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Wilsdruffer Tageblatt : 26.09.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192409266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240926
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240926
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-09
- Tag 1924-09-26
-
Monat
1924-09
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 26.09.1924
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vei oer Verteuerung nacy oen veremnaymten Entgelten (Jst- einnahme) der Zeitpunkt der Vereinnahmung, bei der Ver steuerung nach den Leistungen und Lieferungen (Solleinnahme) der Zeitpunkt der bewirkten Leistungen. Die Steuerpflichtigen, die zu monatlichen Umsatzsteuervorauszahlungen verpflichtet sind, haben daher erstmals im November 1924 für die Umsätze im Oktober, die Steuerpflichtigen, die zu vierteljährlichen Um satzsteuervorauszahlungen verpflichtet sind, erstmals im Januar 1925 für die Umsätze vom Oktober bis Dezember 1924 die Um satzsteuer in Höhe von zwei vom Hundert zu entrichten. Da gegen haben sowohl die Monats- als auch die Vierteljahrs zahler bei der Vorauszahlung im Oktober 1924, die sich auf die Umsätze vor dem 1. Oktober 1924 bezieht, noch zweieinhalb vom Hundert zu zahlen. Um die mit der Ermäßigung der Steuer bezweckte Preissenkung auch bei Bindung an länger zurückliegende Verträge zu ermöglichen, mutzte ein zivilrecht licher Anspruch des Abnehmers auf Preisnachlaß geschaffen werden. Ist die Preisvereinbarung vordemS 5. Septem ber 1924, also zu einer Zeit getroffen, zu der die Kenntnis von der neuen Regelung noch nicht allgemein durchgedrungen war, so hat der Lieferungsverpflichtete dem Abnehmer einen Nachlaß in Höhe von Och v. H. des Entgelts zu gewähren. Hus dem Sericblslssl i Wegen Bigamie verurteilt. Der Schiffer Franz Paul aus Canth ging im März d. I. eine Ehe ein, obgleich er be reits verheiratet war. Die Ehe war aber nicht glücklich, unt als Paul eines Tages nach Hause kam, sand er die Wohnung ausgeräumt; die Frau hatte sich zu ihren Eltern begeben. Troj allen Bittens kam sie nicht mehr zurück. Paul suchte sich nur mit einer dritten Frau zu trösten. Er ging mit ihr aufs Standesamt und zeigte dort die Sterbeurkunde seiner in zwischen verstorbenen ersten Frau vor und versetzte so den Be amten in den Glauben, daß er Witwer sei. Nun hatte er sch wegen Doppelehe vor dem Schöffengericht zu verantworten dieses verurteilte ihn zu sechs Monaten Gefängnis stellte ihm aber eine dreijährige Bewährungsfrist in Aussicht wenn die über ihn einzuholende Auskunft günstig lauten sollte Hitlers Beleidigungsprozetz. Vor dem Amtsgerich München begann der Beleidigungsprozetz Hitlei gegen Pittinger. Hitler hatte die Klage angestrengt, weil Pittinger gelegentlich einer Versammlung in Augsburg ge äutzert haben soll, Hiller habe französisches Gell erhalten, der englische Arbeiterführer Morel habe dies v. Kahl erzählt. Kapitänleutnant Wenir, der beim Gespräch zwischei Kahr und Morel als Dolmetsch fungierte, sagte aus, More habe erklärt, daß ihm in Paris von hochstehenden Persönlich leiten erklärt worden sei, ein großer Teil der Gelder, dii Hitler bekomme, komme aus Frankreich. Schließlich wurd, einem Antrag stattgegeben, Dr. Knoch und Dr. von Gulat Wellenburg als Zeugen zu vernehmen. Die Verhandln»! wurde zur Vernehmung der Zeugen ausgesetzt. Ein Bahnhofsvorsteher als Kohlenschicber. Der Bahn hofsvorsteher Otto Weitze in Laucha wurde zu zwei Jahren sieben Monaten Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt, weil er in der Zeit vom März 1920 bis November 1922 Kohle der Reichsbahn waggonweise an Jndustriefirmen, in einem Falle gleich zehn Waggons, an eins Firma, verkauft und das Geld für sich behalten hat. Hochvcrratsprozetz in Leipzig. Vor dem Staatsgerichtshof hatte sich der Bautechniker Ernst Schumann