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Wilsdruffer Tageblatt : 15.07.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192407153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240715
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240715
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-07
- Tag 1924-07-15
-
Monat
1924-07
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 15.07.1924
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ascha ist bei seiner Abreise nach vermißtes Rus äsm LerichtsMsi Zuchthaus für Hochverrat und Sprengstoffvergehcn. Der fünfte Strafsenat des Reichsgerichts verhandelte gegen die wegen Beihilfe zum Hochverrat augcklagten Walter Geng und Otto Knuth. Sie wurden zu je 3 Jahren 6 Monaten Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt. Beide batten lick in die soaenannte „Schutztruppe" der „Rhei- Die Frauen im Deutschen Reichstag. Bei den letzten Reichstasswahlen sind insgesamt 27 Frauen (unter 472 Ab geordneten) in den Reichstag gewählt worden. Im alten Reichstag waren 33 Frauen unter 459 Abgeordneten und in der Nationalversammlung 31 Frauen unter 423 Abge ordneten. Die beiden Parteien, die trotz ihrer Verluste an Sitzen die Zahl ihrer weiblichen Abgeordneten erhalten haben, sind das Zentrum und die Deutsche demokratische Partei. Die Deutsche Volkspartei und vor Mem die So zialdemokratie haben mit ihrem allgemeinen Rückgang an Stimmen weibliche Mandate verloren: die Deutsche Volks- Partei verlor zwei ihrer Mandate, wofür sie allerdings ein neues gewonnen hat, während die Sozialdemokratie von 22 auf 10 Mandate zurückgegangen ist. Die Parteien, die stark zugenommen haben, haben nicht in gleicher Weise ihre weib lichen Mandate vermehrt: so haben die Deutschnationalen nur eine Abgeordnete mehr als im vorigen Reichstag. Die Völkische Freiheitspartei hatte grundsätzlich keine weiblichen Kadidaten aufgestellt. Gegen die Vermehrung geistig Minderwertiger. Die sächsische Regierung hat bei der Reichsregierung beantragt, dnrcü einen Zusatz zum Strafgesetzbuch Lie K a - Mein Freund, der Psychologe und Pazifist Sanftmeier, ist eine Seele von einem Menschen und hält demgemäß nichts von strengen Erziehu-ngsmabregeln. Er leibt in dem holden Wahn, ein vortrefflicher Pädagoge zu fein und verabscheut auf dem Gebiet der Erziehung alle Handgreiflichkeiten. Er ist überzeugt, das, Völker, Kinder, Tiere mit einem guten Wort um den Finger zu wickeln sind und hast man ihnen ein begangenes Unrecht nur recht eindringlich und vernünftig darzulegen braucht, um sie zu dauern der Besserung zu führen. Kraft dieser Grundsätze mißbilligte Sanftmeier höchlich jene Beziehungen zu meinem Teckel, Be ziehungen, die auf den von Sanftmeier verabscheuten Handgreif- lichkeiten beruhen. Mein Teckel hört auf den Namen Waldi, das heißt, er hört auf ihn, wenn es ihm gerade paßt. Paßt es ihm nicht, so stellt er sich an, als ob er Rodrigo oder Carabas hieße, läßt mich mit „Waldi" heiser rufen und tut, als ginge es ihm nicht an. So geschah es auch, als ich an einem schönen Sommertag mit ihm und Sanftmeier über Land ging, meine Aufmerksamkeit teilend zwischen den erbaulichen Reden des Psychologen wieder aus schließlich dem spanischen Namen zugetan war und es völlig ignorierte, wenn ich ihm warnend zurief, sich nicht in Streitig keiten