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Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachuuge« der Amtshauptmamrschast Weitze«, de» Amtsgerichts und Stadtrat« zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nasse«. Nr. 218 — 83. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Mittwoch 17 September 1924 Tklrgr.^ür.: »Amtsblatt- Postscheck: Dresden 2S40 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. el»,ki,«iq>i«r»: dt, »,«s»«U« M«l»qMe 2»«oldpfe>rn>,, die LgespalteneAeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Dold- pstünig, di» 1»»st>«U»ne«rkla»r»»«I»e im teMcheo Teile 100 Doldpsennig. Rachweisungsgedühr W Doldpfennige. Bor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 -rmatzmedisuorm.lOUHr - - Fzr die Nichtigkeit der durch Fernruf kdrrmitteite» «neigen übernehmen mir keine Darantte. JederAabattanspruch erlischt, wenn derBetra, durch «lag« eingej»,en merdcn mutz oder dcr Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen all« Vermittlungsstellen cntgege». Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, M»» »AMLdmrAer Tageblatt- erscheint täglich »achm. S Uhr für den falgeud«» Tag. Bezugspreis: «ei Abholung in Ke» »efchäKssteSe »ad den «»»gadestell-» r Mk. im Mouat, Kei A-st-Luug d»rch di« »«Mu 2,» «Ik., b«i Postd-stellun, Wochenblatt für Wilsdruff«. Umgegend AMg»e and «eschäbestellen ' —-— nehmen p« jeder Zeit Be. «eMameU «utge^n. Im Falle häherer »rmalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörung-» besteh» »ein Anspruch auf Liefer»«, »«»Seit»»« »»« «fiepu-g des Br,»,spreises. - «ückseudu», «iugesmldtrr SchrMSck« erfolgt nur. mom Port» bewegt. Marokko. Marokko — alte Erinnerungen tauchen aus: die Fahrt Kaiser Wilhelms nach Tanger und die Konferenz von Algeciras, auf der Italien die erste .Extratour" mit der späteren Entente tanzte und der Reichskanzler Bülow damals im Reichstage erklärte, man dürfe sich darüber ebensowenig aufregen wie ein Ehemann, dessen Frau einmal mit einem anderen Manne tanze. Und der ,Panther"svrung nach Agadir, der zum erstenmal die Weltkonstellation für jeden, der sehen wollte, schon drei Jahre vor dem Kriege enthüllte. Dann der deutsch-fran zösische Vertrag, der den Franzosen das Protektorat über Marokko und uns den „Entenschnabel" zum Kongo hin bescherte. Und schließlich das Ende: Artikel 141 sf. des Versailler Vertrages, der uns ganz aus Marokko ausschloß. Marokko an Frankreich als Abrundung des großen kordafrikanischen Kolonialreiches — dafür verzichtete Delcasso 1904 England gegenüber auf die französischen Ansprüche auf Ägypten. Aber man hat den Spanier noch darin, und unerhört blutet jetzt dieses Land an der marokkanischen Wunde. Seit langen Jahren schon; der Führer der Riffkabylen, Raisuli, ist noch nicht ver gessen. Während im französischen Teil Ruhe herrscht, die Marokkaner im Weltkriege ein großes französisches Truppenkontingent darstellten und wir diese gelben bis schwarzen Gesichter in den Straßen unserer Städte sehen, führt Spanien einen ungeheuer verlustreichen Kampf auf seinem Territorium, das ihm der Vertrag mit Frankreich 1912 zusprach und das damals über die alten fünf „Presidios" (Melilla, Ceuta usw.) beträchtlich erweitert wurde. Dieser Kampf, der nach dem militärischen Staats streich Rvieras eine energische Förderung erfuhr, droht jetzt mit einer schweren Katastrophe für Spanien zu enden. Spanien ist in einer weit ungünstigeren Situation als Frankreich. Sein Besitz beträgt zwar nur etwa den 20. Teil des französischen, ist aber infolge des gebirgigen Charakters und der reinen Berberbevölkerung — ohne jede arabische Untermischung — ungemein schwer zu er obern und zu beherrschen. Die vergeblichen Versuche, dies zu erzwingen, sührten 1922 zu einem gewissen schiedlich- sriedlichen Zusammenarbeiten mit der Bevölkerung, zu mal da in Spanien selbst Stimmen — allerdings nur sehr vereinzelt — laut wurden, die sogar für eine Abtretung des Gebietes an Frankreich waren. Im großen und ganzen ist aber in Spanien die Überzeugung allgemein, daß man diese Spanien gegenüberliegenden Teile Ma rokkos doch unter allen Umständen halten müsse. Auch Tanger möchte man allzu gern in Besitz bekommen. 