aus Mannheim wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu verantworten. Der Vertreter der Anklage beantragte 4A Jahre Zuchthaus und 300 Mark Geldstrafe, wovon ein halbes Jahr aus die Unter suchungshaft angerechnet werden soll. Mpar Kausen 6edel»»ir. Aus der Spur eines 100 jährigen Rätsels. Wer war Kaspar Hauser? — So darf man heute schon die Mehrzahl des jüngeren Geschlechts fragen, ohne eine richtige Antwort zu bekommen. Noch vor 30 Jahren hallte sein Name, der ein merkwürdiges Rätsel umschließt, immer Wieder durch die Öffentlichkeit. Und nun taucht die Frage wieder plötzlich auf und fordert Antwort. Vor beinahe 100 Jahren, am Pfingstmontag 1828, tauchte in Nürnberg ein junger Bursche in ungeschickter Haltung und schlecht sitzender, altertümlicher Kleidung auf, der einem Vorübergehenden einen Brief an einen in Nürn berg wohnenden Rittmeister überreichte. Er wurde zu diesem geführt, wobei sich bald herausstellte, daß der Bursche, der wohlgewachsen und dem Aussehen nach von guter Herkunft schien, erstaunlich unwissend war. Er sprach oberpfälzische Mundart und behauptete, von Regensburg zu kommen. Im übrigen konnte er über die einfachsten Dinge, die jedem kleinen Kinde geläufig sind, keinen Be scheid geben. Notdürftig vermochte er etwas zu lesen und zil schreiben; so hatte man ihm offenbar seinen Namen Kaspar Lauser leserlich zu schreiben einaeübt. Von -cayrung rannte er nur Brot uns Waper und verschmähte zuerst jede andere Kost. An Schriftstücken führte er jenen Brief an den Rittmeister und einen zweiten, angeblich von seiner Mutter geschriebenen, der aber ersichtlich von derselben Hand herrührte, bei sich. Er wurde darin als ein Findelkind bezeichnet, welches bisher an der bayerischen Grenze von einem armen Tagelöhner aufgezogen und nicht vor das Haus gelassen worden sei. Sein Vater sei ein Cheveauleger aus Nürnberg gewesen und der Junge selbst wolle Reiter werden. Da der Rittmeister nicht in der Lage war, sich um den Findling zu bekümmern, so nahm diesen der Magistrat von Nürnberg in Waisen pflege. Bei den weiteren Vernehmungen kam heraus, daß Kaspar Hauser, so lange er denken konnte, in einem engen Gelaß, in welchem er weder aufrecht stehen noch ausgestrcckt liegen konnte, nur mit Hemd und Hose bekleidet, gehalten worden war und darin den Besuch des „Du" empfangen hatte, jenes Mannes, der ihn etwas Lesen, Schreiben und Beten gelehrt hatte. Sein Zeitvertreib waren jahrelang zwei kleine hölzerne Pferdchen gewesen. Soweit schienen seine Aussagen durchaus glaubwürdig, schon weil er weder die Begriffe, noch den Wortschatz besaß, um derartige Erzählungen zu erfinden. Allerdings machte er damals schon den Eindruck, als ob er mit anderen Dingen, die er noch zu wissen schien, aus Furcht vor irgendeiner über ihm schwebenden Drohung zurückhalte. Das Schicksal dieses rätselhaften Menschen begann nun die gesamte gebildete Welt zu beschäftigen. Der König von Bayern setzte die für damalige Zeiten außerordentlich hohe Belohnung von 10 000 Gulden für denjenigen aus, der die Herkunft Kaspar Hausers aufzu klären vermöge. Ein tolles Raten und Mutmaßen begann. Man wollte in dem Knaben einen Abkömmling Napo leons, dann den Sprossen eines großen bayerischen oder ungarischen Geschlechts erkennen. Bedeutende Per sönlichkeiten, wie der englische Lord Stanhope, der ihn adoptierte, nahmen sich seiner an und versuchten, ihm eine vorzügliche Ausbildung zuteil werden zu lassen. Erst zeigte er große Fortschritte, dann versagte er aber. Um diesen Zeitpunkt, nämlich kaum anderthalb Jahre nach seinem Auftauchen, wurde er eines Morgens mit einer Schnittwunde in der Stirn aufgefunden. Nach seiner Aussage hatte ihn ein Mann mit einem schwarzen Bart niedergeschlagen. Die Wunde war nicht gefährlich. Alle Nachforschungen nach dem Täter verliefen erfolglos; indes wurde von nun au Kaspar Hauser in besondere