Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 12.03.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192403128
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240312
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240312
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-03
- Tag 1924-03-12
-
Monat
1924-03
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 12.03.1924
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
proress Wer und genossen, general von Lossow als Leuge. (Elfter Tag.) s. München, 10. März. Die dritte Woche des Prozesses begann mit einer neuen Verschärfung der.Kontrollmaßnahmen vor und in dem Gerichtsgebäude. Jede Person wurde beim Eintritt in den Gerichtssaal strengstens aus Waffen durchsucht. Eröffnet wurde die Verhandlung wieder mit Erklärungen der Verteidiger. Auf Ersuchen des Reichsjustizministe- riums wurde dann eine amtliche Feststellung verlesen, nach der der in der Presse genannte Untereofsizier Ebert tatsächlich kein Neffe des Reichspräsidenten ist- Zeuge von Lossow. Und nun erschien unter allgemeiner Spannung Otto von Lossow auf dem Zeugenstand. Der Vorsitzende richtete an den Zeugen folgende Worte: „Zunächst müssen Sie unvereidigt vernommen werden, weil Sie nach den äußeren Umständen im Bürgerbräukeller eine gewisse Be teiligung zu erkennen gaben, und weil, wie ich erfahren habe, nunmehr ein Ermittlungsverfahren ein geleitet worden ist. Selbstverständlich haben Sie das Recht, auf alle Fragen, durch deren. Beantwortung Sie sich der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aus fetzen, die Antwort zu verweigern." „Ich muß," so begann darauf der Zeuge, kurz Auf schluß über die politische Einstellung geben, die ich in den letzten Monaten vor dem 8. November hatte. Ich war im Sommer 1923 von befreundeter Seite aus dem Norden darüber orientiert worden, daß die Rettung aus den immer unmöglicher werdenden Verhältnissen in Deutscli- land erhofft werde von einem Direktorium, das die Zügel der Reichsregierung ergreifen sollte. Es handelte sich um ein rechtseingestelltes, rein nationales Direktorium mit diktatorischen Vollmachten, das unab- - hängig sein sollte ton parlamentarischen Einflüssen und parlamentarischen Hemmungen. Die Herbeiführung dieses Direktoriums war nicht gedacht durch einen Putsch. An der Spitze des Direktoriums sollte ein Mann sein, der einen Namen nicht nur in Deutschland, sondern auch im Ausland hatte. Eine erste Autorität sollt: Finanzen und Währung sanieren, eine andere erste Auto rität für die Ernährung sorgen, eine dritte die Staats betriebe in Ordnung bringen. Endlich sollte der gesamte Staatsapparat gesäubert werden in dem Sinne, daß das ganze Revolutionsgewinnlertum, das in den Veamten- körper eingedrungen war, restlos entfernt werde. Ferner war an sanierende wirtschaftliche Maßnahmen gedacht, an die Beseitigung des systematischen Achtstundcnarbeits- tages, an die Beseitigung des herrschenden Einflusses der Trusts und der Gewerkschaften. Ich bin der Ansicht, daß viel Unheil dem Deutschen Reich erspart worden wäre, wenn die verantwortlichen Männer in Berlin das Pro gramm, das für dieses Direktorium gegolten hatte, aus- geführt hätten, wie es in den letzten Monaten in Neinerem Maßstabe geschehen ist. Ich war mit der Idee dieses Direktoriums und mit dem Programm in jeder Beziehung einverstanden. Als das Generalstaatskommissariat ge schaffen wurde, wurde über diese Dinge gesprochen. Es stellte sich alsbald eine vollkommene Übereinstimmung in der Ausfassung des Herrn von Kahr und des Herrn von Seißer mit mir heraus. -Auf die drei Vorbedin gungen für ein Direktorium habe ich in den Besprechun gen, die ich damals hatte, immer wieder hingewiesen. Diese drei Vorbedingungen waren: 1. Die geeigneten Männer für das Direktorium, die Autoritäten in ihrem Fach sein müßten, mußten gesunden werden und willens sein, diese schweren Ämter zu über nehmen. 