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Mmg Legenseiftung. War «!!I veMLIa«ü >M? Die Durchführung des Dawes-Planes. Um Mißverständnisse bei Freund und Feind unmöglich zu machen, wird von berufener Seite der Standpunkt der deutschen Regierung in Sachen des Dawes-Planes Nipp und klar wie folgt dargeftellt: 1. Die Reichsregierung wird die Gesetze, dir zur Durchführung des Sachverständigengutachtens erforderlich stick, mit demjenigen Matz von Beschleunigung dem Reichstag vorlogen, das die erforderliche Mitwirkung der Organisationskomitees und der Reparationskonunission gestattet. 2. Der Reichstag wird im Sinne der schon durch die Annahme der Sachverständigengutachten durch die Reichs, vegierung vorliegenden endgültigen Bindung der Reichs- regieruny an die Annahme des Gutachtens die in Frage kommenden Gesetze (Eisenbahn, Goldbank, JndustrieuLli- gationen) annehmen; die Regierung glaubt, ehre Mehrheit dafür zri finden. Er wird aber selbstverständlich nicht die Gesetze einseitig in Kraft fetzen, ohne daß im voraus die Gewißheit vorliegt, daß die Konnexen und selbstverständlichen Maßnahmen der Gegenseite erfol gen: er kann also z. B. nicht das Gesetz über die Umge staltung der Eisenbahnen verwirklichen lassen, ohne daß die Ordonnanzen der Rheinlandkommission in bezug aus den Betrieb der Eisenbahnregie zurttklgezogen werden. 3. Es wird d^halb voraussichtlich die Form eines Mantelgcsetzes gewählt werden, das der Regierung Auf trag und Vollmacht gibt, die angenommenen Gesetze in Kraft trete» zu lassen, sobald über die ganze Frage des Sachverständigengutachtens durch Verhandlungen ein Ein vernehmen erzielt worden ist. 4. Mit diesem Instrument in der Hand, d. h. mit den angenommenen Gesetzen und mit dem Auftrag, den das Rahmengesetz umschreibt, wird die Neichsregierung vor die Gegenseite treten, sobald diese unter sich einig gewor den ist mck mit Deutschland in die notwendigen Verhand lungen einzutreten wünscht. Geschieht das schneller, als technisch eine Annahme der Gesetze durch den Reichstag und den Reichsrat möglich ist, oder verzögert sich die er forderliche Stellungnahme der oben bezeichneten fremden Mitwirkenden, so hofft die Regierung wenigstens die vom Kabinett angenommene Fassung der Gesetze für die Ver- Handlungen beibringrn zu können, um damit ihre Absich ten und ihre bona kilies einwandfrei darzulegen. Diese Darstellung ist so klar, daß man es selbst in Paris und London nicht leicht haben wird, sie zu trüben, um neue Mißverständnisse zu schaffen kngMG-skanröUche kntente. Aussprache im englischen Unterhaus«. Das englische Unterhaus und die englische Regierung haben das Bedürfnis gehabt, sich vor Eröffnung der Lon doner Konferenz noch einmal über die Außenpolitik auszu sprechen. Den Vortritt überließ Macdonald demParlament, Asquith und Baldwin kamen zuerst zu Wort. In beider Räden trat deutlich das Bestreben zutage, die Kreise des Premierministers nicht zu stören. Trotz aller Vorsicht, die sie aufwandten, um die fran- zösische Empfindlichkeit nicht zu reizen, konnten sie doch nicht ganz verbergen, daß sie die Behandlung Deutschlands eigentlich nicht für richtig halten. Ja, Asquith schwang sich sogar dazu auf, in einer sehr wichtigen Frage eine Forde rung zugunsteii Deutschlands zu stellen. Er sagte nämlich: Die Dauer jeder Vereinbarung, die über den Dawes- Bericht erzielt werde, hänge von der Sicherheit ab, und es sei von der größtmöglichen Bedeutung, daß der britische Standpunkt in dieser Frage vollkommen klargemacht Werve. Erstens müsse jedeVersicherung.die Frankreich gegeben werde, ihm nicht als eine separate Garantie ge- „Das erste Ehejahr". 