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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Bo» ,MU»dr»ff«r T»««blatt- W«rtt»gr» nachmittag, 5 Uhr. SeMg,prri,: Bel Abholung ln »« »„chLft-ft-ll« und »eu «u»,abest»»«o 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch dje Boten 2,30 RM., bei Postdestellung «^ä.«^PÄll»st-l>en Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und-ns"re«u^ t«L,erund DeschSft,stellen —- 2-2 nehmen zu jeder Seit Be. Deluugen entgegen. I» Falle höherer ««»alt, «riegoder sonstiger BetriedoftSrungen besteht bei» Anspruch aus Lieferung her Zeitung oder Kürzung de» Bezug,preise». — Bucksendung eingesaudter Lchrislstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. 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Der heiße Wunsch recht vieler Völker des europäischen Kontinents — übrigens mag es in Amerika nicht viel anders sein — geht schon seit Jahren dahin, der Gesetz gebungsmaschine ein etwas weniger schnelles Arbeiten in der Erzeugung neuer vielparagraphiger Gesetze beizu bringen, als es das gegenwärtige Tempo ist Schlingt sich doch außerdem um diese Gesetzeserzeugung ein womöglich noch viel dickerer und breiterer Kranz von „Ausführungs- bestnnmungen" und Verordnungen von den obersten bis zu den unteren Behörden herab, daß sich der Rechtsun kundige — aber auch mancher Rechtskundige — durch dieses sperrige Gestrüpp der Gesetzesparagraphen, Verord nungen und Verfügungen schon längst nicht mehr durch- rufinden vermag. Natürlich sind die Juristen selbst am allerwenigsten erbaut davon, weil schließlich allzu leicht die Gefahr ent steht, daß Widersprüche zwischen den verschiedenen Rechtsbestimmungen nicht ausbleibcn und auch nicht aus geblieben sind Letztes Hilfsmittel ist ja dann immer die Spruchpraxis des Reichsgerichts — aber als einen idealen Zustand kann man das wirklich nicht bezeichnen, Freilich darf man dabei nicht vergessen, daß das moderne Leben immer vielgestaltiger, immer komplizierter wird, von heute auf morgen neue Verhältnisse entstehen, die baldigst recht- iiche Regelung verlangen, weil sie einfach in die bereits bestehenden Rechtsverhältnisse hineinpafsen. Stärksten vielfältigsten Einfluß auf die Neu- und Fortbildung des Rechts übt also das rasende Tempo der Zeit- kn t w i ck l u n g von heute aus. Da« jsi vielleicht die wirkliche, die crnstbafte „Krise der Justiz" ihr letzter Untergrund. Darüber sind sich gerade die'deutschen Juristen, die soeben zu ihrer diesjährigen Tagung bezeichnenderweise in Salz burg, also der Grenzstadt zwischen Deutschland und Österreich zusammengetreten sind, ohne weiteres im klaren. Deswegen steUte gerade diese Erwägungen auch der deutsche N e l ch s j u st j z m i n i st e r die erste Stelle seiner Ausführungen. * Er sprach von einer „Natio- "ung", also von einem „Abbau des Gesetzes- ob dies nicht doch nur frommer Wunsch bleiben wird? Frommer Wunsch ebenso wie die gleichfalls 7 dringend notwendige Neuordnung in der immer vicl- zeftaitiger werdenden Organisation der Rechts- ' i.I ege? Man hat ja der Vielgestaltigkeit des modernen Wirtschaftslebens und seiner sich ständig neu- und um- nldenden Rechtsbeziekmngen auch durch eine sich ebenso '""big erweiternde Vielgestaltigkeit in der Organisation '". Rechtspflege durch Schaffung besonderer Standes- ?enchte ,,nd Jnstanzenzüge beizukommen versucht. Aber »arm Muß man dem Neichsjustizminister recht geben: eine des Vereid iqungswescns ist eine Rotwendigkeit: die Art, wie dieses heute gehand- werden mutz, erscheint als i,inner unerträglicher. Gesetz aber steht der Mann, der es an- d" N rchter- Unabsetzbar - und Dr Koch be- tonte lehr scharf die Rotweudigkcit, diese