2. Das Programm für das Direktorium mu tte nicht nur in nebelhaften Umrissen, sondern gründlich durchgcarbeitet bestehen. 3. Schließlich mußten die Per sönlichkeiten, die für das Direktorium in Betracht kamen, die absolute Garantie geben, daß die Reichswehr geschlossen hinter ihnen stand. Das war die politische Einstellung, die ich hatte, und zwar in voller Übereinstimmung mit Kahr und S e i ß e r. Für dieses Programm setzten wir uns mit zu nehmendem Nachdruck ein, je mehr sich zeigte, daß die Maßnahmen, die dem Generalstaatskommissariat sozu sagen auf den Nägeln brannten, undurchführbar waren, wenn nicht etwas Durchgreifendes im Reiche geschah. Auf dieses Programm wurden schließlich sozusagen alle natio nalen Kreise in Deutschland eingestellt. Und aus r Zem Programm haben inzwischen Leute, die in politisäien und vaterländischen Verbindungen den Mund nicht weit genug aufreiben können, Leute, die in ihrem überhitzten Patrio tismus nüchternes Denken verlernt haben, und Leute, deren Triebfeder politischer Ehrgeiz war, das Schlag wort von dem „Marsch nach Berlin" gemacht. Dieses Schlagwort hatte für mich immer etwas Kindliches. Ich muß zu meinem Bedauern einige Worte sprechen über den Konflikt zwischen der baye rischen Regierung und der Reichsregie rung, der später unter dem Schlagwort: „Der Fall Lossow" Lärm machte. In der Nacht des 27. Septem bers, wenige Stunden, nachdem in Bayern der Ausnahme zustand verkündet worden war, wurde der Ausnahmen zu st and im Reiche beschlossen. Dieses Nachhinken hat mir damals den Eindruck einer kleinlichen Eifersucht gemacht. Später habe ich gehört, daß für diesen Reichs ausnahmezustand schon längere Zeit Vorbereitungen ge troffen waren. Allen anderen Neichswehrkommandeuren war davon Mitteilung gemacht worden; ich hatte kein Wort erfahren. Es wäre sehr leicht gewesen, mit Bayern! Vereinbarungen für den Neichsausnahmezuftand zu treffen, so daß es keinerlei Konflikte hätte geben können. Hier liegt die erste Schuld beiBerlin. Geßler er hielt die vollziehende Gewalt im Reiche und übertrug sie auf seine sieben Wehrkreisbefehlshaber. In Bayern war ich das. Wir hatten nun in Bayern glü^lich zwei Aus nahmezustände: Kahr als Generalstaatskommissar und ich als Reichskommissar. Schon am frühen Morgen begann ein lebhaftes Telephonieren von Berlin: „Lossow soll Kahr an die Wand drücken!" „Kahr muß sich ihm unterstellen!" Wie komisch wäre es gewesen, wenn am 27. morgens die großen Plakate von Kahr an den Wänden geklebt hätten/ Mrdj um 9 Uhr hätte Lossow plakatieren lassen müs^n? »Hier ist der Lossow, der will den Kahr beseittgcn!" Es war ein verhängnisvoller Fehler von Berlin, daß man vielfach rein politische Fragen durch den brutalen Zwang der militärischen Kommandogewalt lösen wollte. Das Verbot des Völkischen Beobachters brachte die ganze Frage ins Rollen. Vielleicht erinnert man sich, wie sich die Lage nun immer mehr zuspitzte. Schließlich erhielt ich den Befehl, mit Waffengewalt einzugreifen. Ich sollte dem bayerischen General staatskommissar inS Handwerk pfuschen. Dieser hätte ein derartiges Vorgehen als feindseligen Akt auffassen müssen. Ich hätte vor der Redaktion des Völkiscl^en Beobachters grüne Polizei gefunden und hätte sie mit Reichswehr be seitigen sollen. Ich wollte und konnte das nicht, und habe daher gemeldet: „Dieser Befehl ist unausführbar!" Am 20. Oktober wurde ich von meiner Dienststelle enthoben und aufgefordert, mein Abschiedsgesuch einzureichen. Ich war jederzeit bereit, zurückzutreten. Ich habe niemals in meinem Leben den Wunsch gehabt, mich aktiv politisch zu betätigen. Für mich war der ganze Konflikt ein Mar tyrium, dessen Ende ich von Tag zu Tag erhoffte. Die bayerische Regierung hat mein Abgehen nicht zugelafsen Für sie wurde der Fall zu einer Prestigefrage. Das Recht war auf feiten Bayerns. Die Situation wurde im