Ob hut gegeben und dauernd von zwei Soldaten bewacht. Lord Stanhope schickte ihn dann zu seiner größeren Sicher heit nach Ansbach, wo er auf einem Gerichtsschreibzimmer beschäftigt wurde. Im Winter 1833 kam Hauser gegen Abend mit einer tiefen Stichwunde in der linken Seite der Brust nach Hause. Ein Fremder hatte ihn nach seiner Erzählung in den Schloßgarten gelockt, um ihm Nachrichten über seine Her kunft zu geben. Dabei hatte er ihn niedergestochen. Kaspar Hauser hatte inzwischen alle, die sich seiner ange nommen hatten, so sehr enttäuscht, daß man bei der ersten Nachricht von diesem neuen unerklärlichen Überfall all mein geneigt war, zu glauben, er habe die ganze Sache allein angezettelt. Dagegen sprach nun freilich das Urteil der Ärzte über die Wunde und der Umstand, daß er an Lieser nach drei Tagen starb. Mit der Beerdigung des Opfers kam die Angelegenheit noch lange nicht zur Ruhe. Es tauchte nun eine ganz neue Lesart auf: Hauser sollte in Wirklichkeit der 1812 geborene Erbgroßherzog von Baden sein, den die Gräfin Hochberg geraubt hatte, um ihren Kindern die Erbfolge zu sichern. Kein Geringerer als Anseln von Feuer bach, der berühmte Kriminalist, hat die Annahme in einer nachgelassenen Schrift verfochten. Opfer eines Verbrechens oder Betrü ger? Das blieb die Frage nach wie vor. Da kommt jetzt aus Bayern die merkwürdige Kunde, daß man Kaspar Hausers Gefängnis zufällig entdeckt hat. Zu dem wenigen, von dem er bei feinem ersten Auftreten eine genaue Be schreibung geben konnte, gehört das Verließ, in welchem er sein bisheriges Leben zugebracht hatte, seit er denken konnte. Der Besitzer eines Schlosses bei Neumarkt, unweit Nürnberg, hat Nachforschungen angestellt, und dabei wurde unter dem heutigen Fußboden eines Ganges ein unterirdisches Gemach, welches von außen unsichtbar in eine etwa drei Meter dicke Mauer eingelassen war, auf gefunden. Es entspricht in allen Einzelheiten der von Kaspar Hauser gemachten Beschreibung. Die Untersuchung des Falles Kaspar Hauser wird nun wieder mit neueren Mitteln der Kriminalistik ausgenommen werden, und es hat fast den Anschein, als ob der rätselhafte Rindlina dock eine Vertönlickkeit von Redeutuna aeweien sei. Das Papier jenes noch erhaltenen Briefes an den Nürnberger Rittmeister, welchen Hauser bei seinem ersten Erscheinen vorzeigte, stammt, wie später festgestellt wurde, aus einer Papierfabrik, welche zum Bezirke des Schlosses gehört, in welchem jetzt das Verließ entdeckt wurde. Ob nun wirklich Klarheit in das seit 100 Jahren unlösbare Geheimnis kommen wird? W. S. Kungel tut wobst Einer, der sechs Wochen nicht essen will. Ältere Leute — sie brauchen durchaus nicht ganz alt zu sein — erinnern sich sicher noch an den italienischen Hungerkünstler Succi, der in früheren Jahren oft und gern nach Deutschland kam und in Panoptiken und anderen öffentlichen Schaustätten dem Publikum gegen Entree etwas vorhungerte. Er war kein heruntergekommener Hunger leider, sondern hungerte freiwillig viele Tage hinterein ander, weil das sein Geschäft war. Die Zuschauer aber sahen es mit Erstaunen und mit Grauen und gingen meist unmittelbar nach der Vorstellung in die nächstgelegene Speisewirtschaft, um sich bei einem saftigen Beefsteak von dem großen Schreck zu erholen. Inzwischen haben wir ja alle ein bißchen hungern gelernt, aber wir hungerten mög lichst heimlich und Eintrittsgeld ließen wir uns dafür auch nicht zahlen. Während wir uns doch allmählich wieder ans Essen gewöhnt haben, bleibt Succi dabei, daß man nur durch Hungern glücklich werden könne. Es steht ja auch schon im Sprichwort, daß Hunger der beste Koch ist. Natürlich handelt es sich bei solch öffentlichem Hunger- fport — abgesehen von der Berufsfreudigkeit und dem Honorar — wie bei allen anderen Sparten im wesentlichen um die Erzielung von Höchstleistungen. Wer am längsten hungern kann, ist