Unabsetzbarkelt unbedingt diesem Stande zu erhalten - sucht er im drän genden Leben die Rechtsverhältnisse zu klären. Hier wird - namentlich für den Zivilprozeß, aber so manches Rial auch un Strafrecht — die Frage der Fortbildung des Richters besonders brennend, WN er nicht - weltfremd werden. Mit diesem Vorwurf ist man überhaupt recht schnell bei der Hand! Gewiß sind objektive Irrtümer auch in der Rechtspflege denkbar und möglich, gewiß auch geschehen — aber wird der Richter zu einer Persönlichkeit im besten Sinne des Wortes, dann wird er der Tragik jedes Menschenwcrkes, Stückwerk zu sein, weniger unter liegen. Seine Korrektur ist die öffentliche Kritik, die frei lich auch durchaus nicht unfehlbar ist, sondern — leider — sachlich bisweilen mangelhaft unterbaut und nicht selten vom Parteigeist beeinflußt ist. Trotzdem will und mag sie der Neichsjustizminister nicht als notwendiges Gegen gewicht missen. Ein Ideal: gerade beim Richtcrstand kommt es vor allem auf die Einzelpersönlichkeit an. nicht auf die Masse; aus das Wie, nicht auf das Wieviel. Denn: -Das NcM . Schicksal« spitzte Dr. Koch seine Ausführungen zu. Erleichtert wird die Ausführung dieser Gedanken nicht gerade durch Deutschlands staatliche Struktur. Denn ebenso Wie der letzige Reichsinncnminister von seinem Ressort sagte, sei eine Da m e ohne Unterleib", so trifft dies Reichsjustizministerium zu. Liegt doch die.-lusubung der Rechtspflege ganz in den -Händen der Lander rmo der Neichsjustizminister hat prak tische Eingriffsmoguchlett nur m ganz geringem Ausmaß. Was er vor allem will, St eine gleichmäßige Ausbildung der zum Richteramt berufenen -tanner im ganzen Reich und ihre Verwendung ohne Rücklicht auf die Landes grenzen, also sozusagen die Einführung beruf licher Wanderiah re. Aber dw Erfüllung dieses Vorschlages hängt ja ganz von der Entwicklung im Ver- fassimqsleben Deutschlands ab Hier entscheidet also auch wieder der Ablauf der Dinge, bat sich die Nechtsgestaltung der Lebensgestaltnug anzupassen. Das gilt auch — und vielleicht noch drasti scher — für die Gestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen den Völkern, wo als t r ü b e s E r b t e i l d e s Krieges auch jetzt noch kaum verhüllte Gewalt natürliches Recht unterdrückt, das aus dem so oft verheißenen, aber uns Deutschen gegenüber so selten ansgeführten Selbstbestim- Zer Reichskanzler Mbt in Genf. Fortsetzung derRhemlandbesprechung Neue Konferenz am Sonntag. Nach der neuesten Entwicklung ist die für Freitag oder Sonnabend vorgesehene Rückreise des deutschen Reichskanzlers aus Genf nach Berlin aufgcgeben worden. Reichskanzler Müller- wird in Genf bleiben und die deutschen Interessen, bei denen es sich in erster Linie wahr scheinlich um den Zeitpunkt der Rheinlandräumung handelt, an Ort und Stelle wahrnehmcn. Die Dienstag ohne besonderes Resultat abgebrochene Konferenz der Außenminister der beteiligten Hauptmächte wurde Don nerstag fortgesetzt. Dabei ergab es sich nach der amtlichen Veröffentlichung, daß einige Punkte noch einiger Über legung bedürfen. Die Besprechungen werden daher Sonntag fortgesetzt. Die Donnerstagkonferenz dauerte etwas über zwei Stunden. Reichskanzler Müller und Staatssekretär von Schubert, die als erste das Hotel, in dem die Besprechung stattfand, verließen, teilten den wartenden Journalisten mit, daß die Besprechungen am Sonntag fortgesetzt werden. Briand gab die Auskunft, daß er mittags Genf verläßt und am Sonnabend abend wieder zurück sein wird. Briand nimmt in Paris bekanntlich an einem Ministerrat teil. Die deutsche Delegation ist in ständiger Fühlung mit dem Reichskabinett in Berlin. Der deutsche Standpunkt wurde auch in der Donnerstagbesprechung unver