letzten Moment leider in bösartiger Weise ver schärft durch ein unglückliches Telegramm der Reichsregie rung, das in der Nacht an sämtliche Kommandeure und Standortülteste gegangen war. In diesem Telegramm wurde der bayerischen Regierung Eingriff in die Reichs verfassung vorgeworfen und die Soldaten der 7. Division wurden aufgehetzt gegen die bayerische Regierung. Die 7. Division besteht nicht aus chinesischen oder sonstigen ausländischen Kulis, die vom Reiche bezahlt werden, sie besteht aus bayerischen Landeskindern, die ein Herz haben für hir Heimatland. Sie sind gut deutsch uud gut bayerisch, und für uns ist gut deutsch und gut bayerisch kein Ge- gensatz, sondern das eine ist ohne das andere nicht möglich. Was den angeblichen Befehl anlangt, daß die schwarzweißrote Kokarde beim bayerischen Teil der Reichswehr wieder einzuführen sei, so war das ein Wunsch, der mir nicht weniger am Herzen lag, als den An tragstellern selbst. Ich habe in den letzten Tagen immer wieder betont, daß der Kampf, der zwischen der bayerischen Negierung und der Reichsregierung ausgetragen wird, nicht um weißblaue, sondern um schwarzweißrote Inter essen geführt werde, und trotzdem mußte ich jetzt noch t avon absehen, das Tragen der schwarzweißroten Kokar den zu genehmigen. Ich mußte gerade jetzt, wo der baye rischen Reichswehr die vielen Vorwürfe gemacht werden, alles vermeiden, was als eine Trennung von der übrigen Reichswehr angesehen würde. Die Beziehungen zu Hitler. Nun kommt der Zeuge auf seine Beziehungen zu Hitler zu sprechen, dessen erste Bekanntschaft er am 20. Januar 1923 gemacht habe. „Im Laufe des Jahres 1923," so fährt er fort, „hat mich dann Hitler öfter aus gesucht. Die erste Welle seiner Besuche lag im Frühjahr 1923, die zweite Welle im Oktober. Die Initiative ging immer von Hitler aus. Ich habe ihn nie gebeten, mich aufzusuchen. Die bekannt^ Beredsamkeit Hitlers hat auch auf mich einen großen Eindruck anfänglich gemacht. Je öfter ich aber Hitler hörte, desto mehr schwächte siw der erste Eindruck ab. Ich merkte, daß die langen Rec-. fast immer Vas Gleiche enthielten, daß ein Teil der Aus führungen für jeden nationalen Deutschen selbstverständ lich war und daß ein anderer Teil Zeugnis davon ab legte, daß Hitler der Wirklichkeitsfinn und der Maßstab für das Erreichbare abgeht. Hitler hat bei' seiner ersten Vesuchswelle im Frühjahr 1923 nie etwas für sich gewollt und nur betont, er wolle Propaganda machen für den, der kommen solle. Für Hitler war das Leitmotiv: „Und der König absolut, wenn er unsern Willen tut!" Tat man ihm den Willen, so war es gut, wenn nicht, so stand man schlecht bei ihm im Kurse. So kam es zum 1. Mai. Und es ist nicht so, daß am 1. Mai das brave wohlerzogene Kind Hitler verhindern wollte, daß das schlecht erzogene Kind mit der Sowjetfahne herumspaziere, sondern so: „Wer ist der Herr im Staate? Hitlev oder der Staat?" Diese erste Kraftprobe endigle mit der Niederlage Hitlers, und damit war vorläufig das Tischtuch zwischen mir und Hitler zerschnitten. Er hielt sich für den deutschen Mussolini. Seine Ge folgschaft, die das Erbe des Byzantinismus der Mon archien angetreten hatte, bezeichnete ihn als den deut sch e n M e s s i a s. Es entstand der Plan, die Reichsdiktatur Hitler—Ludendorff in Bayern aufzustellen, von hier aus den Norden zu er obern und Deutschland zu sanieren. Das war im allge meinen das Programm, das mir von Hitler in jenen Tagen auch wieder zum Teil unter vier Augen, zum Teil in Gegenwart von Seißer und Berchem entwickelt wurde. Ich sollte für dieses Programm gewonnen werden. Hier für wurde alle Beredsamkeit aufgewendet. Ich habe da mals die Besuche Hitlers nicht abgelehnt. Wir haben viel mehr immer wieder den Versuch gemacht, ihn auf den Boden der Tatsachen zurückzuführen, weil wir den ge sunden Kern der Hitlerbewegung erkannt hatten. Die Darstellung, die Hitler hier in