40 Roman von Ruth Goetz. Copyright 1914 by Greiner H Co., Berlin W 30. Nachdruck verböte» Da brach er vor ihr zusammen, griff nach ihren Händen, als vermöchten ine ihn zu halten und vor dem Untergange zu bewahren. Das sonnige Lachen war von der Stirn verschwunden, in dem Gesicht war ein müder, kranker Ausdruck, der ihr in bas Herz schnitt. Mochte er unrecht, mochte er sie gekränkt haben, er war krank, er bedurfte ihrer. Das Mitteöd war stärker. Sie fühlte einen glühenheißen Tropfen aus ihrer Hand. Sie neigte sich zu ihm, und selbst erschüttert von seiner stummen, anklagenden Quai, flüsterte sie: „Sich auf, beruhige dich doch, Otto, komm, sich auf!" „Wirst du mir nie glauben, wenn ich dir schwöre, Renate, daß ich nur dich liebe — nur dich! Ich bin nicht frei von Schuld, ich habe schweres Unglück auf mich geladen. Vielleicht kam es, um mich zu läutern." Seine Stimme verlor sich von neuem in einem erstickten Murmeln, seine Gestalt sah aus, als sei sie ge brochen. Alles, was sie um ihn gelitten, verschwand in dem Nebel des Vergessens. Er war hier, sie mußte ihm helfen. Das Herz des Weibes redete seine laute, eindringliche Sprache . . . Sie ließ die Hände über sein Antlitz gleiten. Sie wollte den schmerzenden, herben Zug daraus vertilgen mit ihrer weichen Hand. Otto ergriff die Finger, seine glühenden Lippen lagen darauf. „Zürne mir nicht, vergib mir, bleibe bei mir!" flehte er, und mit einer schlichten Gebärde reichte sie ihm die Hand. Nahe zog er die Frau an sein Herz. In einem scheuen Kuß fanden sich ihre Lippen, als hätten sie sich zum ersten Male ge- sehen. „Wenn du bei mir bleibst, dann werde ich meinen Mut wiederfinden," sagte Otto ihr ins Ohr, und sie nickte wie zur Be stätigung. „Weißt du noch immer die Ursache nicht? Hal all dein Suchen und Forschen nichts genützt?" Ohne zu antworten, stierte der Mann vor sich nieder. In einem schweren, bedrückenden Seufzer hbben sich seine Schultern, und in ausbrechender Verzweiflung rief er: „Lohe kommt heute morgen zurück. Es ist der letzte Termin. Hat sich morgen nicht alles geklärt, so weiß ich, daß meine Hoffnungen eingesargt werden müssen." sicher Renate war plötzlich eine fieberhafte Geschäftigkeit gekommen, sie lief von Zimmer zu Zimmer, packte eilig ihre Sachen zusammen und sagte zu dem Manne: „Laß uns reisen, laß uns keine Minute mehr verlieren, vielleicht kann ich dir geseu werden, sondern als Leil einer Al 1 gemetn - Verpflichtung Großbritanniens aus Grund der Völkerbundssatzung; zweitens müßte die Frankreich an- gebotene Sicherheit, welcher Art sie auch sei, unter den gleichen Bedingungen Deutschland angebote» werden; drittens, damit dies möglich wäre, sei es klar, baß Deutschland in den Völkerbund ausgenommen werden müßte unv einen Sitz im Völkerbundsrat erhalte. Es ist jedenfalls anzuerkennen, daß der liberale Führer sich nicht gescheut hat, auszusprechen, was Rechtens wäre. Praktisch freilich bedeuten seine Worte wenig, weil er gar nicht daran Denken wird, gegebenenfalls daraus zu be stehen. Entscheidend für den Gang der Dinge werden nicht die Ansichten englischer Politiker sein, sondern — das kann nicht oft genua wiederbolt werden — die Haltung Amerikas. Mengchs keuter-keirr. Eisenach, 15: Juli. Bier Tage lang stand Eisenach, die alte Wartburgstadt, im Zeichen Fritz Reuters, des großen plattdeutschen Dichters, der vor fünfzig Jahren, am 12. Iuli 1874, hier die Augen zum ewigen Schlaf geschlossen hat. Die Feier begann am 11. IM mit einem Begrüßungsabend, zu dem aus allen Teilen des Reiches und auch von Übersee zahl reiche Landsleute Reuters erschienen waren. Oberbürger meister Dr. Janson begrüßte die zahlreichen Gäste und schilderte Reuters Beziehungen zu Eisenach. Es folgten Reden und Ansprachen in ansehnlicher Menge, die meisten in plattdeutscher Sprache, daneben