Weltmeister. Der jetzt 46 Jahre alte Succi hat es während der 49 Hungerperioden, die er bereits hinter sich hat, auf durchschnittlich zwölf Hungertage ge bracht. Ein einziges Mal nur hungerte er neunzehn Tage hintereinander, und die übrige Welt geriet schon bei dem bloßen Gedanken an diese Fastenzeit in Aufregung und Hungerdelirien. Nun ist aber vor kurzem ein Landsmann Succis, der Venezianer Merlatti, als Hungerpreis- kandidat aufgetreten und hat gleich auf den ersten Anhieb nicht weniger als 41 Tage lang gefastet. Soll gefastet haben! Ein Mann, der 41 Tage lang keinen Proviant braucht, hätte jeden Krieg gewinnen und selbst von England nicht „ausgehungert" werden können. Alt meister Succi aber meint, daß das noch gar nichts wäre, und daß er selbst nicht bloß 41, sondern sogar 42 Tage lang fasten könne. Und er ist bereits stark dabei: die auf 42 Tage angesetzte Fastenzeit hat begonnen. In der guten Stadt Lillehat sich Succi wie weiland Schneewittchen in einen Glassarg gelegt, um während des Hungerns von den zahlenden Zuschauern besichtigt werden zu können. Er selbst würdigt die Zuschauer keines Blickes, sondern liegt mit geschlossenen Augen da. Es ist nämlich sehr wichtig, daß während des Fastens möglichst wenig Kraft vergeudet wird, und jede Bewegung, jedes Rucken, Rühren und Regen wäre Energieverschwendung. Ob der Magen knurren darf, wissen wir nicht. Als Succi sich in die Vitrine legte, wog er 84 Pfund. Da er bei seinen früheren Fastversuchen, die, wie gesagt, nie viel länger als zwei Wochen dauerten, nicht selten 20 bis 24 Pfund abnahm, möchte man aynehmen, daß er nach dem diesmaligen Fasten, das sich über sechs Wochen erstrecken soll, überhaupt nichts mehr wiegen wird. Er hat sich selbst den Titel „Der Cäsar der Hungerkünftler" beigelegt und behauptet, auf Veranlassung der medizinischen Fakultät der Sorbonne, d. h. der Universität von Paris, und aus streng wissenschaftlichen Gründen sich auf diese im buchstäblichen Sinne des Wortes brotlose Kunst ge worfen zu haben. Succi darf während der ganzen 42 Tage nichts, aber auch rein gar nichts essen und trinken, sondern muß sozusagen fortwährend am Hungerluche nagen . . . nein, auch das darf er nicht, denn das Nagen setzt eine Bewegung der Kauwerkzeuge voraus, und er könnte in den Verdacht geraten, daß er die Bestandteile des Hungertuches als Ersatz für andere Nahrung genieße. Haben wir doch während des Weltkrieges oft nicht viel bessere Ersatzmittel uns einverleiben müssen! —rz. * 4Ltn prrnzlicher Zcitungssctzer. Aus Newyork wird berichtet, daß der Prinz von Wales als Ehrenmitglied in die Gewerkschaft der Zeitungssetzer ausgenommen wurde. Er hat den Mttgliedsbeitrag für ein Jahr bezahlt und damit das Recht erworben, in den amerikanischen Zeitungs- druckereien Setzarbeit zu verrichten. Ich hsZb dich Lieb. Roman von Erich Eben st ein. Urheberschutz durch Stuttgarter Nomanzentrale C. Acker mann, Stuttgart. „O, Jella, du kennst doch Bernds unerbittliche Härte! 'Und er hat ja so vieles für uns getan, ist trotz allem mein Kind, das ich liebe, wie ich dich liebe und . . . euren un glücklichen Vater liebte! Sollte ich zum Dank für alle Opfer, die er uns brachte, mich gegen ihn auflehnen, das bißchen Frieden, das ich mühsam rettete aus all' dem In nern Widerstreit auch noch gefährden? Aber jetzt, wo es (sich um dein Lebensglück handAt, darf ich nicht länger (schweigen. Laste dich nicht aufhetzen von Bernd! Höre micht auf feine Ratschläge." »Sei ruhig, Mama ,das tue ich gewiß nicht. Das, Das er will, was er mir als Pflicht gegen mich selbst pre- digt — die Scheidung von Gustav wäre ja mein Tod!" »Das ist recht, mein Kind! Harre aus auf deinem (Poften, aber quäle deinen Mann nicht mit Eifersucht. Sei sanft und geduldig, mache ihm sein Heim traut, tue, (als merktest du keine Veränderung an ihm und erfülle deine Pflichten als Herrin von