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Die Sachsen-Zeituno enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Weihen, des Amtsgerichte und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffen «. a. Slak/o-rs/e VssesMMS M LMSM/Ws/k, Sie-Sachsen-Zeitung- erschein« tSglich nachmittag» L Uhr für den folgend«, Tag. Begug»Pr»is : Vei Abholung in den Geschäftsstellen und Ausgabestelle« Mark im Monat, bei Zustellung durch die Bote» Mark, bei Postbestellung Sa- MköwM VaM/a// rm- Geschäftsstellen nehmen — . jederzeit Bestellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Kneg oder s.'nstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Portp deiliegt. SLMkwm, Swmle, K/M-M/e v. ArSe/Zer Anzei,enprris: »i- 8,^p«II««««mi>n,M« S0Gol»,s«>«iig, di- rz-sp.lt-urg-U« »« -»llich«nO-K°n»tmachrm,»7iL0<S»»» pscxnig, di« S,-sv«I>-n« R-dlamej-ilc t» i-ztlich-n Teil« drr Zeilung l«> Dol»pfe»ni,. RachweisungsgedShr 2« <va»- S"e?/rw/.- 6 annahme bis vormittags 10Uhr. — — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Bettag durch Klag« eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen auch «Le Vermittlungsstellen entgegen. Nr. 35 - 83. Jahrgang. Tel.-Adr.: ,Sachsenzeitung- Wilsdruff-Dresden. Postscheck: Dresden 2S4V Sonntag 10. Februar 1924 AWWWWWWAMNWWWWLWWUM Vie deutsche AM. Von Dr. jur. R. Schaller. 1. Teil. „Mit -dem alten ruhmreichen Heere hat Preußen-Deutschland sein bestes Volkserziehungs- mittel und denjenigen starken Schutz verloren, ohne den ein Staat den Stürmen der Weltgeschichte auf die Dauer nicht standhalten kann." von Hindenburg. Ein« eiserne militärische Erziehung hatte unser Volk aus Zerrissenheit, Ohnmacht und Elend zu Einheit, Macht und Wohlstand emporgesührt. Diese Macht- und Kraftquelle zu ver- mchten, die deutsche Wehr zu zerschlagen, war das oberste Kriegsziel unserer Feinde, der offenen jenseits der Grenzen, der geheimen und unsichtbaren im Lande. Sie haben ihr Ziel er reicht. Was nach dem Waffenstillstands, den Herr Erzberger im Walde von Compiegne mit den feindlichen Generalen abschloß, noch zu tun übrig war, das vollendeten die Wirrnisse der Revo lution und schließlich das Schanddiktat („der Frieden") von Ver sailles, der am 28. Juni 1919 von dem Zentrumsmann Dr. Bell »nd dem Sozialdemokraten' Hermann Müller für Deutschland Unterzeichnet wurde und nunmehr in der Stärke eines ganzen Buches deutsches Reichsgefetz ist (abgedruckt unter dem 16. Juli 1919 im Reichsgesetzblatt S. 687 bis 1849). Es ist im höchsten Grade befremdlich und zu bedauern, Hatz der Inhalt jenes mephistophelischen Eeistesproduktes nur ganz wenigen Volksgenossen im Einzelnen bekannt ist. Und doch ist diese Kenntnis unentbehrlich. Nur so wird auch dem verblendetsten Parteimanne der Fanatismus und der jeder Versöhnungspolitik' entgegenstehende Vernich- tungswille der Herren „Alliierten und Assoziierten" deut lich, und nur so können wir über den gegenwärtigen Zu stand der feigen Würdelosigkeit, der Stumpfheit und «Schlappheit hinweg wieder zu innerer Einkehr und Um kehr, zu nationalem Bewußtsein und zum Willen der Selbstbefreiung gelangen. In einem besonderen Abschnitt des Diktats — „Teil 5" — sind die „Bestimmungen über Land Heer, Seemacht, Luftfahrt" enthalten (S. 919—971); am Kopse steht der Satz: „Um die Einleitung einer allgemeinen Rüstungsbe schränkung aller Nationen zu ermöglichen, verpflichtet sich Deutschland, die im folgenden medergelegten Bestimmun gen über das Landheer, die Seemacht und die Luftfahrt genau einzuhalten." (!!) In den nun folgenden Artikeln ist bis ins Kleinste aus- »eführt, in welcher Weife die deutschen Streitkräfte zu Lande und zur See demobil zu machen und herabzufetzen sind, welche Kriegsschiffe wir behalten dürfen und welche wir abzuliefern haben, was uns an Bewaffnung, Munition und Material noch »u besitzen erlaubt ist, welche befestigten Anlagen, Festungen und festen Plätze abzurüsten und zu schleifen sind. Die uns ge statteten sieben Infanterie- und drei Kavalleriedivisionen — so heißt es weiter — sind nach einer „angefügten Uebersicht" »u bilden; die Zahl und Stärke der Einheiten an Infanterie, Artillerie, Pionieren, technischen Dicnstzweigen und Truppen, welche jene Uebersicht vorsieht, bedeuten Höchststärken, die nicht überschritten werden dürfen. Der deutsche große Generalstab und alle andern ähnlichen Formationen werden aufgelöst und ^ttrsen, unter keiner Gestalt neu gebildet werden; die Zahl der 3?urvachter Gendarmen usw. darf nur im Verhältnis der seit 19r8 eingetretencn Bevölkerungszunahme vermehrt werden. Die allgemeine Wehrpflicht wird in Deutschland abgeschafft. Das deutsche Heer darf nur im Wege freiwilliger Verpflichtung ausgestellt und ergänzt werden (Art. 173). Unteroffiziere und Gemeine verpflichten sich für eine ununterbrochene Dauer von zwölf IuhE. Die Offiziere, die in der Armee bleiben, müssen sich verbindlich machen, wenigstens bis zum Alter von 45 Jahren -u dienen; die Offiziere, die neu ernannt werden, haben wenig stens 25 Jahre hintereinander Dienst zu tun. Es dürfen nur noch diejenigen Militarismen Schulen bestehen, die für den Offiziers ersah der zugelassenen Einheiten unumgänglich nötig sind. Jede Waffengattung hat eine Schule. Es werden des halb im übrigen alle Kriegsakademien sowie die verschiedenen Militärschulen sür Offiziere, Osfiziersaspjranten, Kadetten, Unteroffiziere oder Unteroffiziersschüler ausdrücklich aufge hoben. Unterrichtsanstalten, Hochschulen, Kriegervereine, Schützen gilden, Sport- oder Wandervereme, überhaupt Vereinigungen jeder Art, ohne Rücksicht auf das Alter ihrer Mitglieder, dürfen sich nicht mit militärischen Dingen befassen (Art. 177). (!!) Es ist ihnen namentlich untersagt, ihre Mitglieder im Waffenhand werk oder im Gebrauch von Kricgswassen auszubilben oder zu üben oder ausbilden oder üben zu lassen. (!!) Diese Vereine, Gesellschaften, Unterrichtsanstalten und Hochschulen dürfen in keinerlei Verbindung mit den Kriegs ministerien oder irgend einer militärischen Behörde stehen. Alle Mobilmachungsmaßnahmen oder solche, die aus eine Mobilmachung Hinzielen, sind untersagt. In keinem Faue dürfen bei Truppenteilen, Behörden oder Stäben Stämme für Er gänzungsformationen vorhanden sein (Art. 178). Deutschland verpflichtet sich, in keinem fremden Lande lrgend eine militärische Mission zu beglaubigen sowie zu ver- Jas BM des „SWW" la SsW MWei. Ein gefallenes Andenken Liebmanns. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitung".) Leipzig, 8. Februar. Das von dem früheren sächsischen Minister des Innern Liebmann bei feinem Ausscheiden aus dem Amte am 1. Dezember erlassene Verbot sowie die Auflösung des „Stahlhelm" für Sachsen ist vom Staatsgerichtshof in feiner heutigen Sitzung aufgehoen worden. Der Kanzler spricht in Hildesheim. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Hannover, 9. Februar. Die „T.-U." erfährt, daß Reichskanzler Dr. Marx morgen Sonntag in einer Zentrums- Versammlung in Hildesheim als Redner erscheinen werde. Sollte der Reichskanzler verhindert sein, so hält Reichstags- abgeordneter Fleischer die Hauptrebe. Die RenLenmark in Gefahr? (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitung") London, 9. Februar. Nach einer eingegangsnen Mel dung der Berliner Berichterstatter englischer Blätter soll zur Zeit eine neue ernste Krise der Rentenmark ausgebrochen sein. Blättermeldungen aus Neuyork be sagen, daß die deutsche Anleihe durch den Zwischenfall erheblich beeinträchtigt wurde. Unwahre Gerächte. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Berlin, 9. Februar. In später Nachtstunde ging die Meldung ein, daß an der Neuyorker Börse das Gerücht um gehe, General Dawes habe den Vorsitz der 1. Sachverstän digenkommission niedergelegt. Von dem Bruder des General Dawes, Robert Dawes, ist aus telephonische Anfrage mitgeieilt worden, daß an diesem Gerücht kein wahres Wort ist. Kompromiß aber die dritte Steuernot- verordnuag. (Eigener Ferntprechdienst der „S a ch s e n-Z e itu n g".) Berlin, 8. Februar. Wie die T.-A. aus parlamentarischen Kreisen hört, wird nach dem Verlauf der Verhandlungen des Fünfzchner-Ausschusses zunächst das Kabinett sich mit den Aus- schußeschlüssen beschäftigen und danach ist zu erwarten, daß man Kompromißverhandlungen einleiten wird, die voraussichtlich erst am Sonnabend stattfinden können. Poineare an Hösch. (kizener Fernsprechdienst de,r „Sachsen-Zeitun g".) Paris, 8. Februar. Poincars hat dem deutschen Bot schafter Herrn von Hösch mitteilen lassen, daß er ihn am Sonn abend nachmittag empfangen werde. Herr von Hösch ist beauf tragt, den Anfang Januar unterbrochenen Leutsch-französischen Meinungsaustausch wieder aufzunehmen. Der Freitagssturm irr der französischen Kammer. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Paris, 9. Februar. In der gestrigen Kammersitzung nahm die Kammer die Diskussion über den Schlußsatz des Ar tikels 1 auf, der bestimmt, daß Lie von der Regierung zu ver ordnenden Aenderungen betreffend die Verwaltungsresorm und Einschränkungen binnen 6 Monaten dem Parlament zu unter breiten sind, falls sie Aenderungen von bestehenden Gesetzen erforderlich machen. Der Abg. Klotz brachte einen Zusatzantrag ein, der die Anfügung einer Bestimmung verlangte, wonach die Ersparnisse keinesfalls den 3. Abschnitt des Heeresbudgets, der Flottenprogramme und Marinereserven in Mitleidenschaft ziehen dürfen. Poincarö forderte die Kammer auf, was Lie nationale Verteidigung anbelangt, dem Vertrauen der Regierung zu über lassen und den Antrag Klotz abzufetzen. Der Abg. Hoberi hielt ein schleuniges Vertrauensvotum für das beste Mittel, die natio nale Verteidigung zu stärken. Infolge einer Diskussion zwischen dem Abg. Tapomier und Denis kam es zu einem Tumult, den- der Präsident mit Mühe beilegte. Der Lärm brach wieder los, als der Abg. Tamponier sagte, Senator Humbert habe seit 1914 festgestellt, daß man nicht bereit gewesen sei, den Krieg zu führen. PoincarL ruft: „Was kann die Kammer von einer solchen De batte gewinnen!" Kein Redner konnte sich Gehör verschaffen, nur Poincars verschaffte sich Gehör: Wenn die Diskussion an dauere, werde er den Saal verlassen. Da die Abgeordneten trotzdem ihre Diskussion fortsetzten, verließ Poincarö die Re gierungsbank, ihm folgten der Finanzminister und andere Re- gierungsvcrtreter. Der Präsident unterbrach um 4,10 Uhr di» Sitzung. Um 4,35 Uhr eröffnete er sie wieder und Poincars kehrte auf die Regierungsbank zurück. In heftiger Erregung er klärte der Kammervorsitzende: Ich möchte mich an unsere sämt- Kvllegen wenden und sie bitten, derartige Zwischenfälle zu ver meiden. Nicht nur Frankreich, auch das Ausland blickt auf uns. Der Abg. Tamponier verzichtete sodann auf die Fortsetzung seine» Ausführungen. Der Abg. Klotz erklärte: Die Worte und Geestm des Ministerpräsidenten genügen mir, ich ziehe meinen Antrag zurück. Darauf schritt das Haus zur Abstimmung über den Schlußsatz des Artikels 1, der mit 352 gegen 182 Stimmen an genommen wurde. Das Amendement des Abg. Lecquiu wurde mit 329 gegen 232 Stimmen zurückgewiesen. Der Vorsitzende teilte alsdann mit, daß ein Abänderungsantrag des Abg. Vallat vorliege, der verlangt, daß die Zahl Ler Ministerien eingeschränkt und die Entschädigungen für die Abgeordneten herabgesetzt werden. Poincars erklärte, er werde sich nicht auf die Dis kussion dieses Zusatzantrags einlassen. Er stellte die Vertrauens frage. In Ler Abstimmung wurde der Antrag Vallat mit 162 gegen 63 Stimmen