mit anderen Hunden einzulassen oder harmlos dahin wandelndes Federvieh als jagdliche Beute zu betrachten. Als er einmal eine ältliche Ente, die tieffinnig vor einer Pfütze stand, ausscheuchte und sich sodann anschickte, ihr den Garaus zu machen, fuhr ich mit meinem Schirm unsanft zwischen Willen und Tat: „Sackerloter, willst du wohl die Ente in Ruhe lassen, sonst —" Milde ^verwies mir Sanftmeier meine Heftigkeit und Aus drucksweise: „Stellen Sie ihm doch die Sache gütig und objektiv (objektiv ist ein Lieblingswort Sanftmeiers!) dar! Waldis Intelligenz ist so groß, daß er versteht, wenn -man ihm freundlich zuredet..." Die Gelegenheit zu freundlichem Zuspruch bot sich unverzüg lich. Kaum war die Enten-Affäre beigelegt, so entdeckte mein Teckel einen Trupp Hühner, der aus einem Bauernhof heraus kam, um sich aus den die Straße besäumenden Wiesen und Feldern freundlich zu ergehen. Schwupp! hast düs gesehen? Waldi hinter ihnen her, mitten unter sie hinein, und ehe die erschrockene Schar sich's träumen ließ, hatte er ein blühendes weißes Cochin chinahuhn erwürgt. Dann erinnerte er sich plötzlich, daß er nicht Rodrigo oder Carabas hieß und jagte, wie von den Erinnyen verfolgt, zu mir zurück. Ich glaube nicht, daß die Erinnyen sich um tote Hennen be kümmert Haben, aber dem Waldi nahten sie dennoch, und zwar in Gestalt des schimpfenden Gauern, der jammernden Bäuerin und eines schweigsamen, aber unheilkündenden Prügels in des Bauern Hand. And das Strafgericht vollzog sich in dreifacher Auflage: zuerst vom Bauern, dann von der Bäuerin, dann von mir, denn- ich war wütend, nicht nur über „das mißliche Vor kommnis" (wie Sanftmeier es nannte!), sondern «auch über den Preis, den- ich für das ermordete Huhn bezahlen mußte, ein Preis, in dem die Nisikoprämie für fünfzig Jahre im voraus eingerechnet war . . . Mit der Miene tiefster Mißbilligung sah Sanft- m-eier, wie dramatisch sich Antat und Strafe -ablosten. Auf dem Heimweg hielt er das in Papier gewickelte, entseelte Huhn (es sollte wenigstens einen Braten geben!) sorgsam im Arm und sprach gütig und belehrend auf Waldi ein, der tat, als hätte er sich nie für Rodrigo oder Carabas ausgegöben. „Du warst sehr unartig! Ein braves Huhn hast du tot-ge- bissen! Deinem -Frauchen hast -du Kummer bereitet! So etwas tut -ein guter- Hund nicht! And du willst doch ein braves Hünd chen sein, nicht wahr? Also darfst du so etwas nie wieder tun! Dann hat dich dein Frauchen auch wieder lieb!" Es ging eine ganze Weile in -dieser Tonart. Ich dachte mir mein Teil, ob Waldi ebenfalls, weiß ich nicht. Er ging mit schlapphängenden Ohren, die Schnauze tief gesenkt und sah wirk lich wie das Bild der Büßfertigkeit aus. -Zu Hause angelangt, zog er- sich sogleich in seinen Schmollwinkel hinter den Ofen im -Speisezimmer zurück und kam weder an diesem noch am folgen den Tage zum Vorschein. Verschmähte sein Futter, blieh allen Lockwellen gegenüber taub, lag, den Kopf zwischen die Vorder pfoten geklemmt, unbeweglich da und schien tiefe Probleme in seinem Hirn zu wälzen. Sanftmeier triumphierte: „Haide ich's nicht gesagt? Güte und Vernunft, damit regiert man die Welt! Die rohe Faustgewalt hat gar nichts über ihn ver mocht, aber auf meine Worte hin Hat er offensichtlich Einkehr in sich gehalten! Er bereut. Er kasteit sich. Er wird nie wieder ein Huhn