Eberswalde, wie fchwer es dich auch manchmal ankommen mag." „Mama!" unterbrach sie in diesem Augenblick Bernds Stimme entrüstet. Er war, ohne daß die beiden Frauen es merkten, eingetreten und hatte Frau Hallers letzte Worte gehört. „Wie kannst du meinen Intentionen so entgegen handeln und Jella derlei Ratschläge geben? Soll dein eigenes Schicksal sich noch einmal erfüllen au — ihr?" Die alte Frau fah ihn beinahe finster an. „Nein! Eben weil ich dies vermeiden will und Jella helfen möchte, ihr Glück zu bewahren." „Dieses wurmstichige Glück!" schaltete er höhnisch ein. Jella aber fuhr trotzig auf: „Was geht dich mein Glück an? Was weißt du mir deinem kalten Herzen überhaupt davon?" „Und du?" unterbrach er sie scharf. „Sieh' dich doch im Spiegel an! Spricht dein verhärmtes Gesicht etwa noch von Glück? Nein, Jella, begreife es doch endlich: Deine Ehe war ein Mißgriff, und wenn du Ehre im Leibe hast, so endest du diesen unhaltbaren Zustand. Wie kann eine Frau nur bleiben wollen in dem Haus eines Man nes, der sie vernachlässigt und betrügt? Ich fasse es nicht!" „Du meinst wohl, eine geschiedene Frau sei glück licher?" sagte Jella bitter. „Besser geschieden, als — verlassen! Oder willst du darauf warten?" Die junge Frau schwieg. Bernd aber fuhr dringlich fort: „Sei doch vernünftig, Jella! Du wirst mir nie ein reden, daß man noch lieben kann, wo man zu achten auf hören mußte. Eine Ehe ohne Liebe aber ist unsittlich, denn sie ist innerlich zerbrochen. Daraus gibt es für den, der sich selbst achtet, nur einen Ausweg: die Scheidung. Und du brauchst dich ja um nichts zu kümmern. Mein Haus steht dir offen, alles will ich dir abnehmen, alles für dich besorgen. Entschließe dich nur, endlich zu uns zu kommen, dann will ich mit deinem Mann schon fertig werden..." „Du hast nur eines dabei vergessen, Bernd", unter brach sie ihn mit funkelnden Augen, „etwas, das du frei lich nie begreifen willst im Leben: daß ich meinen Mann liebe!" Liebe! Ein heißer Schein zuckte über seine kühlen Züge. Er dachte an Maja. O ja — er begriff Wohl, was Liebe war . . ., aber Liebe ohne Achtung? Nein? das gab es nicht! ,Das redest du dir nur ein", sagte er überlegen, „man liebt nicht, wo man enttäuscht wurde! Und vor allem: man zwingt ein Glück nicht mehr ins Leben, wenn es ge storben ist!" „Wenn es gestorben ist!" mischte sich Frau Haller plötzlich ein. „Aber sehr oft ist es nur scheintot. Und dann zwingt man es Wohl noch zum Leben empor. Nicht durch Worte freilich, aber durch Taten und Güte und Selbstlosigkeit. In der Irre gehen kann wohl jeder Mensch einmal; sich aber verlieren in ihr wird nur der, dem die liebende Hand fehlt, die ihn sanft zurückleitet auf den rech ten Weg. Hätte ich das nur selbst getan . . ., dürfte ich es nur tun!" Die letzten Worte kamen fast unhörbar über ihre Lip pen. Bernd hört sie nicht. Fassungslos starrte er die Mutter an. Jella legte die Hand auf feinen Arm und fagte versöhnlich: „Mama hat gewiß recht, Bernd! Mache doch nicht dir und uns das Leben so schwer durch deine Härte! Laß mich meinen Weg gehen, wie ich dir ja deinen Standpunkt auch lasse." Er schüttelte ihre Hand ungeduldig ab. „Wer nicht m i t mir ist, ist gegen mich! Aber ich merke ja endlich, wo ihr hinaus wallt. Flamm ist ein reicher Mann, und du willst dir die Vorteile einer behag lichen Lebensstellung erhalten um jeden Preis, selbst um den deiner — Selbstachtung!" „Bernd!" Jella, die totenbleich geworden war, schrie auf. Dann schüttelte sie zornig seinen Arm. „Nimm das zurück — du! Sonst scheiden sich unsere Wege! Ich könnte das Haus nicht mehr betreten, wo man so von mir denkt, und wäre es zehnmal das Haus Bruders!" „Und ich kann die Frau nicht mehr achten, die handelt wie du! Beweise durch die Tat, daß ich unrecht hab', dann nehme ich meine Warte zurück. Saust nickt!"
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