Vorträge plattdeutscher, im Geiste Reuters geschriebener Dichtungen. Höhepunkte der Gedenktage waren die Feier am Grabe Reuters und die Feier vordem Reuter- Hause. An der Ruhestätte des Dichters wurden nach einer Gedächtnisrede von Vertretern der Stadt, von Burschenschaften, Behörden, Vereinen und Abgeordneten aus aller Welt Eichen- und Lorbeerkränze niedergelegt. An der Feier vor dem Reuter-Hause, das durch Tausende von Gasfläurmchen und buntfarbigen elektrischen Glühbirnen erleuchtet war, nahm fast ganz Eisenach teil. Oberbürger meister Dr. Janson hiÄt eine packende Gedächtnisrede, deren begeisterte und begeisternde Schlußworte, daß es mit Deutschland wieder aufwärts gehen müsse, wenn vor allem Die deutsche Jugend dem kerndeutschen Dichter in der glühenden Liebe zu Heimat und Vaterland nacheifern werde, stürmischen Beifall auslösten. Während dann das Deutschlandlied angestimmt wurde, setzte die feenhafte Beleuchtung der Wartburg ein. Einen würdigen Abschluß erhielt die Gedenkfeier durch einen plattdeutschen Gottesdienst in der Ge orgenkirche. Die Chorgesänge: „Still, rnin Seel, fast hapen" und „Heww kein Angst nich un Furcht" sowie die ergreifende Soloarie: „Herr Gott, dat is min Baden" bil deten neben den von der Gemeinde gesungenen platt- veuifchen Chorälen den stimmungsstarken Rahmen des Gottesdienste-. ! - Weine Nachrichten j Cm oeutsch-ruMHer Zwischenfall. Berlin, 15. Juli. Ein hiesiges Abendblatt meldet aus ' Moskau, daß der dortige deutsche Botschafter beim russischen ; Äußenkommissariat Beschwerde wegen Verletzung der Extori ali- - tat von Räumen der deutschen Botschaft durch einen Beamten t des Wohnungsamtes gcsübrt hat. Die Untersuchung ergab die . Berechtigung der Beschwerde. Der russische Beamte wurde aus i dem Dienst entlassen, und der Auvenkommissar Tschitscherin s sprach der deutschen Botschaft sein Bedauern über den Vorfall - aus. Freitag Vertagung des Preußischen Landtages. Berlin, 15. Juli. Der Ältestenrat des Preußischen Landtages legte den Veratungsplan für die lausende Woche fest. Es sollen noch beraten werden die Vorlage über die einst weilige Regelung der Kosten sür die Verwaltungsbehörden der evanaelikchen Landeskirchen, die Stenernotverordnunaen und Lie Aotverorvnimgen über die Fürfor^.^ssiryt- Aupervem soll eine Reihe kleiner Haushalte sowie kleinere Vorlagen zur Erledigung kommen. Der Landtag wird sich dann amFrei- tag, de« 18. Juli, bis zum 23. September vertagen. Die Berliner Börse fordert Aushebung der Kopfsteuer. Berlin, 15. Juli. An der heutigen Berliner Börse kursierte eine Eingabe folgenden Inhalts: „Angesichts der traurigen Lage des gesamten Börsengeschäftes ersuchen wir ganz ergebens bei der Regierung vorstellig zu werden, die Aushebung der Kopf steuer, die jetzt untragbar rst und nur zu einer bedeutenden Ver minderung der Börsenangestellten führen muß, zu veranlassen." Diese Erklärung war im Verlauf der ersten Börsenstunde bereits von mehreren hundert Börsenbesuchern unterschrieben. Leinert für Frau Wolfstein. Berlin, 15. IM. Der Ältestenrat des Preußischen Land tages beriet über von Einspruch ver Aby. Frau Wolf stein (Komm.) gegen ihre Ausschließung. Präsident Leinert beantragte, trotzdem der Einspruch neue Beleidigungen gegen ihn enthielt, eine Milderung dahin, daß der Ausschluß nur bis Ende der laufenden Woche aMalten solle. Das wurde von allen Parteien abgelehnt. Es bleibt also bei dem Aus- i schluß auf acht Taye. Es bleibt beim bayerischen Ausnahmezustand. München, 15. Juli. Der Verfassungsausschuß des bayeri schen Landtages beschäftigte sich in längerer Debatte mit An trägen der Kommunisten, des Völkischen Blocks und der Sozia listen auf Aushebung des Ausnahmezustandes in Bayern. Die j Anträge wurden