anrühren, darauf leiste ich- den Eid!" And so durchdrungen war er von seinem Erfolg und Waldis Läuterung, daß er trotz meines Widerspruchs das gebratene Huhn zu Waldis Schmollwinkel hintrug. „Siehst du, Hündchen, das ist das arme Huhn, das du um- gebracht hast! Nicht wahr, du möchtest nichts davon essen?" ' Ich war darauf vorbereitet, daß Waldi mit einem Satz das Huhn an sich reißen würde, aber — o Wunder! — er be harrte bei feiner bußfertigen Ablehnung. Er beschnüffelte es nicht einmal, sah es nur mit müdem Schielblick an, als wollte er sagen: „Die Eitelkeiten der Welt sind für mich abgetan!" Waldis Butze. Humoreske von Carry Brachvogel. strterung geistig Minderwertiger unter bestimmten Be- dingnngen zuzulassen. über Berechtigung und Vorteile der Unfruchtbarmachung Lieser Personen besteht kein Zweifel mehr, Wohl aber ließ bisher das Strafgesetzbuch der artige ärztliche Eingriffe nicht zu. In Amerika werden sie vielfach schon seit geraumer Zeit durchgeführt. Die Frau als Erfinderin. 400ErfindungenvonFrauen hat bas Londoner Patentamt in letzter Zeit patentiert. Und die Zahl der weiblichen Erfinder wächst beständig. Sie bringen immer Neues oder Originelles aus ihrem großen Arbeitsbereich: Verbesserte Kartoffelschälmaschinen, Ab waschtische, die Lie Arbeit sehr erleichtern, Verbesserungen an Ofen, Behälter znm Tragen von Speisen, Sportanzüge für Kinder, Korsetts ohne Fischbein, zusammenklappbare Tische und Stühle, Schuheinlagen, Apparate zum Trocknen und zum Färben der Haare sowie Kinberspielzeuge sind einige Proben. Der Krösus ist immer schäbig. Der zweitreichste Mann der Welt ist Pierpont Morgan. Jüngst weilte er inko gnito in Paris, aber sein dortiger Friseur, der ihn schon ost behandelt hat, erkannte ihn natürlich und war entsetzt, als ihm der Milliardär die kleinste münztechnisch mögliche Münze als Trinkgeld anbot. Der Barbier konnte sich nicht enthalten, eine schüchterne Andeutung- dieser seiner Ent täuschung von sich zu geben. Pierpont Morgan aber er widerte ihm: „Ich mag geben, was ich will. Man wird's immer schäbig finden, also wozu soll ich mehr geben als andere Leute, wo ich außerdem inkognito in Paris bin?" Bei Tage gesund, nachts irrsinnig. Der Eigentümer einer Zeitung in Philadelphia hat die sonderbare Eigen schaft, von morgens 8 Uhr bis abends 8 Uhr gesund, von abends 8 Uhr aber Lis morgens 8 Uhr irrsinnig zu sein. Jeden Morgen betritt er sein Bureau mit -den Worten: „Gott sei Dank, ich Lin wieder gesund" und verrichtet dann ruhig seine Arbeit. Nachts indessen bedroht er seine Frau und begeht auch sonst so unsinnige Handlungen, daß die Richter ihn nur unter der Bedingung freig-elassen haben, daß er sich ehrenwörtlich verpflichtet, jeden Abend für die Dauer der Nacht eine Irrenanstalt aufzusuchen. Personenkraftwagen in Deutschland und Amerika. Die letzte deutsche Statistik stellt fest, daß wir im deutschen Verkehr rund 170 000 Personenkraftwagen haben. Neunzig bis hundertmal so viel Autos laufen in den Vereinigten Staaten, denn -die letzte amerikanische Statistik weist 13)4 . Millionen Personenkraftwagen und nahezu 1-- Mil lionen Lastkraftwagen, zusammen also rund 15 Millionen, aus. Die Glatze als Reklametafel. Gelegentlich einer Theater vorstellung in Wien erregte ein hochgewachsener, gutgeklei- d-eter Herr im Wandelgang halb humoristisches und halb beklemmendes Aufsehen. Der Mann trug auf seiner entblößten Glatze in großen, blauroten -Lettern die Re klameworte aufgepinfelt: „Sammelt „Dolus"-Buchstaben!