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Polen. Ei« Flottenbauprogramm. Kriegöminister Sikorski legte Lem Polnischen VerteiLigunHsausschutz des Sejm Vas erste Flottenbauprogramm vor. Im Laufe von zwölf Jah ren sollen drei Kreuzer, sechs Zerstörer, zwölf Torpedoboote, zwölf Unterseeboote und 36 kleinere Einheiten gebaut wer den. Die Ausgaben stellen sich auf 600 Millionen Gold- frank. Das detaillierte Programm soll dem Sejm im Herbst vorgelegt werden. Der Verwidigungsausschuß nahm den Antrag als dringlich einstimmig an. Aus In- und Ausland. Neuwied. Dem ausgewiesenen Stadtbanrak Kindler ist die Wiederaufnahme seines Amtes nicht ge stattet worden. Die Rheinlandkommission hat den Eisen bahner Kemmer in Boppard aus dem besetzten Gebiet aus gewiesen, da er sich gegen di« Regie, die ihn im März dieses Jahres entlassen mußte, vergangen habe. Wien. Di« Telegraphen- und Telephonangestellten haben eine Protest Versammlung gegen die neue Besoldungs ordnung abgehalten. Infolgedessen ruhte der gesamte Draht- verkehr mehrere Stunden. Die Arbeiter der Staatsdruckerei üben passive Resistenz. London. Es verlautet, daß der Vertrag, der die Ab tretung von Jubaland von Großbritannien an Italien Vorsicht, in London unterzeichnet worden ist. Sofia. Die bulgarische Regierung hat in der Sobranje ein Gesetz Wer eine umfassende Amnestie eingebracht, von der jedoch die früheren Minister Radoslawow und Tontschew ausgenommen werden. Athen. Der Präsident des Militärausschusses, EalogeraS, unterbreitete der Regierung den Vorschlag, eine franz ösi- sche Militärmission nach Griechenland berufen zu lassen zur vollkommenen Ausbildung der Offiziere. flitz Mrinsim, an MzWmSraer. Aus dem Menschenschlachtbaus von Hannover. Fritz Haarmann suchte sich seine Opfer in ver Nähe des Hauptbahnhofes, aus zugereisten Obdachlosen aus und lockte sie in seine ärmliche Dachkammer. Man sieht dem ge, bärtigen Stadthannoveraner, rüstigen Mann, nicht an, daß er Militärmvalide ist. Der gewisse weibliche Ausdruck seines Gesichtes tritt stark hervor, wenn der Mörder unter der drückenden Gewissenslast zusammenbricht, weint, ohn mächtig wird. Hart neben diesem weiblichen Aussehen fin den sich Gesichtszüge, Vie unverkennbar auf Brutalität Leu ten. Wenn Vie Polizei in den Jahren von 1918 her vielleicht zu nachsichtig gegen Haarmann verfahren ist und ihn nicht scharf genug im Auge hatte, so ist dies damit zu erklären, daß man ihm ein Morvvergehen schlechtweg nicht zutraute. Nur als Homosexueller war er der Kriminalpolizei wohl bekannt. Haarmann bezeichnete sich als Kaufmann. Seine Briefe sind voll von orthographischen Fehlern, sein Deutsch ist haarsträubend. Alles mögliche konnten die Nachbarn von ihm kaufen: Kleidungsstücke, Herrenwäsche, gebrauchtes Schuhzeug, Mützen, Hüte, Hosenträger, Schlipfe usw. Haar manns Spezialität war Pferdefleisch. Das Psunv kostete 35 Pfg., drei Pfund machten eine Mark. Die Haut war so bearbeitet, daß es nicht kenntlich war, ob Haare oder Borsten darauf wuchsen. Mordinstrumente wurden bei Haarmann nicht gefunden. Merkwürdigerweise waren die in der Leine anfgefunvenen Knochen säuberlichst von allen Fleischresten befreit. Sie befanden sich auch in gut zu gebundenen Säcken, so Laß Vie Reinlichkeit kein Werk der Aale sein konnte. Mit einem Brotmesser hat Haarmann das Fleisch der Ermordeten von den Knochen gelöst. Wie der Mörder aussagt, brachte er seine jungen „Freunde" im Zustand höchster sexueller Erregung um, und zwar auf Vam- pirart, indem er ihnen die Halsschlagader ausbiß und das Blut aussog. — Indessen