abgelehnt. Sodann wurde der ganze Ar- tikä 1 mit 329 gegen 207 Stimmen angenommen. Schweres Lnwrnenunglück. (Eigener Fernsprechdienst der „Sa ch s e n - Z e it»n g".) Linz, 9. Februar. In Hieflau ging eine 300 Meter lange und 30 Meter breite Lawine nieder, die einen Personenzug und ein Fuhrwerk mit 4 Personen verschüttete. hindern, daß Reichsdeutsche das Staatsgebiet verlassen, um in das Heer, der Flotte oder den Lustdienst irgend einer fremden Macht einzutreten. Davon bleibt jedoch das Recht (!) Frank reichs unberührt, die Mannschaft seiner Fremdenlegion gemäß den französischen militärischen Gesetzen und Vorschriften zu er gänzen (!!) (Art. 179). Es ist Deutschland untersagt, irgend welche Kriegsschiffe zu bauen oder zu erwerben, es fei denn zum Ersatz der durch den gegenwärtigen Vertrag vorgesehenen und in Dienst gestellten Einheiten (Art. 190). Der Bau und der Erwerb aller Unterwasserfahrzeuge, selbst zu Handelszwecken, ist in Deutschland verboten. Die deutschen Kriegsschiffe dürfen nur die festgesetzten Mengen an Waffen, Munition und Kriegs material an Bord oder in Reserve haben (191, 192). Luststreitkräfte darf Deutschland weder zu Lande noch zu Wasser als Teil seines Heeres unterhalten. Zur Durchführung aller dieser Bestimmungen hat sich Deutschland der Aufsicht „Interalliierter Ueberwachungsaus- schüsse" unterworfen (Art. 203). Die deutsche Regierung hat die uns anbefohlene Entwaff nung restlos durchgeführt, für Lie Beteiligten eine beschämende und schmerzliche Arbeit. Aus Grenzjägerverbänden und Freiwilligenkorps wurde das neue deutsche Neichsheer, das zu haben uns gestattet ist, unter ileberwindung von außerordentlichen Schwierigkeiten auf gestellt und ihm im Wehrgesetz vom 23. März 1921 (Reichs- aefetzblatt S. 239—341) die rechtliche Grundlage geschaffen. Reichsheer und Reichsmarine bilden die Reichswehr, „die Wehrmacht der deutschen Republik", wie es im Gesetze heißt. Leber Gliederung und Befehlsverhältnisse, Standorte, Rechte und Pflichten in der Reichswehr soll in einem späteren Aufsätze berichtet werden. MöieulMbMe. Ein schweres Dezennium — Vergessen und glauben — Schwin del, nichts als Schwindel — Regsamkeit und Wettbewerd Ausverkäufe, Leinen-, Blusen- und Nestertage — Das Reichs gesetz vom 1. Juli 1886 — Magere Jahre, fette Wochen — Be ratungen, Reden, Beschlüsse und Worte — Zeitungen für die Masse — „Michel, horch. . Sieht man heute Lie großstädtischen Zeitungen und besonders deren Sonntagsnummern etwas genauer an, so könnte man fast vergessen, daß wir in den letzten Monaten des furchtbarsten Dezenniums leben, das Deutschland jemals durchzumachen ge zwungen war. Und könnte vergessen die Opfer von nahezu 2 Millionen Toten, die unter den Schlachtfeldern einer halben Welt begraben liegen, vergessen Las Heer der Krüppel und Sie chen, die als lebendige Beweise Ler ersten Hälfte dieses De zenniums heute noch unter uns einherhumpeln und in den Spitälern und Wohnhäusern, in notdürftigen Baracken und armseligen Siedlungen ihre nur halben Leben kümmerlich dahln- schleppen. Als ob die zweite Hälfte dieses fürchterlichsten aller Dezennien mit seinen schwersten wirtschaftlichen Noten, seinen von Woche zu Woche zunehmenden Arbeltslosenmassen, seinen inneren Zerfleischungen und von außen kommenoen Be drohungen und Bedrückungen aller Art, seinen politischen Zer würfnissen und seinem geldlichen Zerfall nur ein langer, böser Traum gewesen wäre! — Aber nicht nur vergessen könnte man all das, — nein, mehr noch, viel mehr: Wer den Dingen nicht bis auf den tiefsten Grund zu schauen vermag, der könnte neben all dem Vergessen auch noch etwas glauben: Er könnte glauben, daß Ler sich fast Lurch das eanze furchtbare Dezenn.um hindurchoezogene Notschrei der Presse, daß ihr „Erliegen unter dem schweren Drucke der Zeit", daß „ihr Kampf um die Er-