schließlich nach einer Red« des Ministers des ; Innern, der den Zeitpunkt der Aufhebung des Ausnahmezu standes noch nicht für gekommen erachtete, abgelehnt. Nationalsozialistische Geheimerlaffe. München, 15. Juli. Im Berfafsungsausschuß des bayeri schen Landtages machte der Redner der Bayerischen VoWpartei Schäffer Mitteilung über Geheimerlasse der Nationalsozia listen, die in den Septembertagen 1923 als „Aktionsprogramm" s der sogenannten Völkischen ausgegeben worden seien und chie Neuordnung in Bayern und im Reich zum Gegenstand gehabt hätten. Im Hitlerprozeß seien diese Erlasse nicht erwähnt worden. Die völkischen Abgeordneten Strasser und Stelz ner bestritten das Bestehen solcher Erlasse. - Rus unserer keimst j Wilsdruff, am 16. Juli 1924. Merkblatt für den 17. Juli Dennenausgang 3" I! SiondaufganG 8" N. VonnenunterganG 8'* ss Rondnntergan- 5- V. 1787 Friedrich Krupp, Begründer der GuMHlfabM in Essen, geb. — 1847 Historiker Theodor Schckmmm geb. — 1860 Schriftstellerin Klara Viebig geb. — 18S1 Maler Ludwig Zum busch geb. Mieter und Hauswirte, haltet die Wohuungen in besserem Zustande! Das hiesige Wohnungsamt bittet uns um Aufnahme folgen der Zeilen: Trotz allem Aergei und trotz all den verschieden verlaufen den Interessen zwischen Hausbesitzer und Mieter haben beide dennoch ein großes gemeinschaftliches Interesse, welches auch die breiteste Oeffenttichkeit interessieren muß, nämlich die Erhaltung der Wohnung in bewohnbarem Zustande. Die Zahl der frei werdenden Wohnungen in Wilsdruff sinkt von Jahr zu Jähr. In den letzten drei Jahren ist das Verhältnis gesunken von 7:5:2. Durch die Feuersbrunst im Jahre 1744 ist bis auf einzelne Häuser die ganze Stadt abgebrannt. In den folgenden Jahren wurden dann infolge der allgemeinen Not und Geldknappheit notdürftig Gebäude errichtet, die heute, das heißt, nach nahezu 200 Jahren, noch als Wohnungen dienen. Die geringe Entwick lung, welche Wilsdruff schon vor dem großen Kriege genommen hat, erlaubte nur die Errichtung von wenigen Neubauten, und so steht Wilsdruff heute auf dem Gebiet des Wvhnungsmarktes am ungünstigsten in der weiten Nachbarschaft. § helfen! Du mußt da fein, ehe Lohe zurück ist, und ich mit dir." ! Die letzten Woite verloren sich in einem bangen Flüstern. Es war spät in der Nacht, als sie wieder in Paulinenhütte ! einttasen. Wie an dem ersten seligen Abend, der sie als feine i Frau in sein Haus geführt, saß Renate, umschlungen von dem ! Arm ihres Mannes. Nur daß sie heute nicht in ein ungewisses Dunkel der Zukunft ging. Sie hatte die Seele des Mannes ver stehen gelernt, und wenn sie auch niemals die Finsternis erforschen würde, die ewig die Seelen der Geschlechter trennte, so wußte sie, daß ein verstehendes Herz Unterschiede überbrücken, Zwie spalte verlöschen konnte, wenn die Flau die Gefährtin des Mannes wurde auf der schweren Bahn des Lebens. In ihrem Heim sprachen sie lange von der vergangenen Zeit. Alles, was noch zwischen ihnen stand, schmolz hinweg durch Re nates Mitempfinden. Sie unterbrach seinen erregten Bericht mit keinem Worte. Zuletzt, als er von Lohe anfing, machte sie eine Gebärde. Sie senkte den Kopf, wie sie an den edlen, gütigen Mann dachte, der in treuer Freundschaft von ihr gegangen. „Ich weiß, ich weiß alles. Sei nicht verzagt, Lohe wird dich nicht verlassen." Der Mann war mit einem sähen Sprung auf Renate zu- getreten. Frage, Verdacht und Angst spiegelte sich in seinen flackernden Augen. „Was weißt, du, Renale? Wie kommst du darauf, daß Lohe mich nicht verlassen wird?" Eine fliegende Röte gab ihrem Ant litz ^verräterische Glut. Sie wollte sprechen, die Worte lösten sich nicht, sie fielen herunter, blieben Äs erstickender Laut in der Kehle. Keinen Blick ließ der