^ Die Goldgrube im Ochsenleib. So ein Schmuggler hat es nicht leicht. Die Zollbeamten werden immer aufmerk samer und lachen der alten Tricks, durch die man sie narren wollte. Da gilt es für den Schmuggler, neue Möglichkeiten zu suchen. Und siehe da. Au der rumänischen Grenze fand man durch Zufall in dem Magen eines Ochsen drei Kilogramm Gold sowie Brillanten und Juwelen. Da dort Viehtransporte! an der Tag-esMmung sind, kann man sich vorstellen, welche Werte schon auf diese Art und Weise der drohenden Beschlagnahme entzogen wurden. Nun werden wohl alle Ochsen an der rumänischen Greme Rizinusöl einbekommen. liz auf den König ist auf den 20. d. M. angesetzt. Der Presse chef Rossi und der Faszistenführer Marinelli, die beide in die Mordairgelegenheit verwickelt sind, wurden von der National. Miliz aus ihren Listen gestrichen. Kairo. Zaglul Pascha ist bei seiner Abreise nach Alexandria auf der Eisenbahnstation durch einen Revolver schutz in die Brust leicht verwundet worden. Der Tater wurde verhaftet. loswerden und den nun bereits Jahre hindurch andauern den Kampf mit den Rifennos aufgeben dürfen, der dem Lande so viel Blut und Menschenleben gekostet hat. Gleich zeitig würde es durch den Besitz von Gibraltar den Nagel im spanischen Fleische — wie Gibraltar von Len spanischen Patrioten genannt wird — verlieren. Wenn es anderseits England gelingt, die Kabylen in Botmäßigkeit zu bringen, so würde es einen ausgezeichneten Tausch machen, da die svaniMen Gebiete in Marokko iebr reich sind. Brasilien. Der Aufstand in Sao Paulo. Immer, wenn in einer der südamerikanischen Republiken oder auch in Mexiko ein Aufstand ausbricht, behaupten beide Parteien tagtäglich, Sieger zu sein, bis eine so viel Blut verloren hat, daß sie nicht mehr weiter kann. Diese Komödie -wird jetzt auch in Brasilien aufgeführt. Als die erste Nachricht von der Militärrevolte in Sao Paulo bekannt wurde, beeilte man sich in Rio de Janeiro, zu erklären, es handle sich um einen belanglosen gegen die französische Militärmission gerichte ten Putsch. Der sollte auch am nächsten Tage schon nieder geschlagen sein, Lie Ordnung war, wie es hieß, wieder her- gestellt. Aber Lügen haben kurze Beine. Die angeblich niedergeschlagenen Revolutionäre drahteten in die Welt, daß sie die Oberhand hätten. Dann unterdrückte die Re gierung wieder den angeblich längst unterdrückten Aufstand, während die Gegenseite sich den Anschein gab, als ob sich in ganz Brasilien ein völliger Umsturz vollzogen habe. Was wahr ist, läßt sich im Augenblick nicht klar erkennen, es scheint aber, als ob die Revolutionäre in Sao Paulo tatsächlich das Heft in der Hand haben. Aus In- und Ausland. Weimar. Der sozialdemokratische Abgeordnete Leber hat sein Amt als Vizepräsident des Thüringischen Landtags niedergelegt, weil die Mehrheit für die Aufhebung der Immu nität Hermanns gestimmt hat. London. Im Unlerhause fand eine fast vierstündige Zu sammenkunft von Mitgliedern der Regierung mit den Oberkommtssaren der Dominions zur Erörterung von Fragen statt, die mit der bevorstehenden interalliierten Konfe renz zusammenhängen. Rom. Die Vereidigung der nationalistischen Mi Nischen Republik' ausneymen lassen. — Der Staarsge- richtshof zum Schutze der Republik verhandelte gegen die Stuttgarter Lambart, Häußler, Brecht, Bayer, Kall und Gläser wegen Vergehens gegen das Sprengstoffgesetz. Die Anklage warf ihnen vor, dem Stuttgarter Tscheka-Leiter Wollenberg bei der Anlegung kommunistischer Munitionslager behilflich gewesen zu sein. Das Gericht verurteilte Lambart zu 8 Jahren Zuchthaus, Häußler zu 3, Gläser zu 1, die übrigen zu 6 Jahren Zuchthaus. Überfallen, erschlagen und beraubt. Im Prozeß gegen den 23jährigen Schlosser Otto Ratzinger aus Passau, der am 3. Juni 1924 in den Kuranlagen des Bades Brückenau den Musiker der Kurkapelle Karl Churs überfallen, erschlagen und beraubt hatte, wurde der Angeklagte in Würzburg zum Tode verurteilt. Gattenmord. Der Arbeiter Hrigo Eisfeld aus Ring leben am Kyffhäuser verfolgte seine Frau mit Eifersuchts szenen und erwürgte sie schließlich. Die Leiche warf er erst in den Schweinestall, als sie in Verwesung überging, in den Kanal. Das Schwurgericht in Erfurt verurteilte den Gattemnörder zum Tode. Wie französische Kriegsgerichte urteilen. Das französische Kriegsgericht in Mainz verurteilte den Studenten Werner Best von der Universität Gießen wegen Mitgliedschaft an der im besetzten Gebiet verbotenen Verbindung „Hochschul ring deutscher Art" sowie wegen Einschmuggelung von zwölf Gummiknüppeln in das besetzte Gebiet zu 3 Jahren Gefäng nis und 1000 Goldmark Geldstrafe. Noch immer Kriegsgcrichtsurteile im besetzten Gebiet Vom französischen Kriegsgericht in Bochum würde der Ge- richtswachttneister Reuters aus Langendreer zu vier Mo - naten Gefängnis und 300 Mark Geldstrafe verurteilt. Nach der Angabe der französischen Behörde soll er heraus fordernde Lieder gesungen haben. Obstgenutz und Gesundheit Unter den Früchten, di« der Sommer mit seiner Fülle an Licht und Wärme heranreifen läßt, sind Kirschen und Erdbeeren, Äpfel und Birnen am meisten begehrt. Der Genuß vor allem dieser Obstsorten wird von vielen mit Recht für gesundheitsfördernd gehalten, ohne daß sie genau angeben können, worin eigentlich dieser Nutzen Mr die Ge sundheit besteht. Dabei muß aber von vornherein nach drücklich betont werden, daß nur wirklich reifes Obst diese günstige -Wirkung erzeugen kann. Die KernoLstsorten können gleich allen übrigen Obst sorten wegen ihres verhältnismäßig geringen Gehaltes an Eiweiß und Kohlehydraten und wegen des vollständigen Mangels an Fetten zu Len eigentlichen Nahrungsmitteln nicht gerechnet werden. Sie gehören vielmehr wegen ihres hohen Gehaltes an Wasser (durchschnittlich über 80?L), wegen der in ihnen enthaltenen appetitanregenden und ver- vauungLefördernden Stoffe und vor allem wegen ihres er frischenden Wohlgeschmacks zu oen Genußmitteln. Das für unsere Ernährung so außerordentlich wichtige Eiweiß ist im Apfel und in der Birne eigentlich nur in Spuren, nämlich zu 0,4?S, enthalten, und vom Zucker sind kaum 8^ ent- dalten, während z. B. Fleisch durchschnittlich 20A Eiweiß und Brot ungefähr 45 bis 50?L Kohlehydrate enthält. Umso größere Bedeutnng hat aber das Obst Mr unsere Gesundheit durch seinen Gehalt an vegetabilischen Salzen, an freien, organifchen Säuren und an aromatisch-ätherischen Stoffen^ die ihm seinen schönen Dust und sein Aroma verleihen. Wie wichtig die Salze Mr unseren Körper, Mr die