Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 28.03.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192403286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240328
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240328
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-03
- Tag 1924-03-28
-
Monat
1924-03
-
Jahr
1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 28.03.1924
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
unterbrochen wurde mit der Ankündigung: „Der Praswenr der Vereinigten Staaten hat seine Katze verloren. Es ist ein sieben Jahre altes Tier und hört auf den Namen „Tiger"., Der Präsident wäre sehr dankbar, wenn der, der „Tiger" findet, ihn in das Weiße Haus zurückbrächte. Herzlichen Dank im voraus!" Dann ging das Konzert weiter. „Tiger" ist zwei Tage später im Weißen Hause gesund und munter abgeliefert worden. Leningrad und Lunatscharsk. Die Stadt Petersburg heißt bekanntlich seit dem Tode Lenins Leningrad. Jetzt wird aus Rußland gemeldet, daß auf der Eisenbahnlinie Wologda—Archangelsk eine neue Stadt mit dem Namen Lunatscharsk — nach dem Volkskommissar Lunatscharski — gegründet wird. Einsturz eines Theaters. Im Theater von San Paulo in Brasilien stürzte während einer Vorstellung das Dach ein. Unter den Zuschauern brach eine Panik aus, und es kam zu wilden Kämpfen um die Ausgänge. Da bei stürzte noch eine Seitenwand des Theatergebäudes ein. Nach den bisherigen Meldungen fanden zwei Per sonen den Tod, und viele wurden verletzt. 437 Chinesen während des japanischen Erdbebens er mordet. Wie aus Tokio gemeldet wird, haben die Unter suchungen über die während des japanischen Erdbebens an Chinesen verübten Mordtaten zu einem vorläufigen Abschluß geführt. 437 Chinesen sind ermordet worden, darunter allein in Tokio 410. 46 Chinesen gelten außerdem noch als ver- mißt. Amundsen in Berlin. Aus der Durchreise nach Italien hielt sich der Nordpolfahrer Amundsen mit seinem Manager Hammer einen Tag in Berlin auf. Beide werden in Pisa auf der italienischen Flugzeugwerft die Polflugzcuge besichtigen, die sie dort in Auftrag gegeben haben. So große Maschinen dürfen nach den Londoner Begriffsbestimmungen in Deutschland nicht ge baut werden, daher werden die Dornier-Wale, die Amundsen zum Polflug erwerben wird, im Auslands gebaut. Berliner Polizeistunde: 1 Uhr nachts. Nach einem Erlaß des Preußischen Ministeriums des Innern wird vom 1. April ab die Polizeistunde für Groß-Berlin bis lUhrnachts verlängert. In den preußischen Provinzen ist es den Oberpräsidenten anheimgestellt, die Polizeistunde ebenfalls, aber auch nur bis höchstens 1 Uhr nachts, zu verlängern. Haussuchung in einer Filiale der Dresdner Bank. In der Stettiner Filiale der Dresdner Bank erschien eine Kommission des Strafdezernats des Stettiner Finanz amts mit drei Vertretern der Staatsanwaltschaft, um eine Haussuchung vorzunehmen. Mehrere Bücher wurden be schlagnahmt, und der Führer der Kommission erklärte dem Betriebsrat, daß gegen die Bank und gegen die vier Direk toren ein Strafverfahren wegen Steuer hinterziehung schwebe. Der Bischof von Paderborn in Venedig bestohlen. Dem Bischofvon Paderborn, der mit drei anderen deut schen Geistlichen in Venedig angekommen war, sind 70 000 Lire, die den Pcterspfennig ves Bistums ausmachten, ge stohlen worden. Der Sekretär des Bischofs hatte die Geld mappe mit anderem Gepäck dem Gepäckträger übergeben, der alles in den Kreuzgang des Karmeliterklosters hinstcllte; von hier ist die Geldmappe verschwunden. Flammentod im Maskenkostüm. In Amiens ereig nete sich ein schrecklicher Unfall. Vier junge Leute hatten sich mit Watte als Eskimos verkleidet, um auf einen Maskenball zu gehen. In einer Wirtschaft fing eines dieser Kostüme Feuer, als einer von den jungen Leuten sich eine Zigarette anzünden wollte. In kurzer Zeit stan den alle vier in Flammen. Trotz der Bemühungen des