa 18 000 Besucher gezählt wer den. Auch die Lotterie gewinnt erhöhtes Interest«, da gerade in diesen Tagen wieder ein Hauptgewinn von 2 00 Mk. von einem Löhrer aus dem Erzgebirge gezogen wurde. Wo müssen Pässe für Auslandsreisen visiert werden? Die preußische Gesandtschaft in München ersucht den Amtlichen Presse dienst, auf Grund der dort gemachten monatelangen Wahrneh mungen, alle Interessenten auf die große Unkenntnis hinzuweisem, die allerorts darüber herrscht, wo die Pässe, die als Ausweis für Reisen ins Ausland dienen sollen, visiert werden müssen. In der dortigen Dienststelle trete diese Unkenntnis ganz besonders in Erscheinung, wenn es sich um Reifen nach Italien handelt. Es ist deshalb dringend nötig, daß jeder, der eine Reise ins Aus land beabsichtigt, sich merkt, daß die Pässe grundsätzlich bei dem Konsulat des Zieilandes visiert werden müssen, in dessen Amts bezirk der Reifende seinen Wohnort oder dauernden Aufenthalt hat. Jeder Reifende, gleichviel aus welchen Gründen er das Ausland aufsuchen will, läuft Gefahr, bei den nicht zuständigen Konsulaten mit seinem Ansuchen abgew'esen zu werden. Keine evangelischen Gewerkschaften. In der Presse war von Bestrebungen die Rede, die den christlichen Gewerkschastem amgehörenden und mit ihnen im Deutschen Gewerkschaftsbunde vereinigten evangelischen Arbeitnehmer- und Angestelltenkrekfe zu besonderen evangelischen' Gewerkschaften zusammenzuschließen. Die kürzlich in Bethol-Bielefeid abgehaltene evangelisch-soziale Führertagung hat gegenüber solchen' Bestrebungen „aus Grün den -des Arbeiter- und Staatsinteresses" eine entschiedene Absage ergehen lassen. Wirtschaftliche Interessen seien nicht nach kon- Monellen Gesichtspunkten zu vertreten, die Interkonfessionalität der christlichen Gewerkschaften fei gerade ihr stärkstes Fundament. »Jcy yore MMs," sagte der dicke Globus, der sich tief in meinen neuen Klubsessel gesetzt hatte, auf dessen Lehns Casimir lag. „Sie müssen einen Kopfhörer umnehmen," sagte ich. Herr Globus tat dies auch, behauptete aber, ohne dieses Instrument besser zu hören, und unterhielt sich wieder mit der Braut, die ihn lebhaft Zu interessieren schien. „Natürlich müssen wir abstimmen," meinte der In genieur, „das ist nicht so einfach." Und er drehte an dem Sucher. „Ich habe das Gefühl, als hörte ich etwas," sagte er nach einer Weile. Aber es war nur das Lachen seiner Braut, der Globus eben einen guten Witz erzählt hatte. Dieser band sich ein Stück Kupferdraht an das linke Ohr, hielt sich ein Tablett auf den Kopf und sagte: „Ich höre nichts." Lasimir stellte an Hand der Zeitung fest, daß das Stück schon lange begonnen habe, es konnte also nur an der Leitung liegen. Plötzlich sprang der Ingenieur auf. „Ihre Lampe ist ja bronziert. Das geht nicht." Er schraubte den Draht ab, lief in den Gang zum Gasometer und verband diesen mit seiner Antenne. Wir hörten angestrengt, vernahmen manches lustige Geräusch von der Straße, aber in den Hörern regte sich nichts. Casimir spielte mit zwei Drähten, die' er von der Erde aufgelesen hatte, und kitzelte Globus damit an den Füßen, um zu sehen, ob der lachen würde. Jener tat das aber nicht, sondern sagte nur in gewissen Abständen: „Ich höre nichts." Plötzlich begann sich in den Hörern etwas zu regen. Wir hatten es beide gleichzeitig vernommen und hoben die Hände beschwörend hoch, damit größte Ruhe eintrete. Ganz leise, undeutlich, in weiter Ferne vernahmen wir ein Geräusch. Krächzend und kratzend, undeutlich, aber immerhin ein Geräusch, das war nicht abzustreiten. „Das muß die Arie aus dem zweiten Akt sein,* meinte der Ingenieur und begann seine Antenne zu ver stärken. Aber es blieb ein Geräusch, Musik wurde es nicht. Globus, der Casimir erschrecken wollte, trat nach hinten mit den Füßen aus, verlor die Balance, fiel vom Sofa, halb vom Sessel — er hatte auf beiden Möbeln zu gleich gelegen — und riß dabei an den Drähten, die Casimir in der Hand hielt. Das Ergebnis war, daß er uns beiden die Kopfhörer herunterzog, und nun fchlug er, auf der Erde sitzend, eine ganz unglaubliche Lache an. Er hielt beide Drahtenden in die Höhe und rief immer wieder: „Ich höre nichts, ich höre nichts." - ' Und nun stellten wir fest, saß wrr vergessen yanen, die Hörer an die Antenne anzuschlisßen. Schnell machten wir die Schrauben auf, schoben die Kupferenden durch und siehe da, sofort hörten wir klar und deutlich, wie der An sager von der Sendestation sagte: „Ich hoffe, meine Herr schaften, die Vorstellung hat Ihnen gefallen! Fortsetzung morgen abend." „Eins möchte ich nur wissen," meinte der Ingenieur, während er seine Apparate einpackte, „woher die Töne kamen, die wir vorhin ohne Zweifel vernommen haben?" „Ich glaube," sagte Casimir, „das Geräusch war ich. Ich habe nämlich mit den DrahtendeL dauernd Globus an den Schuhsohlen aekratzt." ?ver Msnn mit ürm Piston. Man findet in der Berliner Stadtbahn manchmal merkwürdige Reisegefährten, Menschen, die einen gewisser, maßen mit Gewalt ablenken von der Lektüre eines Buches oder einer Zeitung, die den Leerlauf der Gedanken des Reisenden unterbrechen, sie zusammenballen und ihnen Wege weisen wollen in ein Land, zu dem man doch nie- mals den Zutritt erlangt. Es ist so, als ob das Schicksal eines Menschen sich ganz dicht an das Herz des erschreckten Beobachters schiebe, als ob unterirdische Töne, die irgendwo tief in der Brust kaum vernommen schweben, nun mit einmal ganz laut an schlagen. Meistens find es Menschen, die nichts Prägnantes oder gar Provozierendes an sich haben, die still sind, er- geben in ihr Schicksal und ruhig, und die doch die Ge danken aufrühren. Man sieht jetzt so häufig in der Stadtbahn Gestalten des Elends mit ein paar Lumpen um ausgemergelte Glieder auf der Fahrt nach Arbeit und Verdienst, und doch regt und rührt sich nichts besonderes in einem und reißt am Gewissen. Mein Gott, die meisten von uns haben eben die stets hilfsbereite Redensart bei der Hand: „Ja, das Elend ist groß!" Aber dann steigt eines Morgens um ein halb acht Uhr tn das Abteil des Stadtbahnwagens, das voll ist von Menschen, die in Bureau und Berus eilen, ein alter Mann mit schütterem, weißem Haar, schleppenden Schritts und mit zittrigen Bewegungen der Beine und der Arme. Unter dem Überzieher, der zwar noch nicht schäbig und schadhaft, aber abgeschabt ist, schaut ein schwarzer Anzug hervor, der blankgescheuert ist. In der Hand hält der Mann ein Vision in einem schwarzen Überrua. der so