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Die Sachsen-Zeitung enthält die amtliche« Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts «nd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen u.a. DsM/a// »»)» Gesckärts stellen nellmLN - - - - — jederzeit Bestellungen entgegen. Kalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilregt. Z GöMMm, Swmke, v. Kr-eSer Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raum,eile MGoldpfennig, die 2 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungcriiü Gold- pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile der Zeitung Ivo Goldpfennig. Nachweisungsgebühr 20 Gold- Pfennige. Vorgeschricbene Er- L scheinungstage und Platzvor- schristen werden nach MSglich- Vt/'. 6 Kei» berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vormittags Ivlihr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogeu werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen auch alle Vermittlungsstellen entgegen. Nr. 136 - 83. Jahrgang. Tel.-Adr.: .Sachsenzeitung» Wilsdruff-Dresden. Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 13. Juni 1924 Ä er wirü Frankreichs präliäenl vor ürr?rWarmrMsb!. Paris, 11. Juni. Die Verlesung der Rücktrittsbotschast Millerands er folgte nachmittags durch den Scnatspräsidenten Doumergue im Senat und den Kammerpräsidenten Painlevs in der Deputiertenlammer. Bis zur Ncuberufung eines Ka binetts durch den zu wählenden Präsidenten führt der Ein- tagsministerprSsident Marsal die Geschäfte weiter. In Versailles werden die Vorbereitungen zur Wahl getroffen. Millerand wird sofort die Präsrdentenwohnung im Elysee verlassen, um sich einige Tage in Versailles, wo er ein kleines Besitztum hat, zu erholen. Jedenfalls wird er aber nicht lange untätig bleiben. Man spricht bereits da von, daß er den durch den Tod des Abgeordneten Petitier freigewordenen Sitz in der Kammer erhält. Auch soll er beabsichtigen, seine Praxis als Advokat wieder aufzu nehmen. Die Presse, auch die rechtsstehende, betrachtet ihn anscheinend als toten Mann, denn es ist kaum die Rede von ihm. Alle Aufmerksamkeit wendet sich vielmehr der Frage des Nachfolgers zu. Zunächst treten nur zwei Kandidaten in den Vorder grund, die beiden Präsidenten der Parlamente, Pain le v ä und Doumergue. Von diesen scheint die meisten Aussichten Painlevs, der nach den Linkswahlen zum Kammerpräsidenten aufrückte, zu haben. Er ist eine der be rufensten Führer der Linken, gilt als der beste Republikaner und als bedeutender Gelehrter. Ebenso großes Ansehen genießt Doumergue, der Senatspräsident. Jedoch machen einige Linksblätter daraus aufmerksam, daß durch seine Wahl der Präsib«Mcnsiuhl im Senat frei würde und die Ge fahr entstünde, Poincard künftig an dieser Stelle zu sehen. Die Linksparteien be mühen sich eifrig, eine ge meinsame Kandidatur in ihren andauernden Be sprechungen zustandezubringen. Nach dem „Echo de Paris* soll Abg. Herriot, der in der Vorabstimmung der parlamen tarischen Fraktionen der Lin ken über die Kandidatur für die Präsidentschaft der Re publik den Vorsitz führen wird, beabsichtigen, vorher den Kammerpräsidenten und den Senatsprästdenten in aller Form zu verpflichten, dak» der Painlevö. eine von ihnen auf die Kandidatur in Versailles ver- z ichte, wenn der andere bei derWstimmung mehr Stimmen erhalte. Als weitere Kandidaten werden noch der Senator Lebrun und der frühere Präsidentschastsbewerber Pams genannt, doch mißt man den beiden keine große Bedeutung zu. Voraussichtlich wird die Wahl Freitag um 1 Uhr mit tags in Versailles stattfinden. Für den Sonntag ist dann Lie Neubildung des Kabinetts unter Führung Herriots geplant. Poirrcare kandidiert Mit (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitung".) Paris, 12. Juni. Pomcarö wird bestimmt Mitkandidat für die Präsidentschaft sein. Herriots Liste bereits fertig? (Eigener F e r n f p r e ch d i e nst der „S a ch f e n - Z e i tun g".) Paris, 12. Juni. Gestern abend wurde bekannt, daß Marshal seine Demission wahrscheinlich schon am Sonnabend in den ersten Morgenstunden dem neuen Präsidenten überreichen wird. In jedem Falle würde Herriot noch im Laufe des Vor mittags ins Elysse berufen und mit der Bildung des neuen Kabinetts betraut werden. Da Herriot die Liste seiner Mitarbei ter schon fertiggestellt hat, würde er die Namen seiner Minister- kollrgen noch im Lause des Sonnabendmittag bekannt geben und auch das Kabinett der Kammer bereits 3 Uhr nachmittags vor stellen. Die Kammer werde sich dann aus acht Tage vertagen. Herriot stellt fein Kabinett am Sonu- A abend vor (Eigener Fern sp re ch die nst der „Sachsen-Zeitung") Paris, 12. Juni. Herriot hat sich gestern gegenüber seinen Freunden geäußert, daß er wahrscheinlich schon am Sonn abend um 3 Uhr sich mit dem neuen Kabinett der Kammer vo» zustellcn gedenkt. Er wird dann den Antrag auf Vertagung ein- bringen, um einige Tage Ferien zu haben. Während dieser Zeit wird sich Herriot nach London begeben, um mit Macdonald zu- sammenzutresfen. MkrsM Abgang. An und für sich, also rein verfassungsmäßig betrachtet, hat Millerand recht gehabt mit seiner Weigemng, sein Amt alK Präsident der französischen Republik nicht auszu geben, weil die Wahlen des 11. Mai den nationalen Block in die Minderheit warfen, jenen Block, für den sich Millerand oft genug in feinen Reden eingesetzt hatte, dessen Vater er gewesen ist. An und für sich hat er natür lich recht, das an und für sich überparteiliche Amt des Präsidenten, des Hüters der Tradition, nicht aufzu geben. Aber er war eben nicht mehr überparteilich, hatte sich von vornherein allzu stark gegen die Linke festgelegt und diese Kräfte machten mobil gegen ihn ohne Rücksicht daraus, daß damit der Geist der Verfassung getroffen wurde. Das hat Millerand in seiner Botschaft an die Kamme? deutlich hervorgehoben, hat aber vergebens dar auf hingewiesen, daß bei einem Votum der Deputierten gegen ihn „der Präsident zum Spielball der Parteien" wird. Vergeblich rief er den Senat an, „Verteidiger der Verfassung zu bleiben". Es rast der See und will sein Opfer haben. Und er raste deshalb besonders, weil es Millerand nicht gelungen war, den von der Linken erkorenen Führer, Herriot, mit der Bildung eines Ministeriums zu beauftragen. Was Marsal statt dessen zusammenbrachte, war nichts anderes als eine Neuauflage des Kabinetts Pomcarö; sie nahten sich wieder, die schwankenden Gestalten eines Le Troquer, eines Maginot usw. Und das hat Millerand den Sitz auf dem Präsidentenstuhl gekostet; denn jetzt, da der Senat sich mit einer knappen Mehrheit, die Deputiertenkammer mit über 100 Stimmen gegen ihn entschied, hat er den Kamps aufgsgcben und seinen Entschluß, zurückzutreten, kundgetan. Gleichgültig ist, wer an seine Stelle tritt, ob Pain levs, der Präsident der Deputiertenkammer — was im Hinblick auf die bisher beobachtete Tradition wahrscheinlich ist — oder Doumergue. Denn aus diesem Kamps zwischen Staatspräsident und Volksvertretung ist jener ge schlagen und die Institution selbst damit erheblich ge schwächt worden. Der künftige Ministerpräsident — zweifel los Herriot — wird wieder der eigentliche Leiter der Geschicke Frankreichs sein, da der neue Staatspräsident sich sicherlich einer größeren politischen Zurückhaltung befleißi gen wird. Denn die Kammer bleibt nur vier Jahre und, was hernach kommt, wie sie dann aussehen wird, weiß Man nicht. Ruhig einstecken wird die Rechte die Vorgänge dieser Tage nicht, sondern sich eines Tages dafür rächen, Gleiches mit Gleichem vergelten wollen. Außenpolitisch, namentlich im Verhältnis zu Deutsch land, mag das Kabinett Herriot hoffentlich insofern eine Änderung bedeuten, als er bekanntlich sich auf die bedin gungslose, aber nur grundsätzliche Annahme des Sach- derständigenberichts festgelegt hat, damit die zahl reichen Vorbehalte die Pomcarö in seiner Erklärung über die Stellung Frankreichs dazu gemacht hat, unter den Tisch fallen ließ. Freilich — daran muß auch jetzt wieder er innert werden — manches von den Zielen der bisherigen Außenpolitik ist nicht aufgegeben worden. Ganz unklar ist und bleibt die Frage, ob und wann die französischen Be- fatzungstruppen „unsichtbar" und wann sie tatsächlich verschwinden werden. Auch die Frage der „Siche rungen" Frankreichs ist durchaus in der Schwebe; Ver handlungen über diese beiden Punkte scheinen übrigens zwischen Herriot und Macdonald eingeleitet wor den zu sein. Von irgendeiner Nachgiebigkeit ist vorläufig nicht die Rede: Entgegenkommen Deutschland gegenüber erst, wenn Frankreich von Deutschland Garantien und Sicherheiten für seine politischen, finanziellen und wirt schaftlichen Forderungen erhalten hat, — so betonte es Herriot. Schließlich tritt er ja nur die Erbschaft des Be richtes der Sachverständigen an, und da darf er denn Nachgiebiger in der Methode fein, weil das Ziel der französischen Politik erreicht ist. Frankreichs Militarismus regt sich. Zürich, 12. Juni. Die französische Rechtspresse variiert Wit auffälliger Keberemstimmung die These: Es muß bewiesen werden, daß sich in Frankreich auch jetzt noch gegen die Linke regieren läßt. Frankreichs Programm soll und wird bleiben: Aufrechterhaltung aller Prestigefragen an Rhein und Ruhr; keine Einmischung von fremden Regierungen in Frankreichs Sicherungs-Politik. Der Personenwechsel auf den Minister- iGln darf kein Systemwechsel werden. Foch aus der Bildfläche. Paris 12. Juni. Ministerpräsident Marshal hat eine Zweistündige Unterredung mit Marschall Foch gehabt. Die Be deutung der Unterredung liegt darin, das; sie von der Havas- °gentur offiziös der französischen Oessenttlchkeit bekanntgegeben Wird. Günstiger Eindruck in England. London, 12. Ium. In den politischen Kreisen Londons setzt man große Hoffnungen auf die Zukunft der Linksregierung m Frankreich und glaubt, daß nunmehr eine viel freundschaft lichere Zusammenarebit zwischen Frankreich und England möglich ist. Die gestrige überraschend große Mehrheit beim Sturz Mil lerands ha tin den englischen politischen Kreisen aufs neue von dem großen Einfluß des Linkskartells in Frankreich überzeugt. vir LehuiRsS im Eine Denkschrift des preußischen Volks bildungsministeriums. Berlin, 11. Juni. Der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung hat der Reichsregierung eine umfang reiche Denkschrift über die Schulnot im besetzten Gebiet unter Beifügung des statistischen Materials überreicht. Es heißt darin: Schulwesen gelitten, vor allem dadurch, daß zahlreiche Schulen beschlagnahmt wurden. Der Statistik zufolge wurden 215 Schulgebäude ganz und 65 Schulgebäude teilweise beschlagnahmt. Die Zahl der beschlagnahmten Schul räume beträgt über 3200. lieber 79V00 Kinder er hielten unzureichenden Unterricht. Vielfach mußten Gebäude mit zwei oder gar drei Schulen belegt, in anderen Fällen muhten die Schulen auf weit ausein anderliegende Gebäude verteilt werden. Selbst in Wirtshaus- sälen oder Baracken wurden Schulklassen untergebracht. Im Gegensatz hierzu muhte die Stadt Essen zwölf Klassen verschie- ; dener Schulen hergeben, damit für die Kinder von 2000 sranzö- ; fischen Familien eine französische Schule eingerichtet werden konnte. Neben den körperlichen Gefahren, die aus dieser Art des Unterrichts für die deutschen Schulkinder erwachsen, ist zu befürchten, dah allmählich das geistige Niveau der Schulen herabgedrückt wird. Weiter ist der regelmässige Besuch des Re ligionsunterrichts sowie des Schulgottesdienstes durch diese Verhältnisse auch aus die sittliche Erziehung der Jugend verhängnisvoll einwirken, ist leicht ersichtlich. Zahl reiche Gefahren drohen den Knaben und Mädchen, die in früher Morgenstunde zur Schule gehen, und oft spät abends in der Dunkelheit nach Hause zurückkehren müssen. Wiederholt sind hierbei Schülerinnen übersatten worden. Die geistige Reise hat so gelitten, daß die bisherigen Abiturien ten kaum mehr sind, als Kriegsabiturienten. Hierzu kommen die - seelischen Einwirkungen der Ausweisungen. Es entsteht unter den ; Schülern und Schülerinnen starke Erregung, wenn sie mit an sehen müssen, wie Lehrer und Schüler von den Besatzungsbe- Hörden ausgewiesen werden. Aus alledem ergibt sich, dah zahl- beMLiM Gebiet. lose Schüler und Schülerinnen des besetzten und des Einbruchs gebietes in ihrer körperlichen, geistigen und sittlichen Entwicklung Schädigungen erfahren, die nicht wieder gutzumachen sind. Der Minister appelliert zum Schluß seiner Denkschrift an das Weltgewissen, nicht achtlos daran vorüberzugehen, daß unzählige Kinder einst mals blühender Provinzen nicht wieder gut zu machende Schä digungen erfahren. Die gesamte gebildete Welt wird ausgerufen, daran mituwirken, daß die Schulen des besetzten Gebietes bald wieder sreigegeben werden. Neue Separatisten-Putschpläne. (Eigener F.er nspr ech dienst der „Sachsen-Zeitung") Köln, 12. Juni. An hervorragender Stelle veröffentlicht die „Kölnische Zeitung" in ihrer Morgenausgabe von 12. Juni Mitteilungen über die neue Separatistenbewegung im Ruhr gebiet. Aus den Ausführungen geht hervor, daß Pläne für einen neuen Putsch sür die rheinische Republik von den Sonder bündlern, unter denen der bekannte Matthes noch immer eine grohe Rolle spielt, bis ins Einzelne ausgearbeilet worden sind. Eine besondere Schutztruppe, die „Rheno", ist gebildet worden und mit Wassen versehen worden. Die Führer der „Rheno" re krutieren für die Truppe Erwerbslose, Kommunisten und Syn dikalisten. Man arbeitet jetzt daraus hin, in etwa fünf bis sechs Wochen losschlagen zu können. Die Informationen der „Köl nischen Zeitung" beruhen aus Beratungen der Vertrauensleute der Sonderbündler und der „Rheno" in den Ortsgruppen- und anderen Versammlungen. Coolidge oder Lafolettes. (E i g e ne r F e r n s p r e ch d i e n st der „S a ch s e n - Z e! t u n g".) Neuyork, 12. Juni. Auf dem Parteikongreh der Re publikaner in Cleveland nahmen die Anhänger Lafolettes eine Entschließung an, in der sie eine aktive Revisionspolitik für den Vertrag von Versailles sordern. Die Deutschen im mittleren Westen haben sich für die Präsidentschaftskandidatur Lafolettes ausgesprochen.