ändert aufrechterhalten, wenn auch näheres nicht be kanntgegeben wurde. Englands Haltung. Der Amtliche Britische Funkdienst teilt mit, cs ver laute in London, daß die Haltung der britischen Regierung in der Rheinlandfrage genau die gleiche bleibe, die die Regierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage im Parla ment vor einiger Zeit bekanntgegeben habe. Diese Ant wort erklärte, daß nach der britischen Ansicht die allgemeine Räumung des Rheinlandcs vor der im Versailler Vertrag festgesetzten Frist nur durch eine Abmachung zwischen den Mächten, deren Truppen durch die Räumung berührt werden, und der deutschen Regierung erfolgen könne. Sollte eine solche Abmachung möglich sein, so würde dies der britischen Regierung sehr willkommen sein, die bereit sei, jeden Vorschlag in freundliche Erwägung zu ziehen, der zum Zweck der Räumung von den direkt be teiligten Parteien gemacht werden könnte. Deutschland für allmähliche Abrüstung. In der in Genf tagenden dritten Kommission für Ab- rüstungsfragen gab Graf Bernstorff, der deutsche Vertreter, ine Erklärung ab, in der er nochmals mit großem Nach druck den Standpunkt Deutschlands zu der Abrüstungs frage darlegte. Graf Bernstorff wies aus die Erklärungen oes Reichskanzlers über die Abrüstungsfrage in der Voll versammlung hin, die keineswegs ein Parteiprogramm seien, sondern das Programm der drei letzten Negierungen. Dieses Programm finde die Unterstützung fast der Gesamt heit des deutschen Volkes. Deutschland habe von Anfang rn den Gedanken einer etappenweisen Lösung der Ab- mstungsfrage angenommen. Die erst- Etappe könne und müsse eine merkbare Herabsetzung des gegenwärtigen Standes der Rüstungen bringen. mungsrecht der Völker entspringt. Und darum klang Ute Rede des deutschen Neichsjustizministers in Salzburg, wo kurz vorher noch in der gleichen Festhalle, in der die Fest spiele stattfanden, das enge V e r b u n d e n s e i n der deutschen Kultur diesseits und jenseits der Gren zen Deutschlands und Österreichs bewiesen wurde in dem Willen ans in Fortführung des Werkes seiner Vorgänger die Rechtsgleichheit zwischen den beiden Ländern in immer breiterem Ausmaß zu schaffen, bis dann mit dem Siege des Rechtsgedankens auch der staatliche Zusammen schluß zur überreifen Frucht geworden ist. Umsturzversuch in Spanien. Massenverhaftungen. Während der spanische König einen Besuch in Schwe den unternimmt und soeben bei der Durchreise in Kiel durch die deutsche Flotte begrüßt worden ist, glaubt man, wie schon kurz gemeldet wurde, in seinem Lande einem großen Komplott auf die Spur gekommen zu sein, das sich wieder gegen die nun fünf Jahre bestehende Diktatur des Ministerpräsidenten Primo de Rivera richtete und seinen Sturz bezweckte. Es mutz angenommen werden, datz diesmal die Monarchie weniger getroffen werden sollte als gerade das Regiment des Ministerpräsidenten. Denn unter den bekanntgegebcnen Verhaftungen befinden sich in erster Linie solche liberaler und konservativer Poli tiker, denen Abneigung gegen den König oder Vorliebe zur Republik nicht nachgesaat werden kann. Jie SentschMiMlen fordern Mül kehr des Kanzlers. Berlin, 13.. September. Die Deutschnalionale Presse stelle teilt mit: Bei -er heutigen Zusammenkunft der -eutschnalio- nalen Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses berichtete ber Frakttonsvorsitzen-e über seine Verhandlungen mit dem Aus wärtigen Amt. Diö Anwesenden billigten einstimmig den von Gras Westarp gestellten Antrag auf Einberufung des Auswärti gen Ausschusses des Reichstages, -essen sofortige Einschaltung sür dringend erforderlich erklärt wurde. Der Vorsitzende des Aus wärtigen Ausschusses, Abg. Scheidemann, hatte mitgeteilt, er