1923 spitzten sich die Dinge aber wieder zu, und es gibt keinen Spanier, der nicht überzeugt ist, daß die Franzosen dahinter steüen, daß die moderne Bewaffnung der Kabylen aus Frankreich kommt. Was wohl auch ganz zweifellos ist, da die Spanier schon manchen französischen Waffentransport abgefangen haben. Immerhin werden die neuesten Ereignisse, das Scheitern der spanischen Offensive, die auf persönliche Veranlassung des Diktators Rivera, sogar mit Einsetzung seiner Persönlichkeit, in Ma rokko erfolgt ist, die nutzlosen gewaltigen Opfer von Gut und Blut, nicht ohne Rückwirkung in Spanien selbst bleiben. Tanger, das ja theoretisch ein „Freistaat" L la Danzig ist, wird trotz der dort obwaltenden englischen Interessen von den Franzosen schon als ihr Eigentum betrachtet, und die furchtbare Niederlage Spaniens bei Melilla im Jahre 1921, die 30 000 Mann an Toten und Verwundeten kostete, ist jetzt noch weit überholt. Schon damals hat die Weigerung der Offiziere die Untersuchung über die Gründe der Niederlage verhindert; jetzt hat die Militärdiktatur eine Katastrophe in Marokko erlebt wie nie zuvor — und in Spanien sind die Gegner auf dem Sprunge, dem Diktator auch eine innerpolitische Kata strophe zu bereiten, die vielleicht, wenn sie glückt, auch dem König den Thron kosten kann. So ist die Marokkofrage das wichtigste außen- und innenpolitische Problem Spaniens. NiMnsbme Oer RurMisungen. Der oberkommandierende General der Besatzungs- armee hat folgende Entscheidung getroffen: Alle Beamten und Angestellten der Verwaltung und öffentlichen Betriebe im besetzten Gebiet, im Ruhrgebiet und im Brückenkopf Düsseldorf, die seit dem 11. Januar 1923 aus ihren Amts, stellen infolge von Ausweisungen oder Verurteilungen ent, setzt worden sind, sind hierdurch berechtigt, diese Tätig keit wieder aufzunehmen. Von dieser Maß- nähme sind nur sechs Personen ausgenommen, und zwar der Bürgermeister von Düsseldorf Karl Schmidt, Regie rungsrat Oexle, Polizeipräsident Melchers-Essen, Stadtrat Diffenbach-Bochum, Kriminalkommissar Wahl-Herne Kri- minalwachtmeister Sevenich-Düsseldorf. Die vorstehende Entscheidung tritt sofort in Kraft. Zwischen Berlin und Paris fand ein von Berlin veranlaßter Notenwechsel statt, bei dem von deutscher Seite aus die Notwendigkeit schneller Erledigung der Am» nestiemaßnahmen hingewiesen wurde. Von Paris wurde entgegenkommend geantwortet. Marx und Stresemann einig. Kriire GegeaMe im Mixest. Berlin, 15. September. Reichskanzler Dr. Marx kehrte heute aus seinem Urlaub in Sigmaringen nach Berlin zurück. Alsbald trat das Reichskabinett zu seiner ersten Sitzung seit Unter zeichnung des Londoner Abkommens zusammen. Während diese noch andauerte, wurde folgende amtliche Erklärung durch W. T. B. verbreitet: ..In Erörterungen der Presse ist in der letzten Zeit wiederholt von Gegensätzen zwischen dem Reichs kanzler Marx und dem Außenminister Dr. Stresemann gesprochen worden. Gegenüber diesen Behauptungen sind wir zu der Erklärung ermächtigt, daß beiden Persönlichkeiten von diesen Gegensätzen nichts bekannt ist. Die von dem Außenminister seinerzeit mit