Wirtes und mehrerer Gäste verbrannte einer von ihnen sosort, ein anderer wurde in hoffnungslosem Zustande ins Krankenhaus eingeliefert. Auch der dritte und der vierte erlitten zahlreiche Brandwunden. Ermordung des Leibarztes des Sultans. Der Leib arzt des vertriebenen Sultans wurde bekanntlich vor eini- gen Tagen in San Nemo als Leiche aufgefunden. Man nahm Selbstmord an. Die gerichtlich ungeordnete Leict^n- schau hat jedoch ergeben, daß Dr. Reschad Pascha erschossen worden ist. Die Tat ist offenbar von Fanatikern begangen worden. Reschad hat wiederholt Drohbriefe erhalten, weil er den Kalifen verraten haben soll. Ludwig Büchners hundertster Geburtstag. Am 28. März jährt sich zum hundertstenmal der Tag, an dem der naturwissenschaftliche Schriftsteller Ludwig Büchner geboren D"^ svtne Schritt ...K r a i t n n d S t o f i" mit » Die lür einander find. Roman vo» Fr. Lehns (Nachdruck verboten. Dann nickte er wehmütig vor sich hin und dachte an das Julchen, in dessen goldschimmernde Augen er zu tief geschaut, daß er nimmer davon loskommen konnte. Was war ihm dagegen die Braut! Von den widerstreitendsten Empfindun gen gequält, fühlte sich Friß in keiner beneidenswerten Lage. Und Julchen mied seinen Weg auch nicht mehr! Wie eine starre Maske lag es jetzt über dem anmutsvollen Gesicht; fremd und kalt leuchteten ihre sonst so warm blickenden Augen, und um den süßen, trotzigen Mund lag ein herber, verschlossener Zug. Stolz und abweisend war ihre Haltung, wenn je die Gelegenheit es ergab, daß er mit ihr sprach. — Agathe nahm seine ganze freie Zeit in Anspruch. Sie war eine anspruchsvolle Braut. Ihre ausgeprägten Herr- schergelllste vermochte sie nicht ganz zu unterdrücken; sie war ja von den Eltern so verwöhnt, und ihr Wille wurde als aus schlaggebend betrachtet. Ganz leicht, wie er es sich gedacht, hatte es Fritz nicht, besonders da auch der Schwiegervater anfing, ihn zu erziehen und ihm „große Vorträge über den militärischen Ernst und militärische' Pflichten" zu halten — er glaubte seinen Major zu hören! Der Oberstleutnant hatte zwar seine Verbindlichkeiten tn der vornehmsten Weise ge regelt — das gab Fritz ja gern zu — aber es war deshalb weiß Gott, nicht nötig, daraus das Recht herzuleiten, ihn »bevormunden" zu wollen! Die Ungeduld darüber prickelte manchmal in ihm, machte ihn nervös! Mit seinem schönen, freien, bequemen Leutnantsleben war es wahrhaftig schon jetzt vorbei, wie er mit leisem Seufzen feststellte! Die jungen Lämmleins waren von der Hochzeits reise zurück. Mit vielem Geschick versah Virgilia ihren Platz im Laden. Eie war pünktlich, ordentlich, aufmerksam und hinter allem her. Frau Lämmlein hatte wirklich nichts aus- zuseßen an der ehemaligen Schauspielerin, die ganz auf ihrem Posten war. Franz strahlte über seine hübsch«, appetitliche Frau, und er war verliebter denn je. Und Virgilia war klug; sie duldete nicht, daß der Vater und die beiden ältesten Schwe- stern sich bei ihr einnisteten und schmarotzten, wenn sie auch der Mutter in manchem behilflich war und ihr mit Wissen ihrer materialstt^chen Auffassung von Natur und Geist ries Büchner einst ungeheures Aufsehen hervor. Es entbrannte darum ein heftiger literarischer Kampf, und Büchner, der ein Vorkämpfer des Darwinismus war, sah sich genötigt, feine akademische Lehrtätigkeit in Tübingen aufzugeben, und sich in seiner Vaterstadt Darmstadt als Arzt niederzulassen. Ludwig Büchner war der Bruder des Dichters Georg Büch ner, dessen kraftvolles Drama „Dantons Tod" in den letzten Jahren auf zahlreichen großen Bühnen zur Aufführung ge bangt ist. Ein Lenindenknml in Petersburg. Der russische Bild hauer Charlamow hat den Entwurf eines gewaltigen Lenindenkmals, das demnächst in Petersburg zur Aufstellung gelangen soll, vollendet. Das Denkmal soll auf erhöhtem Piedestal an der Nikolaibrücke aufgestellt werden, so daß es wie die Freiheitsstatue in Newyork, den