werde am Sonnabend in Berlin feststellen, wann -ie Genfer De legierten berichten könnten. Da diese Behandlung -es deutsch nationalen Antrages die Gefahr einer bedenklichen Verzögerung in sich birgt, hat Gras Westarp das Außenministerium schriftlich gebeten, -cm Herrn Reichskanzler das Ersuchen zu übermitteln, vor weiteren Verhandlungen zwecks Fühlungnahme mit dem Aus wärtigen Ausschuß vorübergehend nach Berlin zurückzukehren. Er hat Schel-enu »n ersucht, sich diesem Wunsche anzuschließen. ReWWer Koch-Weser RMMtz- M Minkekheiteosrogen. Wien, 13 September. Einem Vertreter der „Neuen Freien Presse" gegenüber äußerte sich Neichsjustizminister Dr Koch-Weser über die Anschluß- und Minderheitenfrage u. a. wie folgt: Nach außen sind die beiden Völker berufen, gemeinsam den Rcchtsgsdanlen za vertreten, den Reichsgedanken und mit ihn: einen feiner schönsten und vornehmsten Blüten, die man als das Silbstbestimmungsrecht -er Völker bezeichnen kann. Man wird in -en beiden Ländern niemals müde werden, diesen Gedanken zu vertreten, schon weil die Einigung Deutschlands und Oesterreichs eine Lebensnotwrn-igkeit ist. Aber noch einen zweiten Gedanken vertreten die beiden Staaten gemeinsam: Das Recht der Minder heiten. Es ergibt sich aus -er gemeinsamen Art des Denkens, daß sowohl Bundesianzer Dr. Seipel wie Reichskanzler Müller dir Frage des Mm-erheitenrechtes ihrerseits in Genf zur Sprache gebracht haben. Es ist eine Errungenschaft der Nachkriegszeit, daß sich stärker als früher neben den StaMsgedanlen der Volksgedanle gestellt hat. Im alten Deutschland war die Zuneigung zu den Min derheiten und die Betätigung mit ihnen außerhalb der Rrichs- grenzen beengt und manchmal fast verbot es -er Umstand, da die se Deutschen Untertanen eines fremden aber befreundeten Sou veräns waren. Heute können wir unsere Blicke ungehemmt gehen lassen zu allen Volksgenossen außerhalb der Grenzen. Die Be ziehungen zu ihnen sind nach dem Kriege enger geworden. Wir dienen der Organisation des Rechtes, wenn wir daran arbeiten, die Minderhettenkommission beim Völkerbund in ein festes Min derheitenamt umzuwandeln. Nach den amtlichen Bekanntmachungen aus Madrid war für die Nacht wom 12. auk den 13. September eiu von verschiedenen Elementen und Personen angezetteltes Kom plott geplant, das zur Stunde als gescheitert angesehen werden kann. Die notwendigen Verhaftungen sind vorge- nommen und eine eingehende Untersuchung eingeleitet worden, um das von den Verschwörern verfolgte Ziel, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und den Umfang ihrer Verantwortung genau festzustellen. Das Komplott sollte den Stolz und den Ehrgeiz von Leuten befriedigen, die nicht an den Schaden dachten, den sie Spanien gerade in diesem Augenblick zufügen konnten, wo dieses in Gens einen neuen Beweis für die Achtung der Welt erhalten hat. Vielleicht war die Ursache des Komplotts der Verdruß und der Neid, die die dieser Tage stattfindenden gewaltigen Kundgebungen der Anhänglichkeit an die Regierung her- vorgerufen haben. Anhaltende Llmuhe. Von der spanischen Grenze wird berichtet, daß trotz der beruhigenden Versicherungen der spanischen Regierung die Bewegung gegen die Negierung Primo de Rivera in voller Entwicklung begriffen sei. Der Höhepunkt werde für den fünften Jahrestag des Regierungsantritts Primo de Riveras erwartet. Primo de Rivera hat an alle Mit glieder der bewaffneten Bürgerwehr einen Nundbefchl richten lassen, wonach die Mitglieder zu den Feierlichkeiten uit Karabiner und voller Munitionsmenge erscheinen müssen. Die Negierung hat einen genauen Bericht über die Gesamtausdehnung der gegenrevolutionären Bewegung und die Zahl der Verhaftungen angekündigt.