Bildung von Verbauungssäften und Mr den Knochenbau sind, geht schon aus der Tatsache hervor, daß Tiere, Lie mit allen nötigen Nahrungsmitteln, jedoch unter völliger Fernh-altung aller Salze gefüttert werden, in einigen Wochen am „Asche hunger" zugrunde gehen. Die Fruchtsäuren und die aroma- - tischen Stoffe bewirken teils durch ihren angenehmen Ge ruch, teils Lurch unmittelbare Einwirkung auf die Magen- und Darmwanbung eine vermehrte Abscheidung der Ver dauungssäfte und eine Vermehrung -der Darmtätigkeit; des halb ist Ler Genuß von Obst besowoers denen zu empfehlen, welche infolge von sitzender Lebensweise oder aus irgend einem anderen Grunde an Darmtätigkeit leiden. Aber nicht nur Kranke, sondern auch Gesunde und vor allem Kinder sollten regelmäßig reifes Obst in angemessener Menae elfen. Sanftmeier war ergriffen und steifte das Huhn aus den ge deckten Tisch. Er sagte: „Güte! Güte! Güte und Vernunft, — -wer kann gegen diese beiden an?" Ich gestehe, daß meine pädagogischen Grundsätze Ler Strenge -und Handgreiflichkeiten gegenüber Waldis Büßfertigkeit und anscheinend tiefer Reue -etwas ins Wanken gerieten. Wie, wenn Sanftmeier doch recht hätte? Wenn Zweibeiner -wie Vierfüßer -doch wirklich auf gutes Zureden mehr reagierten wie auf Prügel? Ich betrachtete den Büßer im Schmollwinkel hinter dem Ofen und wurde fast noch nachdenklicher als er aussah. Dann mußte ich in die Küche, um noch eine kleine Vorbereitung für das Abend brot zu treffen, dessen -Glanzstück -das gemordete -und gebratene Huhn darstellen sollte. Just setzte ich eine Schüssel voll herrlichem grünen Salat auf den Tisch und auf die andere Seite des Huhns eine Kom pott-schale, als die Klingel -der Haustür ertönte. Ganz unerwartet kam sehr lieber Besuch von auswärts, mit dem ich mich so herzlich freute, -daß ich beinahe Sanftmeier nebst Waldi vergessen hätte. Zu rechter Zeit aber kam Sanftmeier herzu, -der ebenfalls herzlich willkommen hieß und geheißen -wurde, und nun -schwatzten -wir eine Weile in meinem kleinen Garten-zimmer, bis ich, mich meiner Hausfraulichkeit -erin-nern-d, ausrief: „Nun -wollen wir aber gemütlich zu Abend essen! Wie gut, -daß wir gerade heute ein Hühnchen haben!" And -Sanftmeier, der zuweilen auch «in Philosoph, natürüch ein optimistischer Philosoph, ist, bemerkte mit weisem Lächeln: „Ich sage es ja immer: alles wendet sich stets zum -Guten! Man muß nur -Geduld haben, es abzuwarten!" Erhoben -von solcher Zuversicht, betraten wir das Speise zimmer. Da stand -auf dem- Tisch zwischen Salatschüssel und Kockpottschale — ein gebratenes Huhn? — o nein! Eine leere Platte stand da, auf der auch nicht das winzigste Hühnerknöchel chen z-u gewahren war . . . Aber -aus dem Schmollwinkel hinter dem Ofen -vor schmatzte und kaute und krachte es behaglich wie von Kn-öchelchen und Knochen, die ein scharfes Gebiß zerbricht... Sanftmeier stand vernichtet. Ich -konnte mich nicht enthalten, zu sagen: „Alles wendet sich -stets zum Guten! Man muß nur die Geduld haben, es abzuwarten! Waldi hat -sie offenbar gehabt!" Es folgte noch eine handgreifliche Auseinandersetzung mit dem Schlemmer im Schmollwinkel-, der Sanftmeier mit ge runzelten Brauen und nachdenklicher Stirn beiwohnte. Was er sich von Waldi und mir dachte, hat er mir nie verraten.
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