Schiffen von weitem sichtbar sein soll. Lenin ist als Steuermann auf einem Schiffe dargestellt; machtvoll wendet er das Steuer nach links gegen die anrolleichen Wellen. Vor Lenin steht Karl Marx, der mit der Hand vorwärts deutet. Es sei bei dieser Gelegenheft bemerkt, daß Lenins Leiche, die nur provisorisch einbalsamiert war, jetzt endgültig einbalsamiert werden soll. - Dr/rd, MS j »«»OM»««—<»«««»»»»>»« Verein für Leibesübungen Wilsdruff. Beim Waldeslauf des Gaues Ostsachsen im V. M. B. V. am vergangenen Sonn tag konnte unser Mitglied Clausnitzer jun. bei einer Laufstrecke von 2,5 Kilometer unter 60 Teilnehmern einen guten vierten Platz belegen. Olympische Spiele in Pompeji. Gelegentlich der siebenten Jahrhundertfeier der Universität Neapel sollen im Mai dieses Jahres im antiken römischen Amphitheater von Pompeji olympische Spiele abgehalten werden. Sie bestehen aus dem Fünfkampf im Laufen, Springen, Rin gen, Diskuswerfen und Faustkampf. Zu diesen Spielen sollen ans Anregung Mussolinis Vertreter der Uni versitäten aus der ganzen Welt als Zuschauer geladen werden. Dr. Lasker führt. In der siebenten Runde des Newyorker Schachmeisterturniers schlug Dr. Emanuel Lasker den Ungarn Maroczi, indem er ihn nach dem 30. Zuge zur Aufgabe des Spieles zwang. Durch diesen Sieg gelangte Lasker an die Spitze im Turnier um den Großen Preis. Capablancaist Zweiter, Aljechin Dritter. Rett schlug Eduard Lasker, Bo goljubow schlug Janowski, Aljechin und Mar shall spielten remis. Das Spiel Capaülanca gegen Uates wurde vertagt. Das erste Mißgeschick der englischen Weltrundflieger. Die drei englischen Flieger, die Dienstag auf einem Flug platz bei Southampton zum Fluge um die Welt aufgestiegen sind, mußten infolge dichten Nebels umweit von Le Havre niedergehen. Ihr Flugzeug wurde nach dem Hafen geschleppt. va; kM Her VMM MLtbmg. Aber der letzte Griechenköntg protestiert. Sechzig Jahre hat die von dem Prinzen Georg von Dänemark aus dem deutschen Hause Holstein-Glücksburg begründete Dynastie, die jetzt sang- und klanglos zu Grabe getragen worden ist, in Griechenland geherrscht. Auch der erste König von Neu griechenland war ein Deutscher gewesen: am 8. August 1832 hatte die nach Nauplia berufene griechische National versammlung den Bayernprinzen Otto, den Sohn des durch seine Beziehungen zu der abenteuerlichen Tänzerin Lola Montez und durch seine „originellen" Dichtungen be kannt gewordenen Königs Ludwig l., zum König gewählt, und der junge König hielt am 7. Februar 1833 an der Spitze von 3500 Bayern seinen feierlichen Einzug in Griechenland. Es ging ihm dort nicht besonders gut, aber er hielt es trotzdem dreißig Jahre lang aus und hätte es vielleicht noch länger ausgehalten, wenn er nicht „kraft einstimmigen Beschlusses der Nation" im Oktober 1862 ab gesetzt und davongejagt worden wäre. Die Griechen machten es also damals genau so wie heute. Als Otto weg war, begann in Griechenland eine große Nachfrage nach neuen Thronkandidaten, überall di- modernen L>"llenen. die mit Aclülles. Aaamem- ihres Franz das Haushalten erleichterte. Das gute Leben gefiel ihr, und sie wollte es sich nicht unnütz erschweren durch Uneinigkeiten mit der Schwiegermutter, vor deren scharfen Augen es keine Heimlichkeiten geben konnte. Und so gerecht- denkend war sie auch, einzusehen, was sie der Frau Lämmlein zu verdanken hatte, die so freigebig für Wäsche und Möbel aussteuer gesorgt! Si« hatte es, auch durchqesetzt, daß der Vater Cäsar Na poleon nicht zum Studium der Theologie gezwungen — im Verein mit Fran Lämmlein und Frau Rat, die beide ja ge wichtige Stimmen bei Herrn Doktor hatten! Cäsar Napoleon war seiner Neigung zur Landwirtschaft gefolgt und vorläufig als Eleve auf Rittergut Pohland in der Nähe der Stadt gegangen. Wenn der Sohn der Frau Rat da war, wollte er ihn fragen, was tun, um so bald wie möglich nach den Kolo nien zu kommen, was sein