den Führern der deutschnationalen Opposition geführten Verhandlungen wegen der Erklärung über die Kriegs schuld sind im Einverständnis mit dem Reichs- kanzlerund dem Kabinett erfolgt. Die heute so gleich nach der Rückkehr des Reichskanzlers erfolgte Aus sprache hat erneut ergeben, daß über die Gesamtpolitik so wie besonders in den Fragen der Notifizierung der Kriegsschuld und des Eintritts in den Völkerbund keinerlei Meinungsverschiedenheiten zwischen Reichskanzler und Außenminister besteht oder be- standen hat." Der heutige Kabinettsrat befaßte sich nach der offi ziellen Tagesordnung zunächst nicht mit den außenpoliti schen Fragen der Kriegsschuldnotifizierung und des Völker bundes. Auf der Tagesordnung der Sitzung stand die Er nennung der deutschen Mitglieder des Verwaltungsrats der Eisenbahn-Gesellschaft, des Generalrats der Reichsbank und des Aufsichtsrats der Bank für dis Jndustrieobligationen. Wie verlautet, sollen die Fragen der Kriegs schuld und des Völkerbundes erst Ende der Woche unter dem persönlichen Vorsitz des Reichs präsidenten Ebert in einem Kabinettsrat angeschnitten und rur Entscheidung gebracht werden. Nach dem Neichsbahngesetz können von den neun Mit gliedern des Verwaltungsrates der Deutschen Reichsbahn- Gesellschaft, die der Treuhänder ernennt, fünf Deutsche sein. Wie man zuverlässig erfährt, hat der Treuhänder folgende vier Herren ernannt: Staatssekretär a. D. Stieler, Staatssekretär a. D. Bergmann, Exzellenz vonMil - ler und Melchior-Hamburg. Die übrigen fünf vom Treuhänder zu bestellenden Mitglieder werden Ausländer sein, und zwar je ein Engländer, Franzose, Belgier, Ita liener und Schweizer, die zum Teil bereits ernannt sind. Dem Vernehmen nach hat der Reichskanzler seinen Urlaub noch nicht beendet, sondern nur unterbrochen; er wird deshalb noch für einige Tage Berlin wieder ver lassen. Die KriegsschuMüge. Die Herren Professor Hans Delbrück, General Gras von Montgelas und Dr. Paul Rohrbach erlassen eine öffentliche Erklärung, in der sie zunächst sagen, daß die Erzwingung einer Diskussion über die Kriegs- schuld durch Regierungserklärungen ihnen nicht als der richtige Weg erscheint, um der Wahrheit über die Kriegs schuld in der Wett zum Siege zu verhelfen. Der beste Weg, um in dieser so unermeßlich wichtigen Frage zum Ziele zu gelangen, sei die Fortsetzung der internationalen wissen schaftlichen Diskussion. Es sei für sie aber selbstverständlich, daß, wenn die Frage des Eintritts des Deutschen Reiches in den Völkerbund zur Entscheidung komme, Deutschland den Antrag nicht stellen könne, ohne seine Auffassung in der Kriegsschuldfrage den Mächten, mit denen es sich ver binden sott, amtlich zur Kenntnis zu bringen. Das sei ein Gebot der Loyalität und der Ehrlichkeit. Die Unterzeich neten seien in der Lage, folgende Sätze unter Beweis zu stellen: 1. Das Deutsche Reich war 1914 nicht entfernt in dem Matze gerüstet, wie es seine Bolks- und Wirtschaftskräfte erlaubt hätten. 2. Die russische und die französisch« Re gierung waren zum Kriege entschlossen, ehe Deutschland den Krieg erklärt oder auch nur mobilisiert hatte. 3. Die angebliche Zurückziehung der französischen Truppen zehn Kilometer von der Grenze hatte nicht den Zweck, den Krieg noch zu vermeiden, sondern die Welt in den Glauben zu versetzen, datz Deutschland der Angreifer sei. England gibt in Genf nach. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes") Paris, 16. September. Nach einer Havasmeldung aus Genf konnte gestern in der Frage der Sanktionen zwischen Eng land und Frankreich eine Verständigung erzielt werden. Nach einer längeren Unterredung zwischen führenden Mitgliedern der französischen und englischen Delegation hat Parmour gesagt, datz England sich bereit erklärt, mit sämtlichen englischen Streitkräften einem Lande entsprechend Artikel 16 des Paktes zu Hilfe zu kom men. Großbritannien setzt also nicht nur seine Marinestreitkräste, sondern auch seine Luststreitkräfte in den Dienst des Völkerbundes. England und die deutsche Anleihe. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdrusser Tageblattes". London, 16. September. Der „Star" schreibt zu dem Zirkular, mit dem die britische „Foreign" und Kolonialkorpora- tion Stimmung macht, daß diese Frage schon Gegenstand erheb licher Kontroversen gewesen ist, daß aber, wie immer die Oppo sition gegen die deutsche Anleihe sei, es gewiß wäre, daß die Anleihe von 800 Millionen zusammen von den verschiedenen Interessenten gezeichnet wechen wird, da der Erfolg des Dawes- Berichts von dieser Anleche abhängig ist. Zu den Kämpfen bei Tiflis. (Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes".) Paris, 16. September. Aus Konstantinopel wird ge meldet, daß eine Abteilung Sowjettruppen in der Gegend von Tiflis von Aufständischen abgeschnitten wurde und sich unter großen Verlusten nach Evivan von Banden verfolgt durch schlagen mußte. Sämtliche russischen Handelsschiffe auf dem Schwarzen Meere sind in Transportdampfer umgewandelt wor den, um Truppen nach Batum zu bringen. Beginn der deutsch belgischen Wirtschafts verhandlungen Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 16. September. Halbamtlich wird gemeldet: Am Montag haben die deutsch-belgischen Wirtschastsvechand- lungen ihren Anfang genommen. Der deutsche Bevollmäch tigte Ministerialdirektor v. Stockhammern begrüßte die unter Mhrung des belgischen Gesandten in Berlin erschienene belgische Delegation namens der Reichsregierung und skizzierte das Pro gramm der Verhandlungen. Der belgische Gesandte erwiderte seinerseits die Begrüßung namens der belgischen Delegation. Im weiteren Verlauf der Sitzung einigte man sich auf das Programm der Verhandlungen und vereinbarte die nächste Sitzung für Dienstag nachmittags. Demonstrativrr der Internationalen Föde ration früherer Kriegsteilnehmer. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". London, 16. September. Kriegsteilnehmer von neun interalliierten Ländern haben gestern an einem Kriegergedächt- nisdenknml in Wsthal eine Feier zur Erinnerung an die Ge fallenen abgehalten und zwar in Form eines Schweigens von zwei Minuten und der Absendung eines Telegramms an den König. Später fand eine Sitzung des Kongresses in New County Hall (Westminster) statt, an der sich General Sire James Hamil ton beteiligte. Die Beteiligten vertreten angeblich die Interessen s von 5 Millionen Kriegsteilnehmern. I EugUsche Truppeutransporte nach Süd- Syrien Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 16. September. Der französische Oberbefehls haber in Syrien hat Anweisung erhalten, den Durchmarsch von englischen Truppen durch Südsyrien zu gestatten und auf jede Art und Weise zu erleichtern. Diese englischen Truppen kommen von Bagdad und marschieren nach Hodschas, um Mekka gegen dir Wahabitcn- die alten Feinde der Hedschas-Araber, zu ver teidigen. Brennende Petroreumquellen bei Baku Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdrusser Tageblattes". Paris, 16. September. „Daily Expreß" meldet aus Moskau, daß 35 Petroleumbrunnen durch ein Feuer bei Baku vollständig vernichtet worden sind. Einige haben ein Erträgnis von hundert Tonnen pro Tag gehabt. Der Schaden wird auf mehrere Millionen Rubel veranschlagt. Man führt den Aus- br-uch des Feuers auf einen Kurzschluß zurück. EiM-smzWe MWiM Ver SMim»