diesem Saale von unseren damaligen Besprechungen gegeben hat, ist zu einem recht großen Teile unrichtig. Geredet hat damals Hitler, ich habe sehr selten Fragen gestellt, und ich betonte ja schon, daß es im allgemeinen umsonst war, Einwendunaen zu machen. Lossow und Ludendorff. Zn Ludendorff hatte ich, als er nach München übergesiedelt war, nur gesellschaftliche Be ziehungen. Ich habe dabei mehrfach von ihm Ideen gehört, die Wir in großer Ausführlichkeit in diesem Saale gehört haben, also: Separationen, katholische Kirche usw. Ich habe diese Ideen bekämpft und glaubte, ein ge wisses Recht dafür zu haben, weil ich doch erheblich länger in Bayern gelebt habe und weil ich in meinem ganzen Leben — ich bin selbst Protestant — niemals auch nur den leisesten Konflikt mit Katholiken hatte. Am 3. Oktober v. I. Vin ich nach sehr langer Panse insolge Truppenbesichtigungen usw. selbst zu Ludendorsf zu einem kurzen Besuch gegangen. Ludendorsf.hat damals den Gedanken des Direktori ums als die „Patentlösung" bezeichnet. ^Patent lösung" hat für den alten Generalstabsoffizicr einen ge wissen Sinn. Es wird als die ziemlich sichere Lösung betrachtet. Am 22. Oktober war die Jnpslichtuahme der Truppen der bayerischen Division angesetzt. Ich hatte das Bedürf nis. Ludendorff zu orientieren. Ich legte iVm dar. daß vrcie Jnpslichtnayme keinerlei Separation bedeute. Luden dorff sagte mir damals, daß er unser Vorgehen tatsächlich nicht als weißblaue Sonderaktion, sondern als eine unter schwarzweißroter Flagge erfolgende Tat betrachte, und daß er in diesem Sinne wirken werde. Er legte mir nahe, daß man nunmehr vor allem Hitler in seiner Propaganda wieder freie Hand geben müsse. „Ludendorff hat sich geirrt." Ich muß es zu meinem Bedauern als irrig bezercy- ncn, wenn nun auf Grund von Besprechungen mit mir Ludendorff hier ausgcführt hat, Kahr und Lossow wollten nunmehr die innerdcntschcu Verhältnisse entscheidend be einflussen oder der bayerische Staat wollte mit seine« Machtmitteln die Lösung der innerdeutschen Verhältnisse im dcutfchvölkischen Sinne in die Hand nehmen. Generalleutnant von Lossow berichtet dann ausführ lich über weitere Besprechungen, die er mit Hitler und mit Ludendorff hatte, und in Venen die Gegensätze zwischen diesen beiden Männern und ihm immer schärfer zutage traten. Er habe betont, daß Ludendorff einen Namen zu verlieren habe, der nicht nur ihm allein, sondern auch Deutschland gehöre, und der nicht kompromittiert werden dürfe. Die älteren Leute müßten den Verstand bewahren gegenüber dem Draufgänger Hiller. Ludendorsf habe ihm folgende Erklärung gegeben: „Wir wollen loyal gegeneinander sein und im gegen seitigen Einvernehmen arbeiten. Sollte ich das mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren können, mit Ihne« den gleichen Weg zu gehen, so werde ich das Loyalitätsver- hältnis kündigen. Erst dann soll jeder die volle Freiheit des Handelns habe n." „Hiller," fuhr Lossow fort, „hatte schon früher gesagt, er könne gegen die Reichswehr und Landespolizei nichts machen. Er werde keinen Putsch machen, er werde nichts tun, ohne uns vorher Kenntnis zu geben. Trotz der ge gebenen Zusicherung wurde die Lage von TacZzu Tag kritischer. Es kam die Aufstellung des völkisci-en Grenz schutzes. Dann traten die Zwistigkeiten zwischen den ein zelnen Verbänden untereinander ein. Es fürchtete jeder, er könne vielleicht zu spät kommen, und der andere komme ihm zuvor. Aus diesen Befürchtungen heraus ließ Herr von Kahr die Führer der vaterländischen Verbände zu der bekannten Besprechung für den 6. November ein berufen. „Gegen jeden Putsch." Der Zweck war, daß Kahr, Seißer und ich uns ganz klar und unzweideutig gegen jeden Putsch aussprechen wollten. Kahr hat das mit allem Nachdruck getan. Wenn man die Ausführungen des Herrn von Kahr nicht absicht lich mißverstehen oder mißdeuten wollte, so könnte nie mand einen