heißester Wunsch war. Herr Doktor Schultze war natürlich sehr gekränkt, baß der Sohn so wenig Rücksicht ans ihn genommen! Er, Herr Dok tor, hätte gewt^ckt, Cäsar Napoleon einst im Talar auf der Kanzel zu sehen! So grausam zertrümmerte man seine Ideale! — Die Frau Rat freute sich sehr über die Wandlung, die mit Virgilia voraeoanqen war. Sie kauft« g«rn bei ihr ein, und die junge Frau wurde rot vor Freude über das Lob, das ihr aus diesem berufenen Munde wurde — gab es ihr doch auch bei d«r Schwiegermutter einen gewissen Rückhalt! — Bei der Frau Rat Schlossermcmn war setzt viel zu tun. Erwartete sie doch zu Pfingsten den Sohn! Da wurde die Wohnung gründlich geputzt, di« Vorhänge nochmals gewaschen und gebügelt, was niemand so gut wie Julchen konnte: unter ihren geschickten Händen erstanden die RUschchen und Fäli- chen wie neu. Sie steckt« die Vorhänq« auch selbst auf und gern war sie der Frau Rat in jeder Weise behilflich. „So, nun muß noch das Kolb geschlachtet werden, wenn der Sohn heimkehrt — denn es ist alles bereit!" sagte Julchen mit einem schwachen Versuch zu scherzen, als sie fertig mit allem war. Fran Schlossermann lächelte st« gerührt an. „Ja, mein Julchen, e» ist alle» bereit!" non und dew anderen Herden Homers nur sehr oberfläch- Uch verwandt sind, vergeblich an: ein englischer Prinz, der Koburger Herzog Ernst und andere wurden höflich und bescheiden angefragt, aber niemand zeigte Lust, sich iu das griechische Wespennest zu setzen. Endlich fand man tn WilhelmvonDänemark den tollkühnen Mann, der es wagte, und dieser Prinz wurde denn auch im März 1863 zum König gewählt. Das erste, was er tat, war, vaß er seinen Namen Wilhelm inGeorg abändert«. Im übrigen ließ man ihn im Lande selbst in Ruhe, aber von außen her droht« ständig Gefahr, denn Griechenland war zwar Nein, aber machthungrig und hätte am liebsten die ganze Türkei verschluckt. Die Türken waren aber ein Machtfaktor, mit dem man damals — wie ja auch jetzt wieder — gar sehr rechnen mußte, und als die Griechen 1897 tatsächlich mit ihnen anbandelten, wurden sie, wie man weiß, so furchtbar verprügelt, daß sie sich die härte sten Friedensbedingungen gefallen lassen mußten. Georg I. wäre damals beinahe vom Throne gepurzelt, aber der Königsstnhl kam nach bedenklichem Wanken und Schwanken wieder ins Gleichgewicht, und als 1912 Griechenland sich am BaLkankrieg, in dem die Türken be- kannilich-halb zu Tode gehetzt wurden, beteiligte und einen gewaltigen Gebietszuwachs erhielt, schien die Dynastie der Glücksburger für die Ewigkeit begründet zu sein. Der greise König selbst durfte sich der Gloriole nicht lange er freuen: als er kurz nach dem Kriege das neu gewonnene Saloniki besuchte, wurde er von einem Irrsinnigen ermordet. Sein Sohn und Nachfolger Konstantin, der Schwager Wilhelms ü., bestieg den Thron unter den günstigsten Auspizien: war er es doch gewesen, der den neuen Türkenkrieg zugunsten Griechenlands entschieden hatte, und alles schien eitel Sonne und Wonne. Konstantin wurde als Nationalheld gefeiert, aber im Verborgenen lauerte die Schlang«. Diese Schlange hieß Venizelos. Dieser schlaueste aller Kreter hatte schon beim Ausbruch des Weltkrieges auf den Sieg der Ententemächte getippt, wäh rend der König, der sehr unter dem Einfluß seiner deut schen Gattin stand, gern neutral geblieben wäre. Venizelos erwies sich als der Stärkere, und Konstantin mußte eines schönen Tages, genau wie weiland König Otto, als Ex könig das Land verlassen. Aber es war für ihn noch nicht aller Tage Abend. Die Regierung seines Sohnes Alexan der, der ihn auf dem Throne abgelöst hatte, war nämlich nur ein Intermezzo, das kaum ein Jahr dauerte. Alexan der, der sich „unebenbürttg" verheiratet hatte, schied, wie man sich erinnern dürfte, auf etwas geheimnisvoll« Weise aus dieser Zeitlichkeit: er soll während eines Spazier ganges von einem kleinen Affen gebissen worden