versichert der Herr Polizeipräsident Beckerath von Hannover, daß er sich nicht mit Nücktrittsgedanken trage. SesMiMrr. Kredit ohne Zinsen hat jeder zu einer wöchentlichen aus- giMgen Anleihe beim Weltkapital an Humor und Satire durch ein Abonnement auf die M e g g e n d o r f e r B l ä t t e r. Dieses — politisch tendenziöse — aber alle Richtungen echten Humors sieghaft beherrschende Familienwitzblatt bringt jede Woche aufs Neue eine höchsterfreuliche Fracht guter Witze, satirischer Glossen, Var Probejahr der Dolorer Renoldi. 4 Roman von Fr. Lehne. Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale C. Acker- mann, Stuttgart. Rita dehnte den üppigen Körper behaglich im Bett unter der buntseidenen, etwas abgeschabten Steppdecke und rieb sich blinzelnd die Augen. „Ah, alte Dame, denke du vor allem daran, ein wenig Toilette zu machen — bis dahin bin ich längst fertig, ehe du in „jugendlicher Frische und Schönheit" prangst —" ein wenig spöttisch lächelte Rita die Mutter an, die, das noch volle rotblonde Haar auf Lockenwickel gewickelt, in emem früher einmal sehr elegant und teuer gewesenen Schlafrock vor ihr stand, der jetzt aber deutliche Spuren der Abnutzung trug. „Verdirb mir nicht die Laune, Rita!" versetzte die Ba ronin ein wenig ärgerlich, „du weißt, wie leicht ich Mi gräne bekomme, und dann könnte es sein, daß wir heut' abend zu Hause bleiben müssen. „Ach ja — gerade heute Abend dürfen wir ja den feierlichen Augenblick nicht vergessen, an dem das erste ^Begegnen der „verwunschenen Prinzessin" mit Roger Em- Lingen stattfindet! Fein hast du das gedeichselt, alte Dame." „Du sollst nicht „alte Dame" sagen." „Nun denn — junge Dame!" , Nita drehte sich auf die Seite, legte das Gesicht auf die Hände und blinzelte die Mutter an. „Du machst mir wirklich nocb Konkurrenz, Mama! Ehrenwort! Man sieht dir, besonders wenn du dich „auf- gemöbelt" hast, deine dreiundvierzig Jahre wirklich noch nicht an." Die Baronin seufzte. humorvoller Erzählungen und Gedichte — dies alles verbrämt und verstärkt durch künstlerische Zeichnungen, Bilder und Kari katuren. Wer Stunden wirklich harmloser Fröhlichkeit sich be reiten will, der lese jede Woche die neue Nummer der Meggen- dorfer! Das Abonnement auf die Meggendorfer-Blätter kann jederzeit begonnen werden. Bestellungen nimmt jede Buchhand lung und jedes Pvstamt entgegen, ebenso auch der Verlag in München, Residenzstr atze 10. Die seit Beginn eines Viertel jahres bereits erschienenen Nummern werden neuen Abonnenten auf Wurssch nachgeliefert. Börsenbericht. Berlin, 18. Juli. Die Börse beschloß die Woche in einer nahezu beispiellosen Geschästs- stille. Die Stimmung war dabei nicht unfreundlich. In folgedessen bestand sehr wenig Abgabeneigung, und einige Kauflust konnte nur zu gebesserten Kursen Befriedigung finden. Die Umsätze blieben äußerst beschränkt. Sprozenttge Reichsanleihe 290 und Schutzgebietsankeihe 2sss. Diese Kurse gingen aber nach Eröffnung des offiziellen Verkehrs bald auf 277 bzw. 2X zurück. Die Berliner Devisenbörse vom 18. Juli bringt bei un verändertem Dollarkurs (4,19:4,21) nur geringe Ab- Weichungen. Engl. Pfund 18,30:18,39; franz. Frank 21,40:21,50; schweiz. Frank 76,21:76,59; Dollarschatz- anweisungen 81; Goldanleihe 4,2. Nauhfutter. Berlin, 18. Juli. (Amtlich.) Erzeu gerpreise pro 50 Kilogramm ab märkischer Station für den Berliner Markt (in Goldmark): drahtgepr. Roggen- und Weizenstroh (Quadratballen) 0,50—0,60, desgl. Haferstroh 0,40 bis 0,50, desgl. Gerstenstroh 0,40—0,50, Roggenlangstroh, bind- fadengepr. Roggen- und Weizenstroh je nach FrachÄage, Häcksel 0,80-0,85, handelsMl. Heu, altes 1,15-1,35, neues 1-1,20, gutes Heu, altes 1,75—1,95, neues 1,30—1,60, Klesheu, lose, neu 1,90—2,10. Über 2000 Firmen unter Geschäftsaufsicht. In letzter Zeit meldeten sich täglich etwa 26 Firmen unter Geschäftsaufsicht, so daß die Gesamtzahl dieser „kranken Unternehmungen" auf über 2000 gestiegen ist. Die Novelle zur Geschäftsaufsichtsver- ordnung hat dagegen zur Folge gehabt, daß täglich durchschnitt lich 21 Geschästsaufstchten aufgehoben weiden, so daß zu hoffen ist, daß in Kürze alle unlauteren und konkursreifen Elemente aus der Geschäftsaufsicht ausgeschieden fein werden. Preisermäßigung für ostelbische Braunkohle. Das ost- elbische Braunkohlensyndikat hat die Richtpreise des Reichs kohlenkommissars um rund 10 Pro Tonn« ermäßigt. Demgemäß beträgt der Brikettpreis ab ostelbischer Grube jetzt 11,60 Mark gegen bisher 12,90. Mark je Donne. Amtliche Preise an der Berliner Produktenbörse Getreide und Olsaaten je 1000 Kg. sonst je 196 Kg. Ln Goldmark der Goldanlethe oder in Rentsnmark. Kelz., märt. 18. 7. 172-178 17. 7. 173-180 WeizN.f.Brl. 18. 7. 9.S 17. 7. 9,2 Mitleid. —— — Rogkl. f. Brl. 9,6-9,7 9,59.6 Rogg., mark. 140-147 142-148 Raps 260 255-260 pommerscher — — Leinsaat 330 330 westpreuß. — Biktor.^rbs, 20-22 20-21 Futtergerste 155-160 155-180 kl. Speiseerbl. 14-15 14 15 Braugerste 160-170 160-170 Futtererbsen 14 14 Hafer, märk. 142-147 142-148 Peluschken 14 14 pommerschsl — — Ackerbohnen 15 —- westpreuß. — Wicken 15-16 15-18 Weizenmehl p. 100 Kil. sr. Bln. br. inkl. Sack (feinst, virk.ü. Not.) 24,5-28 24,5-28 8upin., blaue Lupin., gelbe Seradella Rapskuchen Leinkuchen 9,5-10 11 19-20 9,5-10 16-17 10,5 19-20 Roggemnehl p. 100 Kil. fr. Berl, brutto lull. Sack 22-24,5 22-24,5 Trockenschtzl. VW. Zuckfchn. Torfml. 30/70 Kartoffelfl. 8,8-9 18-19 21-22 8,8-9 18-19 21-22 Dresdner Produktenbörse vom 18. Juli. (Die Preise verstehen sich per 100 Kilogramm in Goldmark.) Weizen, inländischer 17,25—17,75, stetig; Roggen, inlän- disch.er 15,50—16,00, ruhig; Sommergerste, Ernte 1923 16,75 dis 17,75, fest; Wintergerste, Ernte 1924 15,75—16,50, fest; Hafer 15,00-15,50, fest; Raps 25,50—26,50, fest; Mais 17,00 !bis 17,50, fest; do. kleinkörniger 18,00—19,00, fest; Wicken 18,50 bis 19,50, fester; Lupinen, blaue 14,00—15,00, fester; do. gelbe 19,00—20,00, sester; Futterlupinen 11,00—13,00, fester; Pe luschken 19,00—19,50, fester; Erbsen 20,50—21,50, sester; Trockenschnitzel 11,A—11,75, fester; Zuckerschnitzel 14,00 bis 17,00 fester; Kartosselflocken 22,50—23,00, fester; Weizenkleie 8,60—9,00, fester; Bäckermundmehl 31,50—33,00, sester; In- landsfehl, Type 70^ 26,50—27,50, sester; Roggenmehl, Type 70A 25,00—26,50, fester. Feinste Ware über Notiz. * Nossener Produktenbörse vom 18 Juli. Weizen, hiesiger neu (50 Kilogramm) 8,30; Roggen, hiesiger neu 7,50; Sommergerste 8,26; Wintergerste neu 7,50; Hafer neu 7,20; Weizenmehl, Kailerauszug ohne Sack m. Ausl. 18,00; ds. Bäckermundmehl ohne Sack m. Ausl.; 15,75; do. 7O2L aus Aus landsweizen 14,75; do. 70A 13,25; Roggenkleie, inländ. 5,00; Weizenkleie grob 4,75; Maiskörner 8,50—9,00; Kartoffeln 1,20 bis 180; do. neue 5,50—6,00. — Am heutigen Markte wurde bezahlt: Wiesenheu neu 2,50; PreMroh 0,80; Gebundstroh 0,60; frische Landeier 0,10—0,12; frische Landbutter 0- Pfd. 1,00 bis 1,10 Mk. »«v«»»»»»»»»»'»»»»»»»»»»»»»»»»»»»«»»«»»»»»»« »««»»«»^ s Spiel- una K3tlele<ke - V e x i r b i l d. Wo ist der Herr, dem das Auto gehört? Auflösung in nächster Sonntagsnummer. Auflösung des Vexierbildes aus Nr. 162: Schräg von links oben betrachten. Kops am Kopf des Hundes, Füße am Baumast. * Bilderrätsel. Auflösung in nächster Svnntagsnummer. * Auflösung des Bilderrätsels aus Nr. 162: Glaubensstreiter. „Welche Ausdrucksweise! „Aufgemöbelt!" Du bist ein recht undankbares Geschöpf, Rita —! Alles tut man für dich — wofür lebe ich denn?" „Ich erkenne es wohl an, Mama! Es ist ja mehr Galgenhumor! Denn gerade den Emdingen hätte ich gern für mich behalten. Wie war ich erfreut, als er uns seinen Besuch machte, als der Zufall ihn ausgerechnet nach hier versetzen ließ — und nun machst du mir einen solchen dicken Strich durch die Rechnung!" schloß sie traurig. „Aber, Ritakind, bist du denn noch nicht vernünftig geworden?" Die Baronin war erregt. „Gerade um dir die unnützen Gedanken aus dem Kopf zu bringen! Em dingen hat weniger als nichts — er kann sich vor Schulden nicht retten, wie du Wohl weißt — wir hatten uns auch gleich nach Swinemünde erkundigt! Und wie unsere fi nanziellen Verhältnisse beschaffen sind, das brauche ich dir wohl nicht erst zu sagen —" „Leider Gottes — nein!" seufzte Rita. „Und dann willst du noch daran denken, daß du und Emdingen — es ist ja eine glatte Unmöglichkeit, Kind — sieh es doch ein —." Die Baronin strich über die dicken blonden Zöpfe der Tochter, die über deren Brust lagen. Rita starte gerade aus. „Ja, Mama, ich sehe es ein!" kam es hart und knapp von ihren Lippen. „Wie sehr gönne ich dir alles Glück der Erde, mein Kind!" sagte Frau von ScharN.k weich. „Rita, Liebling, glaube es mir !— So höre doch " Rita lag unbe weglich. Ein bitteres Lächeln irrte um ihren Mund. „Mir tut es selbst so leid, da ich Wohl beobachtet habe, daß ihr euch nicht gleichgültig gegenüberstandet aber wir müssen vernünftig sein; das begreifst du doch? Oder hättest du Lust, vielleicht noch unbestimmte Jahre als arme Offiziersbraut herumzulaufen?" Ungestüm richtete sich das junge Mädchen im Bett auf. „Um Gottes willen, nein, Mama!" „Was meinst du denn, Mama, wie viel es dir ein bringen wird, wenn es was mit Dolores Renoldi und Ro ger Emdingen wird?" fragte Rita. Ein Fischzug wird es sein, daß wir ein paar Jahre sorgenlos und gut leben können!" entgegnete die Baronin lebhaft. „Gar kein Vergleich zu den Läbpereien der letz ten Jahre." Ritas braune Augen leuchteten auf. „Wirklich, Mama?" „Ja, mein Kind, und darum bitte ich dich nochmals, vergiß, was sich einst angesponnen hat zwischen dir und Roger Emdingen — es war ja so zart, erst im Entstehen! Sei kühl gegen ihn — es hat anders keinen Zweck! Sei meine vernünftige Rita, und wir sind aus den Sorgen!" bat Frau von Scharbeck. „Wie viel also, Mama, für diese Vermittlung?" „Das muß mit der größten Delikatesse gemacht wer den, Rita, und dennoch muß Emdingen wissen, daß er mir sein Glück zu verdanken hat; er ist sehr leichtsinnig! Ich denke, zehn Prozent von der sofortigen Mitgift Dolores Renoldis und du weißt, der Konsul ist mehrfacher Millionär! Es ist doch nur erst ein Fühlen, Tasten ge wesen — erst muß er ja mit ihr bekannt werden " „— und wenn sie sich beide nun nicht mögen?" „Das wollen wir beileibe nicht wünschen! Und es ist Wohl auch nicht anzunehmen, daß Emdingen die Re. oldi verschmähen würde! An ihm liegt es, sich bei dieser an spruchsvollen Prinzessin beliebt zu machen! Darum war es mir sehr wertvoll zu wissen, daß Renoldis heut' abend ganz bestimmt bei Finkenbachs sindp So viel ich von der Geheimrätin gestern habe heraushören können, wird Em dingen Dolores Renoldi sogar zu Tische führen. 7" " trifft sich ganz vortr-fst^ "