Zweifel darüber haben. DaS Positive seiner Rede von damals lag durchaus in der Richtung des von uns angestrebten Direktoriums, das Negative bestand in schroffster Ablehnung gegenüber einem eigenmächtigen Vorgehen und Putschabsichten. Bei keiner Besprechung mit den vaterländischen Ver bänden ist das Wort von dem „M a rs ch n a ch B e rl i n" gefallen. Es können hierfür so viele Zeugen angegeben werden, als gewünscht wird. Es ist dann gesprochen wor den von der Reise des Obersten Seißer nach Berlin. Die Reise batte einen rein informatorischen Zweck. Es ist kein Wort wahr davon, daß als Folge dieser Reise eine entscheidende Änderung tn bezug auf die Haltung und die Auffassung bei Kahr, Lossow und S°eiße r eingetreten fei. Das ist eine reine Phantasie. Unsere Einstellung und Auffassung war immer die gleiche. Es ist gesagt worden: Kahr, Lossow und Seißer hätten vom 12. bis 15. November ein Unternehmen be absichtigt, und es sollte eine Diktatur Kahr- Lossow, so eine Art Konkurrenz werden gegen die Diktatur Hitler-Ludendorff. Das erste, was ich von einem derartigen Plan gehört habe, ist das, was ich darüber in den Zeitungen gelesen habe. Es ist nicht ein einziges Wort, soweit Kahr, Lossow und Seißer in Be tracht kommen konnten, gesprochen worden, und diese Darstellung ist rein aus der Lust gegriffen Die Vorgänge Lm Bürgerbräu. Nach einer kurzen Verhandlungspause schildert dann der Zeuge die Vorgänge im Bürgerbräukeller und erklärt, er habe von der geplanten Versammlung zu nächst durch eine telephonische Anfrage Ludendorffs am Vor mittag des 7. November gehört. Der Gedanke, daß in die sem Saale und an diesem Abend, obwohl es der Jahrestag der Revolution war, irgend etwas passieren könnte, sei ihm niemals in den Kopf gekommen. „Wie hätte ich," so rust er aus, „denken sollen, daß auf eine Versammlung nationaler Männer von anderen vaterländisch und national denkenden Männern ein Überfall gemacht werden könnte. Wie hätte ich denken können, daß in diesem BürFerbräukcllcr eine Felonie ohnegleichen begangen werden sollte! Derngemäß hatte ich mich um den polizeilichen Sclmtz der Versammlung nicht gekümmert uns hatte keine Schußwaffe zu mir gesteckt. Um 8 Uhr 45 Min. abends entstand am Saaleingang ein Gedränge, und an der Spitze Hitler, eine Pistole in Anschlag haltend, erschien eine Reihe uniformierter und bewaffneter Leute mit Pistolen verschiedener Muster und mindestens einer Maschinenpistole. Hitler ging mitvorgehaltener Pistole« «fKahr zu, während Seißer und ich durch andere Leute mit Pistolen in Schach gehalten wurden. Daun folgten die bekannten An sprachen Hitlers. Schließlich ersuchte uns Hitler in barschem Tone, ihm zu folgen mit dem Bemerken: „Ich garantiere für Ihre Sicherheit." Während dieser Vorgänge hatte auch eine Anzahl Leute, die bisher friedliche Zuhörer waren, Pistolen gezogen. Nach einigem Zögern folgten Kahr. Seiker u-m ny widerstrebend Herrn Hitler, der immer noch seme Pistole in der Hand hielt und von seinen Pistolenmänncrn umgebe« war, durch eine enge Gaffe von Bewaffneten zum Saalein- ganz, woeinMaschinengewehr mrfgestellt war. Jv mir war ein Gefühl der Empörung und der tiefen Verach tung über den hinterhältigen Überfall, der von Hitler und seine» Genossen ausgcführt war trotz der getroffenen Ab machungen und gegebenen Zusicherungen. Das nächste Ge fühl war tiefe Trauer darüber, daß die vaterländische Be wegung in Bayern mrd im Reiche auf das schwerste ge schädigt werde, und daß der konzentrische Druck aus die Berliner Negierung nunmehr verpuffen mutzte." Täuschungsmanöver. Lossow erzählt nun, daß er überlegt habe, was ange sichts der durch Hitler heraufbeschworenen Gefahr, die zu einer Gefahr für das ganze Vaterland werden mutzte, zu tun sei. Er sei dann zu dem Schluß und zu dem Entschluß gekommen, Hit!«r und sei««« Andana eben zü
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)