Mann aus ihrem Antlitz. Und wie sie die dringende Frage darin las, sagte sie stockend: „Er war mein Freund in der langen, schweren Zeit. Ich sehnte mich nach einem verständnisvollen Menschen. Otto! Wenn du mich zurückgestoßen hast, dann war er es, der mir diese De mütigung tragen half! Ohne ihn wäre ich vielleicht nicht wieder hier. Nicht wahr, du verstehst es nicht, daß ich dir nie davon er zählte? Vergib, wenn ich noch einmal vcn den Dingen beginne, die wir eben begraben wollten. Du hast nie ein Auge und Ohr für mich gehabt. Ich weiß, viel Schuld liegt auch an mir. Denn- noch war es zu leer und einsam um mich geworden." Sie fühlte, wie ihr Arm von seinen Händen umspannt wurde. „Dann hat -der Direktor dir den Gefallen -getan, als er mein Werk genehmigte. Es ist wertlos, ohne Sinn. Ich Tor, ich Wahnsinniger bilde mir ein, daß ich etwas geleistet habe, was die Blicke des Mannes auf mich lenkte." Wie gebrochen faß er auf dem Stuhle. Mit zitternden Knien fiel Renate hin zu ihm. „Glaube das nicht von dir!" Er schüttelte abwehrend den Kopf. „Der Beweis dafür ist da. Meine Erfindung arbeitet nicht, sie legt die neue Walzenstraße brach, alles ist vergebens!" In dem Wunsche, irgend etwas zu sagen, das ihm sein Seldstbewutztsein Wiedergeben sollte, rief Renate: „Hier, nimm meine Hand! Sie ist die deine geblieben, ich kann dir rein ins Auge schauen, nichts ist gewesen, das du nicht wissen durstest, selbst nicht in den trübsten Tagen meines Lebens." Als er starr, wie leblos sitzen blieb, fuhr sie hastig fort: „Gid mir deine Zeichnungen. Vielleicht finde ich etwas, irgend einen Weg." Er machte keine Anstalten, ihrem Wunsche nachzukommen. Renate zog die Schublade auf. Sie Hatte nicht nötig, lange zu suchen. Die knisternden Papiere, die Durchschläge der Zeich nungen, die Otto wieder nach Hause gebracht hatte, lagen sorg fältig umschlossen von einem blauen Deckel. Sie trat an den Tisch, die Blätter zitterten in- ihrer Hand. Nichts von dem-, was sich hier in krausen, ineinandei laufenden Linien zeigte, nichts von dem, was die Zahlen, die Buchstaben bedeuten sollten, die sie hier faNd, wurde ihr klar. Hoffnungslos sah sie ein Blatt nach dem anderen an-, legte -es hin, nahm es wieder auf, als müsse sie am Ende irgend etwas daraus lesen können, was ihr jetzt noch nicht klar w^r. Das Licht der Lampe fiel in einem schrägen Strahl auf die Buchstaben und Zahlen, die vor ihrem Auge zu flimmern begannen. Sie sah, daß eine Zahl verwischt schien, nicht klar und scharf Umrissen hier stand wie die anderen. Das -ergriff sie als Rettungsankel. In dem Bestreben, den Mann auf irgend eine Fährte zu leiten, fragte sie: „Vielleicht Haft du hier einen Irrtum begangen. Sieh ein mal, ich verstehe nichts von -alledem. Ich kann dir nur -das sagen, was ich mit Hilfe des Nachdenkens und meines Menschenver standes herausgefunden habe. Hier hast du etwas verbessert. Mir scheint, daß diese Zahl ausradiert gewesen ist. Bist -du in der Folge auch konsequent geblieben? Hast du alle Folgerungen er wogen, die daraus entstanden sein könnten? Aber was hast..." schrie sie gellend und erschreckt. Der Mann hatte sich erhoben, war langsam nähergekommen. In seinem Gesicht lag solch ein erschreckendes Entsetzen, daß Renate glaubte, die lange, hoff nungslose Arbeit habe seinen Verstand verwirrt. Seine Stimme war klanglos, heiser, wie gesprungen: „Gib, gib!" Das Blatt zitterte in seiner Hand, es be wegte sich heftig auf und nieder. „Wo sichst du eine veresserte Zahl?" fragte er, als seine Augen angestrengt suchten. Renate stand dicht neben ihm. Auch ihr war die winzige Zahl wieder entgangen. Sie legte das Blatt auf die Tifchplatte, ihr -Kopf neigte sich, da rief sie triumphierend: (Fortsetzung folgt.)