und in folge des Bisses an einer Blutvergiftung gestorben sein. In Griechenland aber herrschte um diese Zeit der schönste Kuddelmuddel: Venizelos war beim Volke wegen seiner Vabanquepolitik in Ungnade gefallen, und die Grie chen holten sich ihren Konstantin im Triumph zurück. Es war die glänzendste Rehabilitierung, die ein aus d«m Lande gejagter König erleben konnte. Aber die Herrlich keit dauerte nicht lange. Die Griechen wurden, wie schon so oft vorher, vom Größenwahn befallen und glaubten, nicht nur Konstantinopel, sondern dazu auch noch halb Kleinasien erobern zu müssen. Der zweite Glücksburger sah im Geiste bereits die Krone des alten Byzanz auf seinem Haupte und muß nicht wenig erstaunt gewesen sein, als er eines Tages durch KemalPascha etwas unsanft aus seinem Machttraume aufgeweckt wurde. Zum zweiten mal mutzte er als Verbannter das Land verlassen, und ver grämt und verbittert, ein nicht bloß körperlich kranker Mann, ist er im Exil gestorben. Und dann kam ein neuer Georg, Konstantin ältester Sohn, der vorher wegen seiner „Ententefeindlichkeit" von der Thronfolge ausgeschlossen worden war, über das Land. Ihm ging es von Anfang an miserabel: er herrschte, aber die Offiziere regierten, und der alte Fuchs Venizelos spann täglich neue Ränke, obwohl er „an sich" antirepubli kanisch gesinnt sein soll. Und es kam, wie es kommen mußte: die Griechen haben sich für die Republik entschieden, und auch Georg muß nun wandern. Ob für immer? Niemand weiß es, wahrscheinlich nicht einmal die Griechen selbst. Georg hat für alle Fälle gegen seine Ab setzung „Widerspruch erhoben" und seinem ru mänischen Schwiegervater gegenüber erklärt, daß es ihm nicht einfalle, sich zu fügen, „l-e roi M6 reverra" („Der König wird mich Wiedersehen"), sagte Bismarck, als er ent lassen wurde — „cm reverra le roi" („man wird den Kön-ig Wiedersehen"), lautet die Variante des entlassenen Königs Georg. S. „Nur die Braut fehlt noch, um die der Herr Ingenieur zu Weihnachten bat!" meinte das junge Mädchen in munterem Tone, „haben Sie sie noch nicht gefunden? Es wird nun Zeit!" „Sie ist ja längst gefunden, mein Julchen!" entgegnete die Frau Rat mit innerem Jubel; sie konnte nicht mehr an sich halten; sie mußte es Julchen sagen, damit das scheue Mädchen sich an sein Glück gewöhnte. Liebreich legte sie den Arm um Julias Schulter. „Haben Sie denn keine Ahnung, wen ich mir für meinen lieben Sohn wohl als Lebensgefährtin gedacht, wer in ihrer Gesundheit, Bescheidenheit und Tüchtigkeit zu ihm paßt wie keine andere?" fragte sie und sah das junge Mädchen mit so bedeutungsvollem Augenzwinkern an, daß Iulia sie sofort verstehen mußte. Der Herzschlag stockte ihr, und in ungläubi gem Erschrecken blickte sie die gütige Freundin an, die ihr mit liebevoller Hand über das Gesicht strich. „Ja, schauen Sie mich nicht so verwundert an! Sie meine ich, Sie, Julchen . . ." Da wurde Julchen leichenblaß, und sie brach in ein plötz liches Weinen aus, so heftig und unvermittelt, daß die Rätin sie betroffen in die Arme nahm. „Ja, was ist denn, Kindchen? Hab' ich Sie so mit meinem Plan erschreckt?" Sie konnte ja nicht ahnen, was in dem jungen Mädchen vorging; sie hielt Julchen für überwältigt von dem ihr zu gedachten Glück! „— Wenn mein Walter Ihnen gefällt, nur ein ganz klein bißchen gefällt und er wird es schon —" ach, welche Mutter ist nicht davon überzeugt, daß ihr Sohn Eindruck macht! „Dann wird es Ihnen auch nicht so schwer werden, als sein« Frau mit ihm nach Afrika zu gehen —". Wie betäubt saß Julia da, eine Beute ihrer widerstrei tenden Empfindungen. „Sie sagen ja gar nichts, Kindchens Hab' ich Sie denn so erschreckt?" Das junqe Mädchen zwang sich zu einem matten Lächeln. „Sie wissen doch noch gar nicht, Frau Rat, ob der Herr Ingenieur mich unbedeutende» Diiyg will!" stammelte sie. (Fortsetzung ftügttt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite